-
Technisches Gebiet
-
Die vorliegende Erfindung betrifft allgemein das Gebiet der Steuerung von Fahrzeugbremsen. Genauer gesagt betrifft die Erfindung eine hydraulische Steuereinheit für eine zweikreisige Fahrzeugbremsanlage mit einer Funktionseinheit für eine Berganfahrhilfe.
-
Hintergrund
-
Moderne Fahrzeugbremsanlagen werden immer öfter mit einem elektronischen Stabilitätsprogramm (ESP) ausgestattet. In diesem Fall umfasst eine hydraulische Steuereinheit für ein zweiachsiges Fahrzeug mit zwei Bremskreisen in der Regel 12 Hydraulikventile. Davon sind acht Hydraulikventile der ABS-Einrichtung zugeordnet. Die vier weiteren Hydraulikventile verteilen sich auf die beiden Bremskreise, wobei für jeden Bremskreis jeweils ein Hydraulikventil zwischen Hauptbremszylinder und Hydraulikpumpe und ein weiteres Hydraulikventil zwischen Hauptbremszylinder und ABS-Einrichtung angeordnet ist.
-
Mittels einer Hydraulikpumpe und den vier zusätzlichen Hydraulikventilen ist es möglich, einen Hydraulikdruck an jeder Radbremse fahrerunabhängig einzustellen. Diese fahrerunabhängige Einstellung des Hydraulikdrucks kann zur Regelung der Fahrdynamik eingesetzt werden. So wird beispielsweise ein gezieltes Abbremsen einzelner Räder dazu verwendet, einem Ausbrechen eines Wagens entgegenzuwirken oder bei einem Anfahr- bzw. Beschleunigungsvorgang den Schlupf eines Fahrzeugrades zu regeln (Antischlupfregelung, ASR). Ferner kann eine hydraulische Steuereinheit in Kombination mit einem elektronischen Stabilitätsprogramm zur Realisierung einer Berganfahrhilfe („Hill Hold”) verwendet werden, indem an den Radbremsen mittels der Hydraulikpumpe ein Hydraulikdruck aufgebaut und durch Schließen von Hydraulikventilen eingesperrt wird.
-
Die im Zuge eines elektronischen Stabilitätsprogramms implementierte Berganfahrhilfe weist den Nachteil auf, dass der Fahrer keinen Einfluss auf den an den Radbremsen angelegten Hydraulikdruck hat. Somit können Fehlfunktionen beim automatischen Druckaufbau oder ein zu schwach eingestellter Hydraulikdruck zu einem plötzlichen ungewollten Rückrollen des Fahrzeugs führen.
-
Technisch kann eine Berganfahrhilfe auch durch eine elektrische Parkbremse realisiert werden. Bei dieser Ausführung werden die Radbremsen über einen elektromechanischen Bremsaktuator betätigt, ohne dass ein Hydraulikdruck erzeugt und eingesperrt werden muss. Der Nachteil einer solchen Ausführungsform sind die hohen Kosten einer elektrischen Parkbremse. Außerdem ist die Implementierung einer elektrischen Parkbremse in kleinen Fahrzeugen aufgrund des begrenzten Bauraums im Radinneren schwierig.
-
Unabhängig von der Ausführungsform benötigen Berganfahrhilfen eine komplexe Sensorik. Insbesondere werden Sensoren zur Bestimmung des Motordrehmoments, der Kupplungsbetätigung sowie der Bestimmung des Neigungswinkels des Fahrzeugs herangezogen. Auf diese Weise entstehen erhebliche Kosten, welche vor allem bei der Produktion von kostengünstigen Fahrzeugen nicht zu vernachlässigen sind.
-
Kurzer Abriss
-
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine einfache und kostengünstige hydraulische Steuereinheit zur Realisierung einer Berganfahrhilfe bereitzustellen, welche einen oder mehrere der oben erwähnten Nachteile vermeidet.
