DE102010011715A1 - Verfahren zur Verringerung der Bildung von Biofilmen und Schwefelwasserstoff in Abwasserkanälen - Google Patents
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Abstract
Kurzfassung Technische Aufgabe und Zielsetzung Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Verminderung der Schwefelwasserstoffproduktion in belasteten Wässern bei gleichzeitiger Hemmung des Wachstums von Mikroorganismen. Damit soll insbesondere die Schädigung von Abwasserbauwerken durch biogene Korrosion verringert werden. Lösung des Problems Das Verfahren basiert auf der bekannten Verringerung der Bildung von Schwefelwasserstoff durch Aerobisierung des Reaktionsraumes. Überraschenderweise wurde aber gefunden, dass die Kombination von z. B. Wasserstoffperoxiddosierung und gleichzeitiger Gabe eines weiteren Oxidationsmittels nicht nur die Sauerstoffversorgung verbessert, sondern auch zu einer Verringerung der mikrobiellen Aktivität führt. Die Wirkung dieses neuen Wirkstoffes kann je nach Zusammensetzung bis zu 30 h anhalten, während Wasserstoffperoxid allein innerhalb weniger Minuten von Bakterien der Kanalsielhaut gespalten wird. Im Gegensatz zu allen bisherigen Verfahren und Technologien ermöglicht die neue Lösung somit eine erhebliche Verringerung der Bildung von korrosivem Schwefelwasserstoff ohne dabei das mikrobielle Wachstum zu beschleunigen. Dies führt zu einer signifikanten Einsparung an Chemikalien. Gleichzeitig kann die Dosierung ausschließlich nach abwassertechnischen Kriterien, wie Abwassermenge und Verweilzeit erfolgen. Eine aufwändige Verfolgung der Schwefelwasserstoffbildung und die mengenangepasste Dosierung des Korrosionsinhibitors entfallen. Anwendungsgebiete Abwassertechnik, korrosionsgefährdete wassertechnische Anlagen
Description
- Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Verminderung der Schwefelwasserstoffproduktion in belasteten Wässern bei gleichzeitiger Verringerung des Wachstums von Mikroorganismen in Abwasserkanälen durch die gemeinsame Dosierung von einem Peroxid zusammen mit einem weiteren Oxidationsmittel.
- Das Problem der biogenen Schwefelkorrosion ist seit geraumer Zeit vor allem durch seine zerstörende Wirkung an unterirdischen Abwasserbauwerken bekannt. In Abwasserentsorgungssystemen führt dieses Phänomen derzeit zu einer Verkürzung der Standzeiten der Bauteile um bis zu 95% und stellt damit ein wasserwirtschaftliches wie auch volkswirtschaftliches Problem dar. Praktische Beispiele zeigen, dass die Nutzungsdauer von Abwasserbauwerken welche für Standzeiten von 50–100 Jahren geplant werden, sich teilweise auf weniger als 10 Jahre reduziert. In Einzelfällen wurden sogar Standzeiten von nur 3 Jahren beschrieben [1].
- Die Ursachen für die erhebliche Materialzerstörung in Abwasserbauwerken sind vergleichsweise gut bekannt. Wesentlichen Einfluss hat dabei die Bildung von H2S unter anaeroben Bedingungen. Bakterien, so genannte Desulfurikanten, setzen im Wasser vorhandenes Sulfat zu Schwefelwasserstoff um. Dieser kann gasförmig z. B. in die Atmosphäre von Abwasserkanälen entweichen und wird dort von Sulfid oxidierenden Bakterien in Schwefelsäure umgewandelt. Die Wirkung der Schwefelsäure bedingt dann die bekannten, teils massiven Korrosionserscheinungen an Betonoberflächen und Metallkonstruktionen.
- Biofilme in Form der so genannten Sielhaut tragen maßgeblich dazu bei, geeignete Lebensbedingungen für die sulfidbildenden Bakterien zu schaffen.
- Zur Verhinderung der mikrobiellen Korrosion in Kanalnetzen sind in den vergangenen Jahren eine Reihe von Produkten und Techniken entwickelt worden. Dabei lassen sich im wesentlichen drei Wirkmechanismen zu unterscheiden:
- 1. Einblasen von Sauerstoff in Form von Druckluft in Druckrohrleitungen oder Zusatz oxidierender Produkte zur Verhinderung des anaeroben Abbaus organischer Verbindungen und damit zur Verhinderung der Bildung von H2S.
