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Einleitung
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben einer Fräsvorrichtung zum Abtragen von Material, insbesondere zur Bearbeitung von Straßenbelägen oder zum Abbau von Gestein, mit den folgenden Verfahrensschritten:
- a) Ein mit einer Mehrzahl von Meißeln versehenen Meißelträger wird um seine Drehachse rotiert und dabei translatorisch in Vorschubrichtung bewegt.
- b) Während eines Umlaufs des Meißelträgers durchlaufen die Meißel einen Eingriffsektor und einen Rücklaufsektor, wobei in dem Eingriffsektor Material zerspant wird und die Meißel durch den Rücklaufsektor hindurch zum Beginn des Eingriffssektors zurückkehren.
- c) Die Meißel rotieren jeweils innerhalb eines mit dem Meißelträger verbundenen Meißelhalters jeweils um ihre Längsachse, die in Bezug auf eine senkrecht zu der Drehachse des Meißelträgers verlaufende Rotationsebene unter einem Anstellwinkel verläuft.
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Darüber hinaus betrifft die Erfindung eine Fräsvorrichtung zum Abtragen von Material, insbesondere zur Bearbeitung von Straßenbelägen oder zum Abbau von Gestein, mit
- a) einem um ihre Drehachse rotierbaren Meißelträger, der an seinem Mantel mit einer Mehrzahl von Meißeln bestückbar und die translatorisch in Vorschubrichtung bewegbar ist,
- b) einer der Zahl der Meißel entsprechenden Mehrzahl von Meißelhaltern, die mit dem Mantel oder einer Stirnseite des Meißelträgers verbunden und in denen jeweils ein Meißel um seine Längsachse rotierbar aufnehmbar ist, wobei die Längsachsen der Meißel – jeweils in Bezug auf eine senkrecht zu der Drehachse des Meißelträgers verlaufende Rotationsebene – unter einem Anstellwinkel verlaufen,
wobei die Meißel im Zuge eines vollständigen Umlaufs des Meißelträgers einen Eingriffsektor und einen Rücklaufsektor durchlaufen, wobei in dem Eingriffsektor Material zerspanbar ist und die Meißel durch den Rücklaufsektor hindurch zum Beginn des Eingriffssektors zurückkehren.
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Derartige Fräsverfahren und die zugehörigen Vorrichtungen sind seit geraumer Zeit bekannt und werden zum einen häufig bei Erhaltungsbauleistungen im Bereich des Straßenbaus und zum anderen im Bergbausektor angewendet. Bei den Meißelträgern derartiger Vorrichtungen kann es sich um Fräswalzen, die um eine horizontale Drehachse rotieren, oder um Frässcheiben handeln, bei denen die Drehachse ungefähr vertikal ausgerichtet ist. Eine wesentliche Eigenschaft der an den Meißelträgern angeordneten so genannten Rundschaftmeißel ist deren Rotation um die eigene Längsachse während des Fräsbetriebs. Würde nämlich ein Meißel nicht um seine eigene Längsachse rotieren, so würde sich dessen Hartmetallspitze trotz ihrer sehr hohen Härte und Beständigkeit gegenüber Abrasion innerhalb sehr kurzer Zeit einseitig abnutzen, wodurch die Meißelgeometrie wiederum so ungünstig beeinflusst würde, dass die Schneidleistung rapide abfallen würde. Zur Gewährleistung einer gleich bleibend hohen Leistungsfähigkeit der Fräsvorrichtung ist es daher erforderlich, dass die Meißel während des Betriebs kontinuierlich – und zwar typischerweise bei jeder Umdrehung der Fräswalze oder -scheibe um ihre Drehachse nur um einige Winkelgrad – weiter gedreht werden, damit die Hartmetallspitze fortlaufend möglichst rotationssymmetrisch und somit ”spitz”, d. h. aber auch ”schneidfreudig”, gehalten wird.