-
Zur Lösung dieser Aufgabe wird eine hydraulische Steuereinheit für eine zweikreisige Fahrzeugbremsanlage bereitgestellt, welche eine ABS-Ventileinrichtung und ein für wenigstens einen Bremskreis vorgesehenes Absperrventil zur Unterbrechung einer Fluidverbindung zwischen einem Hauptbremszylinder und wenigstens einer Radbremse umfasst, wobei die hydraulische Steuereinheit dazu ausgelegt ist, bei einem Haltevorgang einen an der Radbremse von einem Fahrer erzeugten Hydraulikdruck mittels des Absperrventils einzusperren und zu halten sowie für einen Anfahrvorgang den an der Radbremse eingesperrten Hydraulikdruck über das Absperrventil wieder abzubauen.
-
Das wenigstens eine Absperrventil ist für das Halten und für den Abbau eines von einem Fahrer erzeugten Hydraulikdrucks an der entsprechenden Radbremse vorgesehen. Bei einem Haltevorgang wird dabei das Absperrventil auf Erkennen eines Fahrzeugstillstandes hin geschlossen, um den vom Fahrer erzeugten Druck an der Radbremse zu halten. Das Erkennen eines Fahrzeugstillstandes kann beispielsweise über einen oder mehrere Raddrehzahlsensoren erfolgen, welche bereits für die ABS-Regelung zur Verfügung stehen. Alternativ hierzu kann ein Fahrer einen Fahrzeugstillstand (bzw. eine Berganfahrhilfe-Anforderung) der hydraulischen Steuereinheit direkt signalisieren. Hierzu aktiviert der Fahrer die Berganfahrhilfe durch Betätigung eines Berganfahrhilfe-Schalters, woraufhin das Absperrventil bei einem vom Fahrer erzeugten Hydraulikdruck geschlossen wird.
-
Für einen Anfahrvorgang wird der eingesperrte Hydraulikdruck durch Öffnen des Absperrventils wieder abgebaut. Der Druckabbau durch die hydraulische Steuereinheit kann dabei derart erfolgen, dass die Radbremsen abgestimmt mit der Einkupplung oder dem Zurücknehmen des Bremspedals gelöst werden, so dass ein Rückrollen des Fahrzeugs beim Anfahrvorgang verhindert wird. Beispielsweise kann mittels eines Bremspedalsensors, eines Kupplungspedalsensors, eines Motordrehzahlsensors und/oder eines Motordrehmomentsensor der Anfahrvorgang detektiert und der Druckabbau durch Einstellen und/oder Variieren eines Druckabbaugradienten in Abhängigkeit der gemessenen Sensorsignale sowie deren zeitlicher Verläufe geregelt werden. Optional kann ein Neigungssensor im Fahrzeug vorhanden sein, welcher die Neigung der Fahrbahn detektiert und somit Auskunft darüber gibt, ob überhaupt eine Berganfahrhilfe benötigt wird. Alternativ oder zusätzlich hierzu kann der Anfahrwunsch durch erneutes Betätigen des Berganfahrhilfe-Schalters durch den Fahrer signalisiert werden. In diesem Fall wird das Signal des Berganfahrhilfe-Schalters als Auslöseereignis zum Öffnen des Absperrventils herangezogen, wodurch eine komplexe Sensorik zur Detektion des Anfahrvorgangs auch entfallen kann. In einer weiteren Ausführung kann das Signal des Berganfahrhilfe-Schalters mit den Sensorsignalen für den Anfahrvorgang kombiniert werden, um einen Anfahrvorgang am Berg zu erkennen und den eingesperrten Hydraulikdruck über das Absperrventil geregelt abzubauen.
-
Alternativ oder zusätzlich hierzu kann der geregelte Druckabbau am Absperrventil zeitgesteuert erfolgen. Beispielsweise kann der Druckabbau eines eingesperrten Hydraulikdrucks nach einer vorbestimmten Zeit ab Schließen des Absperrventils oder nach „Loslassen” des Bremspedals (automatisch) einsetzen. Der Fahrer kann dabei über den bevorstehenden Druckabbau optisch, akustisch und/oder haptisch gewarnt werden. Eine zeitliche Begrenzung der Berganfahrhilfe ist sinnvoll, um das Absperrventil vor einer Überlastung bzw. einer Beschädigung zu schützen. Die Zeitsteuerung kann Vorrang vor einer anderweitigen (z. B. sensorgestützten) Erkennung eines Anfahrwunsches haben.
