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Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Verbesserung des Insassenschutzes in einem Fahrzeug, insbesondere Kraftfahrzeug, nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 sowie ein Fahrzeug, insbesondere Kraftfahrzeug.
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Neuerdings verfügen Kraftfahrzeuge über zwei im Vorderwagen desselben in Fahrzeugquerrichtung gesehen gegenüberliegend angeordnete, Anstoßenergie absorbierende vordere Längsträgerstrukturen, die jeweils über Längsträgerstrukturabschnitte unterschiedlichen Kraftniveaus respektive Verformungswiderstandes verfügen. Derartige Längsträgerstrukturen erfüllen zum einen Tragfunktionen, sollen zum anderen aber auch Sicherheitsfunktionen erfüllen, indem dieselben im Falle eines Crashereignisses, insbesondere eines Frontalcrashs, Anstoßenergie derart absorbieren, dass die Fahrgastzelle möglichst unverformt bleibt und die Fahrzeuginsassen keine unzulässig hohe Beschleunigung erfahren. So beschreibt die
EP 0 602 331 A1 ein Kraftfahrzeug mit bei Kollision deformierbaren Längsträgern, welche jeweils in einen energieverzehrenden ersten Trägerabschnitt und einen leicht deformierbaren, der Fahrgastzelle zugewandten zweiten Trägerabschnitt unterteilt sind, wodurch im Kollisionsfall die Fahrgastzelle kaum merklich verformt werden soll. Die
DE 199 33 734 A1 beschreibt weiter einen Längsträger für eine Fahrzeugkarosserie, welcher über seine Längserstreckung Abschnitte unterschiedlichen Kraftniveaus bzw. Verformungswiderstandes aufweist. Besagter Längsträger kann dabei bei Beginn einer Verformung an seinem etwa durch Stoß belasteten vorderen Endbereich einen hohen Verformungswiderstand aufweisen, um Anstoßenergie im ausreichenden Maße zu absorbieren, wogegen der nachfolgende Bereich des Längsträgers einen geringeren Verformungswiderstand, beispielsweise durch Schwächung des Querschnitts, aufweisen kann, da weitere Karosseriebauteile oder sonstige Bauteile des Fahrzeugs zum erforderlichen Verformungswiderstand beitragen. Des Weiteren wird zur Erzielung von niedrigen Belastungswerten für Fahrzeuginsassen, insbesondere zur Reduzierung der bei einem Crashereignis entstehenden hohen Verzögerungswerte auf ein für die Fahrzeuginsassen unschädliches Maß mit der
DE 103 20 815 B3 ein Kraftfahrzeug mit einer Hohlprofile umfassenden Rahmenkonstruktion vorgeschlagen, bei der innerhalb der Hohlprofile, insbesondere innerhalb von Längsträgern, Stellelemente vorgesehen sind, durch welche die Längssteifigkeit des Hohlprofils beeinflussbar ist. Die von den Stellelementen eingestellten Längssteifigkeiten sind auf ein von einer Recheneinheit ermitteltes Unfallszenario abgestimmt. Weiter ist aus der
DE 10 2004 032 545 A1 ein Längsträger für ein Kraftfahrzeug bekannt, der durch seine Verformung das Fahrzeug in einer Hochgeschwindigkeitskollision optimal verzögern soll. Dazu ist vorgesehen, dass der Längsträger aus zwei getrennten, aber miteinander verriegelbaren Abschnitten besteht, wobei parallel zu den beiden Abschnitten ein Verformungselement installiert ist, das die Aufgaben einer klassischen Crashbox übernimmt, wodurch der Reparaturaufwand nach Kollision bei kleinen Geschwindigkeiten nicht zu groß wird, da lediglich das Verformungselement beschädigt wird und eines Austausches bedarf. In einer Hochgeschwindigkeitskollision soll allerdings die Verriegelung gesperrt werden, wodurch die beiden Abschnitte als einheitlicher Längsträger fungieren und durch Faltung respektive Stauchung Anstoßenergie absorbieren sollen. Ferner ist aus der
DE 10 2006 044 064 A1 eine Knautschzone für eine Karosserie eines Personenkraftwagens mit zwei Längsträgern einer unteren Längsträgerebene bekannt, welche ihrerseits unterhalb von zwei Hauptlängsträgern einer Hauptlängsträgerebene in Fahrzeuglängsrichtung verlaufen und nach hinten hin an tragenden Bauteilen der Karosserie mittels Crashstreben unterhalb der Fahrgastzelle abgestützt sind. Die besagten Längsträger der unteren Längsträgerebene weisen jeweils einen zur Fahrzeugmitte hin gebogenen mittleren Bereich auf, der seinerseits der Einstellung der Deformationssteifigkeit des Längsträgers dienen soll. Darüber hinaus verfügen die Längsträger über jeweils zugehörige Verlängerungsstücke nach vorne, welche ihrerseits schräg nach außen hin abstehen und dadurch ebenfalls der Einstellung der Deformationssteifigkeit der Längsträger dienen sollen.
