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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines in ein Gelatineprodukt überführbaren Grundstoffes aus Bindegewebe, insbesondere natürlicher Haut in Form von Schwarten von Schweinen und Rindern, sowie ein System zur Herstellung eines derartigen Grundstoffes. Des Weiteren ist die Erfindung auf diesen Grundstoff selbst sowie die daraus hergestellte Gelatine gerichtet.
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Gelatine ist ein geschmacksneutrales tierisches Eiweiß oder denaturiertes bzw. hydrolisiertes Kollagen, das aus dem Bindegewebe von vor allem Schwein und Rind stammt. Zur Gewinnung von Gelatine wird das zunächst unlösliche Bindegewebe in Form von Haut und Knochen von Schweinen und Rindern, aber auch von Geflügel und Fischen einem Aufschlussverfahren (Hydrolyse) unterworfen, das die Peptid-Bindungen aufspaltet, so dass sich das auf diese Weise wasserlöslich gemachte Kollagen extrahieren lässt. Der Aufschluss kann durch Kochen oder durch Behandlung mit Säuren und anschließende Extraktion erfolgen (siehe Wikipedia).
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Aus der
DE 27 20 404 A1 ist ein Verfahren zur Herstellung von Gelatine durch Behandlung von Schweineschwarten mit Salz- oder Schwefelsäure und anschließendem mehrmaligem Waschen mit Wasser bekannt, dessen Besonderheit darin besteht, dass man beim ersten oder einem der nächstfolgenden Säurefreiwasser die aus den Schweineschwarten diffundierende Säure laufend neutralisiert, das salzhaltige Waschwasser ablässt, anschließend wenige Male mit Wasser wäscht und dann die Gelatine mit heißem Wasser ausschmilzt. Als Neutralisationsmittel werden dabei Ammoniakgas, Ammoniakwasser, Ammoniumcarbonate, Oxyde, Hydroxyde, Carbonate und Bicarbonate von Natrium, Kalium, Kalzium und Magnesium verwendet.
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Durch diese Vorgehensweise soll die Abwassermenge und die Säure- und Waschzeit bei gleichzeitiger Beibehaltung der Qualität der gewonnenen Gelatine verringert werden, wobei angegeben wird, dass sich dadurch der Säure- und Waschprozess von der sonst erforderlichen Zeitdauer von 48 Stunden auf 24 Stunden reduzieren lässt.
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Bei in der Praxis verwendeten Verarbeitungstechnologien zur Herstellung von Gelatine aus Schweinehaut wird die Schweinehaut vorab von Fett und anorganischen Bestandteilen gereinigt, auf Stückigkeit in der Größenordnung von 50 mm bis 80 mm zerkleinert, von Kalziumverbindungen befreit und einer Hydrolyse unterworfen. Dabei werden die Peptid-Verbindungen durch den Einsatz von Säuren oder Basen aufgebrochen, neutralisiert und wasserlöslich gemacht. Das Material wird anschließend in warmer Wasser gelöst und insbesondere über fünf steigende Temperaturstufen extrahiert. Anschließend werden durch Filter und Separatoren Restfette, Fasern, Kalzium, Natrium, Restsalze und Säureanteile entfernt. Die erhaltene gesäuberte, dünnflüssige Gelatinelösung wird in Vakuumtrocknern eingedickt, wodurch ein Brei entsteht, der sterilisiert, gekühlt, getrocknet und in Nudel- oder Plattenform auf einem Bandtrockner ausgetragen wird. Durch Mahlen oder Schneiden der Gelatine kann die Stückigkeit erzeugt werden, die für Handelsformen gefordert wird. Wie dies auch schon im Zusammenhang mit der
DE 27 20 404 geschildert wurde, wird für diesen heute üblichen Vorgang der Gelatineherstellung im mehrstufigen Prozessverlauf eine Prozessdauer von 24 Stunden bis 48 Stunden benötigt.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine Verfahren sowie eine Vorrichtung zu schaffen, wodurch es ermöglicht wird, Gelatine oder einen entsprechenden Gelatinegrundstoff von hoher Qualität auf wesentlich einfachere Weise und in entscheidend kürzerer Zeit und damit in besonders wirtschaftlicherer Weise zu gewinnen.
