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Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Unterstützung und/oder Entlastung der menschlichen Wirbelsäule, umfassend ein Stützelement, ein Gurtträgersystem und einen Lumbalgürtel.
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In Berufsfeldern wie Handwerk und Baugewerbe sind Beschäftigte sehr häufig mit manueller Lastenhandhabung konfrontiert. Aufgrund der wechselhaften Arbeitsumgebungen und -bedingungen ist es notwendig, die Beschäftigten dieser mobilen Berufe maschinell mittels Hebe- oder Tragehilfen zu entlasten. Dabei bestehen nach wie vor Bereiche in denen eine Entlastung mittels Maschinen nicht möglich bzw. nicht sinnvoll ist. Und somit eine Entlastung mittels Arbeitschutzausrüstung angestrebt wird.
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Im Bereich der Rehabilitation existieren Orthesen, die die Wirbelsäule entlasten und stabilisieren. Konventionelle Rückenorthesen führen zu einer permanenten Entlastung des Körpers, da diese permanent stabil sind. Im aktiven Bereich (z. B. Arbeitsschutz) ist eine solche permanente Entlastung nicht erwünscht, da sie eine zu starke Entlastung der Muskulatur zur Folge haben kann und die Bewegungen des Nutzers zu sehr einschränkt. Um den Arbeiter jedoch vor degenerativen Schäden zu schützen ist es notwendig, ihn in Überlastungssituationen vor falschen Körperbewegungen und -haltungen zu schützen.
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Dazu sind bisher insbesondere Rückenstützbandagen bekannt, welche die Lendenwirbelsäule aufrichten, wobei die stabilisierende Wirkung mittels einer Erhöhung des Bauchinnendrucks erreicht wird. Des Weiteren schützen diese Rückenstützbandagen vor Hyperlordose (auch als Hohlkreuzbildung bekannt) beim Heben und Tragen.
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Aus der
DE 103 29 454 A1 ist eine orthopädische Stützeinrichtung für Rücken- und Lumbalbereich bekannt, welche mit einer rucksackartig anzulegenden Rückenorthese, umfassend eine Rückenpelotte und ein Gurtträgersystem, sowie einer um die Taille anlegbaren Lumbalbandage versehen ist. Rückenorthese und Lumbalbandage sind über eine Verbindungseinrichtung lösbar miteinander verbunden und modulartig gemeinsam oder getrennt voneinander tragbar.
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In der
EP 0 636 325 A2 ist ein lendenstützendes Kleidungsstück beschrieben, welches zumindest den Lendenwirbelbereich eines Trägers des Kleidungsstücks umgibt. Das Kleidungsstück umfasst dabei einen Hauptstoff mit einem einlagigen Stoff aus dehnbarer Wirkware oder mit einem Oberstoff und Futterstoff aus dehnbarer Wirkware, wobei sich der Hauptstoff im Gebrauch von der Lendenregion des Rückens des Trägers um die Seiten des Trägers zu mindestens den Bauchseiten des Trägers erstreckt. Der Hauptstoff weist ferner auf:
- a) Nahtteile, die sich im Gebrauch senkrecht in der Umgebung des Bereichs der Seiten des Trägers erstrecken, oder Nahtteile, die sich im Gebrauch mindestens vom Bereich der Taillenseiten des Trägers und schräg abwärts zur Vorderseite des Kleidungsstücks erstrecken;
- b) einen dehnbaren Hilfsgurt aus einer dehnbaren Wirkware, der schmaler als der Hauptstoff ist und sich im Gebrauch von der Lendenregion des Rückens des Trägers mindestens zu den Seitenregionen des Trägers erstreckt, wobei der Hilfsgurt ein rechtes und linkes Ende hat, die am Hauptstoff befestigt sind; und
- (c) plattenförmige Längsstützstangen, die sich in der Umgebung der Abschnitte des Hauptstoffs befinden, die im Gebrauch mit dem rechten und linken M. latissimus dorsi und M. glutaeus maximus in Berührung stehen. Dabei ist vorgesehen, dass die Stangen, die aus einem Elastomerharz oder amorphen Harz hergestellt sind, an der äußersten Fläche des Hauptstoffs oder an dem Oberstoff und/oder Futterstoff im Raum zwischen dem Oberstoff und Futterstoff befestigt sind und gebogen sind, um der Form des rechten und linken M. latissimus dorsi und M. glutaeus maximus zu folgen, und der Hauptstoff ferner Abnäher aufweist, die an den Nahtteilen gebildet sind, um eine senkrechte Querschnittform mit konvexem Profil gegenüber der Hautseite des Kleidungsstücks zu bilden.