-
Die hydraulische Steuereinheit kann ferner ein dem Absperrventil parallel geschaltetes Rückschlagventil umfassen, welches dazu ausgelegt ist, durch „Nachtreten” eines Bremspedals zusätzliches Hydraulikfluid vom Hauptbremszylinder zu der Radbremse zu leiten, wenn das Absperrventil bereits geschlossen ist. Auf diese Weise kann der durch das Absperrventil eingesperrter Hydraulikdruck an der Radbremse fahrerinduziert weiter erhöht werden. Eine solche Erhöhung kann beispielsweise bei einer Beladung des Fahrzeugs während des Haltens am Berg notwendig sein.
-
Die hydraulische Steuereinheit kann neben dem Absperrventil acht weitere Hydraulikventile umfassen, welche für die ABS-Ventileinrichtung vorgesehen sind. Hierbei wird jeweils ein ABS-Einlass- und ein ABS-Auslassventil jeweils einer von vier Radbremsen zugeordnet. Die ABS-Einlass- und ABS-Auslassventile der ABS-Ventileinrichtung können jeweils als Elektromagnetventile ausgebildet sein. Die ABS-Ventileinrichtung kann im ABS-Regelbetrieb einen durch den Hauptbremszylinder an der Radbremse aufgebauten Druck regeln, indem das ABS-Einlassventil geschlossen wird, um die Fluidzufuhr vom Hauptbremszylinder zu unterbinden. Gleichzeitig kann durch Öffnen des ABS-Auslassventils der an der Radbremse aufgebaute Hydraulikdruck über eine Rückflussleitung wieder abgebaut werden.
-
Die hydraulische Steuereinheit kann insgesamt genau neun Hydraulikventile umfassen, wobei acht Hydraulikventile für das ABS-System vorgesehen sind und wobei ein Hydraulikventil als Absperrventil einem der beiden Bremskreise zugeordnet ist. Das Absperrventil kann dabei den ABS-Einlassventilen in Druckaufbaurichtung vorgeschaltet sein. Auf diese Weise kann ein vom Hauptbremszylinder aufgebauter Hydraulikdruck an den Radbremsen des einen Bremskreises eingesperrt werden, ohne dass die ABS-Ventileinrichtung betätigt wird.
-
In einer alternativen Ausführung kann jedem der beiden Bremskreise ein Absperrventil zugeordnet sein, welches vorzugsweise jeweils den ABS-Einlassventilen der ABS-Ventileinrichtung eines jeden Bremskreises in Druckaufbaurichtung vorgeschaltet ist. Auf diese Weise kann ein durch einen Fahrer erzeugter Hydraulikdruck an allen Radbremsen der beiden Bremskreise eingesperrt und gehalten werden. Die hydraulische Steuereinheit umfasst somit genau zehn Hydraulikventile, wobei davon acht Hydraulikventile für die ABS-Regelung und zwei Hydraulikventile für die Berganfahrhilfe vorgesehen sind.
-
Die hydraulische Steuereinheit kann einen Gehäuseblock umfassen, in welchem Fluidkanäle für beide Bremskreise sowie zylindrische Ventilbohrungen zur Aufnahme der neun oder zehn Hydraulikventile vorgesehen sind. Ferner kann die hydraulische Steuereinheit einen fahrerunabhängig betätigbaren Hydraulikdruckerzeuger umfassen, welcher das im ABS-Regelbetrieb über die Rückflussleitung abgeführte Hydraulikfluid in den jeweiligen Bremskreis zurückpumpt. Der Hydraulikdruckerzeuger kann als zwei-, vier- oder sechskolbige Hydraulikpumpe ausgebildet sein.
-
Die Erfindung stellt ferner eine zweikreisige Fahrzeugbremsanlage bereit, welche die hydraulische Steuereinheit umfasst, die für eine Berganfahrhilfe ausgelegt ist. Die Fahrzeugbremsanlage kann ferner ein elektronisches Steuergerät mit Software für die Ansteuerung des wenigstens einen Absperrventils umfassen.