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Neben den vorstehend beschriebenen Maßnahmen ist es seit langem bekannt, Rückhaltesysteme mit sogenannten Automatikgurten vorzusehen, die ihrerseits den im Crashfall aufgrund von Massenkräften sich vorwärts bewegenden Fahrzeuginsassen zurückhalten sollen. Bekanntermaßen wirkt dabei eine Gurtauszugsperre mit Kraftbegrenzung, welche die Belastungswerte auf die Brust des Fahrzeuginsassen auf einen möglichst niedrigen Wert begrenzen soll. Ungeachtet dessen ist es bekannt, dass ein derartiger Automatikgurt keine optimale Lösung darstellt, da das auf einer Rückholspule aufgewickelte Gurtband den Fahrzeuginsassen volle Bewegungsfreiheit lässt, indem es im Normalfall auf demselben locker anliegt. Der Sicherheitsgurt arretiert erst bei plötzlicher Verzögerung des Fahrzeugs und kann erst dann seine Schutzwirkung ausüben. Entscheidend ist, dass der Sicherheitsgurt zu Beginn des Crashereignisses, insbesondere Frontalcrashs, so straff wie möglich am Körper des Fahrzeuginsassen anliegt und der Fahrzeuginsasse idealerweise keinen Zentimeter nach vorne schnellt. Dieser Idealfall ist jedoch mit herkömmlichen Automatikgurten nicht zu bewerkstelligen, so dass üblicherweise immer eine sogenannte „Gurtlose“, d. h., ein freies Spiel des Sicherheitsgurtes zwischen dem Anstoßereignis und der Ankopplung des Fahrzeuginsassen am Sicherheitsgurt des Rückhaltesystems zu berücksichtigen ist. Da besagte „Gurtlose“, resultierend aus dem Spiel der Gurtautomatik, der Kleidung des Fahrzeuginsassen u. a., mehrere Zentimeter betragen kann bis der Sicherheitsgurt arretiert ist, kann jeder Zentimeter den man gewinnt, lebensrettend sein. Hier setzt die nachfolgend beschriebene Erfindung an.
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DE 26 36 655 A1 betrifft einen als Hohlprofil ausgebildeten Träger, insbesondere Längsträger eines Kraftfahrzeugrahmens, mit einem Stoßenergie verzehrenden verformbaren Abschnitt dessen Wandungen bereichsweise aufgrund einer die Festigkeit des Wandungswerkstoffes gegenüber unbehandelten Bereichen verändernden Behandlung dieser Bereiche unterschiedliche Festigkeitseigenschaften aufweisen.
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Aufgabe der Erfindung ist es, eine Vorrichtung zur Verbesserung des Insassenschutzes in einem Fahrzeug zu schaffen, vermittels derer im Hinblick auf den Stand der Technik die Belastung eines Fahrzeuginsassen insbesondere im Falle eines Frontalcrashs mit einfachen und kostengünstigen Mitteln wirkungsvoll reduziert werden kann.
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Diese Aufgabe wird durch die Merkmale der Patentansprüche 1 und 10 gelöst.
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Der Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass bei einem Frontalcrash zu einem Zeitpunkt „t0“, bei dem das Fahrzeug, insbesondere Kraftfahrzeug, beispielsweise durch eine Barriere abgebremst wird, der Fahrzeuginsasse sich mit einem angelegten Sicherheitsgurt eines Rückhaltesystems nach vorne in einer „Gurtlose“ ohne zu verzögern bewegt. Zu einem bestimmten Zeitpunkt „t1“ wird der Fahrzeuginsasse an das Rückhaltesystem respektive dessen Sicherheitsgurt angekoppelt und verzögert. Will man unnötige Kraftspitzen vermeiden und demgemäß die Belastung auf den Fahrzeuginsassen während besagten Frontalcrash verringern, ist es zum einen angezeigt, die Differenzgeschwindigkeit zwischen dem Fahrzeuginsassen und dem Fahrzeug während des Ankoppelns möglichst gering zu halten und zum anderen den Zeitraum zu vergrößern, bei dem der Fahrzeuginsasse an das Rückhaltesystem angekoppelt ist und idealerweise gleichmäßig mit dem Fahrzeug verzögert wird.