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Weiterhin ist in der
WO 2005/105004 A1 eine anpassbare Orthese offenbart, welche ein Außenskelett aufweist, dass entlang des Rückens eines Patienten ausziehbar ist und das auf eine Körperregion des Patienten mittels einer Vielzahl von Riemen aufsetzbar ist, die diese Körperregion an verschiedenen Stellen weitestgehend umgeben. Das Außenskelett umfasst dabei weiterhin eine Vielzahl von stapelbaren und kombinierbaren Segmenten, wobei jedes Segment aus einer Anzahl von kombinierbaren Subsegmenten gebildet ist. Dabei ist vorgesehen, dass eine Position eines Subsegments relativ zu einem anderen Subsegment in mindestens drei Freiheitsgraden anpassbar ist.
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Darüber hinaus beschreiben: die
US 4 802 667 A einen Hebegurt, die
US 5 188 586 A einen Rückenstützgurt, die
US 5 232 424 A einen Rücken- und Bauchstützgurt, die
US 5 571 076 A eine vertikal-anlegbare Stützbandage für die Muskeln und Wirbelkörper der Wirbelsäule, die
US 2010 0298749 A1 eine Hals-Brustorthese, die
US 2008/0228121 A1 eine Rückenstützvorrichtung mit einem Hüftgurt- und einem Brustgurtsystem, die
US 6 190 343 B1 eine vorn kreuzförmige spinale Hyperextensionsorthese und die
US 2008/0045873 A1 eine Wirbelsäulenorthese.
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In der
JP 2004358196 A wird ein Hilfsmittel zur Vorbeugung gegen das Ischias-Syndrom beschrieben. Ein Teil eines Gürtels, welcher um die Hüfte gelegt wird, ist dehnbar ausgebildet. Der Gürtel und ein Wirbelsäulenstützsteil zum Strecken der Wirbelsäule sind über Drähte, welche über Umlenkrollen verlaufen, miteinander verbunden. Dadurch wird der Gürtel verengt, wenn sich ein Nutzer des Hilfsmittels nach vorn beugt. Wenn sich das Abdomen des Nutzers anspannt, um ein schweres Objekt zu heben, wird das Wirbelsäulenstützteil über die Drähte gerade ausgerichtet, wodurch Schultergurte zurückgezogen werden.
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Aus der
FR 2 825 265 A1 ist ein orthopädisches Korsett bekannt. Das Korsett umfasst Elemente, welche über mehrere Verbindungsmodule miteinander verbunden sind. Die Verbindungsmodule sind übereinander angeordnet, teilweise ineinander positioniert und mittels eines Kabels, einer Arretierung und eines Motors zusammengehalten, so dass sie einen steifen Längsträger ausformen. Wird die Arretierung gelöst und die Verbindungsmodule werden mittels des Motors voneinander getrennt, kann der Längsträger gebogen werden, um einem Nutzer ein Beugen des Oberkörpers zu ermöglichen.
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In der
DE 195 43 566 A1 wird ein Protektor beschrieben. Der Protektor zum Tragen entlang der Wirbelsäule umfasst eine Vielzahl von entlang der Wirbelsäule übereinander angeordneten, begrenzt gelenkig miteinander verbundenen, schlagfesten Gliedern. Der Schutz gegen Stauchungen in Längsrichtung sowie die Bewegungsfähigkeit des Trägers ist einstellbar. Der Kontaktbereich zwischen den Gliedern in Längsrichtung ist elastisch ausgebildet. Die Glieder weisen eine in Längsrichtung fluchtende Durchgangsöffnung auf und durch die Durchgangsöffnung der Glieder hindurch erstreckt sich ein Zugelement, welches die Glieder in Längsrichtung gegeneinander drückt.
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Aus der
GB 2 345 435 A ist ein Wirbelsäulenschutz bekannt. Dieser umfasst einen steifen Kopfschutz, eine kurze Nackenstütze und eine längere Rückenstütze. Die Nacken- und die Rückenstütze sind jeweils aus mehreren Segmenten aus einem starken, steifen Material gebildet, welche gepolsterte und abgewinkelte Anlageflächen aufweisen und korrespondierend zueinander ausgebildet sind, so dass sie ineinander greifen. Die Segmente sind mittels eines Stahlkabels miteinander verbunden. Die Nackenstütze und die Rückenstütze sind über ein Verbindungselement miteinander verbunden.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, eine gegenüber dem Stand der Technik verbesserte Vorrichtung zur Stützung und/oder Entlastung der menschlichen Wirbelsäule, insbesondere beim Heben von schweren Lasten, anzugeben.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch eine Vorrichtung, welche die in Anspruch 1 angegebenen Merkmale aufweist.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Eine Vorrichtung zur Unterstützung und/oder Entlastung der Wirbelsäule umfasst ein Stützelement, ein Gurtträgersystem und einen Lumbalgürtel. Das Stützelement ist aus einer Vielzahl von aneinanderreihbaren Segmenten gebildet, wobei benachbarte Segmente jeweils miteinander verbunden sind, wobei ein Zugelement jeweils durch die Segmente hindurch geführt ist.