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Bereits seit Jahrzehnten ist es allgemein bekannt, diese Rotation der Drehschaftmeißel durch eine ”Anstellung” von deren Längsachse gegenüber einer zu der Drehachse der Fräswalze senkrechten Rotationsebene zu bewerkstelligen. Seit jeher hat es sich dabei als problematisch erwiesen, dass die Drehung des Meißels in der Phase erfolgt, in der der Meißel mit dem zu zerspanenden Material in Eingriff ist. Gerade in dieser Phase wirken große Querkräfte auf den Meißel, die eine hohe Pressung im Bereich der Mantelfläche des Meißelschafts und der diesen aufnehmenden Aufnahmebohrung in dem Meißelhalter bewirkt. Auch die zwischen dem Meißelkopf und der Anlagefläche des Meißelhalters wirkenden Stützkräfte (Längskräfte) sind in dieser Phase groß und wirken tendenziell einer Drehung des Meißels um die Längsachse entgegen. Hinzu kommt, dass bei der Materialzerspanung große Mengen sehr feinkörnigen und abrasiven Materials entstehen, das sich zusammen mit dem zur Kühlung und Staubunterdrückung eingesetzten Wasser in der Aufnahmebohrung des Meißelhalters um den Meißelschaft herum festsetzt. Hohe Temperaturen, hervorgerufen durch große Reibkräfte beim Zerspanungsvorgang, führen regelrecht zu einem ”Verbacken” der Schmutzpartikel im Bereich des Meißelschafts, worunter das Drehverhalten des Meißels ganz erheblich leidet. Dies führt nicht selten dazu, dass einzelne oder eine größere Anzahl von Meißeln sich überhaupt nicht mehr drehen, so dass in diesem Fall aufgrund des einseitigen Verschleißes der Hartmetallspitze rasch ein Totalausfall der betreffenden Meißel und – aufgrund der dann ausbleibenden Aufspaltung des Materials – nicht selten sogar der zugehörigen Meißelhalter eintritt.
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In der Vergangenheit sind bereits vielfältige Versuche unternommen worden, um das Drehverhalten der Meißel zu verbessern, um deren Lebensdauer zu erhöhen bzw. die Gefahr von vorzeitigen Ausfällen zu reduzieren:
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So beschreibt die
DE 10 2008 010 609 A1 eine Meißel-Meißelhalter-Anordnung, bei der der Meißelhalter mit einer im rechten Winkel zu der Drehachse des Meißels verlaufenden Kanal in Form einer Bohrung versehen ist. Um in Verbindung mit dem beim Fräsvorgang eingesetzten Wasser eine gute Spülwirkung zwischen Meißelschaft und Aufnahmebohrung im Meißelhalter zu erreichen, bildet der Kanal eine Verbindung von dem Halteabschnitt der Aufnahmebohrung bis zur freien Umgebung des Meißelhalters. Um auch bei Meißeln, die mittels einer Spannhülse in dem Meißelhalter befestigt sind, einen ungehinderten Durchtritt des Spülwassers zu ermöglichen, ist die Spannhülse mit einem Durchbruch versehen, der in Größe und Position mit dem Spülkanal im Meißelhalter korrespondiert. Gegebenenfalls kann der Spülkanal auch als Sackbohrung auf der Seite des Meißelschafts fortgesetzt werden, die dem zur freien Umgebung führenden Abschnitt des Kanals gegenüber liegt. Die vorgenannte Schrift beschreibt also eine verbesserte Sauberhaltung der Meißelaufnahme infolge eines Ausschwemmens der in die Aufnahme eindringenden Schmutzpartikel.