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Ausgehend von einer Vorrichtung zur Verbesserung des Insassenschutzes in einem Fahrzeug, insbesondere Kraftfahrzeug, im Falle eines Frontalcrashs, bei dem zu einem Zeitpunkt „t0“ der Fahrzeuginsasse sich mit einem angelegten Sicherheitsgurt eines Rückhaltesystems zunächst nach vorne in einer „Gurtlose“ ohne zu verzögern bewegt und zu einem bestimmten Zeitpunkt „t1“, in welchem ein bestimmter Ansprechweg durch das Rückhaltesystem zurückgelegt ist, der Fahrzeuginsasse an dasselbe angekoppelt und dann verzögert wird, mit zwei im Vorderwagen des Fahrzeugs gegenüberliegend angeordneten, Anstoßenergie absorbierenden vorderen Längsträgerstrukturen, an die sich fahrzeugfrontseitig jeweils mittel- oder unmittelbar ein Deformationselement und fahrzeugheckseitig mittel- oder unmittelbar eine hintere Längsträgerstruktur anschließt, wird die gestellte Aufgabe demnach dadurch gelöst, dass die vorderen Längsträgerstrukturen jeweils durch einen ersten Längsträgerstrukturabschnitt und wenigstens einen zweiten Längsträgerstrukturabschnitt gebildet sind, wobei die Längsträgerstrukturabschnitte unterschiedliche Kraftniveaus respektive Verformungswiderstände aufweisen und, jeweils einen Lastpfad ausbildend, parallel zueinander geschaltet sind, wobei der erste Längsträgerstrukturabschnitt durch ein langgestrecktes Hohlprofil und der wenigstens eine zweite Längsträgerstrukturabschnitt durch ein Plattenelement oder Flachprofil gebildet ist, und wobei die Längsträgerstrukturabschnitte einer jeden vorderen Längsträgerstruktur in ihrer Kombination ein derartiges Kraftniveau aufweisen, dass während besagten Frontalcrashs und während des Zurücklegens des Ansprechweges des dem Fahrzeuginsassen zugeordneten Rückhaltesystems innerhalb besagter „Gurtlose“ das Fahrzeug zunächst derart stark verzögerbar ist, dass eine vorzeitige Ankopplung des Fahrzeuginsassen an das Rückhaltesystem zu einem Zeitpunkt „t1-x“ bewirkbar ist, und dass unmittelbar im Anschluss daran das Kraftniveau der vorderen Längsträgerstruktur durch Versagen des wenigstens einen zweiten Längsträgerstrukturabschnitts infolge Überschreiten einer vorbestimmten kritischen Knicklast desselben sowie durch Überschreiten einer vorbestimmten kritischen Drucklast des ersten Längsträgerstrukturabschnitts derart auf einen geringeren Wert absenkbar ist, dass das Fahrzeug bis zum Erreichen der maximalen Vorverlagerung des Fahrzeuginsassen im Verhältnis geringer verzögert wird, so dass bei geminderter Belastung des Fahrzeuginsassen derselbe über einen längeren Zeitraum am Rückhaltesystem angekoppelt ist.
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Erfindungsgemäß ist durch diese Maßnahme bewirkt, dass das Fahrzeug in einem ersten Teil der Deformation, nämlich während der „Gurtlose“, zunächst sehr stark verzögert wird. In diesem Zeitraum wirken geringere Kräfte auf den Fahrzeuginsassen, so dass die starke Verzögerung ihn nicht belastet. Gleichzeitig wird aber in einem sehr kleinen Teil des Deformationsweges viel Anstoßenergie abgebaut. Im zweiten Teil der Deformation ist die Deformationsenergie sehr gering, wodurch bis zum Zeitpunkt „t1-x“ der vorzeitigen Ankopplung des Fahrzeuginsassen am Rückhaltesystem und bis zum Erreichen der maximalen Vorverlagerung des Fahrzeuginsassen die Differenzgeschwindigkeit zwischen Fahrzeug und Fahrzeuginsasse gering gehalten wird. Nach der Ankopplung des Fahrzeuginsassen wird das Fahrzeug entsprechend des noch möglichen Deformationsweges weitestgehend gleichmäßig deformiert. Da bereits ein erheblicher Teil der Anstoßenergie abgebaut wurde, kann der restliche Teil besagter Anstoßenergie über den verbleibenden Deformationsweg langsam abgebaut werden, wobei der Fahrzeuginsasse aufgrund der geringen Differenzgeschwindigkeit in vorteilhafter Weise annähernd analog dem Fahrzeug verzögert wird, so dass auch hier keine erhöhten Belastungen auf den Fahrzeuginsassen auftreten. Der Fahrzeuginsasse ist vorteilhaft bei geminderter Belastung, insbesondere des Brustkorbes desselben, über einen längeren Zeitraum am Rückhaltesystem angekoppelt.
