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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Regelung des Betriebszustandes von Strömungsarbeitsmaschinen insbesondere mit einem Axialkompressor gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruches 1.
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Kompressoren beziehungsweise Verdichter finden im Motoren- und Triebwerksbau eine weitreichende Anwendung zum Verdichten von zur Verbrennung benötigter Luft. Die in Strömungsarbeitsmaschinen eingesetzten Kompressoren saugen dabei Luft aus der Umgebung an und leiten sie unter erhöhtem Druck einem nachfolgenden Brennraum zu. In dem Brennraum erfolgt eine Verbrennung von Brennstoff mit der verdichteten Luft, wobei die dabei erzeugte Energie zum Vortrieb sowie zum Antrieb des Verdichters genutzt wird.
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Bei den Kompressoren wird unterschieden zwischen Axial- und Radialkompressoren. Die Kompressoren sind im Allgemeinen mehrstufig ausgelegt und weisen für jede Stufe ein charakteristisches maximales Stufendruckverhältnis auf. Das Produkt aller Stufenverhältnisse ergibt das Gesamtdruckverhältnis des Kompressors. Neben der direkten Reduzierung der Kompressormasse durch Verwendung leichter, aber hochfester Materialien kann die Kompressormasse verringert werden, wenn das gleiche Gesamtdruckverhältnis durch weniger Kompressorstufen erzielt werden kann, indem also das maximale Stufendruckverhältnis erhöht wird.
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Das Stufendruckverhältnis wird dadurch nach oben begrenzt, dass das in der Kompressorstufe verdichtete Medium nicht beliebig der Kompressorschaufelkontur folgen kann, sondern sich – beginnend von der Hinterkante der Kompressorschaufel – ablöst. Das maximale Stufendruckverhältnis steigt mit zunehmendem Kompressorstufenmassenstrom an und stellt im Kompressorkennfeld die äußerste Grenze für einen Betrieb mit gesunder Strömung dar. Der Betrieb jenseits der Abreißlinie führt zu stark instationärem Verhalten mit erheblichen Druckstößen. Im Gesamttriebwerk stellt dieser Zustand eine erhebliche Gefahr, zum Beispiel durch verlöschende Flammen, brennenden Kraftstoff außerhalb des Brennraums, Überhitzung des Kompressors oder der Turbine oder Deformierungen am Kompressor, dar.
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Form und Lage der Abreißlinie sind nicht konstant, sondern unterliegen hoch- und niederfrequenten Änderungen. Als hochfrequente Änderungen sind Einlaufstörungen (Scherwinde, Anstellwinkel, Schiebewinkel), thermische Trägheit der Komponenten (Start mit noch kaltem Triebwerk, Umkehrschub bei der Landung), Variation der Reynoldszahl über der Flughöhe und das Eindringen von Fremdobjekten zu nennen. Niederfrequente Änderungen sind in der Vergrößerung des Kompressorschaufelspitzenspalts durch Einreiben am Gehäuse, sich über Lebensdauer vergrößernde radiale und axiale Lagerspiele, erosive Verformung der Schaufelgeometrie und Ablagerungen (Verschmutzungen) zu nennen.
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Abgesehen von Schäden durch Eindringen von Fremdobjekten werden alle anderen Faktoren – die fast ausschließlich dazu führen, dass sich die Abreißlinie hin zu niedrigeren Stufendruckverhältnissen hin absenkt – durch einen ausreichend großen Sicherheitsabstand des gegenwärtigen Betriebspunktes zur Abreißlinie berücksichtigt. Der kritischste Fall stellt dabei die Beschleunigung des Kompressors dar, weil hierdurch der so genannte Pumpgrenzenabstand vorübergehend verringert wird. In der Praxis wird der Pumpgrenzenabstand für Neutriebwerke auf etwa 25% des Druckverhältnisses ausgelegt, so dass er sich bis gegen Ende der Lebensdauer auf 5% abgesenkt hat.
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Da das Wirkungsgradoptimum eines Kompressors im Allgemeinen dicht vor der Pumpgrenze liegt, entsteht durch den konservativen Pumpgrenzenabstand ein Verbrauchsnachteil. Um den Wirkungsgrad der Kompressoren verbessern zu können, ist die Bestimmung des tatsächlichen Pumpgrenzenabstands eine wichtige Voraussetzung.