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Außerdem offenbart die
DE 10 2009 027 732 A1 noch einen Meißel, dessen Schaft an dem der Meißelspitze gegenüber liegenden Ende mit einem Stützabschnitt versehen ist, der radial über die Mantelfläche eines sich davor befindlichen Rückhalteabschnitts nach außen erstreckt. Der somit im Durchmesser vergrößerte endseitige Stützabschnitt des Meißels ist mit einer Mehrzahl von in axiale Richtung verlaufenden, äquidistant über den Umfang verteilten Einschnitten versehen, die so genannte Schmutzkanäle bilden, durch die eine aus Partikeln des zerspanten Materials und Wasser gebildete Suspension aus dem Schaftbereich des Meißels ablaufen kann, um den Meißelhalter durch die durchgängige, d. h. auch nah unten offene, Aufnahmebohrung verlassen zu können. Sowohl die eine axiale Durchströmung der Aufnahmebohrung in dem Meißelhalter begünstigenden Schmutzkanäle gemäß der
DE 10 2009 027 732 A1 als auch die einen radialen Abfluss aus der Aufnahmebohrung in dem Meißelhalter erlaubenden Spülkanäle gemäß der
DE 10 2008 010 609 A1 sollen ein Kumulieren von Schmutzpartikeln im Bereich des Meißelschafts bzw. der Aufnahmebohrung im Meißelhalter verhindern und so dauerhaft ein verbessertes Drehverhalten des Meißels gewährleisten.
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In der Praxis des Fräsmaschinenbetriebs hat es sich herausgestellt, dass das Drehverhalten trotz der vorstehend genannten Abhilfemaßnahmen je nach Einsatzfall, d. h. insbesondere der Art des zu zerspanenden Materials (z. B. hoher Bitumen-Anteil) und Witterungsbedingungen (hohe Temperaturen) sowie den gewählten Bearbeitungsparametern (hohe Vorschubgeschwindigkeit), bisweilen das Drehverhalten der Meißel noch immer nicht befriedigend ist.
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Aufgabe
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Betreiben einer Fräsvorrichtung zum Abtragen von Material, insbesondere zur Bearbeitung von Straßenbelägen oder zum Abbau von Gestein, sowie eine diesbezügliche Fräsvorrichtung vorzuschlagen, bei der bzw. dem die Gefahr, das Drehverhalten der Meißel verbessert und somit die Gefahr eines Meißelausfalls reduziert ist.
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Lösung
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Ausgehend von einem Verfahren der eingangs beschriebenen Art wird diese Aufgabe erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass die Meißel in dem Rücklaufsektor mittels einer Rotiereinrichtung um ihre Längsachse rotiert werden.
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Die Erfindung geht von der Erkenntnis aus, dass eine im Vergleich mit den bekannten Verfahren wesentlich zuverlässigere Meißeldrehung erreicht werden kann, wenn die Drehung nicht, oder zumindest nicht allein, in dem Eingriffsektor stattfindet, sondern (zumindest auch) in dem Rücklaufsektor. Während nämlich in dem Eingriffsektor bedingt durch die stattfindende Zerspanung und den Eingriff des Meißels mit dem abzutragenden Material hohe Querkräfte auf die Meißel wirken und zu hohen Flächenpressungen im Bereich des Meißelschaftes und der Aufnahmebohrung in dem Meißelhalter führen, sind die Meißel im Rücklaufsektor im Wesentlichen kräftefrei. Dies führt dazu, dass im Rücklaufsektor wesentlich kleinere resultierende Kräfte bzw. Momente um die Meißeldrehachse erforderlich sind, um tatsächlich eine Drehung des Meißels zu erreichen. Im Rücklaufsektor steht darüber hinaus typischerweise auch hinreichend Bauraum zur Verfügung, um die erfindungsgemäße Rotiereinrichtung, bei der es sich im Vergleich mit bekannten Fräsvorrichtungen um eine zusätzliche Vorrichtung handelt, zu platzieren, wobei die Rotiereinrichtung grundsätzlich auch bei bestehenden Fräsvorrichtungen als Nachrüstteil eingebaut werden kann, um existierende Fräsvorrichtungen nach dem erfindungsgemäßen. Verfahren betreiben zu können. Ein weiterer Vorteil der Installation der Rotiereinrichtung im Rücklaufsektor, d. h. typischerweise innerhalb eines so genannten Walzenkastens, der die Fräswalze über ihren Umfang abschirmt oder eines analogen Frässcheibenghäuses, besteht darin, dass dort normalerweise kein zerspantes Material mehr hin gelangt, das die Funktionalität der Rotiereinrichtung beeinträchtigen könnte. Das abgetragene Material wird bei Fräswalzen, typischerweise kurz nachdem die Meißel den Eingriffsektor verlassen haben, auf eine Förderwendel übergeben, von der es über ein Förderband in die Transportmulde eines Lastkraftwagens o. ä. übergeben wird. Mit der vorliegenden Erfindung wird somit regelrecht eine ”Zwangsrotation” der Meißel außerhalb des Eingriffsektors geschaffen, wodurch die Zuverlässigkeit der Drehbewegung der Meißel aufgrund der Abwesenheit von auf den Meißel wirkenden Quer- und Längskräften gegenüber dem Stand der Technik deutlich erhöht werden kann.