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Erfindungsgemäß ist das Zugelement mittels eines Schaltermechanismus betätigbar, wobei mittels des Schaltermechanismus eine Schutzfunktion des Stützelements sowohl aktivierbar als auch deaktivierbar ist, und wobei bei aktivierter Schutzfunktion mittels des Zugelements eine Vorspannkraft in die Segmente eingeleitet ist, wodurch benachbarte Segmente untereinander im Kraftund/oder Formschluss stehen. Damit wird eine Steifigkeit des Stützelements erhöht.
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Die Aktivierung der Schutzfunktion mittels Betätigung des Zugelements, welches vorzugsweise als ein Seilzug oder Bowdenzug ausgebildet ist, ermöglicht es einem Träger der Vorrichtung seine Wirbelsäule in bestimmten Situationen zu entlasten. Ein Beispiel für eine solche Situation ist das Heben und Tragen von schweren Lasten, wobei die Wirbelsäule und Bandscheiben erheblichen Druckbelastungen ausgesetzt sind. Insbesondere im Zusammenhang mit einer ungesunden Körperhaltung und/oder Bewegungen erhöhen sich die dabei entstehenden Druck- beziehungsweise Scherkräfte auf die Bandscheiben. In Berufsfeldern wie dem Handwerk und/oder dem Baugewerbe können täglich solche Situationen auftreten, so dass im Laufe der Zeit eine degenerative Funktionsstörung der Wirbelsäule bis hin zu frühzeitigen Bewegungseinschränkungen erfolgen kann. Dabei ermöglicht die Aktivierung der Schutzfunktion ein Zusammenziehen der Segmente, wodurch Haltung und Bewegung eines Trägers sowohl im Sagittal-, Transversal- und Frontalbereich unterstützt und damit die Wirbelsäule entlastet werden. Darüber hinaus werden mittels der Schutzfunktion ungesunden Körperhaltungen, z. B. Hyperlordose, Hyperkyphose, Überdrehung des Rumpfes, während der Belastung entgegen gewirkt und ruckartige Bewegungen abgedämpft, bei welchen Spitzenbelastungen auf die Wirbelsäule und Bandscheiben wirken. Die erfindungsgemäße Vorrichtung ist damit im präventiven Arbeitsschutz als auch im Bereich der Rehabilitation anwendbar. Bei Deaktivierung der Schutzfunktion sind die Segmente derart beweglich, dass sich ein Träger der Vorrichtung frei bewegen kann, so dass die Vorrichtung während eines Arbeitsalltags nicht abgelegt werden muss. Ferner ist durch das segmentartige Stützelement eine individuelle Anpassung an die Wirbelsäulenkontur eines Trägers, insbesondere mit aktivierter Schutzfunktion, möglich, so dass die Entlastung der Wirbelsäule individuell auf einen Träger abgestimmt ist.
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Erfindungsgemäß sind zur Anpassung des Stützelements an die Wirbelsäulenkontur eines Trägers die Segmente jeweils aus einem elastischen Material gebildet. Vorzugsweise ist das elastische Material Polyamid, welches sich durch seine begrenzte Elastizität und durch eine hohe Steifigkeit auszeichnet. Damit ist das Stützelement bei aktivierter Schutzfunktion kontrolliert elastisch, wodurch Bewegungen abgedämpft und die Haltung unterstützt wird, ohne den Träger zu sehr in seinen Bewegungen einzuschränken.
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Erfindungsgemäß sind die einzelnen Segmente des Stützelements dabei jeweils aus einem Mittelsteg und zwei parallel zu dem Mittelsteg verlaufenden Außenstegen gebildet, welche mittels zwei einander gegenüberliegenden Stützteilen miteinander verbunden sind, wobei an einem Stützteil ein Kontaktelement und an dem gegenüberliegenden Stützteil eine Kontaktfläche angeordnet ist. Damit ist eine materialsparende und gewichtsreduzierende Ausformung der Segmente erzielt, da das Segment zwischen den Stegen jeweils Materialaussparungen aufweist. Somit ist ein angenehmer Tragekomfort für einen Träger möglich. Vorzugsweise liegen die Außenstege im Bereich des linken und rechten Musculus latissimus dorsi, welcher sich vom Schulterblatt bis zum Lendenwirbelbereich erstreckt.
