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Die Erfindung betrifft eine Hilfsantriebsvorrichtung für einen Rollstuhl, einen Rollstuhl mit Hilfsantriebsvorrichtung und ein Verfahren zur Ermittlung von physischen Leistungsdaten eines Rollstuhlfahrers.
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Eine Hilfsantriebsvorrichtung der in Rede stehenden Art ist aus der
DE 198 57 786 A1 bekannt. Eine derartige Hilfsantriebsvorrichtung für einen Rollstuhl weist einen Antriebsmotor auf, ein Laufrad, eine Sensoreinrichtung, die dazu ausgelegt ist, eine manuell in das Laufrad eingeleitete Antriebskraft zu erfassen, und eine Steuereinrichtung, die dazu ausgelegt ist, den Antriebsmotor zum Antrieb des Laufrades gemäß einem Unterstützungsgrad in Abhängigkeit von der manuell in das Laufrad eingeleiteten Antriebskraft anzusteuern.
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Derartige Rollstühle geben dem Rollstuhlfahrer die Möglichkeit, den Rollstuhl manuell anzutreiben, beispielsweise über entsprechende Greifringe an den Laufrädern, unterstützen diesen manuellen Antrieb jedoch je nach Bedarf durch den oder die Antriebsmotoren. Zu diesem Zweck erfasst die Sensoreinrichtung die jeweils manuell in den Greifring eingeleitete Kraft und die Steuereinrichtung steuert den oder die Antriebsmotoren zum Antrieb des Laufrades gemäß einem Unterstützungsgrad in Abhängigkeit von der in den Greifring eingeleiteten Kraft an.
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Antriebssysteme der in Rede stehenden Art sind somit dazu geeignet, den Rollstuhlfahrer physisch zu entlasten. Als Antriebskraft beziehungsweise Antriebsmoment wirken zum einen die manuell von dem Rollstuhlfahrer in das Laufrad, beispielsweise über einen Greifring, eingeleitete manuelle Kraft und das hieraus resultierende Drehmoment und zusätzlich eine elektrische Antriebskraft beziehungsweise ein entsprechendes Antriebsdrehmoment des Antriebsmotors, die beziehungsweise das gemäß einem Unterstützungsgrad in Abhängigkeit von der manuell eingeleiteten Kraft dadurch erzeugt werden, dass die Steuereinrichtung den Antriebsmotor entsprechend ansteuert. Bei dieser Art des Betriebs wirken somit die manuelle Antriebskraft und das daraus resultierende Drehmoment und das Drehmoment des Antriebsmotors in gleicher Drehrichtung. Die beiden Drehmomente addieren sich demnach dem Betrage nach. Gleiches gilt entsprechend für einen Bremsvorgang.
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Im Ergebnis bringt der Rollstuhlfahrer somit nur einen Teil der zur Fortbewegung oder zum Bremsen erforderlichen Kraft auf und kann sich deshalb ohne große Anstrengungen auch an Steigungen oder Gefällen bewegen. Das Verhältnis zwischen den manuell eingeleiteten Kräften und den durch den Elektromotor erzeugten Drehmomenten, das heißt der Unterstützungsgrad, kann nach den persönlichen Bedürfnissen des Rollstuhlfahrers einstellbar und gegebenenfalls vorwählbar sein.
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Die Möglichkeit, die Hilfsantriebsvorrichtung gemäß den persönlichen Bedürfnissen des Rollstuhlfahrers anzupassen, macht es wünschenswert, diese persönlichen Bedürfnisse möglichst exakt zu ermitteln. Es besteht daher Bedarf an einem Analysesystem, welches eine Klassifizierung der körperlichen Fähigkeiten eines Rollstuhlfahrers vornimmt und gegebenenfalls eine geeignete Parametrierung der Hilfsantriebsvorrichtung selbsttätig vornimmt.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung und ein Verfahren bereitzustellen, mit der beziehungsweise dem auf besonders vorteilhafte Weise physische Leistungsdaten eines Rollstuhlfahrers ermittelt werden können und, in einer speziellen Ausführungsform der Erfindung, eine geeignete Voreinstellung, das heißt eine benutzerspezifische Defaulteinstellung von Steuerungsparametern zur Ansteuerung des Antriebsmotors, beispielsweise des Unterstützungsgrades, möglich ist.