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Auch wenn grundsätzlich die für eine Rotation erforderlichen Kräfte und/oder Momente an beliebiger Stelle von der Rotiereinrichtung auf den Meißel übertragen werden könnten, erfolgt die Rotation vorzugsweise durch Angriff einer Kraft oder eines Moments an einem Meißelkopf, insbesondere an einem Basisteil des Meißelkopfs, der stoffschlüssig mit einer Hartmetallspitze verbunden ist und sich zwischen letzterer und dem Meißelschaft befindet. Dort besitzt der Meißel seinen größten Außendurchmesser, so dass eine gleiche Tangentialkraft zu einem maximalen Drehmoment um die Längsachse des Meißels führt.
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Eine Möglichkeit, die Drehbewegung der Meißel zu gewährleisten, besteht darin, dass jeweils mittels aktiv angetriebener Kontaktelemente der Rotiereinrichtung Rotationsenergie auf die Meißel übertragen wird, wobei die Energieübertragung mit Hilfe von Formschluss und/oder Reibschluss zwischen jeweils einem Kontaktelement und einem Meißel erfolgt. In diesem Fall' besitzt die Rotiereinrichtung einen Antrieb, bei dem es sich um einen selbstständigen Antrieb oder einen von dem Antrieb der Fräsvorrichtung abgeleiteten Antrieb handeln kann.
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Um den Bauaufwand der Rotiereinrichtung möglichst gering zu halten, wird gemäß einer besonders bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung vorgeschlagen, dass passive Kontaktelemente mit den Meißeln im Zuge deren Passierens formschlüssig und/oder reibschlüssig mit den Meißeln in Eingriff gebracht werden, wodurch aufgrund von Reaktionskräften oder Reaktionsmomenten jeweils eine resultierende rotierende Kraft und/oder ein resultierendes Moment auf die Meißel ausgeübt werden. Derartige passive Kontaktelemente machen sich – wie auch die aus dem Stand der Technik bekannte Rotation im Eingriffsektor – die Antriebsenergie der Fräswalze bzw. der Frässcheibe zu Nutze und wandeln diese in Antriebsenergie für die Eigenrotation der Meißel um.
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Um den Eingriff zwischen den Meißeln und den Kontaktelementen möglichst sanft, d. h. geräuscharm und verschleißmindernd, zu gestalten, können die Kontaktelemente – ausgehend von jeweils einer Ruheposition – bei jedem Eingriff mit dem Meißel elastisch verformt, insbesondere verbogen, und/oder entgegen der Wirkung der Schwerkraft ausgelenkt werden und in beiden Fällen anschließend wieder in ihre Ruheposition zurückkehren.
