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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines porösen Glastemplates bei dem ein Glastemplate während einer Temperaturbehandlung in eine silikatreiche Glasphase und eine alkalireiche Boratphase entmischt wird und anschließend durch Extraktion der wenigstens einen Phase in dem Glastemplate eine Porenstruktur erzeugt wird. Die Erfindung betrifft weiterhin eine Vorrichtung zur Herstellung eines porösen Glastemplates mit der ein Glastemplate während einer Temperaturbehandlung in eine silikatreiche Glasphase und eine alkalireiche Boratphase entmischbar ist.
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Verfahren und Vorrichtungen der genannten Art sind im Stand der Technik bekannt und werden z. B. eingesetzt um poröse Gläser z. B. aus Alkaliborosilikatgläsern geeigneter Zusammensetzung herzustellen, beispielsweise nach dem modifizierten VYCOR-Prozess.
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Dieser Prozess lässt sich in z. B. 4 Schritte unterteilen.
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In einem ersten Schritt werden die Gläser entsprechend der vorgegebenen Zusammensetzung aus den Rohstoffen erschmolzen und durch geeignete Formgebungsprozesse, wie zum Beispiel Pressen, Ziehen oder Gießen, geformt.
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Bei den Rohstoffen, handelt es sich um die Oxide der einzubringenden Kationen, bzw. um Salze, welche sich beim Erwärmen zu Oxiden zersetzen (Carbonate, Nitrate), sowie ggfs. Zusätzen, die eine bessere Kontrolle über das Fließ- und Entmischungsverhalten erlauben oder für die Blasenfreiheit des Glases sorgen (sog. Läutermittel). Typischerweise verwendet man Alkalicarbonat (M2CO3 mit M = Li und/oder Na und/oder K), Siliziumdioxid (SiO2) und Bortrioxid (B2O3) zum Einbringen der Hauptkomponenten, Natriumchlorid (NaCl) als Läutermittel und ggf. Aluminiumoxid (Al2O3) o. ä. zur Verzögerung der Entmischung.
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In einem zweiten Schritt wird während einer anschließenden Temperaturbehandlung das Glas in eine silikatreiche Glasphase und eine alkalireiche, z. B. natriumreiche Boratglasphase entmischt. Von der gewählten Zusammensetzung hängt die Größe der Entmischungsbereiche ab, welche während des Temperschritts erzeugt werden.
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Neben der Zusammensetzung spielen ebenfalls die Temperatur und die Dauer der Temperung eine entscheidende Rolle für die Größe der Entmischungsbereiche, aus welchen nachfolgend in einem dritten Schritt die Poren des porösen Glases durch Extraktion der wenigstens einen lösbaren Phase erzeugt wird, z. B. durch saure bzw. kombinierte saure und basische Behandlung. Während der sauren Extraktion wird die alkalireiche, z. B. natriumreiche Boratglasphase herausgelöst und infolgedessen das Porensystem erzeugt.
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Eine weitere folgende basische Behandlung ist in diesem dritten Extraktionsschritt notwendig, wenn die Temperatur während der Temperaturbehandlung 600°C übersteigt. Bei diesen Temperaturen löst sich eine geringe Menge des SiO2 in der extrahierbaren Phase. Während der sauren Extraktion fällt dieser Anteil als sog. feindisperses SiO2 in den Poren aus. Durch die basische Behandlung wird auch dieses verhältnismäßig leicht lösliche SiO2 extrahiert, ohne dass die Poren wesentlich vergrößert werden.
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Im letzten und vierten Schritt werden die erzeugten porösen Gläser gewaschen und getrocknet.
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Durch die Kenntnis über das Zusammenspiel von Zusammensetzung, Temperatur und Dauer der Thermobehandlung lassen sich die Porendurchmesser in einem Bereich zwischen 1 und 500 nm kontrolliert einstellen. Die Porenradienverteilung, also die Streuung um den Mittelwert, beträgt dabei nur wenige Nanometer.
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Poröse Gläser können nicht nur in Form von Pulvern hergestellt werden, sondern auch als ultradünne Membranen unterschiedlicher Form (quadratisch, rechteckig, rund), als Stäbe, Rohre, Fasern und Hohlfasern. Durch die flexible Einstellung der Geometrie, sowie durch die einfache Modifizierbarkeit der inneren Oberfläche ergeben sich vielfältige Anwendungen für poröse Gläser.
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An den Oberflächenhydroxylgruppen können verschiedenste Chromophore angebunden werden, welche spezifisch auf Schadstoffe reagieren. Sensoren für Toluol, Formaldehyd, ungesättigte Kohlenwasserstoffe, Ozon und andere wurden bereits erfolgreich entwickelt. Poröses Glas wird auch zur kovalenten Anbindung von Nucleosiden für die DNA-Synthese verwendet. Desweiteren wird poröses Glas in der Chromatographie, als Trägermaterial für katalytisch aktive Komponenten wie z. B. Platin oder TiO2 oder zur Herstellung Licht emittierender Werkstoffe eingesetzt.