-
Beschreibung der Zeichnungen
-
Weitere Einzelheiten, Vorteile und Aspekte der hier beschriebenen Erfindung ergeben sich aus den nachfolgenden Zeichnungen. Es zeigen:
-
1 ein Ausführungsbeispiel einer zweikreisigen Fahrzeugbremsanlage mit Diagonalaufteilung der beiden Bremskreise; und
-
2 ein Ausführungsbeispiel einer zweikreisigen Fahrzeugbremsanlage mit Vorderachse/Hinterachse-Aufteilung der beiden Bremskreise.
-
Detaillierte Beschreibung
-
Im Folgenden wird die Erfindung anhand von zwei Ausführungsbeispielen weiter beschrieben. Übereinstimmende und funktional ähnliche Komponenten sind in den Figuren mit den selben Bezugszeichen bezeichnet.
-
In 1 ist eine Fahrzeugbremsanlage 100 für ein zweiachsiges Fahrzeug dargestellt. Die Fahrzeugbremsanlage 100 umfasst ein Bremspedal 2, einen mit dem Bremspedal 2 gekoppelten Bremskraftverstärker 4, einen sich daran anschließenden Hauptbremszylinder 6, eine hydraulische Steuereinheit 10 sowie vier Radbremsen 30, 31, 32, 33. Die hydraulische Steuereinheit 10 ist zwischen dem Hauptbremszylinder 6 und den Radbremsen 30, 31, 32, 33 angeordnet. Die Abkürzungen VL, HR, VR und HL bezeichnen jeweils das linke Vorderrad, das rechte Hinterrad, das rechte Vorderrad und das linke Hinterrad.
-
Die in 1 dargestellte Fahrzeugbremsanlage 100 ist in zwei Bremskreise 12, 14 aufgeteilt, wobei die beiden Bremskreise 12, 14 eine Diagonalaufteilung aufweisen. Das bedeutet, dass einem ersten Bremskreis 12 die Radbremsen 30, 32 des linken Vorderrads und des rechten Hinterrads und einem zweiten Bremskreis 14 die Radbremsen 31, 33 des rechten Vorderrads und des linken Hinterrads zugeordnet sind.
-
In 1 ist die hydraulische Steuereinheit 10 für die zweikreisige Fahrzeugbremsanlage 100 als Blockdiagramm dargestellt, um den Aufbau und die Wirkungsweise der hydraulischen Steuereinheit 10 zu veranschaulichen. Die hydraulische Steuereinheit 10 ist symmetrisch bezüglich der beiden Bremskreise 12, 14 aufgebaut, sodass im Folgenden der Einfachheit halber nur der erste Bremskreis 12 beschrieben wird.
-
Die hydraulische Steuereinheit 10 umfasst einen einteiligen Gehäuseblock. Der Gehäuseblock ist als Aluminiumblock ausgebildet, in welchem Fluidkanäle 200, 300, 400, 500, 600, 700 und damit kommunizierende Ventilbohrungen zur Aufnahme von fünf Hydraulikventilen 18, 20, 22, 24, 26 für den ersten Bremskreis 12 realisiert sind.
-
Mit Bezug auf Bremskreis 12 umfasst die hydraulische Steuereinheit 10 einen ersten Fluidkanal 200, welcher vom Hauptbremszylinder 6 zu einem Absperrventil 18 führt. Dem Absperrventil 18 ist ein Rückschlagventil 18a parallel geschaltet. An der Auslassseite des Absperrventils 18 teilt sich der erste Fluidkanal 200 in einen zweiten und dritten Fluidkanal 300, 400 auf, welche jeweils zu einem ABS-Einlassventil 20, 24 führen. Die Auslassseite der ABS-Einlassventile 20, 24 steht in fluidischer Verbindung mit den Radbremsen 30, 32. Ferner umfasst die hydraulische Steuereinheit 10 für jede Radbremse 30, 32 des Bremskreises 12 jeweils einen Rückflusskanal 500, 600.
-
Die beiden Rückflusskanäle 500, 600 führen jeweils zu einem ABS-Auslassventil 22, 26, an deren Auslassseite die beiden Rückflusskanäle 500, 600 in einen gemeinsamen Rückflusskanal 700 münden. Der Rückflusskanal 700 führt seinerseits zu einem Vorratsbehälter 28, welcher mit einer Eingangsseite einer Hydraulikpumpe 16 verbunden ist. Die Hydraulikpumpe 16 ist Teil der hydraulischen Steuereinheit 10. In der vorliegenden Ausführung ist die Hydraulikpumpe 16 als Zweikolbenpumpe ausgeführt, wobei jeweils ein Kolben 17 einem der beiden Bremskreise 12, 14 zugeordnet ist. Gemäß einer alternativen Ausführung kann auch eine vier-, sechs- oder achtkolbige Hydraulikpumpe 16 vorgesehen sein.