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Die Lösung dieser Aufgabe ist in den Patentansprüchen 1, 13 und 15 angegeben. Vorteilhafte Ausführungsformen sind in den Unteransprüchen definiert.
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Gemäß Patentanspruch 1 wird eine Hilfsantriebsvorrichtung für einen Rollstuhl bereitgestellt, die einen Antriebsmotor, ein Laufrad, eine Sensoreinrichtung, die dazu ausgelegt ist, eine manuell in das Laufrad eingeleitete Antriebskraft zu erfassen, und eine Steuereinrichtung, die dazu ausgelegt ist, den Antriebsmotor zum Antrieb des Laufrades gemäß einem Unterstützungsgrad in Abhängigkeit von der von einem Benutzer manuell in das Laufrad eingeleiteten Antriebskraft anzusteuern, aufweist. Die Steuereinrichtung der erfindungsgemäßen Hilfsantriebsvorrichtung weist einen Benutzerkraftanalyse-Betriebsmodus auf, in dem sie dazu ausgelegt ist, physische Leistungsdaten des Rollstuhlfahrers zu ermitteln.
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Die Ermittlung der physischen Leistungsdaten des Rollstuhlfahrers, die erforderlich ist, um eine geeignete Einstellung der Hilfsantriebsvorrichtung vorzunehmen, erfolgt somit erfindungsgemäß durch die Hilfsantriebsvorrichtung selbst. Um ihrer Aufgabe als Hilfsantriebsvorrichtung zu entsprechen, verfügt diese über eine Sensoreinrichtung, die dazu ausgelegt ist, eine manuell in das Laufrad eingeleitete Antriebskraft zu erfassen. Sie verfügt zudem über eine Steuereinrichtung, die dazu ausgelegt ist, den Antriebsmotor zum Antrieb des Laufrades gemäß einem Unterstützungsgrad in Abhängigkeit von der von einem Benutzer manuell in das Laufrad eingeleiteten Antriebskraft anzusteuern. Gemäß der vorliegenden Erfindung wird die Steuereinrichtung daher um einen Benutzerkraftanalyse-Betriebsmodus erweitert, der es ihr ermöglicht, physische Leistungsdaten des Rollstuhlfahrers und damit des Benutzers zu ermitteln.
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Der Rollstuhlfahrer kann die Leistung somit exakt dort abgeben, wo sie später beim bestimmungsgemäßen Gebrauch der Hilfsantriebsvorrichtung eingesetzt wird. Es können somit ohne zusätzlichen Aufwand an Hardware Versuche durchgeführt werden, die nicht nur praxisnah, sondern mit der Praxis identisch sind. Übertragungen und Analogien, die regelmäßig zu Unschärfen bei Versuchsergebnissen führen, entfallen somit. Zudem entfällt der Aufwand an Material und Kosten für zusätzliche Versuchseinrichtungen.
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In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist die Steuereinrichtung dazu ausgelegt, während der Benutzung durch einen Rollstuhlfahrer, die ohne Unterstützung durch den Antriebsmotor erfolgt, einen Messwert oder mehrere Messdaten aufzunehmen. Insbesondere zählen hierzu der Messzeitpunkt, die Messzeitdauer, der Betrag der manuell eingeleiteten Kraft, die Wirkrichtung der manuell eingeleiteten Kraft, die Wirkdauer der manuell eingeleiteten Kraft, die Drehfrequenz des Laufrades, der Drehwinkel des Laufrades und ein Identitätscode des Laufrades.