- 2. Fällmittel für die Bindung des gebildeten Schwefelwasserstoffes (z. B.
DE 102 04 488 A1 . - 3. Mittel zur Anhebung des pH-Wertes, um die Freisetzung des gebildeten H2S in den Gasraum zu verringern.
- Im wertesten Sinne sind auch Maßnahmen zur Erhöhung der Fließgeschwindigkeit durch technologische Maßnahmen (z. B.
DE 195 14 359 A1 ) oder durch die Verringerung der Leitungsquerschnitte (z. B.DE 41 31366 A12 - Tabelle 1 gibt einen Überblick über aktuell verfügbare Wirkmechanismen und entsprechende Produkte. Eine detaillierte Beschreibung der aktuell verwendeten Verfahren und ihrer Handhabung findet sich auch im Forschungsbericht des LAWA Vorhabens AA 1.01 [2] Tabelle 1: Wirkmechanismen und Produkte zur Verringerung der biogenen Korrosion in Abwasserkanälen
Wirkprinzip Produkte Oxidationsmittel technischer Sauerstoff Zugabe von Sauerstoff nach dem Thiox-Verfahren O2-Begasung mit den Drasy-Verfahren Zugabe von Ozon Zugabe von Nitrat (als Ca(NO3)2 oder Nutriox-Verfahren Zugabe von H2O2 Zugabe von Kaliumpermanganat Oxidation mit Chlorbleichlauge (NaCl + NaOCl) Oxidation mit Natriumhypochlorid Fällmittel Eisensalze Wasserwerkschlamm pH-Regulatoren Kalkhydrat/Kalkmilch Natronlauge Natriumaliminat Kombinationsprodukte Mechanische Reinigung + Hemmstoff (System clean Produkt) Fällmittel + pH-Wert-Regulatoren Nitrat und Aluminiumsalze (Anaerit, Nicasal) - Eines der Hauptprobleme aller bisher verfügbaren Produkte ist ihre schnelle Zersetzung und damit ihre geringe Langzeitwirkung. Dadurch sind meist eine große Anzahl von Dosierstellen und vergleichsweise große Chemikalienmengen erforderlich.
- Ein weiterer Nachteil der bisherigen Präparate besteht darin, dass durch den Einsatz von z. B. sauerstoffhaltigen Verbindungen die Wachstumsbedingungen der Bakterien verbessert werden, wodurch vermehrt gut abbaubare Wasserinhaltsstoffe verbraucht oder in schlechter verwertbare umgewandelt werden. Gleichzeitig wird die Bildung der Sielhäute beschleunigt was wiederum erhöhte Chemikalienmengen zur Verringerung der H2S-Bildung und zusätzliche Aufwendungen für die regelmäßige Entfernung der Sielhäute erforderlich macht.
- Einige der eingesetzten Wirkstoffe sind zusätzlich selbst starke Oxidationsmittel und reagieren daher sehr stark mit den Abwasserinhaltsstoffen, was wiederum zu einem sehr schnellen Verbrauch führt (z. B. Wasserstoffperoxid, K-Permanganat). Der Einsatz von Chlor-Verbindungen kann außerdem zur Bildung von stark toxischen und meist schlecht abbaubaren chlororganischen Verbindungen (AOX) führen, was sowohl gesundheitliche Risiken beinhaltet, wie auch zu AOX-Problemen bei der biologischen Abwasserbehandlung führen kann. Aus diesen Gründen werden chlorhaltige Oxidationsmittel in der Abwassertechnik kaum noch eingesetzt.
- Ein Ansatz zur Hemmung des Mikroorganismenwachstums findet sich im System clean. Auch hier ist die Wirksamkeit begrenzt. Nennenswerte Erfolge werden nur im Zusammenwirken mit einer aufwendigen mechanischen Reinigung des Kanals erzielt. Bereits ca. 10 Tage nach der Reinigung ist der Erfolg praktisch aufgehoben. Eine vollständige mechanische Reinigung in einem derart engen Rhythmus ist aber ökonomisch nicht realistisch.
- Im Gegensatz zu den bisherigen Produkten und Verfahren zeichnet sich das erfindungsgemäße Verfahren dadurch aus, dass die Aerobisierung des Abwassers nicht wie bisher mit einer verstärkten Biomasseproduktion einhergeht, sondern im Gegenteil die Stoffwechselaktivität der Bakterien gehemmt wird. Dadurch können der nachteilige Stoffumsatz im Kanal und die damit verbundene Sielhautneubildung erheblich verlangsamt und die Bildung von H2S weitgehend unterbunden werden.