-
Insgesamt umfasst die hydraulische Steuereinheit 10 des ersten Ausführungsbeispiel genau zehn Hydraulikventile 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, wobei jeweils vier ABS-Ventile 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27 und jeweils ein Absperrventil 18, 19 jedem der beiden Bremskreise 12, 14 zugeordnet sind. Die Absperrventile 18, 19 sind dabei den ABS-Einlassventilen 20, 21, 24, 25 des jeweiligen Bremskreises 12, 14 in Serie vorgeschaltet. Auf diese Weise ist mittels der beiden Absperrventile 18, 19 ein über den Hauptbremszylinder 6 aufgebauter Hydraulikdruck an allen vier Radbremsen 30, 31, 32, 33 der beiden Bremskreise 12, 14 einsperrbar.
-
Die Hydraulikventile 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27 sind als Elektromagnetventile ausgebildet. Die Absperrventile 18, 19 sind zusammen mit den Rückschlagventilen 18a, 19a jeweils als elektromagnetisch betätigbares 2/2-Wege-Ventil realisiert, welches in seiner unbetätigten Grundstellung geöffnet ist. Das Ventil kann im betätigten Zustand eine elektromagnetische Kraft aufbringen, welche ein vorgespanntes Ventilglied entgegen einer Federkraft gegen einen Ventilsitz am Ventileinlass drückt und somit das Ventil schließt. Durch Anlegen eines zusätzlichen Drucks am Ventileinlass wirkt auf das Ventilglied eine Kraft in Ventileinlassrichtung, welche der Druckdifferenz zwischen Ventileinlass und Ventilauslass entspricht und welche der elektromagnetischen Kraft entgegenwirkt. Auf diese Weise wird bei einem genügend hohen hydraulischen Druck am Ventileinlass das Ventilglied vom Ventilsitz zurückgedrängt. Somit kann im betätigten Ventilzustand Hydraulikfluid so lange durch das Ventil strömen, bis die Druckdifferenz zwischen dem Ventileinlass und dem Ventilauslass abgebaut ist oder nicht mehr ausreicht, um der elektromagnetischen Kraft entgegenzuwirken. Andererseits ist das elektromagnetisch betätigbare Ventil dazu ausgelegt, eine variable elektromagnetische Kraft am Ventilglied einzustellen, wodurch die benötigte hydraulische Druckkraft zum Öffnen des Ventils variierbar ist.
-
Mit Bezug auf den in 1 dargestellten Bremskreis 12 wird nun das Zusammenwirken der Hydraulikventile der hydraulischen Steuereinheit 10 im Bremsbetrieb näher beschrieben. Im Normalbremsbetrieb befinden sich die beiden ABS-Einlassventile 20, 24 sowie das dazu seriell angeordnete Absperrventil 18 in einer geöffneten Stellung, so dass Hydraulikfluid vom Hauptbremszylinder 6 direkt über die Fluidkanäle 200, 300, 400 zu den Radbremsen 30, 32 des Bremskreises 12 gelangen kann. Gleichzeitig befinden sich die ABS-Auslassventile 22, 26 in einer Sperrstellung. Diese verhindern ein Abfließen des Hydraulikfluids über die jeweilige Rückflusskanäle 500, 600, 700. Auf diese Weise wird entsprechend der Betätigung des Bremspedals 2 mit Hilfe des Hauptbremszylinders 6 ein Hydraulikdruck an den beiden Radbremsen 30, 32 aufgebaut. Bei Rückführung des Bremspedals 2 wird dieser Hydraulikdruck wieder abgebaut, indem das Hydraulikfluid über die Fluidkanäle 200, 300, 400 ungehindert in ein dem Hauptbremszylinder 6 zugeordnetes Fluidreservoir zurückströmt. Mit anderen Worten erfolgt im Normalbremsbetrieb die Bremsruckmodulation durch den Fahrer, wobei der an den Radbremsen 30, 32 eingestellte Hydraulikdruck proportional zum Betätigungszustand des Bremspedals 2 ist.