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Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren wird diese Aufgabe im Wesentlichen dadurch gelöst, dass das Ausgangsmaterial einem strukturauflösenden mechanischen Zerkleinerungsprozess unterworfen wird und durch einen Fettabtrennungsvorgang fettarme Rohschwartenpartikel erzeugt werden, und dass die jeweils aus einem hochelastischen Verband vernetzter Zellen bestehenden Rohschwartenpartikel durch zellulare Prallzerstörung mit Wasserentzug in einen im Wesentlichen trockenen und in Wasser löslichem Grundstoff überführt werden.
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Wesentlich für die erfindungsgemäße Vorgehensweise ist somit, dass die natürlichen Ausgangsstoffe, insbesondere Schwarten von Schwein oder Rind in einer durchgängigen Verfahrensfolge durch mechanischen Aufschluss und insbesondere ohne Säure – bzw. Basenbehandlung sowie den Wegfall eines nass-thermischen Aufschlusses mit Eindickung in ein Gelatineprodukt bzw. ein Vorstufenprodukt der Gelatine umgewandelt werden.
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Bevorzugt werden durch die Zerkleinerung und Fettabtrennung Rohschwartenpartikel mit einer Größe im Bereich von etwa 0,5 mm bis 15 mm und mit einem Restfettgehalt von etwa 3% bis 15% erzeugt, und die zur Freisetzung des innerzellularen Wassers führende Prallzerstörung des Zellgewebes erfolgt bevorzugt durch Verwendung eines die entfetteten Rohschwartenpartikel beschleunigenden und gegen Prallflächen schleudernden Luftstroms hoher Geschwindigkeit, wobei als Luftstrom ein Heißluftstrom Verwendung findet, der die frei werdende Feuchtigkeit aufnimmt. Aufgrund der dabei erfolgenden Aufnahme der Verdampfungsenergie wird die Temperatur der Oberfläche der Teilchen verringert und eine Schädigung durch Verbrennung infolge zu hoher Temperatur der Luft verhindert.
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Ein erfindungsgemäßes System bzw. eine entsprechende Anlage zur Herstellung eines in ein Gelatineprodukt überführbaren Grundstoffes aus Bindegewebe zeichnet sich aus durch den Einsatz einer Wolfmaschine mit mindestens einem Schneidsatz und einer dieser zugeordneten Endlochscheibe, einer Vorrichtung zur Auftrennung der durch die Wolfmaschine erzeugten Körnungsmasse in eine Fettfraktion und eine Fraktion fettarmer Hautpartikel sowie einer Anordnung zur mechanischen Zerstörung der Struktur der fettarmen Hautpartikel und zur Abtrennung und Abführung des frei werdenden Wassers von der verbleibenden Faserstruktur.
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Zur Fraktionsbildung wird bevorzugt ein Siebpressenseparator mit Stoffwendesystem und Staudruckregelung eingesetzt, dem bevorzugt ein Waschsystem in den Stoffwendeelementen zur Fluidisierung geeigneter flüssiger Komponenten zum besseren Austrag von Fettanteilen zugeordnet ist.
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Eine bevorzugt verwendete Wolfmaschine weist zumindest zwei aufeinanderfolgende Sätze von Schneidmessern und zugeordneten Lochscheiben auf, wobei die Bohrungsgrößen der Lochscheibe derart gewählt sind, dass eine Körnungsmasse mit Partikeln in der Größenordnung von etwa 0,5 mm bis 15 mm erhalten wird. Hier können den Schneidsätzen zugeordnete gesteuerte Trennsysteme für einen weiteren Fettaustrag vorgesehen werden.
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Zur mechanischen Zerstörung der Zellstruktur findet vorzugsweise zumindest ein Prallwandtrockner Verwendung, der mit heißer, beispielsweise eine Temperatur von etwa 100°C bis 200°C aufweisender, die fettarmen Partikel mit sich führender Transportluft durchströmt wird. Die fettarmen Hautpartikel werden dabei in diesem Heißluftstrom durch eine die Teilchen entsprechend beschleunigende mechanische Schleudereinrichtung eingebracht.
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Im Trockner nimmt die ungesättigte Heißluft das durch das Aufreißen der Zellen frei werdende und verdampfte Wasser auf, so dass am Ausgang des Trockners ein faserig lockerer, unverbrannter Grundstoff erhalten wird.