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Die
DE 602 03 560 T2 beschreibt ein Verfahren zur Bestimmung der aktuellen Lage der Pumpgrenze auf Basis von Indikatoren für Strömungsablösungen. Hierbei macht sich das Verfahren zu Nutze, dass die Pumpgrenze nicht in allen Stufen eines Kompressors und auch nicht an allen Kompressorschaufeln einer Kompressorstufe gleichzeitig erreicht wird, sondern sich zunächst lokale Ablösebereiche ausbilden, die im Kompressor umlaufen – jedoch mit einer geringeren Drehzahl als die Kompressorwelle. Durch hochdynamische Druckmessung am Gehäuseumfang des Kompressors und geeignete Signalauswertung können rotierende Ablösezellen erkannt und ein generelles Überschreiten der Pumpgrenze vorhergesagt werden.
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Auch die
US 6,474,935 B1 stützt sich auf die Erkennung rotierender Ablösungen, jedoch basiert die Erkennung nicht auf Druckmessungen, sondern auf der Messung der Auslenkung der Kompressorschaufelspitzen infolge von Druckschwankungen, die durch die umlaufende Ablösezelle entstehen. Die Messung der Auslenkung der Kompressorschaufelspitzen erfolgt dabei mittels eines optischen Sensors und eine rotierende Ablösung wird ermittelt, wenn die Schaufelbiegung einen definierten Grenzwert überschreitet.
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Gemäß der
US 6,010,303 A wird durch einen Vergleich der Auslenkung aller Kompressorschaufelspitzen einer Kompressorstufe auf entsprechende Ablösezellen geschlossen.
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Die Strömungsablösung an den Verdichterschaufeln wird gemäß der
DE 10 2008 036 305 A1 anhand der Auslenkung der Kompressorschaufelspitzen detektiert. Dabei wird mittels eines Verdichtermodells eine Leistungsaufnahme des Verdichters bestimmt. Aus dieser sowie aus den Durchgangszeiten einzelner Schaufeln und der Zeit einer Umdrehung des Rotors wird die Verdichterstufenleistung bestimmt. Deren Verlauf charakterisiert in Relation zum Zeitmerkmal für eine Rotorumdrehung eine Verdichterinstabilität, mit der vor einer Überschreitung der Pumpgrenze gewarnt wird.
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Die
WO 02/38963 A1 beschreibt ebenfalls ein auf Momenten- und Energiebilanzierung beruhendes Verfahren zur Erkennung von Verdichterinstabilitäten, jedoch auf Basis der direkten Messung von Moment, Drehzahl und anderer geeigneter Größen an der Antriebswelle des Kompressors. Der erforderlichen Sensorik wegen ist dieses Verfahren eher geeignet für stationäre oder maritime Anwendungen als im Luftfahrtbereich.
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Nachteilig bei dem bekannten Stand der Technik ist, dass bei der Regelung die Kompressoren nahe an dem Bereich der Pumpgrenze, vor allem aber bereits im zumindest lokal instabilen Bereich, betrieben werden. Bei in der Luftfahrt verwendeten Triebwerken ist diese Regelung nicht einsetzbar, da beim Betreiben eines Kompressors nahe der Pumpgrenze die für die Luftfahrt notwendige Sicherheit nicht gewährleistet werden kann.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Regelung des Betriebszustandes von Strömungsarbeitsmaschinen zu schaffen, mit dem ein Kompressor bei Erhöhung der Sicherheit in einem stabilen Betriebszustand bei Reduzierung des spezifischen Brennstoffverbrauchs betrieben werden kann.
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Die Aufgabe wird durch die Merkmale des Patentanspruches 1 gelöst.
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Die Regelung des Betriebszustandes von Strömungsarbeitsmaschinen mit einem Axialkompressor erfolgt erfindungsgemäß anhand der ermittelten Durchgangszeiten der Blattspitzen der einzelnen Schaufeln und der ermittelten Durchgangszeit des Rotors pro Umdrehung. Mittels eines Kompressornominalmodells wird aus den ermittelten Daten die relative jeweilige blattindividuelle Blattspitzendurchlaufszeit ermittelt, aus der in Verbindung mit der jeweiligen gemessenen Kompressordrehzahl und der bekannten Gesamttriebwerksdruckdifferenz der momentane Abstand des Betriebspunktes von der Pumpgrenze anhand eines in einem Steuergerät hinterlegten Betriebskennfeldes des Kompressors bestimmt wird und bei einer ermittelten Überschreitung von vorgegebenen Grenzwerten über das Steuergerät die Arbeitsweise des Kompressors durch Anpassen an den vorgegebenen Pumpgrenzenabstand korrigiert wird.