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Das diesbezügliche erfindungsgemäße Verfahren zur Ermittlung von physischen Leistungsdaten eines Rollstuhlfahrers im Hinblick auf den manuellen Antrieb eines Rollstuhls, der mit der erfindungsgemäßen Hilfsantriebsvorrichtung vorgesehen ist, gestaltet sich demnach derart, dass der Rollstuhlfahrer in einem derartigen Rollstuhl Platz nimmt und diesen ohne Unterstützung durch den Antriebsmotor manuell antreibt. Hierbei werden einer oder mehrere der vorstehend genannten Messwerte und Messdaten aufgezeichnet.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung weist die Steuereinrichtung zudem einen Benutzermaximalkraftermittlung-Betriebsmodus auf, in dem sie dazu ausgelegt ist, den Antriebsmotor so anzusteuern, dass als Reaktion auf eine manuell in das Laufrad eingeleitete Antriebskraft ein Drehmoment entgegen der Wirkrichtung der manuell in das Laufrad eingeleiteten Antriebskraft erzeugt wird.
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Während bei derartigen Hilfsantriebsvorrichtungen gemäß dem Stand der Technik in üblicher Weise das Motordrehmoment in gleicher Richtung wirkt wie das manuell eingeleitete Drehmoment, um entsprechend den Vortrieb zu unterstützen oder eine Bremskraft zu verstärken, wird bei dieser Ausführungsform der erfindungsgemäßen Hilfsantriebsvorrichtung in dem Benutzermaximalkraftermittlung-Betriebsmodus das Motordrehmoment entgegengesetzt der Kraftrichtung des manuellen Antriebs aufgebracht. Es wird somit ein Widerstand gegen die manuelle Antriebskraft erzeugt. Aus der Größe dieses Widerstandes kann die manuell aufgebrachte Kraft ermittelt werden.
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Dadurch, dass die Hilfsantriebsvorrichtung selbst einen entsprechenden Widerstand erzeugt, entfällt die Notwendigkeit, äußere Widerstände in Form von beispielsweise einer Rampe bereitzustellen. Die manuelle Antriebskraft, die von einem Rollstuhlfahrer aufgebracht werden kann, kann somit durch die Hilfsantriebsvorrichtung selbst ermittelt werden.
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In einer Ausführungsform der Erfindung wird das Drehmoment entgegen der Wirkrichtung der manuell in das Laufrad eingeleiteten Antriebskraft schrittweise erhöht. Hierzu wird vorzugsweise mit einem niedrigen Gegendrehmoment beziehungsweise Bremsdrehmoment entgegen der Anschubrichtung des Rollstuhlfahrers begonnen. Dies simuliert eine Bergfahrt mit moderater Steigung. Dieses Bremsdrehmoment beziehungsweise Gegendrehmoment wird zeitabhängig sukzessive erhöht, und zwar solange, bis die Testperson nicht mehr in der Lage ist, das Rad manuell zu drehen. Aus demjenigen Gegendrehmoment, bei dem gerade noch durch den Benutzer eine Drehbewegung herbeigeführt werden konnte, kann eine Maximalkraft des Benutzers ermittelt werden. Diese Maximalkraft stellt ein Maß dar, anhand dessen ermittelt werden kann, welche Steigungen von dem Rollstuhlfahrer bewältigt werden könnten.
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Eine derartige Hilfsantriebsvorrichtung sowie ein Rollstuhl, der mit einer Hilfsantriebsvorrichtung ausgerüstet ist, deren Steuereinrichtung den vorstehend erläuterten Benutzermaximalkraftermittlung-Betriebsmodus aufweist, bieten den Vorteil, dass mit der Vorrichtung selbst die Maximalkraft des Rollstuhlfahrers ermittelt werden kann, ohne dass hierzu beispielsweise Rampen mit verschiedenen Steigungen bereitgestellt werden müssen.
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Bei dem diesbezüglichen Verfahren wird ein derartiger, mit einer solchen Hilfsantriebsvorrichtung ausgerüsteter Rollstuhl so gelagert beziehungsweise aufgebockt, dass die Laufräder frei drehbar sind. Der Benutzer beziehungsweise Rollstuhlfahrer nimmt dann in dem Rollstuhl Platz und kann die Antriebsräder somit frei drehen, wobei als einzige Gegenkraft die entgegen der Drehung wirkende Antriebskraft des Antriebsmotors wirkt.