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Im Rahmen der Erfindung beansprucht wird auch ein Grundstoff zur Herstellung von Gelatine, der aus einer wasserlöslichen Trockenmasse mit Faser- und/oder Pulverstruktur besteht und aus Bindegewebe, insbesondere natürlicher Haut von Schweinen oder Rindern hergestellt ist und durch ausschließlich mechanische Zerkleinerung und Trocknung erhalten wird, d. h. ohne jegliche Säure- oder Basenbehandlung.
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Ein derartiger Grundstoff ist in Kaltwasser selbstauflösend und suspensionsbildend, wobei Gelatine aus einem solchen in Wasser suspendierten Grundstoff durch kurzzeitige Temperierung, insbesondere bis t = 100°C, hergestellt werden kann.
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Neben den entscheidenden verfahrenstechnischen Vorteilen, insbesondere der Zeitersparnis, ergeben sich für das gewonnene Produkt vor allem die Vorteile der Haltbarkeit, des sehr guten mechanischen Kollagenaufschlusses, der sehr guten Wasserlöslichkeit, der beliebigen Dosierbarkeit und den aus dem geringen Gewicht des Grundstoffes resultierenden verringerten Transportkosten.
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Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben und werden nachfolgend anhand der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels unter Bezugnahme auf die Zeichnung erläutert.
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Die einzige Figur der Zeichnung zeigt eine schematische Darstellung eines Beispiels eines erfindungsgemäßen Systems bzw. einer entsprechenden Anlage zur Herstellung eines in ein Gelatineprodukt überführbaren Grundstoffes aus natürlicher Haut in Form von Schwarten von Schweinen und/oder Rindern.
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Die stark schematisierte Darstellung zeigt eine mit zumindest einem Schneidsatz und zugehöriger Lochscheibe ausgestattete Wolfmaschine 1, der die Haut bzw. die Schwarten von Schwein oder Rind wie gewachsen zugeführt wird. Die Zerkleinerung in der Wolfmaschine erfolgt bevorzugt auf Partikelgrößen im Bereich von etwa 0,5 mm bis 15 mm, und zwar je nach Bohrungsgröße der gewählten Endlochscheibe. Die am Ausgang der Wolfmaschine 1 erhaltene Körnungsmasse wird einem Siebpressenseparator 2 zugeführt, der vorzugsweise mit einem Stoffwendesystem und Staudruckregelung zur qualitativen Einstellung des Abtrennvorganges von Fett ausgerüstet ist.
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Zur Fettabtrennung kann beispielsweise ein Separator MS 700 der Firma MADO, Dornhan Verwendung finden.
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Während der im Siebpressenseparator 2 abgetrennte Fettanteil 4 einer anderweitigen Verwertung zugeführt wird, gelangen die körnigen, fettarmen Rohschwartenpartikel, deren Restfettgehalt beispielsweise etwa 6% bis 12% betragen kann, in ein Schleuderzellenrad 5 und durch dieses die Teilchen beschleunigende Zellenrad in einen Strömungskanal 6, durch den heiße Luft von beispielsweise etwa 200°C mit hoher Geschwindigkeit strömt und die vorbeschleunigten Rohschwartenpartikel mitreißt.
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Der Heißluftkanal 6 mündet in einen Pralltrockner 7, der mit einer speziellen Anordnung von Schikanen 8 ausgestattet ist und einen Auslass 9 für wasserhaltige Abluft sowie einen Auslass 10 für die Abführung des Verfahrensprodukts, d. h. die Abführung des erhaltenen Grundstoffs zur Gelatinebildung aufweist.