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In einer bevorzugten Ausführungsform sind benachbarte Segmente jeweils über zumindest ein Federelement zueinander miteinander gekoppelt, d. h. benachbarte Segmente sind derart mittels des Federelements gekoppelt, dass diese zueinander beabstandet sind, und/oder das Zugelement ist durch die Segmente und Federelemente hindurch gefüht, wodurch eine optimale Krafteinleitung durch Betätigung des Zugelements ermöglicht wird und die Segmente bei deaktivierter Schutzfunktion durch das Federelement gleichmäßig auseinandergedrückt werden. Damit wird eine vollkommen freie Beweglichkeit erreicht.
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Die Kontaktfläche eines Segments ist korrespondierend zu einer Kontaktstelle eines benachbarten Segments ausgeformt. Dabei ist die Kontaktstelle vorzugsweise als ein Materialvorsprung und die Kontaktfläche als eine korrespondierende Materialaussparung ausgebildet. Die Kontaktstelle greift dabei derart in die Kontaktfläche ein, dass zwischen der Kontaktstelle und der Kontaktfläche zumindest teilweise ein Form- und/oder Kraftschluss herstellbar ist. Insbesondere mit deaktivierter Schutzfunktion des Stützelements greift die Kontaktstelle nicht vollständig in die Kontaktfläche ein, so dass diese zueinander beabstandet sind. Damit ist eine Flexibilität des Stützelements erhöht, so dass sich ein Träger in unbelasteten Situationen ohne Einschränkungen weitestgehend frei bewegen kann.
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Zur Verbindung der Segmente miteinander sind die Federelemente jeweils mit einem ersten Ende an einer Kontaktstelle eines Segments und mit einem zweiten Ende an einer Kontaktfläche eines benachbarten Segments angeordnet. Vorzugsweise sind die Federelemente, bei welchen es sich beispielsweise um eine Schraubenfeder, insbesondere eine gewundene Torsionsfeder, handelt, kraft- und/oder stoffschlüssig mit den Segmenten verbunden. Damit ist eine mechanisch stabile und gelenkige Verbindung der Segmente untereinander möglich.
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In einer bevorzugten Ausführungsform weisen die Segmente zum Hindurchführen des Zugelements jeweils eine durchgehende Öffnung auf, welche sich als ein Kanal von der Kontaktstelle über den Mittelsteg bis zur Kontaktfläche des Segments erstreckt.
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Bei aktivierter Schutzfunktion sind die Federelemente mit einer größeren Spannkraft gespannt als bei deaktivierter Schutzfunktion, so dass die Federelemente bei aktivierter Schutzfunktion stärker komprimiert sind als bei deaktivierter Schutzfunktion. D. h. bei Aktivierung der Schutzfunktion werden die Segmente gegenseitig zueinander zu bewegt und ein Abstand zwischen Kontaktfläche eines Segments und Kontaktstelle eines benachbarten Segments verringert sich, wodurch ein kraftschlüssiges Ineinandergreifen der benachbarten Segmente ermöglicht wird. Das gegenseitige zueinander Bewegen der Segmente ermöglicht eine Entlastung der Wirbelsäule, da sich die einzelnen Segmente zu einem einzigen versteifen und dennoch elastisch das Stützelement zusammenziehen.
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Zur manuellen Betätigung des Zugelements weist der Schaltermechanismus ein Betätigungselement auf, welches mechanisch mit dem Zugelement gekoppelt ist. Das Betätigungselement ist beispielsweise als ein Zugschalter mit einer Aufwickelscheibe ausgebildet und am Lumbalgürtel angeordnet, so dass der Träger das Zugelement bequem betätigen kann. Vorzugsweise ist mittels des Betätigungselements das Zugelement arretierbar.
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In einer bevorzugten Ausführungsform ist der Lumbalgürtel der Vorrichtung ventral verschließbar. Beispielsweise ist dieser mittels eines Klettverschlusses verschließbar, so dass Rumpfmaße individuell anpassbar sind.
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Durch ferner vorgesehene Reklinationsgurte im Gurtträgersystem ist ein rucksackähnlicher Aufbau der Vorrichtung realisiert, so dass ein Anlegen der Vorrichtung besonders einfach möglich ist.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden im Folgenden anhand einer Zeichnung näher erläutert.