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In einer Ausführungsform der Erfindung werden Messdaten im Benutzerkraftanalyse-Betriebsmodus und/oder im Benutzermaximalkraftermittlung-Betriebsmodus in Echtzeit auf eine Datenverarbeitungsvorrichtung, beispielsweise einen PC, übertragen. Diese synchrone Datenübermittlung stellt nicht nur sicher, dass mit Abschluss der Messung sofort eine Auswertung vorliegt, sondern gibt einem Therapeuten auch die Möglichkeit, die Messergebnisse während der laufenden Messung zu beobachten und gegebenenfalls einzugreifen oder die Messung abzubrechen, falls dies aus medizinischen Gründen erforderlich sein sollte.
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Bei einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung weist die Steuereinrichtung einen Defaulteinstellungermittlung-Betriebsmodus auf, in dem Sie dazu ausgelegt ist, unter Verwendung der im Benutzerkraftanalyse-Betriebsmodus und/oder im Benutzermaximalkraftermittlung-Betriebsmodus ermittelten Messdaten unter Zugrundelegung vorprogrammierter funktionaler Zusammenhänge mindestens eine benutzerspezifische Defaulteinstellung von Steuerungsparametern zur Ansteuerung des Antriebsmotors zu ermitteln.
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Bei dieser speziellen Ausführungsform dient die erfindungsgemäße Hilfsantriebsvorrichtung somit nicht nur dazu, die physischen Leistungsdaten des Rollstuhlfahrers zu ermitteln, sondern nimmt, basierend auf den ermittelten Leistungsdaten sowie entsprechenden funktionalen Zusammenhängen, die in die Steuereinrichtung vorprogrammiert werden können, auf der Basis dieser Leistungsdaten eine oder mehrere benutzerspezifische Defaulteinstellung/-en von Steuerungsparametern zur Ansteuerung des Hilfsmotors vor. Hierdurch wird eine besonders einfache und dem Rollstuhlfahrer exakt angepasste Einstellung vorgenommen.
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Die Steuereinrichtung kann hierzu dahingehend ausgelegt sein, ein oder mehrere Steuerungsparameter zur Ansteuerung des Antriebsmotors zu ermitteln. Hierzu zählen insbesondere der Unterstützungsgrad des Antriebsmotors proportional zur manuell eingeleiteten Kraft, die Anschwellzeit des Drehmoments des Antriebsmotors und die Abschwellzeit des Drehmoments des Antriebsmotors.
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Bei den benutzerspezifischen Defaulteinstellungen von Steuerungsparametern zur Ansteuerung des Antriebsmotors, die durch die Steuereinrichtung ermittelt und entsprechend eingestellt werden können, kann der Rollstuhlfahrer nach eigenen Kriterien eine bestimmte Defaulteinstellung auswählen. Zu diesen Kriterien zählen insbesondere der Einsatzort, die Einsatzdauer und die aktuelle körperliche Verfassung. Beim Einsatzort kann beispielsweise zwischen einem Betrieb des Rollstuhls in geschlossenen Räumen einerseits und einem Betrieb außer Haus andererseits unterschieden werden. Auch kann die Einsatzdauer ein Entscheidungskriterium sein, da bei längerer Einsatzdauer naturgemäß ein besonderes Haushalten mit den Kräften des Rollstuhlsfahrers angezeigt ist. Zudem kann der Rollstuhlfahrer an Tagen, an denen er sich schwächer fühlt, eine andere Defaulteinstellung wählen als an solchen Tagen, an denen es ihm besonders gut geht.
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In an sich bekannter Weise kann die erfindungsgemäße Hilfsantriebsvorrichtung einen Greifring aufweisen, über den Kraft manuell in das Laufrad einleitbar ist. Der Antriebsmotor kann als Elektromotor und insbesondere als Nabenmotor ausgeführt sein. Ein derartiger Antriebsmotor kann zusammen mit einer wiederaufladbaren Batterie und der Steuereinrichtung oder Teilen der Steuereinrichtung in der Nabe des Laufrades angeordnet sein.