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Die Unteransprüche beschreiben bevorzugte Weiterbildungen oder Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen Vorrichtung.
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Danach kann vorgesehen sein, dass das Deformationselement ein im Verhältnis zur vorderen Längsträgerstruktur geringeres Kraftniveau und die hintere Längsträgerstruktur ein im Verhältnis zur vorderen Längsträgerstruktur höheres Kraftniveau aufweist. Besagtes Deformationselement gestattet bereits den Abbau eines erheblichen Anteils der Anstoßkraft „F“, bevor die erfindungsgemäß ausgebildeten vorderen Längsträgerstrukturen zur Wirkung kommen. Die hinteren Längsträgerstrukturen stellen demgegenüber den verbleibenden Deformationsweg, über den der restliche Teil besagter Anstoßenergie langsam abgebaut werden kann. Weiter kann vorgesehen sein, dass in Fahrzeuglängsrichtung (X-Richtung) gesehen der wenigstens eine zweite Längsträgerstrukturabschnitt beidenends mittel- oder unmittelbar am ersten Längsträgerstrukturabschnitt befestigt ist, wodurch ein einfacher konstruktiver Aufbau mit geringem Bauraum bereitgestellt ist. Überdies kann vorgesehen sein, dass der erste Längsträgerstrukturabschnitt der vorderen Längsträgerstruktur ein höheres Kraftniveau als der wenigstens eine zweite Längsträgerstrukturabschnitt aufweist. Durch diese Maßnahme ist immer gewährleistet, dass zunächst der zweite Längsträgerstrukturabschnitt nach Überschreiten einer vorbestimmten kritischen Knicklast bestimmungsgemäß schlagartig versagt und knickt und/oder beult und ferner hierdurch bewirkt, dass der erste Längsträgerstrukturabschnitt nach Überschreiten einer vorbestimmten kritischen Drucklast respektive Deformationskraft deformiert. In vorteilhafter Weiterbildung der Erfindung kann des Weiteren vorgesehen sein, dass das durch die vorbestimmte kritische Drucklast des jeweils zugeordneten ersten Längsträgerstrukturabschnitts sowie durch die vorbestimmte kritische Knicklast des jeweils zugeordneten zweiten Längsträgerstrukturabschnitts bewirkte Kraftniveau der vorderen Längsträgerstruktur durch die Wahl des verwendeten Materials und durch die Wahl der Geometrie der Längsträgerstrukturabschnitte, durch die Art der Befestigung des zweiten Längsträgerstrukturabschnitts am ersten Längsträgerstrukturabschnitt sowie durch die Wahl der Knicklänge des zweiten Längsträgerstrukturabschnitts in weiten Grenzen einstellbar ist.
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Weiterhin kann der erste Längsträgerstrukturabschnitt durch ein im Querschnitt offenes oder geschlossenes Hohlprofil gebildet sein und beispielsweise aus einem Metall, einem Kunststoff oder einem Verbundwerkstoff bestehen. Was den wenigstens einen zweiten Längsträgerstrukturabschnitt anbelangt, kann dieser ebenfalls aus einem Metall, einem Kunststoff oder einem Verbundwerkstoff bestehen. Schließlich kann vorgesehen sein, dass der wenigstens eine zweite Längsträgerstrukturabschnitt zusätzlich im Bereich zwischen dessen Enden ein- oder mehrmals mittel- oder unmittelbar am ersten Längsträgerstrukturabschnitt befestigt ist. Hierdurch ist insbesondere die Knicklänge des zweiten Längsträgerstrukturabschnitts und demgemäß dessen Kraftniveau einstellbar.
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Die Erfindung betrifft auch ein Fahrzeug, insbesondere Kraftfahrzeug, mit einer Vorrichtung der vorstehend beschriebenen Art.
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Die Erfindung wird nachstehend anhand eines in den Zeichnungen schematisch dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert. Es zeigen:
- 1 eine Seitenansicht des Vorderwagens eines Fahrzeugs, insbesondere Kraftfahrzeugs, mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung,
- 2 zwei perspektivische Ansichten einer vorderen Längsträgerstruktur der Vorrichtung nach 2,
- 3 die vordere Längsträgerstruktur in einer Schnittansicht entlang der Schnittlinie „I-I“ nach 1,
- 4 beispielgebend ein vergleichendes Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm eines Fahrzeugs respektive eines in einem Rückhaltesystem des besagten Fahrzeugs gehaltenen Fahrzeuginsassen ohne und mit erfindungsgemäßer Vorrichtung, und
- 5 ein Kraft-Weg-Diagramm, welches im Hinblick auf die erfindungsgemäße Vorrichtung äußerst schematisch den Kraftverlauf im Crashfall (Frontalcrash) zeigt.