- Die vorgeschlagene Formulierung aus verschiedenen Peroxiden und Persulfaten wurde ursprünglich entwickelt, um die Sauerstoffversorgung von Grundwasser bei in situ Sanierungsverfahren zu verbessern. Im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen wurde jedoch überraschenderweise festgestellt, dass die verwendeten Substanzkombinationen zwar auf Grund ihrer geringen Zerfallsgeschwindigkeit sehr gut geeignet sind, große Areale mit Sauerstoff zu versorgen, gleichzeitig aber die biologische Aktivität der Mikroorganismen in dem beeinflussten Wasser erheblich verringert wird. Damit entspricht diese Prozessführung aber gerade jenen Ansprüchen, die an ein optimales Präparat zur Verringerung der Biokorrosion in Kanalnetzen gestellt werden. In Laborversuchen wurde gezeigt, dass die Formulierung aus beiden Komponenten gezielt an die jeweilige Aufgabenstellung angepasst werden kann. Dabei wird die Intensität der Hemmung durch die Peroxidkomponente festgelegt, die Langzeitwirkung wird insbesondere über die Persulfatkomponente bestimmt.
1 verdeutlicht die Wirkung der einzelnen Komponenten auf das Wachstum von Mikroorganismen in einer Suspensionskultur. Dabei entsprechen die Bezugszeichen E, G und I einer Wirkstoffkonzentration von 20 mg/l Peroxid und die Bezugszeichen K, M und O 50 mg/l Peroxid. Bezugszeichen Q entspricht einer Peroxidkonzentration von 100 mg/l. Bezugszeichen C kennzeichnet eine Messreihe ohne Wirkstoff. Die Reihen mit den Bezugszeichen E, G und I, sowie K, M und O sind durch jeweils steigende Persulfatkonzentrationen gekennzeichnet. - Untersuchungen an Technikumsmodellen haben werter gezeigt, dass bei Verwendung der erfindungsgemäßen Wirkstoffkombination nicht nur die Sulfidbildung und das Biomassewachstum verringert werden, sondern es kommt auch zur Ablösung der Biofilme von der Kanalwandung. Dadurch können die Intervalle zwischen notwendigen mechanischen Reinigungen ganz wesentlich erhöht werden, oder eine mechanische Reinigung kann sogar ganz unterbleiben.
- Bei dauerhafter Dosierung der erfindungsgemäßen Wirkstoffkombination kam es jedoch zu einer langsamen aber sichtbaren Neubesiedelung der behandelten Kanalabschnitte. Deshalb ist es zweckmäßig, die Wirkstoffkombination nicht kontinuierlich, sonder in Intervallen von ca. einer Woche dem Abwasser zuzugeben. Untersuchungen haben ergeben, dass nach einer Behandlung die Wirkung der eigensetzen Wirkstoffe bis zu 10 Tagen anhält. Innerhalb dieser Zeitspanne kam es kaum zu nennenswerter Sulfidneubildung. Durch die Intervalldosierung können auch erhebliche Mengen an Chemikalien eingespart werden.
- Vorbereitende Tests im Labor haben ergeben, dass die fertigen Formulierungen jeweils keine hinreichenden Lagerstabilitäten aufweisen. Deshalb ist es zweckmäßig, zunächst mindestens zwei Einzelkomponenten (die Peroxidkomponente und das zweite Oxidationsmittel) herzustellen und diese am Ort des Einsatzes unmittelbar vor oder während der Dosierung in den Kanalschacht miteinander in Kontakt zu bringen. Während der Kontaktzeit werden jene Radikale erzeugt, die nachfolgend die biologische Aktivität hemmen. Es ist weiterhin zweckmäßig, die Werkstoffkombination jeweils dort zu dosieren, wo abstromig mit der Entstehung von Sulfid gerechnet wird, z. B. in den Pumpensumpf einer Druckrohrleitung. Aufgrund der vergleichsweise lange anhaltenden Wirkung kann die Dosierung problemlos an Stellen erfolgen, die von der Kläranlage weit entfernt sind. Dadurch können mit einem Dosierpunkt große Areale des Abwassernetzes behandelt werden.