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Trotz vieler vorteilhafter Eigenschaften weist poröses Glas einen bisher nicht überwundenen Nachteil auf: Aufgrund der spontanen spinodalen Entmischung entsteht ein Porennetzwerk mit dreidimensional ungeordneter Durchdringungsstruktur.
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Es wird dabei als nachteilig empfunden, dass bislang noch keine Methode zur Verfügung steht, die eine Ausrichtung der Poren des porösen Glases ermöglicht.
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Membranen aus Aluminiumoxid mit ausgerichteten Poren sind hingegen bereits erhältlich. Die Herstellung erfolgt auf elektrochemischem Wege. In der Literatur werden außerdem weitere Methoden zur Herstellung poröser Materialien mit ausgerichteten Poren beschrieben, welche auf Extrusions-, Deformations- oder Gefriertrocknungsprozessen basieren. Mit all diesen Materialien und Methoden ist es jedoch nicht möglich, einen weiten Porenradienbereich so flexibel und kontrolliert abzudecken wie mit porösen Gläsern.
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Eine ausgerichtete Porenstruktur bringt wesentliche Vorteile mit sich. Zum einen werden die Stofftransporteigenschaften des Materials erheblich verbessert und zum anderen wird der Druckverlust, verglichen mit Monolithen mit ungeordneter Porenstruktur, verringert. Aufgrund der Porenausrichtung können höhere Durchsätze bei Membrantrennverfahren, chromatographischen Trennungen und katalytischen Prozessen erzielt werden. Dies wiederum erhöht die Produktivität der jeweiligen Anwendungen. Poröses Glas wird bereits im Bereich der Sensorik angewendet. Durch den schnelleren Transport der zu detektierenden Substanzen an die sensitiven Zentren können die Ansprechzeiten der Sensoren bedeutend verkürzt werden.
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Vor diesem Hintergrund liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung zu entwickeln, mit welchem die Herstellung poröser Glastemplate mit ausgerichteter Porenstruktur möglich ist.
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Gemäß der Erfindung wird diese Aufgabe dadurch gelöst, dass in einem Verfahren zur Herstellung einer Vorzugsorientierung der Porenstruktur bei der Temperaturbehandlung auf das Glastemplate durch eine Deformationskraft eine Zugspannung ausgeübt wird und zumindest ein Bereich des unter mechanischer Zugspannung stehenden Glastemplates in einer Heizzone auf Temperaturen im Bereich zwischen 450 und 750°C oder zumindest oberhalb der Glastransformationstemperatur erwärmt und gereckt wird.
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Die Aufgabe wird weiterhin durch eine Vorrichtung gelöst, bei der zur Herstellung einer Vorzugsorientierung der Porenstruktur bei der Temperaturbehandlung eine Krafterzeugungseinrichtung vorgesehen ist, mit der auf das Glastemplate eine Zugspannung ausübbar ist und die weiterhin eine Heizzone, z. B. einen Ofen aufweist, mittels der zumindest ein Bereich des unter mechanischer Zugspannung stehenden Glastemplates auf Temperaturen im Bereich zwischen 450 und 750°C oder zumindest oberhalb der Glastransformationstemperatur erwärmbar und reckbar ist.
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Es kann so gemäß der Erfindung ein Glastemplate, z. B. ein Alkaliborosilikatglas in Form einer Platte oder eines Stabes mithilfe des Verfahrens und der Vorrichtung zumindest in einem Bereich seiner gesamten Ausdehnung simultan deformiert und entmischt werden. Die dabei entstehende deformierte lösliche Phase kann sodann extrahiert werden, z. B. mithilfe einer sauren bzw. kombinierten sauren und basischen Extraktion.
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Sofern nicht nur ein Teilbereich des Glastemplates mit einer Vorzugsrichtung innerhalb der Porenstruktur erstellt werden soll kann es in einer Weiterbildung der Erfindung vorgesehen sein, dass die Heizzone (z. B. ein Ofen), die bevorzugt das Glastemplate umgibt, relativ zum Glastemplate bewegt wird. Hierfür können die Heizzone, das Glastemplate oder beide bewegt werden, bevorzugt kontinuierlich.
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Damit wird erreicht, dass immer ein Bereich des Glastemplates etwa in der Ausdehnung der Heizzone beheizt wird, wobei dieser geheizte Bereich über das Glastemplate hinweg bewegt wird. Es kann so das gesamte Glastemplate, ggfs. unter Ausnahme von eingespannten Endbereichen, der Temperaturbehandlung unter gleichzeitiger Zugspannung ausgesetzt werden.