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1 zeigt zunächst einen Vorderwagen eines Fahrzeugs, vorliegend Kraftfahrzeugs, in einer Seitenansicht mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung zur Verbesserung des Insassenschutzes. Aufgrund der besseren Übersichtlichkeit sind lediglich die erfindungswesentlichen Bauteile der besagten Vorrichtung und die dazu benachbarten Bauteile der Fahrzeugkarosserie dargestellt. Insoweit ist lediglich einer von zwei erfindungsgemäß ausgebildeten im Crashfall Anstoßenergie absorbierenden vorderen Längsträgerstrukturen 1 der Vorrichtung gezeigt, die ihrerseits in einer sogenannten unteren Crashebene angeordnet sind. An besagte vordere Längsträgerstruktur 1 schließt sich fahrzeugfrontseitig mittelbar über eine an sich bekannte Schottplatte 2 ein ebenfalls an sich bekanntes Deformationselement 3 in Form einer sogenannten Crashbox an, über welche die Verbindung zu einem an sich bekannten vorderen Stoßfängerquerträger 4 bewerkstelligt ist. Besagte Crashbox dient im Falle eines Frontalcrashs im Wesentlichen der ersten Aufnahme von Anstoßenergie bzw. der Absorption eines nicht unerheblichen Anteils der Anstoßkraft „F“ und verfügt über ein im Verhältnis zur vorderen Längsträgerstruktur 1 geringeres Kraftniveau.
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Fahrzeugheckseitig ist die jeweilige vordere Längsträgerstruktur 1 unmittelbar an eine hintere Längsträgerstruktur 5 angeschlossen, die ihrerseits über ein im Verhältnis zur vorderen Längsträgerstruktur 1 höheres Kraftniveau verfügt und in eine sogenannte Kurbel 6 übergeht. Die Kurbel 6 ist äußerst steif sowie bevorzugt aus einem hochfestem Stahl ausgebildet und stellt die Verbindung zu einem unterhalb eines nicht näher gezeigten Bodenbleches im Bereich der Fahrgastzelle 7 des Fahrzeugs angeordneten und an demselben angeschlossenen Längsträgerabschnittes 8 dar.
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Über die hintere Längsträgerstruktur 5 und die Kurbel 6 ist die vordere Längsträgerstruktur 1 an eine nicht näher dargestellte Stirnwand, an eine A-Säule 9, an ein an sich bekanntes Radhaus 10 und ein Aggregatlager 11 für ein an sich bekanntes und demgemäß hier nicht näher dargestelltes Antriebsaggregat des Fahrzeugs angeschlossen. Des Weiteren ist im Bereich der Kurbel 6 ein an derselben festgelegter an sich bekannter Hilfsrahmen 12 gezeigt.
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Oberhalb der besagten vorderen Längsträgerstruktur 1 ist ein weiterer Längsträger 13 gezeigt, der seinerseits mit einem nicht näher dargestellten, in Fahrzeugquerrichtung gesehen gegenüberliegend angeordneten Längsträger 13 eine sogenannte obere Crashebene ausbildet und an die nachgeordnete Karosseriestruktur, insbesondere auch an deren A-Säule 9 derselben angeschlossen ist.
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Besagte vordere Längsträgerstruktur 1 weist gemäß den 1 bis 3 einen ersten Längsträgerstrukturabschnitt 1a auf, der seinerseits durch ein langgestrecktes geschlossenes Hohlprofil gebildet ist. Vorliegend ist das Hohlprofil in Blechbauweise aus einem zur Seite offenen U-Profil und einem dasselbe abdeckenden Deckblech ausgebildet. U-Profil und Deckblech sind im Bereich von Schweißflanschen des U-Profils durch Punktschweißung untereinander fest verbunden.
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Die Erfindung beschränkt sich jedoch nicht auf derartige Metallblechprofile, beispielsweise aus Stahlblech, sondern erfasst auch an sich bekannte offene Hohlprofile sowie Profile, die z. B. nach einem an sich bekannten Stranggussverfahren hergestellt sind. Überdies beschränkt sich die Erfindung auch nicht auf Profile aus Stahlblech, sondern erfasst auch Profile aus einem anderen geeigneten Metall, wie beispielsweise Aluminium, aus einem an sich bekannten geeigneten Kunststoff oder einem an sich bekannten Verbundwerkstoff, wie beispielsweise einem faserverstärkten Kunststoff (nicht näher dargestellt).