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Die Erfindung wird im Folgenden anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele in Verbindung mit den Zeichnungen erläutert, in denen
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1 eine Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Rollstuhls mit einer erfindungsgemäßen Hilfsantriebsvorrichtung und
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2 ein Beispielsdiagramm für die Beziehung zwischen einer Steigfähigkeit in Prozent und einer manuellen Antriebskraft zeigt.
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1 zeigt in einer perspektivischen Darstellung einen Rollstuhl mit zwei Laufrädern 10. Jedes Laufrad 10 verfügt über eine Nabe 11, die mittels handelsüblicher Speichen 17 mit einer Felge 18 verbunden ist, auf der ein Reifen 19 aufgezogen ist. Im Inneren der Nabe 11 sind ein Antriebsmotor, der als Elektromotor ausgeführt ist (nicht gezeigt), eine wiederaufladbare Batterie (nicht gezeigt) und eine Steuereinrichtung (nicht gezeigt) angeordnet.
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Ein Greifring 12 ist über drei Streben 13 und drei Speichenelemente 14 mit der Nabe 11 verbunden.
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Wenn in den Greifring 12 eine manuelle Kraft eingeleitet wird, wird diese über die Streben 13 und die Speichenelemente 14 direkt auf die Nabe 11 übertragen. Eine Sensoreinrichtung erfasst die Wirkung der Kraft, die auf ein Speichenelement 14 einwirkt. Diese Wirkung ist zum einen eine in dem Speichenelement 14 erzeugte Spannung und zum anderen eine Verformung des Speichenelements 14. Jeweils mindestens eine dieser Wirkungen wird erfasst und dient als Maß für die in den Greifring 12 eingeleitete Kraft. Entsprechend diesem Maß wird der Antriebsmotor von der Steuerungseinrichtung zur Bereitstellung eines Drehmoments angesteuert. Hierbei können variable oder fest vorprogrammierte Unterstützungsgrade vorgesehen sein.
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Geeignete derartige Sensoreinrichtungen beziehungsweise Sensoren sind beispielsweise in der
EP 0 945 113 A2 offenbart.
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Neben dem üblichen Betriebsmodus, der die manuell eingeleitete Antriebskraft beziehungsweise Bremskraft elektromotorisch verstärkt, indem er ein Drehmoment in der gleichen Richtung aufbringt, in die die manuell eingeleitete Kraft wirkt, verfügt die erfindungsgemäße Hilfsantriebsvorrichtung zusätzlich über einen Benutzermaximalkraftermittlung-Betriebsmodus, in dem ein Drehmoment entgegen der Wirkrichtung der manuell in das Laufrad 10 eingeleiteten Antriebskraft erzeugt.
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Zur Durchführung einer Maximalkraftmessung wird der in 1 gezeigte Rollstuhl so gelagert beziehungsweise aufgebockt, dass sich die Laufräder 10 frei drehen können. Anschließend wird die Steuereinrichtung der Hilfsantriebsvorrichtung in den Benutzermaximalkraftermittlung-Betriebsmodus versetzt. Ein Benutzer nimmt in dem Rollstuhl Platz. Wenn der Benutzer nun beginnt, die Laufräder 10 durch manuell in den Greifring 12 eingeleitete Kraft zu drehen, entwickelt der Antriebsmotor aufgrund der Ansteuerung der Steuereinrichtung in dem Benutzermaximalkraftermittlung-Betriebsmodus ein zunächst geringes Gegenmoment, das zeitabhängig sukzessive erhöht wird, und zwar solange, bis die Testperson nicht mehr in der Lage ist, das Laufrad 10 über den Greifring 12 in eine Drehbewegung zu versetzen. Diese ermittelte Anschubkraft, die gerade noch zu einer Drehbewegung geführt hat, wird als Maximalkraft festgehalten.
