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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Stabilisierung von durch Wasser aufgeweichten oder destabilisierten Damm- oder Deichabschnitten.
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Seit jeher werden Dämme oder Deiche zum Schutz vor Hochwasser in see- oder flussnahen Gebieten verwendet. Als Damm wird dabei ein Bauwerk bezeichnet, welches zumeist an einem künstlichen Gewässer wie beispielsweise einer Stauanlage oder einem Kanal errichtet ist. Ebenso werden Dämme auch verwendet um ein natürliches Gewässer dauerhaft zu lenken. Im Gegensatz dazu bezeichnen Deiche ein Bauwerk, welches sich an einem natürlichen Gewässer, z. B. einem Fluss oder Meer, befindet und der Abwehr vorübergehender Gefahren dient. Ein Deich schützt dabei, wie etwa an der deutschen Nordseeküste, in den meisten Fällen Land, das knapp über dem Meeresspiegel liegt, vor Sturmfluten oder Überschwemmungen. Im Binnenland dienen Deiche an Flüssen dem Schutz vor Hochwasserereignissen.
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Neu errichtete Dämme oder Deiche bestehen heutzutage meist aus einem Sandkern, der von einer 1 bis 2 m dicken Schicht aus bindigem Material (Kleiboden) bedeckt wird. Die Oberfläche wird zur Vermeidung von Erosion durch Wind und Wasser und zur Erhöhung der Stabilität mit Gras bepflanzt.
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Insgesamt sind Dämme oder Deiche keine homogenen Bauwerke. Sie werden durch den Bewuchs, durch den Bau von Tierhöhlen und anderen Einflüssen durchlöchert und infolge destabilisiert. Im Falle eines Hochwassers und dem damit entstehenden hohen Wasserdruck gegen die Oberfläche des Dammes oder Deiches können sich kleinere oder auch größere Löcher und Kanäle ausweiten und die Dämme oder Deiche in ihrer ursprünglichen Aufbaustruktur auswaschen, wodurch diese destabilisiert werden. im schlimmsten Fall wird der Damm oder Deich dabei soweit geschädigt, dass er absackt und dadurch vom Flutwasser überspült werden kann.
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Um die hinter dem Deich liegenden Gebiete vor einer Überflutung zu schützen, ist es im Stand der Technik vorgesehen, den Damm oder Deich von der Landseite durch Sandsäcke zu stabilisieren. Zusätzlich ist es in besonders kritischen Fällen üblich, eine Kunststofffolie oder auch Geotextilien auf der Wasserseite auszubringen, wobei die Kunststofffolie oder die Geotextilien zusätzlich durch Sandsäcke beschwert werden. Um die Sandsäcke an den Damm oder Deich bringen zu können, sind Zuwege vorgesehen.
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Bei der hauptsächlich durchgeführten Stabilisierung des Dammes oder Deiches durch Sandsäcke entsteht das Problem, dass die Helfer auf Zufahrtswege angewiesen sind, welche häufig gar nicht vorhanden oder unpassierbar sind. Zusätzlich ist das Ausbringen von Sandsäcken nur mit erheblichem personellen Aufwand möglich, wobei eine Vielzahl von Personen eine Art menschliche Transportkette bildet, mit welcher die Sandsäcke von Person zu Person weitergereicht werden.
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Neben dem enorm personellen Aufwand bestehen auch Nachteile in Bezug auf den sehr großen Zeitaufwand.
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Daher ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur Stabilisierung von durch Hochwasser aufgeweichten oder destabilisierten Damm- oder Deichabschnitten zu schaffen, bei welchem der personelle logistische und zeitliche Aufwand reduziert ist.
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Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt die Erfindung ein Verfahren vor, bei welchem ein wasserreaktiver Gelbildner in einen Damm- oder Deichabschnitt eingebracht wird.
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Durch die Einbringung des wasserreaktiven Gelbildners lässt sich die Verstärkung des Dammes oder Deiches mittels Sandsäcken vollständig ersetzen. Der Gelbildner härtet dabei durch den Kontakt mit Wasser aus, wobei er eine wasserundurchlässige, aber hochelastische Masse bildet. Beim Einbringen des Gelbildners in den Damm oder Deich verteilt er sich innerhalb der feinen oder gröberen Wasserkanäle und kann somit den Damm oder Deich an all jenen Stellen durchsetzen, welche bereits vom Wasser aufgeweicht sind. Durch das Aushärten des Gelbildners entsteht somit eine Verstärkung und Stabilisierung des Dammes oder Deiches von innen heraus. Gleichsam kann das Durchspülen des Deichkörpers entlang einer Sickerlinie wirksam vermieden werden. Der sich rasch ausweitende Zerstörungsprozess aufgrund von durch Wasser initiierten Materialtransport wird wirksam verhindert. Gleichfalls entfällt auch die zeit- und personalaufwändige Stabilisierung des Dammes oder Deiches mittels Sandsäcken. Aufgrund der Expansion des Gelbildners beim Kontakt mit Wasser sind gegenüber dem herkömmlichen Einsatz von Sandsäcken geringere Mengen Ausgangsmaterial an den Einsatzort zu bringen. Dies insbesondere auch daher, weil der Gelbildner gezielt in die Bereiche des Dammes oder Deiches eingebracht wird, wo der Damm oder Deich bereits durch Wasser aufgeweicht oder destabilisiert ist. Jedoch kann zusätzlich auch ein präventives Einbringen von Gelbildner in noch intakte Bereiche des Dammes oder Deiches vorgesehen sein.