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Ausgehend von einer Fräsvorrichtung der eingangs beschriebenen Art wird die zugrunde liegende Aufgabe durch eine vorzugsweise in einem Walzenkasten oder einer Frässcheibeneinhausung angeordnete Rotiereinrichtung gelöst, mit der die Meißel in dem Rücklaufsektor um ihre Längsachse rotierbar sind. Das erfindungsgemäße Verfahren lässt sich mit Hilfe einer derartigen Fräsvorrichtung besonders einfach ausführen.
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Entweder kann die Rotiereinrichtung aktiv antreibbare Kontaktelemente aufweisen, mit denen Rotationsenergie auf die Meißel übertragbar ist, wobei die Kontaktelemente mit den Meißeln während deren Passage formschlüssig und/oder reibschlüssig in Eingriff bringbar sind.
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Alternativ zu den vorgenannten aktiven Kontaktelementen können letztere aber auch passiv sein und im Zuge der Passage der Meißel formschlüssig und/oder reibschlüssig mit letzteren in Eingriff bringbar sein, wodurch aufgrund von Reaktionskräften und/oder Reaktionsmomenten jeweils eine resultierende rotierende Kraft und/oder ein resultierendes Moment auf die Meißel ausübbar sind. Eine besonders einfache Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Vorrichtung besteht darin, dass die Rotiereinrichtung eine Bürstenleiste und/oder eine Bürstenwalze aufweist und Bürsten von einem Kopf des jeweils passierenden Meißels elastisch verformbar sind. Dabei kann die Bürstenwalze aktiv drehbar in einem Maschinengestell gelagert oder auch aktiv angetrieben sein.
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Eine andere besonders vorteilhafte Weiterbildung der Erfindung besteht darin, dass die Kontaktelemente entgegen der Wirkung der Schwerkraft auslenkbare Anschlagelemente, insbesondere auf einer Achse nebeneinander gelagerte Anschlagscheiben sind, wobei die Anschlagelemente vorzugsweise radial nach außen vorstehende und über ihren Umfang verteilt angeordnete Anschlagnasen aufweisen. Durch die radiale Auslenkbarkeit erfolgt eine durch die Masse der Anschlagscheiben genau definierte aber leicht beeinflussbare Impulsübertragung von dem passierenden Meißel auf die Anschlagscheibe statt, wobei die jeweils entstehende Reaktionskraft ein Drehmoment um die Längsachse des Meißels ausübt.
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Ausführungsbeispiel
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Das erfindungsgemäße Verfahren wird nachfolgend anhand zweier Ausführungsbeispiele von Fräsvorrichtungen nach der Erfindung näher erläutert.
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Es zeigt:
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1: Eine Fräsvorrichtung in Form einer Straßenfräse mit einer Rotiereinrichtung in Form einer im Rücklaufsektor angeordneten Bürstenleiste,
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2: wie 1, jedoch in einem Querschnitt,
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3: eine Fräsvorrichtung in Form einer Straßenfräse mit einer Rotiereinrichtung in Form einer im Rücklaufsektor angeordneten Achse mit sternförmigen Anschlagscheiben,
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4: wie 3, jedoch im Querschnitt,
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4a: eine Ansicht einer einzelnen Anschlagscheibe der Rotiereinrichtung gemäß den 3 und 4,
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5: eine perspektivische Ansicht eines Meißels der Fräsvorrichtungen gemäß den 1 bis 4,
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6: wie 3, jedoch in einer Draufsicht auf den Meißel und
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7: wie 3, jedoch in einem Längsschnitt.