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Darin zeigen:
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1A schematisch eine perspektivische Ansicht eines Stützelements einer Vorrichtung zur Stützung und/oder Entlastung der menschlichen Wirbelsäule mit deaktivierter Stützfunktion,
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1B schematisch eine perspektivische Ansicht des Stützelements gemäß 1A mit aktivierter Stützfunktion,
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2 schematisch einen Längsschnitt eines Stützelements in perspektivischer Ansicht,
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3A schematisch einen Ausschnitt eines Längsschnittes eines Stützelements in perspektivischer Ansicht mit aktivierter Stützfunktion,
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3B schematisch einen Ausschnitt eines Längsschnittes eines Stützelements in perspektivischer Ansicht mit deaktivierter Stützfunktion,
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4 schematisch eine perspektivische Ansicht eines Segments eines Stützelements,
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5 schematisch eine Seitenansicht drei verschieden ausgebildeter Segmente eines Stützelements,
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6 schematisch eine Seitenansicht einer menschlichen Kopf- und Rumpfkontur mit einem Stützelement aus einer Vielzahl von Segmenten, und
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7 schematisch eine Vorderansicht einer Vorrichtung zur Stützung und/oder Entlastung der menschlichen Wirbelsäule.
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Einander entsprechende Teile sind in allen Figuren mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
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Die 1A und 1B zeigen jeweils ein Stützelement 1 einer Vorrichtung 2 zur Stützung und/oder Entlastung der menschlichen Wirbelsäule.
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Das Stützelement 1 ist als Orthese auf einem Rücken eines Trägers TR der Vorrichtung 2 entlang dessen Wirbelsäule positionierbar und dient dazu, den Träger TR temporär vor Überbeanspruchung und Fehlbelastungen der Wirbelsäule und der Bandscheiben zu schützen.
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Im Rahmen der Erfindung kann es sich beim Träger TR der Vorrichtung sowohl um einen Patienten, welcher die Vorrichtung 2 zur Rehabilitation trägt als auch um einen Arbeiter handeln, welcher die Vorrichtung 2 als präventiven Arbeitsschutz zum Schutz vor Überlastungen im Arbeitsalltag trägt.
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Das Stützelement 1 erstreckt sich – wie 6 entnehmbar ist – etwa von Schulterhöhe bis auf Taillenhöhe in den Lumbosacralbereich des Trägers TR.
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Das Stützelement 1 ist dabei aus einer Vielzahl von in Vertikalrichtung V aneinanderreihbaren Segmenten 1.1 sowie einem ersten Abschlusssegment 1.2 und einem zweiten Abschlusssegment 1.3 gebildet, welche vorzugsweise jeweils aus einem thermoplastischen Material, wie z. B. Polyamid, geformt sind.
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Das thermoplastische Material ist dabei so ausgelegt, dass es einerseits hartelastisch mit einer stabilen Grundform ist, jedoch auch individuell an die Wirbelsäulenkontur des Trägers TR anpassbar ist, wobei die Anpassung an die Wirbelsäulenkontur durch Kombination beziehungsweise Aufreihung verschieden angewinkelter Segmente 1.1, wie es in 5 dargstellt ist, erfolgt. Dabei können sich die Segmente 1.1 sowohl in Querrichtung Q als auch in Vertikalrichtung V verformen.
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Die einzelnen Segmente 1.1 sind dabei jeweils aus einem Mittelsteg 1.1.1 und zwei parallel zu dem Mittelsteg 1.1.1 verlaufenden Außenstegen 1.1.2 gebildet, welche mittels zwei einander gegenüberliegenden Stützteilen 1.1.3 miteinander verbunden sind. An einem der Stützteile 1.1.3 ist mittig ein Kontaktelement 1.1.4 und an dem anderen der Stützteile 1.1.3 mittig eine Kontaktfläche 1.1.5 angeordnet. Vorzugsweise sind diese Bestandteile der Segmente 1.1 einstückig miteinander geformt, wobei das Segment 1.1 beispielsweise mittels eines Spritzgussverfahrens hergestellt wird.
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Die Kontaktfläche 1.1.5 eines Segments 1.1 ist korrespondierend zu einer Kontaktstelle 1.1.4 eines benachbarten Segments 1.1 ausgeformt, wobei die Kontaktstelle 1.1.4 im vorliegenden Ausführungsbeispiel als ein Materialvorsprung und die Kontaktfläche 1.1.5 als eine korrespondierende Materialaussparung ausgebildet sind.
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Die Kontaktstelle 1.1.4 greift dabei form- und/oder kraftschlüssig in die Kontaktfläche 1.1.5 ein.
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Die Abschlusssegmente 1.2, 1.3 weichen in ihrer Form von den Segmenten 1.1 ab, da diese jeweils aus einem Mittelteil 1.2.1, 1.3.1 und zwei sich in Querrichtung Q gegenüberliegenden Flügelelementen 1.2.2, 1.3.2 gebildet sind, wobei die Flügelelemente 1.2.2, 1.3.2 jeweils eine Aussparung aufweisen.