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Die Erfindung sieht vor, dass Bohrungen in die Oberfläche des Damm- oder Deichabschnittes eingebracht werden, wobei anschließend der wasserreaktive Gelbildner durch die Bohrungen injiziert wird. Durch das zuvorige Einbringen von Bohrungen in die Oberfläche des Dammes oder Deiches kann der Gelbildner in einem nachfolgenden Schritt leicht und gezielt in das Innere des Dammes oder Deiches eingebracht werden, wodurch dieser von innen heraus stabilisiert wird.
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Es ist weiterhin vorgesehen, dass der wasserreaktive Gelbildner bei Kontakt mit Wasser ein wasserundurchlässiges Gel, insbesondere ein Polyurethangel, in der Form eines Massiv- oder Schaumhydrogels bildet. Durch die Wasserundurchlässigkeit des Hydrogels wird die weitere Propagation des Wassers innerhalb des Damm- oder Deichkörpers verhindert. Bereits im Damm oder Deich vorhandenes Wasser wird durch den Gelbildner gebunden, während nachströmendes Wasser aufgrund der Wasserundurchlässigkeit des bereits gebildeten Gels nicht in den Damm oder Deich nachrücken kann und somit die ehemaligen Wasserkanäle versperrt bleiben. Je nach der Zusammensetzung des Hydrogels kann dabei ein Massivhydrogel oder ein Schaumhydrogel entstehen. Entsprechend der gewünschten Elastizität kann dabei das eine oder andere für die jeweilige Anwendungssituation vorteilhaft sein. Auch kann der Gelbildner für das spätere Gel entsprechend gewählt werden. Der Gelbildner kann vorteilhaft ein Acrylat-Pulver oder ein Granulat sein. Auch kann der Gelbildner in kristalliner Form vorliegen.
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Des Weiteren ist es vorteilhaft, dass der wasserreaktive Gelbildner eine Reaktionszeit von weniger als 10 Minuten aufweist. Die vorgeschlagene Reaktionszeit ist angemessen, um die Verteilung des noch unausgehärteten Gelbildners innerhalb des Dammes oder Deiches zu ermöglichen. Innerhalb der vorgeschlagenen bis zu 10 Minuten kann sich der Gelbildner in den Strömungskanälen des Wassers ausbreiten und sodann nach Ende der Reaktionszeit die Wasserwege verschließen.
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Vorteilhaft werden die Bohrungen rasterförmig in die Oberfläche des Damm- oder Deichabschnittes eingebracht. Vorteilhaft werden die Bohrungen dabei senkrecht zur Oberfläche des Damm- oder Deichabschnitts, d. h. senkrecht zur Böschungsebene, eingebracht. Durch diese Ausgestaltungen lässt sich sicherstellen, dass der Gelbildner gleichmäßig unter die Oberfläche des Dammes oder Deiches verteilt wird. Dadurch kann zuverlässig verhindert werden, dass Bereiche innerhalb des Dammes oder Deiches entstehen, welche nicht von Gelbildner durchsetzt sind und somit als Ausweichbereich für das gegen den Damm oder Deich drückende Wasser dienen.
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Besonders vorteilhaft weisen die benachbarten Bohrungen einen Abstand von ca. 30 cm zueinander auf. Dies entspricht maximal dem Doppelten der Distanz, die durch ein Bohrloch eingebrachter Gelbildner innerhalb des Dammes oder Deiches in vorgegebener Reaktionszeit durchsetzen kann.