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Eine in den 1 und 2 dargestellte Fräsvorrichtung 1 in Form einer Straßenfräse zum Abtragen von Straßenbelägen besitzt in bekannter Weise ein auf Rädern 2 verfahrbares Fahrgestell 3, in dem ein aus zwei Teilabschnitten zusammengesetzter Meißelträger 4 in Form einer Fräswalze drehantreibbar um eine horizontale Drehachse 5 gelagert ist. Die Fräswalze ist von einem haubenartigen Walzenkasten 6 eingehaust, der rückseitig mit einem nicht dargestellten Deckel verschlossen werden kann. Durch die ansonsten von dem Deckel verschlossene rückseitige Öffnung des Walzenkastens 6 lässt sich erkennen, dass die Fräswalze an ihrem Umfang mit einer Mehrzahl von Meißeln 7 in Form von Rundschaftmeißeln ausgestattet ist. Die Meißel 7 sind jeweils in einem Meißelhalter 8 um ihre eigene Längsachse 9 drehbar gelagert, wobei die Meißelhalter 8 in bekannter Weise auf schraubenförmigen Linien auf dem Mantel der Fräswalze angeordnet sind. Von den in den Meißelhaltern 8 angeordneten Meißeln 7 ist neben deren Meißelkopf 12 mit einer Hartmetallspitze 10 lediglich noch eine Stützscheibe 11 zu sehen, die gegenüber dem Meißelkopf 12 einen vergrößerten Durchmesser besitzt. Der Aufbau der Meißel 7 wird in den 5 bis 7 später noch eingehend erläutert.
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Die Meißelhalter 8 besitzen eine nicht sichtbare Aufnahmebohrung in die ein gleichfalls in den 1 und 2 nicht erkennbarer Meißelschaft 13 eingesteckt ist. Meißelschaft 13 und Aufnahmebohrung des Meißelhalters 8 besitzen dieselbe Längsachse 14, um die die Meißel 7 während des Betriebs der Fräsvorrichtung 1 rotieren.
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Aus 2 ist ersichtlich, wie sich die Fräswalze im Fräsbetrieb im Eingriff in einem Straßenbelag 15 (z. B. Asphalt oder Beton) befindet. Die gesamte Fräsvorrichtung 1 zusammen mit der angetriebenen Fräswalze bewegt sich in Vorschubrichtung 16, wobei die Fräswalze in Richtung des Pfeils 17 rotiert, so dass ein Fall des so genannten Gegenlauffräsens vorliegt, bei dem die Späne des abgetragenen Straßenbelags 15 sich (theoretisch) von einem unteren Fertigniveau 18 bis hin zu einem oberen Ausgangsniveau 19 kommaförmig verbreitern. Der Einfachheit halber ist eine in einem Zwickel 20 oberhalb des Straßenbelags 15 vor der Fräswalze 4 angeordnete Räumschnecke nur durch einen gestrichelten Kreis dargestellt. Mit der Räumschnecke wird das abgetragene Material aufgenommen und z. B. weiter auf ein Förderband befördert.
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Wie wiederum aus 2 ersichtlich ist, kommen die in 2 nur ganz schematisch dargestellten Meißel 7 in einem Eingriffsektor 21 mit dem Straßenbelag 15 in Eingriff, wohingegen sie in einem Rücklaufsektor 22 außer Eingriff mit dem abzutragenden Material sind und zum Beginn des Eingriffsektors 21 zurückkehren. Der Winkelbereich des Eingriffsektors 21 und der des Rücklaufsektors 22 ergänzen sich zusammen zu einem Vollkreis, d. h. 360°.
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Nach dem Stand der Technik findet eine Rotation der Meißel 7 um ihre Längsachse 9 ausschließlich in dem Eingriffsbereich 21 statt. Ursächlich für die Rotationsbewegung der Meißel 7 ist ein Anstellwinkel 23 zwischen der Längsachse 14 des jeweiligen Meißels 7 und einer zu der Drehachse 5 der Fräswalze senkrechten Rotationsebene 24, die in 1 durch eine Linie veranschaulicht ist. Während des Durchlaufens des Eingriffssektors 21 findet eine Art ”Abrollen” der Meißel 7, insbesondere des Meißelkopfs 12, auf dem noch nicht zerspanten Material des Straßenbelags 15 statt. Wie bereits eingangs erwähnt, ist es in der Praxis immer kritisch, ob das Rotationsverhalten der Meißel 7 unter allen Betriebsbedingungen tatsächlich den Mindestanforderungen zur Vermeidung übermäßigen Meißelverschleißes genügt.