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Dabei ist das erste Abschlusssegment 1.2 an einem oberen Ende des Stützelements 1, d. h. bei Gebrauch der Vorrichtung 2 in kranialer Richtung des Trägers TR, und das zweite Abschlusssegment 1.3 an einem unteren Ende des Stützelements 1, d. h. bei Gebrauch der Vorrichtung 2 in kaudaler Richtung des Trägers TR, angeordnet.
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Das erste Abschlusssegment 1.2 weist dabei eine nicht näher dargestellte analog zu den Segmenten 1.1 ausgebildete Kontaktstelle 1.1.4 auf, welche form- und/oder kraftschlüssig in eine Kontaktfläche 1.1.5 eines in kaudaler Richtung des Trägers TR benachbarten Segments 1.1 eingreift. Das zweite Abschlusssegment 1.3 weist hingegen eine nicht näher dargestellte analog zu den Segmenten 1.1 ausgebildete Kontaktfläche 1.1.5 auf, in die eine Kontaktstelle 1.1.4 eines in kranialer Richtung des Trägers TR benachbarten Segments 1.1 form- und/oder kraftschlüssig eingreift.
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Die Abschlusssegmente 1.2, 1.3 dienen dabei als zusätzliche Stütze für ein Gurtträgersystem 2.1 und einen Lumbalgürtel 2.2, wie es in 7 näher dargestellt und beschrieben ist.
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Die Segmente 1.1 sind miteinander und mit den Abschlusssegmenten 1.2, 1.3 jeweils über ein Federelement 1.4 miteinander gekoppelt, was insbesondere in 2 näher dargestellt ist.
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Die Federelemente 1.4 sind als eine Schraubenfeder, insbesondere gewundene Torsionsfeder, ausgebildet und jeweils mit einem ersten Ende an einer Kontaktstelle 1.1.4 eines Segments 1.1 beziehungsweise des ersten Abschluss- segments 1.2 und mit einem zweiten Ende an einer Kontaktfläche 1.1.5 eines benachbarten Segments 1.1 beziehungsweise des zweiten Abschlusssegments 1.3 angeordnet. Damit ist eine bewegliche Verbindung der Segmente 1.1 untereinander und mit den Abschlusssegmenten 1.2, 1.3 möglich.
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Durch die Segmente 1.1, die Abschlusssegmente 1.2, 1.3 sowie durch die Federelemente 1.4 ist ein Zugelement 1.5 hindurch geführt, welches vorzugsweise als ein Bowdenzug mit einem umhüllten Drahtseil ausgebildet ist.
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Dazu weisen die Segmente 1.1 und die Abschlusssegmente 1.2, 1.3 jeweils eine kanalförmige Öffnung auf, wobei die Öffnung bei den Segmenten 1.1 und beim zweiten Abschlusssegment 1.3 durchgehend ausgebildet ist. Bei den Segmenten 1.1 erstreckt sich die Öffnung dabei von der Kontaktstelle 1.1.4 über den Mittelsteg 1.1.1 bis zur Kontaktfläche 1.1.5, wohingegen die Öffnung in den Abschlusssegmenten 1.2, 1.3 durch den Mittelteil verläuft. Weiterhin ist im ersten Abschlusssegment 1.2 ein Ende des Zugelements 1.5 angeordnet.
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Das Zugelement 1.5 ist dabei in einer nicht näher dargestellten Art und Weise mittels eines Schaltermechanismus manuell vom Träger TR betätigbar, welche beispielsweise einen in 7 dargestellten Zugschalter 1.5.1 umfasst, und arretierbar.
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Der Zugschalter 1.5.1 ermöglicht dabei eine Aktivierung oder auch Deaktivierung einer Schutzfunktion des Stützelements 1.1. 1A zeigt dabei das Stützelement 1.1 mit deaktivierter und 1B das Stützelement 1.1 mit aktivierter Schutzfunktion, wobei in 1B das Stützelement 1 in seiner Längsausrichtung einer Kontur einer Wirbelsäule nachgeformt ist.
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Bei Aktivierung der Schutzfunktion wird eine Vorspannkraft in die Segmente 1.1 und die Abschlusssegmente 1.2, 1.3 eingeleitet, wodurch diese in Vertikalrichtung V aufeinander zu bewegt werden und wodurch die Federelemente 1.4 komprimiert werden und sich ein Abstand zwischen Kontaktfläche 1.1.5 eines Segments 1.1 und eines benachbarten Segments 1.1 verringert, so dass die Kontaktstellen 1.1.4 jeweils in die Kontaktflächen 1.1.5 vollständig form- und/oder kraftschlüssig eingreifen, wie es beispielhaft in 3A dargestellt ist.
