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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Faserverbundbauteils nach dem Oberbegriff von Patentanspruch 1.
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Solche Verfahren sind dem Stand der Technik als allgemein bekannt zu entnehmen. Sie werden üblicherweise als Resin Transfer Molding (RTM) bezeichnet. Hierbei wird ein Faservorformling in eine Kavität eines Formwerkzeuges eingelegt und im geschlossenen Formwerkzeug mit Matrixmaterial umspritzt. Das Matrixmaterial ist üblicherweise ein Ein- oder Mehrkomponentenharz, welches nach thermischer Aktivierung zu einer duroplastischen Matrix vernetzt. Ebenso möglich sind aber auch flüssige Ausgangs- bzw. Zwischenprodukte von thermoplastischen Materialien, die ebenfalls nach thermischer Aktivierung polymerisieren. Um diese Aktivierung zu gewährleisten, wird das Formwerkzeug üblicherweise beheizt.
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Bei der Durchführung derartiger Verfahren muss sichergestellt werden, dass die Kavität vollständig und blasenfrei mit dem Matrixmaterial gefüllt wird. Üblicherweise sind die Formwerkzeuge ständig beheizt, so dass mit Beginn der Injektion des Matrixmaterials die Vernetzungsreaktion einsetzt. Eine Steuerung des Zeitablaufs zur vollständigen Vernetzung des Matrixmaterials wird üblicherweise durch die chemische Zusammensetzung des Harzes erreicht. Je nach Komplexität der zu befüllenden Kavität bzw. des zu filtrierenden Faservorformlings sind daher die möglichen Zusammensetzungen des Matrixmaterials eingeschränkt.
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Die
US 2004/0130072 A1 betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines großen faserverstärkten Bauelements. Das Verfahren umfasst sechs Schritte (A) bis (F): (A) Einlegen eines faserverstärkten Halbzeugs auf die Oberfläche eines Formwerkzeugs; (B) Versiegeln des Halbzeugs mit einem Abdeckungs- oder Verpackungsmaterial mit einer für die Harzeinspritzöffnung freilassenden Öffnung; (C) Evakuierung des Halbzeugs durch die Saugöffnung; (D) Erwärmung durch Heißluft in den Formbereichen; (E) Harzeinspritzung eines wärmehärtbaren Harzes durch die Harzeinspritzöffnung um das faserverstärkte Halbzeugs durch das Harz zu imprägnieren während die Temperaturen des Formwerkzeugs und der Abdeckung bei nur kleinem Temperaturunterschied zueinander auf Raumtemperatur fallen und schließlich der Härtungsschritt (F), wobei das Harz zum Härten des Halbzeugs auf eine Temperatur nahe der Raumtemperatur sinkt.
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Die
DE 10 2008 034 203 A1 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung von Bauteilen aus faserverstärktem Kunststoff insbesondere mithilfe eines löslichen Formkerns, mit den Schritten: a) Herstellung des Formkerns, b) Ummanteln des Formkerns mit einer harzfesten Hülle, c) Aufbringen von Faserhalbzeug und Einbringen von Harz zur Erstellung des Kunststoffbauteils, d) Aushärten des Kunststoffbauteils unter Temperatureinwirkung, wird dadurch weitergebildet, dass jedenfalls beim Aushärten in Schritt d) am Faserhalbzeug im Wesentlichen ein Druckgleichgewicht zwischen dem Umgebungsdruck und dem Kerninnendruck hergestellt wird. Es wird außerdem eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens angegeben.
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Die Übersetzung des Europäischen Patents
DE 696 11 215 T2 beschreibt ein Verfahren zum Formen von faserverstärkten, hochfesten, langgestreckten Gegenständen mit den Schritten: a) Herstellen einer Faserform; b) Anordnen der Vorform in einer Form, welche eine Folge von Wärmequellen aufweist, die in Längsrichtung von dem einen Ende zu dem anderen Ende des Teils stufenweise verteilt sind; c) Einspritzen von flüssigem Harz in die Form; d) aktivieren eines Wärmequelle an dem genannten Enden und Hinführen des Werkstoffs in seine Nachbarschaft auf Polymerissationstemperatur des Ahrzes und schließlich e) sukzessives und sich allmählich ausbreitendes Aktivieren der anderen Wärmequellen mit bestimmten zeitlichen Abstufungen.
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Die deutsche Patentanmeldung
DE 10 2009 010 692 A1 beschreibt eine Vorrichtung zur Durchführung eines RTM (Resin-Transfer-Moulding-Verfahrens), wobei die Vorrichtung eine Injektionsanlage und ein schließbares Werkzeug aufweist, wobei die Injektionsanlage an das schließbare Werkzeug gekoppelt ist, wodurch ein duroplastisches Harzsystem in das schließbare Werkzeug einbringbar ist, wobei die Injektionsanlage und/oder das Werkzeug eine Prozesseinstelleinrichtung aufweist, wobei das Werkzeug eine Prozesssensorik aufweist, durch welches ein Faserverbundbauteil während des Herstellungsprozesses überwachbar ist, wobei die Prozesssensorik steuernd mit der Prozesseinstelleinrichtung gekoppelt ist.