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Der Bereich und/oder die Heizzone, insbesondere deren Ausdehnung in Längsrichtung des Glastemplates ist bevorzugt im Verhältnis zur Längenausdehnung des Glastemplates schmal. Hierunter kann bevorzugt verstanden werden, dass der Bereich in dieser Längsrichtung eine Ausdehnung hat von 5 bis 50%, bevorzugt 5 bis 40%, weiter bevorzugt 5 bis 30%, noch mehr bevorzugt 5 bis 20% oder 5 bis 10% der Länge des Glastemplates. In einer Ausführung kann der Bereich auch sehr schmal mit 1 bis 5% der Länge des Glastemplates gewählt sein.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist nachfolgend beschrieben.
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Die Vorrichtung zur Erzeugung von Gläsern mit ausgerichteten Entmischungsbereichen umfasst gemäß 1 eine Heizzone 1 zur Erwärmung des Glases 2 in einen Temperaturbereich zwischen 450°C und 750°C oder zumindest oberhalb der Glastransformationstemperatur. Diese Heizzone 1 umgibt bevorzugt das Glastemplate 2 zumindest von zwei gegenüberliegenden Seiten (z. B. unten und oben), sodass ein gesamter Querschnittsbereich senkrecht zur Erstreckung des Glastemplates (hier senkrecht zur Zugrichtung Z) beheizt werden kann. Dabei erstreckt sich der geheizte Bereich nicht nur auch eine singuläre Ebene senkrecht zum Glastemplate sondern auf einen Bereich, der im Wesentlichen der Breite B der Heizzone 1 senkrecht zu ihrer Umfangsrichtung (bzw. senkrecht zur Zugrichtung Z) entspricht.
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Sofern in bevorzugter Ausgestaltung eine Bewegung der Heizzone 1 verwendet wird ist weiterhin eine Vorrichtung zur Regelung der Deformationsgeschwindigkeit des Glastemplates 2 vorgesehen, mit der die Deformationsgeschwindigkeit des Glastemplates kontinuierlich gemessen wird und die Geschwindigkeit der Heizzone 1 zur Erwärmung des Glastemplates 2 so angepasst wird, dass die Deformationsgeschwindigkeit des Glastemplates konstant bleibt.
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Weiterhin ist in jedem Fall eine Krafterzeugungseinrichtung 4 vorgesehen zum Aufbringen der gewünschten Deformationskraft. Diese kann z. B. ein Gewicht 5 umfassen, das aufgrund der nach unteren gerichteten Schwerkraft und der Umlenkung um die Rolle 6 eine horizontale in Zugrichtung Z wirkende Zugkraft erzeugt, die eine Zugspannung innerhalb des Glastemplates 2 hervorruft. Hierzu ist das Glastemplate 2 einseitig an einem festen Lager 7 fest eingespannt und andererseitig mit einer Klammer 8 als beweglicher Einspannung verbunden, an der das Gewicht 5 über die Umlenkrolle 6 wirkt. Die Zugspannung kann auch auf alternative Art aufgebracht werden.
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Die durch die Krafterzeugungseinrichtung 4 bewirkte Zugspannung deformiert das Glastemplate 2 in der Heizzone 1 und reckt dieses in der Heizzone 1 in Zugrichtung Z. Durch die bevorzugte kontinuierliche Bewegung der Heizzone 1 in oder entgegen zumindest aber immer parallel der Zugrichtung Z werden nacheinander immer neue Bereiche des Glastemplates 2 erwärmt, deformiert und entmischt, während sich bereits deformierte und entmischte Bereiche aus der Heizzone 1 heraus bewegen, abkühlen und schließlich ihre einmal erreichte Form nicht mehr ändern.
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Der sich auf diese Weise einstellende Deformationsgrad des Glastemplates 2 kann bei ansonsten konstanten Bedingungen (Deformationskraft) bevorzugt durch die Geschwindigkeit der Heizzone 1 bestimmt werden, mit der sich die Heizzone 1 über das Glastemplate 2 hinweg bewegt. Bevorzugt kann somit der Deformationsgrad über die Geschwindigkeit der Heizzone 1 eingestellt werden und noch weiter bevorzugt durch eine Steuerung und/oder Regelung der Geschwindigkeit, insbesondere über beliebig große Längen des deformierten Glastemplates 2, konstant gehalten werden. Hierfür kann eine Steuer- oder Regelvorrichtung vorgesehen sein, welche die Geschwindigkeit überwacht und anpasst, z. B. durch Einwirkung auf einen Antrieb 9, mit dem die Bewegung der Heizzone 1 erfolgt. Dieser Antrieb 9 kann einen Motor mit Spindel umfassen.