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In Abhängigkeit dieser maximalen Antriebskraft kann der Grad einer Steigung, die der Rollstuhlfahrer ohne Zusatzantrieb bewältigen kann, mit der nachfolgenden Formel berechnet werden:
- X(Fmax)
- Steigung/% in Abhängigkeit von der ermittelten Maximalkraft
- Fmax
- gemessene Maximalkraft
- rPR
- Radius des Greifrings
- dw
- Durchmesser des Antriebsrades
- mtotal
- Gesamtmasse (Rollstuhl + Insasse)
- g
- Erdbeschleunigung
- μwc
- Rollreibkoeffizient des Rollstuhls
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Der Grad der Steigung, der bei einer bestimmten Maximalkraft bewältigt werden kann, hängt insbesondere von der Gesamtmasse des Rollstuhlfahrers und Rollstuhls sowie dem Rollreibkoeffizienten ab. 2 zeigt ein entsprechendes Diagramm für eine Gesamtmasse von 115 kg und einem Rollreibkoeffizienten von 0,015.
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Die Steuereinrichtung kann zudem in einem Benutzerkraftanalyse-Betriebsmodus betrieben werden. Bei einem derartigen Betrieb des Rollstuhls sowie der diesbezüglichen Hilfsantriebsvorrichtung werden insbesondere die Kinematik des Fahrbetriebs und das Anschubverhalten des Rollstuhlfahrers auf der Ebene analysiert und die diesbezüglichen Leistungsdaten des Nutzers ermittelt. Der Benutzer, das heißt Rollstuhlfahrer, nimmt in dem Rollstuhl Platz und treibt diesen manuell und ohne Unterstützung durch die Hilfsantriebsvorrichtung an. Er bewegt den Rollstuhl so schnell auf einer ebenen Fläche, wie ihm dies körperlich möglich ist, wobei während dieser Messfahrt Daten wie beispielsweise der Messzeitpunkt, die Messdauer, der Betrag der manuell eingeleiteten Kraft, die Wirkrichtung der manuell eingeleiteten Kraft, die Wirkdauer der manuell eingeleiteten Kraft, die Drehfrequenz des Laufrades 10, der Drehwinkel des Laufrades 10, und ein Identitätscode des Laufrades erfasst und gespeichert wird. Die Messdaten können in Echtzeit drahtlos an eine externe Datenformverarbeitungsvorrichtung wie beispielsweise einen Personalcomputer übermittelt und/oder in der Steuereinrichtung selbst gespeichert werden. Der Identitätscode des Laufrades 10 ist insbesondere deshalb aufzunehmen, um die Messdaten auf der linken Seite des Benutzers und auf der rechten Seite des Benutzers separat aufnehmen zu können.
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Die aufgenommenen und auf einen externen Personalcomputer übertragenen Daten können auf einem Bildschirm angezeigt werden, ebenso wie weitere Daten, wie zum Beispiel die Tangentialkraft am Greifring und die Rollstuhlgeschwindigkeit, beispielsweise in Form eines Zeitdiagramms. Hierdurch kann in Echtzeit bereits eine Analyse durchgeführt werden.
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Die ermittelten Daten geben dem Benutzer und seinen Therapeuten Informationen darüber, ob grundsätzlich eine Versorgung mit einem derartigen Hilfsantrieb sinnvoll oder gar notwendig ist. Die im Benutzermaximalkraftermittlung-Betriebsmodus ermittelte Maximalkraft des Benutzers gibt Auskunft darüber, welche maximale Steigung der Rollstuhlfahrer ohne motorische Antriebsunterstützung bewältigen kann. Diesen Steigungswert kann der Rollstuhlfahrer mit den Steigungen vergleichen, die in seinem persönlichen Umfeld gegeben sind.
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Bezüglich der Fahrt auf der Ebene ist insbesondere die erreichbare Geschwindigkeit ein wesentlicher Parameter. Studien haben gezeigt, dass es für einen Rollstuhlfahrer erforderlich ist, eine Mindestgeschwindigkeit von 3,8 km/h zu erreichen, um Straßen ohne größere Gefährdung zügig überqueren zu können. Auch diesbezüglich kann durch die Ermittlung der physischen Leistungsdaten des Benutzers im Benutzerkraftanalyse-Betriebsmodus ein praxisgerechter Wert ermittelt werden.