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Wie den 1 bis 3 weiter zu entnehmen ist, verfügt die vordere Längsträgerstruktur 1 über zwei weitere zum ersten Längsträgerstrukturabschnitt 1a angeordnete zweite Längsträgerstrukturabschnitte 1b, die ihrerseits jeweils durch ein Plattenelement gebildet sind. Statt besagtem Plattenelement ist es auch denkbar, ein an sich bekanntes Flachprofil in Anwendung zu bringen (nicht näher dargestellt). Die beiden zweiten Längsträgerstrukturabschnitte 1b in Form besagter Plattenelemente bestehen aus Metall, vorliegend aus Stahlblech, und sind an gegenüberliegenden Seiten der vorderen Längsträgerstruktur 1 angeordnet sowie in Fahrzeuglängsrichtung (X-Richtung) gesehen jeweils beidenends am ersten Längsträgerstrukturabschnitt 1a festgelegt und zwar stoffschlüssig vermittels Schweißnähte 14.
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Selbstverständlich kann es auch angezeigt sein und ist durch die Erfindung ebenfalls mit erfasst, die zweiten Längsträgerstrukturabschnitte 1b durch Klebung oder kraftschlüssig vermittels an sich bekannter mechanischer Befestigungselemente oder auch formschlüssig mit der vorderen Längsträgerstruktur 1 zu verbinden (nicht näher dargestellt). Überdies beschränkt sich auch hier die Erfindung nicht auf Plattenelemente aus Stahl, sondern erfasst auch Plattenelemente aus einem anderen geeigneten Metall, wie beispielsweise Aluminium, aus einem an sich bekannten geeigneten Kunststoff oder einem an sich bekannten Verbundwerkstoff, wie beispielsweise einem faserverstärkten Kunststoff (nicht näher dargestellt).
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Die Längsträgerstrukturabschnitte 1a, 1b bilden jeweils einen Lastpfad aus und sind vorliegend in einer horizontalen Ebene nebeneinander angeordnet sowie zueinander parallel geschaltet. Eine Anordnung der Längsträgerstrukturabschnitte 1a, 1b in einer vertikalen Ebene übereinander oder eine Anordnung der zweiten Längsträgerstrukturabschnitte 1b an benachbarten Seitenflächen des ersten Längsträgerstrukturabschnitts 1a, sozusagen nebeneinander, kann beispielsweise in Abhängigkeit vom vorhandenen Bauraum unter Umständen ebenfalls angezeigt sein. Ebenso kann es auch angezeigt sein, lediglich einen zweiten Längsträgerstrukturabschnitt 1b oder auch mehr als zwei zweite Längsträgerstrukturabschnitte 1b vorzusehen (nicht näher gezeigt).
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Bevorzugt weisen die Längsträgerstrukturabschnitte 1a, 1b im Hinblick auf die weiter unten näher beschriebene bestimmungsgemäße Funktion dieselben unterschiedlichen Kraftniveaus respektive Verformungswiderstände auf, wobei vorliegend der als langgestrecktes Hohlprofil ausgebildete ersten Längsträgerstrukturabschnitt 1a ein höheres Kraftniveau aufweist als die beiden als Plattenelemente ausgebildeten zweiten Längsträgerstrukturabschnitte 1b in Kombination.
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Nachfolgend wird die Erfindung weiter in ihrer Funktion beschrieben.
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Wie bereits einleitend ausgeführt, geht die Erfindung von einem herkömmlichen Zustand aus, bei dem im Falle eines Frontalcrashs, beispielsweise während eines Crashversuches durch Auffahren auf eine Barriere, zu einem Zeitpunkt „t0“ der Fahrzeuginsasse (Dummy) sich mit einem angelegten Sicherheitsgurt eines an sich bekannten Rückhaltesystems zunächst nach vorne in einer „Gurtlose“ ohne zu verzögern bewegt und zu einem bestimmten Zeitpunkt „t1“, in welchem ein bestimmter Ansprechweg durch das Rückhaltesystem zurückgelegt wird, an dasselbe angekoppelt und dann verzögert, idealerweise gleichmäßig verzögert wird, bis das Fahrzeug zu einem Zeitpunkt „t2“ zum Stillstand gekommen ist.
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Die herkömmliche Bewegung des Fahrzeuginsassen bzw. Dummys ist in dem Diagramm gemäß 4 durch eine fett-gestrichelte Linienführung dargestellt. Der dazu gehörige Verlauf der Fahrzeuggeschwindigkeit, welcher eine relativ gleichmäßige Verzögerung des Fahrzeugs zeigt, ist durch eine dünn-gestrichelte Linienführung dargestellt.