-
Ein mittels des Hauptbremszylinders 6 an den Radbremsen 30, 32 aufgebauter hoher Hydraulikdruck kann zum Blockieren der Räder führen. In diesem Fall regelt die hydraulische Steuereinheit 10 den vom Fahrer aufgebauten Hydraulikdruck an jeder Radbremse 30, 32 einzeln. Hierbei wird beispielsweise ein Blockierzustand des der Radbremse 30 zugeordneten Rades aufgehoben, indem die hydraulische Steuereinheit 10 das ABS-Einlassventil 20 schließt und gleichzeitig das ABS-Auslassventil 22 öffnet. Das geschlossene ABS-Einlassventil 20 verhindert den Nachfluss von Hydraulikfluid aus dem Hauptbremszylinder 6, während gleichzeitig Hydraulikfluid von der Radbremse 30 über die Rückflusskanäle 500, 700 in den Zwischenspeicher 28 abfließt. In der ABS-Regelphase wird ein Druckabbau und erneuter Druckaufbau (mittels der Hydraulikpumpe 16) an der Radbremse 30 durch mehrmaliges Öffnen und Schließen des ABS-Einlassventils 20 und des ABS-Auslassventils 22 zyklisch wiederholt. Dem ABS-Einlassventil 20 ist ferner ein Rückschlagventil 20a parallel geschaltet, welches in Einlassrichtung sperrend wirkt. Es ist dafür vorgesehen, das Hydraulikfluid von der Radbremse 30 zügig in den ersten Fluidkanal 200 zurückzuleiten, wenn der Fahrer seinen eingeleiteten Bremsvorgang beendet und die hydraulische Steuereinheit 10 sich noch in der ABS-Regelphase befindet. Wie im Normalbremsbetrieb, ist das Absperrventil 18 auch während des ABS-Regelvorgangs durchgehend geöffnet.
-
Über das elektromagnetisch betätigbare Absperrventil 18 regelt die hydraulische Steuereinheit 10 den Hydraulikdruck an beiden Radbremsen 30, 32 während eines Anfahrvorgangs am Berg (bergauf oder bergab). Im Gegensatz zur radindividuellen Bremsdruckregelung durch die ABS-Ventileinrichtung erfolgt die Bremsdruckregelung für beide Radbremsen 30, 32 des Bremskreises 12 gemeinsam. Bei einem Haltevorgang wird der durch das Bremspedal 6 erzeugte Hydraulikdruck an den Radbremsen 30, 32 eingesperrt, indem die hydraulische Steuereinheit 10 das Absperrventil 18, in welches der erste Fluidkanal 200 mündet, schließt und damit den Hauptbremszylinder 6 von den Radbremsen 30, 32 fluidisch trennt. Dabei wird das Absperrventil 18 zu dem Zeitpunkt geschlossen, an dem das Fahrzeug zum Stillstand gekommen ist. Der Stillstand des Fahrzeugs wird der hydraulischen Steuereinheit 10 über Raddrehzahlsensoren an den Rädern signalisiert. Es ist aber auch denkbar, dass (bei Stillstand des Fahrzeugs) der Fahrer durch Betätigen eines optionalen Berganfahrhilfe-Schalters den Absperrvorgang in der hydraulischen Steuereinheit 10 aktiviert. Die ABS-Ventileinrichtung bleibt bei der Bremsdruckregelung während des Anfahrvorgangs unbetätigt, d. h. die ABS-Einlassventile 20, 24 sind geöffnet und die ABS-Auslassventile 22, 26 sind geschlossen.