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Aus der
DE 10 2007 060 739 A1 ist ein Verfahren bekannt, welches die Infiltration der Kavität verbessern soll. Bei einem solchen Verfahren werden Oberflächenbereiche des Formwerkzeugs bzw. der Kavität unterschiedlich stark beheizt, um die Viskosität des Matrixmaterials bei der Injektion gezielt zu steuern. Hierbei soll insbesondere eine homogene Fließfront erzielt werden, wozu Bereiche der Kavität, in denen die Fließfront verlangsamt werden soll, auf eine geringere Temperatur gebracht werden, um so über eine höhere Viskosität den Fluss des Matrixmaterials in diesen Bereichen zu verlangsamen. Auch bei derartigen Verfahren setzt die Vernetzungsreaktion des Matrixmaterials bereits bei Injektionsbeginn ein, so dass auch hier der zeitliche Verlauf der Vernetzung durch die Zusammensetzung des Matrixmaterials gesteuert werden muss.
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Der vorliegenden Erfindung liegt somit die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Herstellen eines Faserverbundbauteils bereitzustellen, welches eine zuverlässige Injektion des Matrixmaterials in ein Formwerkzeug gewährleistet und gleichzeitig kurze Taktzeiten bei der Herstellung von Faserverbundbauteilen ermöglicht.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gelöst.
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Bekannt ist, dass bei einem solchen Verfahren zum Herstellen eines Faserverbundbauteils eine Faservorform in eine Formkavität eines Formwerkzeugs eingebracht wird. Nach Einbringen der Vorform und Schließen des Werkzeugs wird ein Matrixmaterial unter Infiltration der Faservorform in die Formkavität injiziert, welche dabei auf eine erste vorgegebene Temperatur beheizt wird. Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass nach vollständiger Injektion des Matrixmaterials die Formkavität auf eine zweite vorgegebene Temperatur erwärmt und das Matrixmaterial ausgehärtet wird. Durch die zeitlich variable Temperatursteuerung bei der Durchführung eines solchen Verfahrens wird die Injektion des Matrixmaterials von der Vernetzung des Matrixmaterials entkoppelt. Eine Steuerung des Injektions- und Vernetzungsverlaufs kann somit durch die zeitlich variable Temperatursteuerung erfolgen, was die Anwendung frei wählbarer Zusammensetzungen des Matrixmaterials ermöglicht. Durch das Erhöhen der Temperatur nach vollständiger Injektion des Matrixmaterials wird die Vernetzungsreaktion beschleunigt, so dass mit einem solchen Verfahren eine besonders schnelle Aushärtung des Matrixmaterials und damit eine besonders hohe Taktrate des Formwerkzeugs erzielt werden kann.
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Dabei liegt die erste vorgegebene Temperatur unterhalb und die zweite vorgegebene Temperatur oberhalb einer Schwellentemperatur der Vernetzungsreaktion des Matrixmaterials. Unter der Schwellentemperatur soll hierbei diejenige Temperatur verstanden werden, bei welcher die Reaktionsrate der Vernetzungsreaktion des Matrixmaterials unter einem vorgegebenen Schwellenwert liegt. Mit anderen Worten findet bei einem derart durchgeführten Verfahren während der Injektion des Matrixmaterials noch keinerlei Vernetzung bzw. nur ein sehr geringes Ausmaß an Vernetzung des Matrixmaterials statt. Es kann daher sichergestellt werden, dass die Kavität vollständig mit dem Matrixmaterial gefüllt wird, ohne dass sich bereits lokal angelierte, also bereits leicht vernetzte, Bereiche mit höheren Viskositäten bilden, die ein Nachfließen weiteren Matrixmaterials behindern könnten. Erst wenn dieser Vorgang abgeschlossen ist, wird die Temperatur entsprechend erhöht, so dass die Vernetzungsreaktion und damit die Aushärtung des Matrixmaterials möglichst schnell vonstatten geht, um eine zeitnahe Entformung des fertigen Faserverbundbauteils zu ermöglichen.
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Weiterhin bekannt ist, dass nach einer vorgegebenen Aushärtezeit die Formkavität wieder auf die erste vorgegebene Temperatur abgekühlt wird, um so ein Entformen des fertigen Faserverbundbauteils bei niedriger Temperatur zu ermöglichen und sofort eine neue Injektion bei niedriger Temperatur durchführen zu können.
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Dabei beträgt die zweite vorgegebene Temperatur mehr als 80°C, insbesondere mehr als 150°C und ganz besonders bevorzugt 190°C bis 200°C. Diese Temperaturen liegen deutlich über den Prozesstemperaturen konventioneller isothermer Resin-Transfer-Molding-Prozesse, die üblicherweise bei oder knapp unter 80°C geführt werden. Hierdurch wird eine besonders schnelle Vernetzung des Matrixmaterials sichergestellt. Gegebenenfalls können in Zusammenhang mit einem solchen Verfahren auch einfachere, beispielsweise einkomponentige Harzsysteme als Matrixmaterial Anwendung finden, was durch die geringeren Harzpreise und reduzierte Komplexität der Injektionsanlage Kosten einspart. Gegebenenfalls können auch die Injektionsdrücke reduziert werden.