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Gemäß 4 trifft beispielgebend das Fahrzeug zum Zeitpunkt „t0“ mit einer Fahrzeuggeschwindigkeit von etwa 15 m/s auf eine Barriere auf. Nach etwa 40 ms („t1“) ist die „Gurtlose“ überwunden und der Fahrzeuginsasse an das Rückhaltesystem bzw. dessen Sicherheitsgurt angekoppelt. Im Anschluss daran wird das Fahrzeug respektive der Fahrzeuginsasse idealerweise gleichmäßig verzögert, wobei vorliegend nach etwa 110 ms („t2“) die Verzögerung des Fahrzeugs/Fahrzeuginsassen bis zum Stillstand abgeschlossen ist.
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Um nunmehr den Zeitraum zu vergrößern, bei dem der Fahrzeuginsasse an das Rückhaltesystem angekoppelt und idealerweise gleichmäßig verzögert wird, ist erfindungsgemäß vorgesehen, den Fahrzeuginsassen früher an das Rückhaltesystem anzukoppeln. Hierfür finden die oben bereits beschriebenen vorderen Längsträgerstrukturen 1 mit den parallel geschalteten ersten und zweiten Längsträgerstrukturabschnitten 1a, 1b Verwendung, die ihrerseits über ein vorbestimmtes unterschiedliches Kraftniveau bzw. einen vorbestimmten unterschiedlichen Verformungswiderstand verfügen.
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Im Wesentlichen ist vorgesehen, dass vermittels der durch den ersten und die zweiten Längsträgerstrukturabschnitte 1a, 1b gebildeten vorderen Längsträgerstruktur 1 im besagten Crashfall und während des Zurücklegens des Ansprechweges des dem Fahrzeuginsassen zugeordneten Rückhaltesystems, vorliegend des Sicherheitsgurtes desselben, innerhalb besagter „Gurtlose“ das Fahrzeug zunächst derart stark verzögert wird, dass eine vorzeitige Ankopplung des Fahrzeuginsassen an das Rückhaltesystem respektive dessen Sicherheitsgurt zu einem Zeitpunkt „t1-x“ bei geminderter Belastung des Fahrzeuginsassen bewirkt wird. Der zugehörige Verlauf der Fahrzeuggeschwindigkeit ist in 4 mittels einer dünn-durchgehenden Linienführung dargestellt. Die Bewegung des Fahrzeuginsassen bzw. Dummys ist demgegenüber durch eine fett-durchgehende Linienführung gekennzeichnet. Danach ist der Fahrzeuginsasse bereits nach etwa 30 ms („t1-x“) an das Rückhaltesystem angeschlossen.
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Unmittelbar im Anschluss daran, d. h., wenn die Ankopplung des Fahrzeuginsassen an das Rückhaltesystem bewirkt ist, wird das Kraftniveau zumindest eines der zweiten Längsträgerstrukturabschnitte 1b auf einen bestimmten geringeren Wert derart abgesenkt, dass das Fahrzeug bis zum Erreichen der maximalen Vorverlagerung des Fahrzeuginsassen im Verhältnis geringer verzögert wird.
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Durch diese Maßnahme, nämlich die Erzeugung einer degressiven Fahrzeuggeschwindigkeit respektive Fahrzeugverzögerung, einhergehend mit einem im Hinblick auf den Stand der Technik vorzeitigen Ankoppeln des Fahrzeuginsassen an das Rückhaltesystem, ist der Fahrzeuginsasse über einen längeren Zeitraum an das Rückhaltesystem angekoppelt, woraus eine geminderte Belastung insbesondere des Brustkorbes des Fahrzeuginsassen durch den Sicherheitsgurt resultiert, vorliegend ersichtlich aus der geringeren Steigung der fettdurchgehenden Linienführung im Verhältnis zur fett-gestrichelten Linienführung, welche jeweils die Bewegung des Fahrzeuginsassen bzw. Dummys während des besagten Frontalcrashs mit bzw. ohne erfindungsgemäßer Vorrichtung darstellen (vgl. 4).
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Insoweit weisen die Längsträgerstrukturabschnitte 1a und 1b der vorderen Längsträgerstrukturen 1 der erfindungsgemäßen Vorrichtung durch geeignete Auslegung derselben in ihrer Kombination ein Kraftniveau auf, welches zunächst besagte vorzeitige Ankopplung des Fahrzeuginsassen an das Rückhaltesystem bewirkt. Das maximale Kraftniveau der vorderen Längsträgerstruktur 1 setzt sich somit aus einer vorbestimmten kritischen Drucklast des ersten Längsträgerstrukturabschnitts 1a und aus der Summe der vorbestimmten Knicklasten aller zweiten Längsträgerstrukturabschnitte 1b zusammen und ist knapp über dem Kraftniveau des Deformationselementes 3 eingestellt.