-
Das zusammen mit dem elektromagnetisch betätigbaren Absperrventil 18 ausgebildete Rückschlagventil 18a ist sperrend zur Rückflussrichtung angeordnet. Das bedeutet, dass im betätigten Ventilzustand Hydraulikfluid nur vom Hauptbremszylinder 6 zu den Radbremsen 30, 32 fließen kann, wenn im ersten Fluidkanal 200 ein in Bezug auf den zweiten und dritten Fluidkanal 300, 400 höherer Hydraulikdruck anliegt. Ein Rückfluss des Hydraulikfluids von den Radbremsen 30, 32 in das dem Hauptbremszylinder 6 zugeordnete Fluidreservoir über das Rückschlagventil 18a ist nicht möglich. Erzeugt der Fahrer mittels des Hauptbremszylinders 6 im ersten Fluidkanal 200 einen zusätzlichen Druck durch „Nachtreten” des Bremspedals 2, so gelangt durch das Rückschlagventil 18a zusätzliches Hydraulikfluid vom Hauptbremszylinder 6 in die durch das Absperrventil 18 abgesperrten Fluidkanäle 300 und 400. Durch diese Ventilanordnung ist es möglich, einen fahrererzeugten Hydraulikdruck an den Radbremsen 30, 32 einzusperren und gegebenenfalls durch Betätigen des Bremspedals 6 weiter zu erhöhen. Der Vorteil dieser Ausführung liegt darin, dass der Fahrer eigenständig den an den Radbremsen 30, 32 benötigten Hydraulikdruck aufbauen und einstellen kann, um ein Rückrollen des Fahrzeugs bei einem Anfahrvorgang zu verhindern. Eine Erhöhung des eingesperrten Hydraulikdrucks kann beispielsweise erforderlich sein, wenn das Fahrzeug am Berg beladen wird.
-
Für den Anfahrvorgang wird der an den Radbremsen 30, 32 eingesperrte Hydraulikdruck durch Öffnen des Absperrventils 18 wieder abgebaut. Der Druckabbau wird über die hydraulische Steuereinheit 10 geregelt durchgeführt. Durch Messung der Bremsbetätigung, der Kupplungsbetätigung, der Motordrehzahl und/oder des Motordrehmoments über entsprechende Sensoren wird der Anfahrvorgang ermittelt und in Abhängigkeit der gemessenen Sensorsignale sowie deren zeitlicher Verläufe ein geeigneter Druckabbaugradient über das Absperrventil 18 eingestellt. Auf diese Weise wird ein gleichmäßiges Anfahren am Berg ermöglicht, ohne dass das Fahrzeug zurückrollt oder ruckartig anfährt. Es ist auch denkbar, die Steigung einer Fahrbahn bei der Regelung mit einzubeziehen, indem entsprechende Signale eines am Fahrzeug angebrachten Neigungssensors ausgewertet werden. In einer alternativen Ausführung kann der Fahrer durch erneutes Betätigen des Berganfahrhilfe-Schalters einen Anfahrwunsch signalisieren. Der Druckabbau wird dann in die Wege geleitet, sobald ein Schaltersignal vorliegt. Beispielsweise wird nach Empfang des Schaltersignals das Absperrventil 18 mit einer Zeitverzögerung (z. B. von 2 bis 4 Sekunden) geöffnet. Die Verwendung eines Berganfahrhilfe-Schalters zum Aktivieren und Deaktivieren der Berganfahrhilfe hat den Vorteil, dass eine einfache und kostengünstige Berganfahrhilfe ohne komplexe Sensorik (z. B. Neigungssensor, Kupplungspedalsensor, etc.) realisiert werden kann.
-
Alternativ oder zusätzlich hierzu erfolgt der geregelte Druckabbau an der hydraulischen Steuereinheit 10 zeitgesteuert. Beispielsweise beginnt das Absperrventil 18 mit dem geregelten Druckabbau mit einer Zeitverzögerung nach „Loslassen” des Bremspedals 2 oder nach Empfang des Schaltersignals. Auch unabhängig vom Empfang eines Schaltersignals oder vom „Loslassen” des Bremspedals 2 ist die Berganfahrhilfe zeitlich begrenzt, um eine Überlastung des Absperrventils zu vermeiden. So wird das Absperrventil nach Verstreichen einer vorbestimmten Zeit (z. B. nach Verstreichen einer maximalen Einsperrzeit von 2 bis 5 Minuten) automatisch geöffnet. Der automatische Druckabbau wird dabei dem Fahrer signalisiert, damit dieser gegebenenfalls die Berganfahrhilfe erneut aktiviert, um dann beim Anfahren nicht von einem plötzlichen Zurückrollen des Fahrzeugs überrascht zu werden. Die Signalisierung des Druckabbaus erfolgt vorzugsweise akustisch und/oder optisch. Es ist aber auch vorstellbar, dass der Fahrer über eine (zusätzliche) haptische Einrichtung gewarnt wird.