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Erfindungsgemäß folgt der Übergang zwischen der ersten und der zweiten bzw. der zweiten und der ersten vorgegebenen Temperatur einem jeweiligen vorgegebenen Temperaturprofil. Durch eine genaue Temperaturprofilsteuerung kann der Injektions- bzw. Vernetzungsprozess des Matrixmaterials besonders exakt gesteuert werden.
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Im folgenden soll die Erfindung und ihre Ausführungsformen sowie einleitend bekannte Merkmale anhand der Zeichnung näher erläutert werden.
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Die einzige Figur zeigt hierbei eine schematische Darstellung eines RTM-Werkzeugs während verschiedener Verfahrensschritte eines Ausführungsbeispiels eines erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Zur Herstellung eines Faserverbundbauteils nach dem Resin Transfer Molding Verfahren wird zunächst ein Faservorformling 10 in eine Kavität 12 eines RTM-Werkzeugs 14 eingelegt. Die Werkzeughälften 16, 18 des RTM-Werkzeugs 14 werden in der Folge verschlossen, woraufhin die Kavität 12 evakuiert wird, um eine Infiltration des Faservorformlings 10 mit Matrixmaterial zu erleichtern. Nach der Evakuierung der Kavität 12 erfolgt eine Injektion von Matrixmaterial, meist einem Ein- oder Zweikomponentenharz zur Ausbildung einer duroplastischen Matrix durch eine Injektionsvorrichtung 20. Derartige duroplastische Harze sind chemisch reaktiv und bilden die endgültige Matrix des Faserverbundbauteils durch Quervernetzung.
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Während der Injektion wird über eine Heiz- und/oder Kühlvorrichtung 22 die Temperatur des RTM-Werkzeugs bzw. der inneren Oberflächen der Kavität 12 so eingestellt, dass noch keine Vernetzungsreaktion des Matrixmaterials stattfindet. Erst nach vollständiger Injektion des Matrixmaterials, das heißt vollständiger Befüllung der Kavität 12, wird mittels der Heiz- bzw. Kühlvorrichtung 22 die Temperatur der inneren Oberflächen der Kavität 12 des RTM-Werkzeugs 14 erhöht, bis die Vernetzungsreaktion des initiierten Matrixmaterials beginnt.
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Diese zweitstufige Temperaturführung während des RTM-Prozesses ermöglicht eine wesentlich bessere Kontrolle der Injektion und der Aushärtungsreaktion des Matrixmaterials. Insbesondere ist es möglich, nach vollständiger Injektion des Matrixmaterials die Temperatur der Kavität 12 deutlich über die bislang üblichen Prozesstemperaturen bei isothermen RTM-Prozessen zu erhöhen, um so eine besonders schnelle Quervernetzung und Aushärtung des Matrixmaterials zu erzielen.
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Nach vollständiger Aushärtung des Matrixmaterials wird über die Heiz- bzw. Kühlvorrichtung 22 die Temperatur der Kavität 12 des RTM-Werkzeugs 14 wieder unter die Schwellentemperatur für die Quervernetzungsreaktion abgesenkt, die Werkzeughälften 16, 18 werden geöffnet und das fertige Faserverbundbauteil 24 kann entformt werden.
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Die Regelung bzw. Steuerung des Aushärtungsprozess bzw. dessen aktive Temperaturführung kann mit Hilfe eines Sensors 30 erfolgen, der in der inneren Oberfläche der Kavität 12 des RTM-Werkzeugs 14 angeordnet ist und mit dem in die Kavität 12 injizierten Harz bzw. dem polymerisierenden Thermoplast-Vorprodukt in Kontakt steht. Der Sensor 30 sendet ein dielektrisches Signal aus, das ein direktes Maß für den Grad der Vernetzung bzw. Polymerisation ist und als Steuergröße für den Aushärtungsprozess verwendet werden kann. Der Vorteil der Steuerung bzw. Regelung des Aushärtungsprozesses mit Hilfe eines solchen dielektrischen Signals besteht darin, dass dieses Signal unabhängig von Temperaturschwankungen, Reaktivitätsschwankungen der Harze etc. ist, so dass ein robusterer Prozess und eine höhere Qualität erreicht werden kann.
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Das Beheizen bzw. Kühlen durch die Heiz- bzw. Kühleinrichtung 22 kann beispielsweise durch Heißdampf, Wasser, Öl, induktiv, durch Anwendung von Peltierelementen oder dergleichen erfolgen. Insgesamt wird durch die während des ganzen Verfahrens kontrollierte Temperaturführung eine besonders prozesssichere Herstellung von Faserverbundbauteilen 24 mit gleichzeitig besonders kurzen Taktzeiten erzielt.