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Aus der Messung des Drehwinkels des Laufrades kann im Zusammenhang mit den anderen Messgrößen das Verhältnis zwischen Anschubwinkel und Rollwinkel des Rades ermittelt werden. Der Therapeut kann daraus erkennen, ob sich der Rollstuhlfahrer effizient fortbewegt oder ob eher die Gefahr von körperlichen Beschwerden zu befürchten ist. Studien haben gezeigt, dass Anschubwinkel innerhalb einer bestimmten Bandbreite liegen sollten, damit eine zügige Fortbewegung gewährleistet ist. Ist der Rollstuhlfahrer nicht in der Lage, entsprechend lange und gleichmäßige Anschubimpulse aufzubringen, kann dem mit einem restkraftunterstützenden System der vorliegenden Art dadurch Rechnung getragen werden, dass ein Unterstützungsnachlauf in den Umgreifphasen vorgesehen wird.
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Basierend auf der im Benutzermaximalkraftermittlung-Betriebsmodus ermittelten Maximalkraft des Benutzers kann eine optimale Einstellung für den Unterstützungsgrad zur Bewältigung von zu befahrenden Steigungen ermittelt werden. Basierend auf den im Benutzerkraftanalyse-Betriebsmodus ermittelten physischen Leistungsdaten des Benutzers kann durch einen geeigneten Unterstützungsgrad sichergestellt werden, dass der Rollstuhlfahrer eine Geschwindigkeit von mindestens 3,8 km/h sicher erreichen kann. Wenn das Verhältnis zwischen Anschubwinkel und Rollwinkel ungünstig ist, wird durch eine entsprechend hohe Einstellung des Unterstützungsnachlaufes die Umgreifphase optimal unterstützt, damit eine flüssige Fahrt zustande kommen kann.
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Diese sowie weitere geeignete Kenndaten und Funktionsparameter können durch den Benutzer oder seine Therapeuten eingegeben oder aber auch selbsttätig von einem auf dem externen Personalcomputer abgelegten oder in die Steuereinrichtung einprogrammierten Programm ermittelt und festgelegt werden. Basierend hierauf können eine oder mehrere Fahrstufen programmiert werden, aus denen der Rollstuhlfahrer wählen kann, beispielsweise über eine Fernbedienung. In Abhängigkeit vom zu befahrenden Gelände oder seiner körperlichen Verfassung, die tagesabhängig schwanken kann, kann der Rollstuhlfahrer somit aus beispielsweise zwei Fahrstufen auswählen. Da die jeweiligen Betriebsdaten in der Steuereinrichtung abgelegt sind und, wie vorstehend erläutert, individuell auf den Rollstuhlfahrer abgestimmt sind, kann der Rollstuhlfahrer mit für ihn ideal einprogrammierten Unterstützungswerten motorunterstützt seinen Rollstuhl betreiben.
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Zu den Einstellparametern, die für jede Fahrstufe und jedes Rad getrennt entsprechend einprogrammiert und verwendbar sind, zählen beispielsweise der Unterstützungsgrad des Antriebsmotors proportional zur manuell eingeleiteten Kraft, die Anschwellzeit des Drehmoments des Antriebsmotors und die Abschwellzeit des Drehmoments des Antriebsmotors.
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Die Parametrierungsdaten können beispielsweise über eine drahtlose Schnittstelle zwischen der Steuereinrichtung und einem externen Datenverarbeitungsgerät übertragen werden.
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Der Rollstuhlfahrer erhält damit einen auf seine Bedürfnisse optimal abgestimmten Rollstuhl, mit dem er sich sicher und ohne Überanstrengung fortbewegen kann. Die diesbezügliche Abstimmung erfordert keine externen Messgeräte und keinen besonderen Testparcour, beispielsweise mit Rampen entsprechender Steigung, und kann in Echtzeit auf dem tatsächlich von dem Rollstuhlfahrer zu verwendenden Rollstuhl ermittelt werden.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Laufräder
- 11
- Nabe
- 12
- Greifring
- 13
- Streben
- 14
- Speichenelemente
- 17
- Speichen
- 18
- Felge
- 19
- Reifen
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 19857786 A1 [0002]
- EP 0945113 A2 [0032]