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Der Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Regelung des Betriebszustandes eines Kompressors besteht darin, dass aufgrund der Kenntnis des jeweiligen Pumpgrenzenabstandes und des jeweiligen Kompressorwirkungsgradmaximums ein optimaler Kompressorbetrieb einstellbar ist. Außerdem kann durch das erfindungsgemäße Verfahren in Kenntnis von dem Betriebspunkt des Kompressors ein optimierter Einsatz von variablen Statorschaufeln erfolgen. Weiterhin kann aufgrund der Kenntnis des momentanen Abstands des Betriebspunktes von der Pumpgrenze die Zapfluftabnahme optimiert werden. Außerdem ermöglicht das erfindungsgemäße Verfahren durch die fortwährende Korrektur des Betriebskennfeldes die Erkennung von Langzeiteffekten. Hierdurch wird es möglich, einen Alterungszustand des Kompressors zu bestimmen und einen Ausfallzeitpunkt vorherzusagen.
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Ein weiterer Vorteil ist, dass mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ein Wirkungsgradoptimum des Kompressors unter Einhaltung eines vorgegebenen Pumpgrenzenabstandes regelbar eingestellt werden kann. Eine Näherung an einen vorgegebenen Pumpgrenzenabstand zur Optimierung des Wirkungsgrades des Kompressors, bei dem, wie im Stand der Technik beschrieben, dafür der Kompressor versuchsweise in instabile und gefährliche Betriebsbereiche betrieben werden muss, ist dadurch nicht mehr erforderlich. Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird der Kompressor immer im sicheren und stabilen Betriebszustand betrieben.
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Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den Unteransprüchen beschrieben, sie werden in der Beschreibung zusammen mit ihren Wirkungen erläutert.
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Nachfolgend wird die Erfindung an Ausführungsbeispielen näher beschrieben. In der dazugehörigen Zeichnung ist das erfindungsgemäße Verfahren als Blockschaltbild schematisch dargestellt.
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Das erfindungsgemäße Verfahren wird erläutert an einem Axialkompressor, der insbesondere in Flugzeugtriebwerken zur Verdichtung der angesaugten Luft eingesetzt wird. Der Axialkompressor, der nicht Gegenstand der erfindungsgemäßen Lösung ist, besteht aus einem drehbaren Rotor, an dessen Umfang die Schaufeln des Kompressors angeordnet sind. Durch mehrere hintereinander angeordnete Schaufelreihen erfolgt eine Verdichtung der angesaugten Luft. Im Gehäuse des Triebwerks ist ein Nabensensor angeordnet, mit dem die Drehzahl des Rotors ermittelt wird. Weiterhin ist wenigstens ein Sensor zur Ermittlung der Blattspitzendurchlaufzeiten pro Rotorumdrehung am Gehäuse des Triebwerks angeordnet. Da beim Vorhandensein nur eines Sensors die Blattschwingungen mit gleicher oder vielfacher Frequenz der Rotorfrequnz nicht erkannt werden können, ist es vorteilhaft, die Anzahl der Sensoren zu erhöhen und deren Position zudem unregelmäßig über dem Kompressorumfang zu verteilen. Hierdurch würde man ”blinde” Frequenzbereiche für Schaufelflattern vermeiden.
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In der 1 ist schematisch das Regelungsverfahren des Betriebszustandes des Kompressors dargestellt. Dabei stellt 1 das Eingangssignal der von den Blattspitzensensoren ermittelten Durchgangszeiten und 2 das Eingangssignal der von dem Nabensensor ermittelten Durchgangszeit des Rotors pro Umdrehung dar. Die Eingangssignale 1 der Blattspitzensensoren werden durch einen Impulserzeuger 3 und die Eingangsignale 2 des Nabensensors durch einen Impulserzeuger 4 in jeweils amplitudendiskrete Werte umgewandelt. Die digitalisierten Werte der Durchgangszeiten der Blattspitzen der Schaufeln werden mittels einer Signalverarbeitung 5 und die des Nabensensors mittels einer Signalverarbeitung 6 mit einem Zeitmerkmal versehen.