- Ein wesentlicher Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens gegenüber herkömmlichen ist es, dass nicht gebildetes H2S gebunden oder die potentielle Entstehung von H2S durch die Bereitstellung eines anderen Elektronenakzeptors verhindert wird, sondern vielmehr die Stoffwechselaktivität der Bakterien insgesamt reduziert. Dafür sind nicht nur deutlich geringere Wirkstoffmengen als bei herkömmlichen Verfahren erforderlich, sondern die Dosierung kann in Abhängigkeit von technologischen Parameter, wie Abwasseranfall, Verweilzeit des Wassers in der Druckrohrleitung oder der Temperatur erfolgen. Diese Anpassung kann mittels einfacher Steuerungen auch zeitabhängig erfolgen. Komplizierte Regelungen unter Einbeziehung der gebildeten H2S-Mengen sind nicht notwendig weil das erfindungsgemäße Verfahren schon vor der potentiellen H2S-Bildung ansetzt.
- Wenig effektiv ist es deshalb, die Wirkstoffkombination erst dort einzusetzen, wo bereits erhebliche Mengen an Sulfiden im Abwasser vorhanden sind. Unter diesen Bedingungen wird vor allem die Peroxidkomponente im wesentlichen für die Oxidation der reduzierten Wasserinhaltsstoffe, vor allem von H2S verwendet. Dadurch wird einer der wesentlichen Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens, der geringe Chemikalieneinsatz, zunichte gemacht.
- Das erfindungsgemäße verfahren wurde unter Realbedingungen an einem realen Kanalabschnitt getestet und hat dort seine technische Eignung unter Beweis gestellt. Bezugszeichenliste:
C: Kontrolle E: 20 mg/l P, 20 mg/l S K: 50 mg/l P, 20 mg/l S G: 20 mg/l P 40 mg/l S M: 50 mg/l P, 50 mg/l S I: 20 mg/l P, 100 mg/l S O: 50 mg/l P, 100 mg/l S Q: 100 mg/l P, 100 mg/l S - Zitierte Literatur
-
- 1. Bilecki, R., Schremmer, R. (1987): Biogene Schwefel-Korrosion in teilgefüllten Abwasserkanälen. Mitteilungen des Leichtweiß-Instituts für Wasserbau der Technischen Universität Braunschweig Heft 94/1987.
- 2. LAWA-Länderarbeitsgemeinschaft Wasser: Bewertung von maßnahmen zur Verringerung von Geruchs- und Korrosionserscheinungen im kanalnetz des ländlichen Raumes. LAWA Bericht AA1.01., 2004.
- ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
- Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
- Zitierte Patentliteratur
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- DE 10204488 A1 [0005]
- DE 19514359 A1 [0006]
- DE 4131366 A12 [0006]
- Zitierte Nicht-Patentliteratur
-
- Forschungsbericht des LAWA Vorhabens AA 1.01 [0007]
Claims (10)
- Verfahren zur gleichzeitigen Reduzierung der Schwefelwasserstoffbildung und des Bakterienwachstums in belasteten Wässern, dadurch gekennzeichnet, das dem Abwasser ein Peroxid und zusätzlich mindestens ein zweites Oxidationsmittel zugesetzt wird wobei als eigentlich wirksame Komponenten Radikale gebildet werden.
- Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass Wasserstoffperoxid oder ein anderes anorganisches Peroxid verwendet wird.
- Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass als Oxidationsmittel ein Persulfat verwendet wird.
- Verfahren nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Einzelsubstanzen in getrennten Behältern bereit gestellt und vor Ort gemischt werden.
- Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Mischung der Einzelkomponenten mittels Pumpen erfolgt.
- Verfahren nach mindestens einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Dosierung der Einzelkomponenten und/oder der Komponentengemische in Abhängigkeit von standortspezifischen Parametern, wie Schmutzwassermenge oder Temperatur erfolgt.
- Verfahren nach mindestens einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Dosiereinrichtung in den Pumpenschacht einer Druckrohrleitung installiert wird.
- Verfahren gemäß Anspruch 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Dosierung in Intervallen erfolgt.
- Verfahren nach mindestens einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass Konzentration und/oder Menge an Schwefelwasserstoff online gemessen werden.
- Verfahren nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass die Messanordnung im Abstrom der Dosieranordnung platziert wird.
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- 2010-03-17 DE DE201010011715 patent/DE102010011715A1/de not_active Withdrawn
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