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Ist im Crashfall der Deformationsbereich des Deformationselementes 3 aufgebraucht und wird die vorbestimmte Knicklast zumindest eines der zweiten Längsträgerstrukturabschnitte 1b überschritten, neigt dieser durch seine schlanke Form (Plattenelement bzw. Flachprofil) zum Knicken und/oder Beulen und knickt gemäß 3 in Pfeilrichtung selbsttätig aus und/oder beult aus. Wird in der Folge auch die vorbestimmte kritische Drucklast des ersten Längsträgerstrukturabschnitts 1a überschritten, wird dieser schlagartig deformiert. Im Ergebnis ist demgemäß ein schlagartiges Absenken des Kraftniveaus der vorderen Längsträgerstruktur 1 zu verzeichnen. In diesem Betriebszustand der vorderen Längsträgerstruktur 1 kann das Kraftniveau desselben mit nahezu „Null (0) kN“ angesetzt werden (vgl. insbes. 5), so dass das Fahrzeug bis zum Erreichen der maximalen Vorverlagerung des Fahrzeuginsassen im Verhältnis geringer verzögert wird und die Differenzgeschwindigkeit zwischen dem Fahrzeug und dem Fahrzeuginsassen erheblich minimiert ist. Bereits zum Zeitpunkt „t1-x“, d. h. vorzeitig, ist der Fahrzeuginsasse an das Rückhaltesystem angeschlossen und wird mangels merklicher Differenzgeschwindigkeit nahezu analog dem Fahrzeug verzögert.
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Die Auslegung der vorderen Längsträgerstruktur 1 bzw. die Einstellung der vorbestimmten kritischen Drucklast des ersten Längsträgerstrukturabschnitts 1a und der vorbestimmten kritischen Knicklast des zweiten Längsträgerstrukturabschnitts 1b derselben kann im Ergebnis von hierzu durchgeführten Berechnungen und/oder Versuchen durch eine geeignete Wahl des verwendeten Materials und/oder der Geometrie der Längsträgerstrukturabschnitte 1a, 1b, durch die Art der Befestigung des zweiten Längsträgerstrukturabschnitts 1b am ersten Längsträgerstrukturabschnitt 1a sowie durch die Wahl der Knicklänge des zweiten Längsträgerstrukturabschnitts 1b erfolgen.
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Besagte Knicklänge und demgemäß auch kritische Knicklast des zweiten Längsträgerstrukturabschnitts 1b ist im Übrigen auch dadurch einstellbar, dass der zweite Längsträgerstrukturabschnitt 1b zusätzlich im Bereich zwischen dessen Enden ein- oder mehrmals am ersten Längsträgerstrukturabschnitt 1a befestigt ist. So kann beispielsweise die Knicklänge eines zweiten Längsträgerstrukturabschnitts 1b in Form eines Plattenelementes durch eine zusätzliche mittelbare oder unmittelbare Verbindung zum ersten Längsträgerstrukturabschnitt 1a halbiert werden, was die kritische Knicklast des zweiten Längsträgerstrukturabschnitts 1b erhöht (nicht näher dargestellt).
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In Versuchen zum vorstehenden Ausführungsbeispiel wurden beispielsweise das Deformationselement 3, die vordere Längsträgerstruktur 1 und die hintere Längsträgerstruktur 5 ausgehend vom Deformationselement 3 mit etwa 5 bis 15%iger, vorzugsweise 10%iger Steigerung des jeweiligen Kraftniveaus eingestellt, um eine für den Fahrzeuginsassen belastungsoptimale Verzögerung des Fahrzeugs zu erzielen. Gemäß 5 wurden danach das Deformationselement 3 mit einem Kraftniveau von etwa 250 kN, die vordere Längsträgerstruktur 1 mit einem Kraftniveau von etwa 275 kN und die hintere Längsträgerstruktur 5 mit einem Kraftniveau von etwa 300 kN eingestellt.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- vordere Längsträgerstruktur
- 1a
- erster Längsträgerstrukturabschnitt
- 1b
- zweiter Längsträgerstrukturabschnitt
- 2
- Schottplatte
- 3
- Deformationselement
- 4
- vorderer Stoßfängerquerträger
- 5
- hintere Längsträgerstruktur
- 6
- Kurbel
- 7
- Fahrgastzelle
- 8
- Längsträgerabschnitt
- 9
- A-Säule
- 10
- Radhaus
- 11
- Aggregatlager
- 12
- Hilfsrahmen
- 13
- Längsträger
- 14
- Schweißnähte
- „F“
- Anstoßkraft