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Die Regelschaltung beinhaltet ein Kompressornominalmodell 9, das aus so vielen Speicherzellen gebildet wird, wie der reale Kompressor Schaufeln in einer Reihe aufweist. Das Kompressornominalmodell 9 dreht sich phasengleich mit dem realen Kompressor, was durch den Vergleich von Modell und Realkompressor zusammen mit einem PI- oder einem PID-Regler 8 erreicht wird. Das Kompressornominalmodell 9 liefert nun für jedes am Blattspitzensensor durchgehende Kompressorblatt die Nominaldurchgangszeit, also die Zeit, die ein geometrisch ideales und unendlich steifes Kompressorblatt am Sensor erzeugen würde. Der Divisionsrest der beiden Zeiten, der mittels einer Signalverarbeitung 7 erzeugt wird, ergibt die Abweichung, also die relative Blattspitzenzeit. Die relative Blattspitzenzeit ist für den Idealfall gleich null und setzt sich im Realfall aus einer periodischen Abweichung zusammen und dem eigentlichen Nutzsignal, also der strömungsmechanisch bedingten Abweichung. Bei sehr geringen Kompressorrotordrehzahlen kann der strömungsmechanisch bedingte Anteil als vernachlässigbar gering angesehen werden, so dass der periodische überwiegt. Dieser wird blattschaufelindividuell einem Kompressornominalmodell 10 zugeordnet. Nach Hochlauf des Triebwerks werden die blattindividuellen Abweichungen nicht mehr gelernt. Über eine Adaption 11 erfolgt eine Steuerung der Berücksichtigung der blattindividuellen Abweichungen. Nach Hochlauf des Triebwerks werden die Abweichungen nun blattrichtig von der relativen Blattspitzenzeit subtrahiert, so dass nur noch der strömungsmechanisch bedingte Anteil übrig bleibt. Aus dieser Information kann, zusammen mit der Kenntnis über Kompressordrehzahl und Gesamttriebwerksdruckdifferenz, auf den momentanen Betriebspunkt der Kompressorstufe und damit auf den momentanen Abstand des Betriebspunktes von der Pumpgrenze anhand eines in einem Steuergerät hinterlegten Betriebskennfeldes 12 des Kompressors geschlossen werden und bei einer ermittelten Überschreitung von vorgegebenen Grenzwerten über das Steuergerät die Arbeitsweise des Kompressors durch Anpassen an die Pumpgrenze, beispielsweise durch Einstellung variabler Leitschaufeln oder der Zapfluftabnahme, korrigiert werden.
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Da die Biegung der Kompressorschaufel über dem Massenstrom nicht monoton ist, sondern ein Maximum diesseits der Pumpgrenze aufweist, ist die berechnete Leistung nicht eindeutig. Dieses Problem wird dadurch gelöst, dass während Betriebspunktänderungen die Änderung der Biegung beobachtet wird, was einer numerisch gebildeten Ableitung der Biegung nach der spezifischen Arbeit der Kompressorschaufel entspricht. Prinzipiell kann die Betriebspunktänderung durch die zwangsweise Modulation des Brennstoffmassenstroms erfolgen. Dies ist jedoch bei einem Flugzeugtriebwerk nicht erforderlich, da der Brennstoffmassenstrom sowohl durch Schubhebelverstellungen, durch den Luftfahrzeugführer, als auch durch Ausregelaktivitäten des Autopiloten ohnehin fortwährend variiert wird.
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Der jeweils aus der aktuellen Gasströmung und der Stellung der Kompressorschaufeln berechnete Anströmwinkel wird kontinuierlich in ein beschreibbares Kennfeld zur Ermittlung eines Betriebskennfeldes 12 des Kompressors und zur Ermittlung des Abstandes des Betriebspunktes zur Pumpgrenze eingetragen. Das Betriebskennfeld 12 ist dabei in dem Steuergerät bzw. in dem Regelkreis zur Regelung des Betriebszustandes des Kompressors hinterlegt.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren können gleichzeitig blattweise als auch umlaufende Betrachtungen durchgeführt werden, so dass neben den Kompressorinstabilitäten durch Schaufelflattern auch rotierende Ablösungen untersucht und erkannt werden können.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Eingangssignal von den Blattspitzensensoren
- 2
- Eingangssignal von dem Nabensensor
- 3
- Impulserzeuger
- 4
- Impulserzeuger
- 5
- Signalverarbeitung
- 6
- Signalverarbeitung
- 7
- Signalverarbeitung
- 8
- Regler
- 9
- Kompressornominalmodell
- 10
- angepasstes Kompressornominalmodell
- 11
- Adaption
- 12
- Betriebskennfeld
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 60203560 T2 [0008]
- US 6474935 B1 [0009]
- US 6010303 A [0010]
- DE 102008036305 A1 [0011]
- WO 02/38963 A1 [0012]