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Die Deformationskraft, bzw. die, sich aus der Deformationskraft ergebende, Zugspannung wird dabei bevorzugt so gewählt, dass die Bruchspannung des Glastemplates nicht überschritten wird. Indem die Zugspannung und die Geschwindigkeit der Heizzone 1 aufeinander abgestimmt werden, ist es möglich die Stärke der Porenausrichtung unabhängig von der Porengröße einzustellen. Somit ergibt sich ein ganzheitliches, flexibles Verfahren zu Herstellung poröser Gläser mit gezielt einstellbaren Porengrößen im Bereich 1–500 nm und einem variablen Grad der Porenausrichtung.
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Die Zusammensetzungen der Alkaliborosilikatgläser zur Herstellung der verschiedenen Glastemplate können in einer bevorzugten Ausführung im Bereich 55 bis 75 Ma.-% SiO2, 20 bis 35 Ma.-% B2O3 und 5 bis 10 Ma.-% R2O (R = Na, K, Li) liegen. In einer Weiterbildung können die Alkaliborosilikatgläser weitere Zusätze zur Steuerung der Entmischung (ZrO2, Al2O3, TiO2 , Sb2O3, MnO2 sowie deren Gemische) enthalten.
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Über die Auswahl der geeigneten Zusammensetzung, der Temperatur sowie über das Einstellen des Verhältnisses von Deformationskraft und Geschwindigkeit der Vorrichtung zur Erwärmung des Glases können so Entmischungsbereiche unterschiedlicher Größe und Ausrichtung erzeugt werden.
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2. zeigt ein klassisch hergestelltes poröses Glas mit dreidimensional ungeordneter Porenstruktur. Demgegenüber steht 3 in der verschiedene poröse Glasplatten mit unterschiedlich starker Porenausrichtung dargestellt sind.
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Ausführungsbeispiel 1
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Eine Glasplatte der Zusammensetzung 62,5 Ma-% SiO2, 30,5 Ma-% B2O3 und 7 Ma-% Na2O mit den Maßen B × H × T = 20 × 1,5 × 105 mm wird in die Apparatur zur Herstellung von Gläsern mit ausgerichteten Entmischungsbereichen eingespannt und bei einer Temperatur von 650°C mit einer Deformationskraft von 14,7 N (entsprechend 1,5 kg) über eine Zeit von 2400 Minuten deformiert. Unter diesen Bedingungen erhält man nach der kombinierten sauren und alkalischen Extraktion poröse Glasplatten mit einem mittleren Porendurchmesser von 249 nm, einem spezifischen Porenvolumen von 0,50 cm3/g und einer spezifischen Oberfläche von 43 m2/g sowie einer starken Porenausrichtung (3a).
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Ausführungsbeispiel 2
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Eine Glasplatte der Zusammensetzung 62,5 Ma-% SiO2, 30,5 Ma-% B2O3 und 7 Ma-% Na2O mit den Maßen B × H × T = 20 × 1,5 × 105 mm wird in die Apparatur zur Herstellung von Gläsern mit ausgerichteten Entmischungsbereichen eingespannt und bei einer Temperatur von 670°C mit einer Deformationskraft von 14,7 N (entsprechend 1,5 kg) über eine Zeit von 280 Minuten deformiert. Unter diesen Bedingungen erhält man nach der kombinierten sauren und alkalischen Extraktion poröse Glasplatten mit einem mittleren Porendurchmesser von 146 nm, einem spezifischen Porenvolumen von 0,59 cm3/g und einer spezifischen Oberfläche von 39 m2/g sowie einer moderaten Porenausrichtung (3b).
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Ausführungsbeispiel 3
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Eine Glasplatte der Zusammensetzung 62,5 Ma-% SiO2, 30,5 Ma-% B2O3 und 7 Ma-% Na2O mit den Maßen B × H × T = 20 × 1,5 × 105 mm wird in die Apparatur zur Herstellung von Gläsern mit ausgerichteten Entmischungsbereichen eingespannt und bei einer Temperatur von 680°C mit einer Deformationskraft von 14,7 N (entsprechend 1,5 kg) über eine Zeit von 80 Minuten deformiert. Unter diesen Bedingungen erhält man nach der kombinierten sauren und alkalischen Extraktion poröse Glasplatten mit einem mittleren Porendurchmesser von 111 nm, einem spezifisches Porenvolumen von 0,67 cm3/g und eine spezifischer Oberfläche von 37 m2/g sowie einer nur schwach ausgeprägten Porenausrichtung (3c).
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Bei allen Ausführungsbeispielen liegt die Vorzugsrichtung der Poren in der Zugrichtung Z.