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Eine Ausführungsvariante des erfindungsgemäßen Verfahrens sieht vor, dass das Einbringen der Bohrungen und das Injizieren des wasserreaktiven Gelbildners mittels eines oder mehrerer Kombinationswerkzeuge durchgeführt wird, wobei die Kombinationswerkzeuge mindestens eine Bohr- und Injektionslanze und mindestens eine Zweikomponentenpumpe aufweisen. Vorteilhaft wird somit ein Werkzeug bereitgestellt, mit welchem kombiniert sowohl der Verfahrensschritt des Bohrers als auch der Verfahrensschritt des Injizierens ausgeführt werden kann. Das Kombinationswerkzeug kann dabei auch eine Mehrzahl von Bohr- und Injektionslanze und zugeordneten Zweikomponentenpumpen aufweisen, so dass gleichzeitig Gelbildner in mehrere verschiedene Bereiche des Dammes oder Deiches eingebracht werden kann.
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Besonders vorteilhaft wird das Injizieren des wasserreaktiven Gelbildners dabei druckgeregelt durchgeführt. Eine individuelle druckgeregelte Einbringung des Gelbildners gewährleistet, dass zu behandelnde Flächen des Dammes oder Deiches, welche eine hohe Stoffdichte aufweisen, mit weniger Gelbildner und Stellen mit geringer Stoffdichte, beispielsweise durch das Vorhandensein von Mause- oder Kaninchenlöchern, mit entsprechend großer Menge Gelbildner aufgefüllt werden.
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Schließlich ist vorgesehen, dass das Einbringen des Gelbildners von der Wasserseite des Damm- oder Deichabschnittes erfolgt, wobei das Kombinationswerkzeug mittels eines Schiffes in den Bereich des Damm- oder Deichabschnittes transportiert wird. Somit wird besonders vorteilhaft die Seite des Dammes oder Deiches mit Gelbildner versehen, welche dem Druck des Wassers direkt ausgesetzt ist. Ebenso entfällt dabei der oft lange und hindernisreiche Weg über Land, welcher durch die zuvor genannte Menschenkette überwunden werden muss. Im Sinne der Erfindung wird ein schwimmendes Gerät oder Fahrzeug mit einem möglichst großen Vorratsbehälter für Gelbildner und einem Kombinationswerkzeug aus Bohrlanzen und Zweikomponentenpumpen bestückt und wasserseitig an den zu behandelnden Damm- oder Deichabschnitt herangebracht. Dabei können insbesondere Arbeitsschiffe oder Amphibienfahrzeuge zum Einsatz kommen, welche eine entsprechende Last tragen können.
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Insgesamt wird durch die Erfindung somit ein Verfahren zur Stabilisierung von durch Hochwasser aufgeweichten oder destabilisierten Damm- oder Deichabschnitten geschaffen, bei welchem Gelbildner von der mit Wasserdruck beaufschlagten Seite des Dammes oder Deiches mittels eines Kombinationswerkzeuges in das bereits mit Wasser angereicherte Damm- oder Deichmaterial eingebracht wird. Der Gelbildner wird dabei gleichmäßig in die geologisch vorgegebene Wasserdurchströmung im Bereich kurz unter der Oberfläche des Dammes oder Deiches eingebracht, wobei er in angemessener Zeit mit dem vorhandenen Wasser zum Gel, insbesondere Polyurethangel, reagiert. Das Polyurethangel weist eine hohe Elastizität auf und ist zudem chemisch stabil und nicht korrosionsfördernd.
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Durch das erfindungsgemäße Verfahren kann zusätzlich auch unterhalb der Grasnarbe eines mit Druckwasser penetrierten und mit Fluid aufgefüllten Damm oder Deichkörpers – auch unter Einbeziehung einer etwaigen Übergangszone vom Flussbett bis zum Deich – eine Vergelung erreicht werden, so dass die Gefahr des weiteren Aufweichens von Damm oder Deichbaumaterial reduziert oder gar verhindert wird und die vorhandene bodenmechanische Stabilität weitestgehend erhalten bleibt oder sogar verbessert wird. Auch im Falle des zusätzlichen Maschineneinsatzes auf dem entsprechenden Damm- oder Deichabschnitt und damit einhergehender mechanischer Einflüsse, wie beispielsweise Erschütterungen, ist eine hohe Stabilität aufgrund des gebildeten Gels zu erwarten.
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Das erfindungsgemäße Stabilisierungsverfahren erfordert den Einsatz eines oder mehrerer Kombinationswerkzeuge. Diese können beispielsweise von einem geeigneten Geräteträger (wie einem Minibagger) gehalten, positioniert und eingesetzt werden. Ein solcher Minibagger lässt sich auf kleinem Raum einsetzen und bedarf keiner hohen Aufbauten. Denkbar sind auch schwimmende Ausgestaltungen wie Stelzenpontons. Die jeweilig verwendeten Fahrzeuge sind dabei dem Einsatzort anzupassen. Insbesondere können in bestimmten Fällen auch Amphibienfahrzeuge vorteilhaft sein.