-
Die Ansteuerung des Absperrventils 18 sowie der weiteren Ventile der hydraulischen Steuereinheit 10 erfolgt elektrisch mittels einer elektronischen Steuereinheit (Electronic Control Unit, ECU), welche mit den Ventilen in elektrischer Verbindung steht. Die elektronische Steuereinheit empfängt über einen CAN-Bus Messdaten der Raddrehzahlsensoren sowie das Schaltsignal des optionalen Berganfahrhilfe-Schalters und/oder ein Zeitgebersignal. Sind die Werte der gemessenen Raddrehzahlen gleich Null, so stellt das elektronische Steuergerät einen Fahrzeugstillstand fest und versorgt das elektromagnetisch betätigbare Absperrventil 18 mit einem entsprechenden Steuerstrom, um das Ventil zu sperren. Es ist auch denkbar, dass das Steuergerät das empfangene Schaltsignal des Berganfahrhilfe-Schalters auswertet, um das Absperrventil 18 zu schließen. Für den Anfahrvorgang werden durch die elektronische Steuereinheit zusätzlich optionale Messwerte eines Bremspedalsensors, eines Kupplungspedalsensors, eines Neigungssensors, eines Motordrehzahlsensors und/oder eines Motordrehmomentsensors ausgewertet, um in Abhängigkeit der gemessenen Sensorsignale das Absperrventil 18 entsprechend anzusteuern. Alternativ kann die elektronische Steuereinheit ein weiteres Signal des Berganfahrhilfe-Schalters empfangen, um das Absperrventil 18 zu öffnen. Wie bereits erwähnt, kann die elektronische Steuereinheit ein Öffnen des Absperrventils auch als Reaktion auf ein Zeitgebersignal in die Wege leiten.
-
Ein zweites Ausführungsbeispiel einer Fahrzeugbremsanlage 101 mit zwei Bremskreisen 12, 14 ist in 2 dargestellt. Die beiden Bremskreise 12, 14 weisen eine Hinterachse/Vorderachse-Aufteilung auf, wobei dem ersten Bremskreis 12 die Radbremsen 30, 31 des linken und rechten Vorderrads und dem zweiten Bremskreis 14 die Radbremsen 32, 33 des linken und rechten Hinterrads zugeordnet sind.
-
Im Vergleich zu dem oben besprochenen ersten Ausführungsbeispiel unterscheidet sich die Fahrzeugbremsanlage somit in der Zuordnung der Radbremsen 30, 31, 32, 33 an den ausgangsseitigen Anschlüssen der hydraulischen Steuereinheit 10. Ferner ist im zweiten Ausführungsbeispiel die hydraulische Steuereinheit 10 bezüglich der Ventilanordnung in beiden Bremskreisen 12, 14 asymmetrisch aufgebaut. Ein der ABS-Einrichtung vorgeschaltetes Absperrventil 19 (mit Rückschlagventil 19a) ist hierbei nur für den Bremskreis 14, welcher die Radbremsen 32, 33 der Hinterachse mit Hydraulikfluid versorgt, vorgesehen. Folglich ist auch nur an den Radbremsen 32, 33 des zweiten Bremskreises 14 ein vom Fahrer erzeugter Hydraulikdruck für eine Berganfahrhilfe einsperrbar. Die hydraulische Steuereinheit 10 des zweiten Ausführungsbeispiels umfasst insgesamt nur neun Hydraulikventile. Diese Anordnung stellt die einfachste Lösung dar, um eine standardisierte hydraulische Steuereinheit 10 mit ABS-Ventileinrichtung mit einer Berganfahrhilfe auszurüsten.
-
Die hydraulische Steuereinheit gemäß der vorliegenden Erfindung liefert eine kostengünstige und sichere Realisierung einer Berganfahrhilfe, bei welcher der an den Radbremsen angelegte Hydraulikdruck durch den Fahrer einstellbar ist.