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Damit wird eine Steifigkeit des Stützelements 1 erhöht und extreme Körperhaltungen wie z. B. Hyperlordose vermieden oder zumindest abgefedert, so dass eine Entlastung der Wirbelsäule beispielsweise beim Heben und Tragen von schweren Lasten ermöglicht wird.
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Bei Deaktivierung der Schutzfunktion werden die Segmente 1.1 und die Abschlusssegmente 1.2, 1.3 in Vertikalrichtung V voneinander weg bewegt, wodurch die Federelemente 1.4 entspannt werden und sich ein Abstand zwischen Kontaktfläche 1.1.5 eines Segments 1.1 und eines benachbarten Segments 1.1 vergrößert, so dass die Kontaktstellen 1.1.4 jeweils in die Kontaktflächen 1.1.5 nur teilweise form- und/oder kraftschlüssig eingreifen, wie es beispielhaft in 3B dargestellt ist.
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Mit deaktivierter Schutzfunktion erhöht sich die Flexibilität des Stützelements 1, so dass sich der Träger TR frei bewegen kann und die Vorrichtung 2 während eines Arbeitsalltags nicht abgelegt werden muss.
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2 zeigt einen Längsschnitt des zuvor beschriebenen Stützelements 1 in perspektivischer Ansicht mit vier in Vertikalrichtung V aneinandergereihten Segmenten 1.1.
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3A zeigt einen Ausschnitt eines Längsschnitts des zuvor beschriebenen Stützelements 1 mit aktivierter Schutzfunktion, wobei das gegenseitige aufeinander zu Bewegen der Segmente 1.1 mittels Pfeilen dargestellt ist.
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3B zeigt einen Ausschnitt eines Längsschnitts des zuvor beschriebenen Stützelements 1 mit deaktivierter Schutzfunktion, wobei das voneinander weg Bewegen der Segmente 1.1 mittels Pfeilen dargestellt ist.
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4 zeigt ein einzelnes Segment 1.1 in perspektivischer Ansicht. In der vorliegenden Darstellung ist die Kontaktstelle 1.1.4 als ein sich in Richtung einer nicht dargestellten Kontaktfläche 1.1.5 eines benachbarten Segments 1.1 konisch verjüngender Materialvorsprung ausgebildet.
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Zur Herstellung des Stützelements 1 erfolgt vorzugsweise eine analoge und/oder digitale dreidimensionale Messung der Rückenkontur des zukünftigen Trägers TR.
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Damit wird es möglich verschieden angewinkelte Segmente 1.1 aus einem Kontingent verschiedener angewinkelten Segmente 1.1 zu wählen und zu kombinieren/aufzureihen, so dass das Stützelement 1 bei aktivierter Schutzfunktion die Wirbelsäulenkontur des Trägers TR nachempfindet.
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5 zeigt dazu beispielhaft drei verschieden ausgebildete Segmente 1.1.
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Bei einem oberen Segment 1.1 ist das Stützteil 1.1.3, an dem die Kontaktstelle 1.1.4 angeordnet ist, sowie ein an das Stützteil 1.1.3 angrenzender Bereich der Außenstege 1.1.2 und des Mittelstegs 1.1.1 angewinkelt. Beispielsweise ist das obere Segment 1.1 in diesem Bereich um einen positiven Winkel von beispielsweise zwei Grad um eine Querachse, welche parallel zur Querrichtung Q verläuft, einem positiven Winkel von beispielsweise fünf Grad um eine Vertikalachse, welche parallel zur Vertikalrichtung V verläuft und einem positiven Winkel von beispielsweise acht Grad um eine Transversalachse, welche parallel zu einer Transversalrichtung T verläuft, relativ zu dem Stützteil 1.1.3 des Segments 1.1, an welchem die Kontaktfläche 1.1.5 angeordnet ist, gebogen.
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Das untere Segment 1.1 ist in dem oben genannten Bereich um einen negativen Winkel von beispielsweise zwei Grad um eine Querachse, welche parallel zur Querrichtung Q verläuft, einem negativen Winkel von beispielsweise fünf Grad um eine Vertikalachse, welche parallel zur Vertikalrichtung V verläuft und einem negativen Winkel von beispielsweise acht Grad um eine Transversalachse, welche parallel zu einer Transversalrichtung T verläuft, relativ zu dem Stützteil 1.1.3 des Segments 1.1, an welchem die Kontaktfläche 1.1.5 angeordnet ist, gebogen.
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Das mittlere Segment 1.1 weist keinen Bereich mit Winkeländerungen auf.
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6 zeigt ein an der Wirbelsäule des Trägers TR positioniertes Stützelement 1.1 mit verschieden angewinkelten Segmenten 1.1.