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Die am Ausgang des Siebpressenseparators 2 erhaltenen fettarmen Hautpartikel haben eine geschlossene, körperliche Rohstoffkörnungsstruktur. Dieser Rohstoff wird in den tragenden Luftstrom im Heißluftkanal 6 vorbeschleunigt eingespeist und unter Temperaturerhöhung auf hohe Geschwindigkeit gebracht. Durch das Aufschlagen der Teilchen mit hoher Geschwindigkeit auf die Schikanen 8 bzw. Prallflächen im Trockenapparat 7 erfolgt eine zellulare Prallzerstörung der mechanischen Rohstoffstruktur. Dabei bildet die sich ergebende Zellöffnung die Grundlage für den Wasserentzug, wobei Voraussetzung dafür eine entsprechend hohe Partikelgeschwindigkeit ist, die sowohl mechanisch durch Schleuderräder als auch aerodynamisch durch die hohe Heißluftgeschwindigkeit erzielt wird. Mit dieser hohen Geschwindigkeit werden die zunächst äußerlich intakten Hautkornmassen gegen die Schikanen 8 geschleudert. Der Stoß, Aufprall oder Schlag verdichtet und verformt den hochelastischen Zellverband des Bindegewebes bis zum Reißen des inneren Zellgewebes. Dieser Vorgang der Zerstörung wird durch das nicht komprimierbare Wasser in den jewei-ligen Zellen unterstützt, indem es die Zellen durch hohe Gegenkräfte sprengt. Dadurch lösen sich bei jedem Schlag die geordneten Festigkeitsstrukturen der vernetzten Zellen auf, reißen und geben das interzelluläre Wasser frei. Damit ist der Weg frei für den Wasserentzug und die Feuchtigkeitsaufnahme durch die ungesättigte, heiße Transportluft.
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Mit der Zellsprengung vergrößert sich ständig das Volumen der Hautteilchen. Das größere und aufgrund des abgegebenen Wassers auch leichtere Volumen erhält somit aerodynamische Auftriebseigenschaften, die eine noch höhere Aufprallgeschwindigkeit durch die Luftströmung und somit eine noch stärkere Auffaserung mit Entwässerung erzeugen. Auf diese Weise entstehen aus den kompakten Hautteilen lockere, flockige, verstrebte, offene Raumgeometrien, die luftseitig maximale Wärmetauschflächen im Rohstoffvolumen für die Trocknung bilden.
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Die Verweilzeit der Partikel im Trockner beträgt nur wenige Sekunden, wodurch es gelingt, in Verbindung mit der Entwässerung die entstehenden offenen Hautpartikel gegen Verbrennung durch die heiße Luft zu schützen.
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Das wiederholte Aufprallen der Partikel gegen die Schikanen entwässert den Rohstoff über die Verdampfung und die Bindung der Feuchtigkeit durch die Heißluft. Das Wasser wird dabei durch die Prallenergie in Mikrotropfenform freigesetzt und verdampft, wobei sich mit der Aufnahme der Verdampfungsenergie die Temperatur an der Oberfläche der Teilchen absenkt, wodurch eine Schädigung der Teilchen durch Verbrennung infolge zu hoher Temperatur der Luft verhindert wird.
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Während der Verweilzeit der Partikel im Trockner erfolgt bis zum Verlassen des Trockners eine ständige Zerstörung der festen Faserstruktur, wobei durch die Elastizität ein Zusammenhalt der Fasern untereinander in loser Struktur bestehen bleibt. Es entsteht somit ein zunehmend flockiger, loser, faserverbundener Körper mit steigendem Auftriebsvolumen. Dieser flockige Körper lässt die allseitige Durchströmung zu und sichert so einen hochgradigen Trocknungsverlauf.
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Die entstehende Trockenmasse ist ohne äußere Einwirkung kaltwasserlöslich und bildet eine Suspension, die beispielsweise als Zusatzstoff in der Fleischindustrie verwendet werden kann.
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Wird die Suspension in gewählten Stoffanteilen mit oder ohne Zugabe von Zusatzstoffen wie z. B. Säuren oder Fette temperiert, so entstehen Gelatineprodukte mit definierten Eigenschaften.
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Durch die einstufige Grundstoffgewinnung kann eine gleichbleibende Qualität sichergestellt werden, wobei jedoch von ganz besonderer Bedeutung ist, dass sich im Vergleich zur herkömmlichen Gelatinegewinnung durch die Erfindung eine Prozessverkürzung um mehr als 90% erzielen lässt.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Wolfmaschine
- 2
- Trenneinrichtung
- 3
- Rohschwartenpartikel
- 4
- abgetrennter Fettanteil
- 5
- Schleuderrad
- 6
- Heißluftkanal
- 7
- Pralltrockner
- 8
- Schikanen
- 9
- wasserhaltige Abluft
- 10
- Grundstoff
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 2720404 A [0003]
- DE 2720404 [0005]