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Dabei sind im Bereich der kranialen Brustwirbel B1 des Trägers TR beispielsweise zwei Segmente 1.1, welche die Eigenschaften des in 5 beschriebenen oberen Segments 1.1 aufweisen, im Bereich der kaudalen Brustwirbel B2 ein Segment 1.1, welches die Eigenschaften des in 5 beschriebenen mittleren Segments 1.1 aufweist, und im Bereich der kaudalen Brustwirbel B2 und Lendenwirbel L drei Segmente 1.1 angeordnet, welche die Eigenschaften des in 5 beschriebenen unteren Segments 1.1 aufweisen.
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7 zeigt eine vollständige Vorrichtung 2 in Draufsicht.
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Das Stützelement 1 ist vollständig von einem gewebeartigen Material umschlossen, welches aus einem Oberstoff 3 mit einem Innenfutter 4 aus dehnbarer Wirkware gebildet ist. Alternativ ist das gewebeartige Material aus einem einlagigen Stoff aus dehnbarer Wirkware gebildet.
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Die Vorrichtung 2 umfasst neben dem Stützelement 1 ein Gurtträgersystem 2.1 und einen Lumbalgürtel 2.2.
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Das Gurträgersystem 2.1 ist dabei aus zwei Reklinationsgurten 2.1.1 gebildet, welche mit ihrem oberen Ende jeweils an einem mit dem Material umschlossenen Flügelelement 1.2.2 des ersten Abschlusssegments 1.2 des Stützelements 1 angeordnet sind. Die Reklinationsgurte 2.1.1 können dabei auch mit einem Brustgurt verbunden sein, was in der vorliegenden Darstellung nicht gezeigt ist.
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Die Reklinationsgurte 2.1.1 verlaufen bei Gebrauch der Vorrichtung 2 über die Schultern des Trägers TR nach vorn, seitlich über die Brust und unter den Achseln hindurch dorsal zu einem mittleren Bereich des Stützelements 1, und werden mit ihrem unteren Ende mit dem gewebeartigen Material verbunden, beispielsweise vernäht.
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Um bei Trägern TR mit schmaleren Schultern oder Brustumfang ein Abrutschen der Reklinationsgurte 2.1.1 zu verhindern, können diese auch gekreuzt über die Brust des Trägers TR verlaufen oder mittels Brustgurt verbunden sein.
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Der Lumbalgürtel 2.2 ist dorsal mit dem gewebeartigen Material in Taillenhöhe des Trägers TR verbunden, insbesondere angenäht. Vorzugsweise sind die dorsalen Enden des Lumbalgürtels 2.2 an den materialumschlossenen Flügel elementen 1.3.2 des zweiten Abschlusssegments 1.3 angeordnet.
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Der Lumbalgürtel 2.2 ist im vorliegenden Ausführungsbeispiel mit seinen freien Enden bei Gebrauch der Vorrichtung 3 ventral verschließbar. Dazu sind die freien Enden beispielsweise mit einer Flauschbahn und einem Hakenstreifen zur Bildung eines Klettverschlusses versehen.
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Weiterhin ist in der vorliegenden Darstellung das Betätigungselement 1.5.1 des Zugelements 1.5 dargestellt, welches seitlich am Lumbalgürtel 2.2 angeordnet ist.
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Das Betätigungselement 1.5.1 ist mechanisch mit dem Zugelement gekoppelt und weist dazu beispielsweise einen nicht dargestellten Hebelmechanismus oder Ratschenmechanismus auf.
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Das Gurtträgersystem 2.1 ist dabei so beschaffen, das auf die Händigkeit des Trägers TR eingegangen werden kann und das Betätigungselement 1.5.1 auf einfache Art und Weise auf die andere Seite des Lumbalgürtels 2.2 angeordnet. werden kann.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Stützelement
- 1.1
- Segment
- 1.1.1
- Mittelsteg
- 1.1.2
- Außenstege
- 1.1.3
- Stützteile
- 1.1.4
- Kontaktstelle
- 1.1.5
- Kontaktfläche
- 1.2, 1.3
- Abschlusssegmente
- 1.2.1, 1.3.1
- Mittelteil
- 1.2.2, 1.3.2
- Flügelelemente
- 1.4
- Federelement
- 1.5
- Zugelement
- 1.5.1
- Betätigungselement
- 2
- Vorrichtung
- 2.1
- Gurtträgersystem
- 2.2
- Lumbalgürtel
- 3
- Oberstoff
- 4
- Innenfutter
- B1
- Bereich der kranialen Brustwirbel
- B2
- Bereich der kaudalen Brustwirbel
- L
- Bereich der Lendenwirbel
- Q
- Querrichtung
- TR
- Träger
- T
- Transversalrichtung
- V
- Vertikalrichtung