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Nach der Erfindung befindet sich in dem Rücklaufsektor 22, und zwar innerhalb des Walzenkastens 6, eine Rotiereinrichtung 25 in Form einer Bürstenleiste, die ein im Querschnitt U-förmiges Halteprofil 26 und eine Vielzahl darin unlösbar befestigter Kontaktelemente in Form von Drahtborsten 27 aufweist. Das Halteprofil 26 und die Drahtborsten 27 erstrecken sich über die gesamte Breite der Fräswalze 4 und sind randseitig an vertikalen Wänden 28 des Walzenkastens 6 befestigt. Die Drahtborsten 27 bestehen aus einem Stahldraht mit rundem Querschnitt und einem Durchmesser von vorzugsweise 2 mm bis 3 mm. Die Drahtborsten 27 besitzen eine Gesamtlänge von ca. 150 mm, wovon sich ca. 50 mm innerhalb des U-förmigen Halteprofils 26 befinden, wohingegen die übrigen 100 mm die freie, elastisch auslenkbare Länge bilden. Die Drahtborsten 27 sind innerhalb des Halteprofils 26 in mehreren Reihen parallel zueinander angeordnet, wobei der Abstand der Drahtborsten 27 zueinander innerhalb der jeweiligen Reihe sehr gering ist. Es ist möglich, dass benachbarte Drahtborsten 27 nahezu aneinander angrenzen. Auch die Verwendung von Borsten aus einem gegen Abrasion beständigen Kunststoffmaterial ist möglich.
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Wie sich aus 1 entnehmen lässt, ist ein Meißel 7 gerade in die Drahtborsten 27 der Rotiereinrichtung 25 eingetaucht und lenkt die Drahtborsten 27 lokal (über die Breite der Bürstenleiste betrachtet) in Bewegungsrichtung des Meißels 7 aus. Aufgrund der Schrägstellung der Längsachse 9 der Meißel 7 zu einer senkrecht auf der Drehachse 5 der Fräswalze stehenden Rotationsebene 24 wirken auf beiden gegenüber liegenden Seiten des Meißelkopfs 12 unterschiedlich große Kräfte, woraus sich ein resultierendes Moment auf den Meißelkopf 12 um die Längsachse 9 herum ergibt, so dass es zu einer – wenn auch geringfügigen – Drehung des Meißels 7 um seine Längsachse 9 kommt. Aufgrund des Umstandes, dass die Meißel 7 während des Durchlaufens durch die mit passiven Kontaktelementen in Form der Drahtborsten 27 versehenen Rotiereinrichtung 25 frei von äußeren Kräften sind, führen auch geringe resultierende Drehmomente zu einer sicheren Verdrehung des Meißels 7 um seine Längsachse 9. Die ”Eintauchtiefe” der Meißel 7 in die freie Länge der Drahtborsten 27 beträgt – in Anlehnung an den maximalen Durchmesser des Meißelkopfes – ungefähr 30 mm. Aus 2 lässt sich darüber hinaus noch entnehmen, dass die Drahtborsten 27 ungefähr senkrecht zu der Längsachse 9 der Meißel 7 während des Moments des Durchlaufens der Rotiereinrichtung 25 angeordnet sind.
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Die Fräsvorrichtung 1 gemäß den 3 und 4 unterscheidet sich insofern von der in den 1 und 2 gezeigten Vorrichtung, als bei erstgenannter die Rotiereinrichtung 25' eine Achse 34 besitzt, die zwischen zwei gegenüber liegenden Haltearmen 35 parallel zu der Drehachse 5 der Fräswalze gelagert ist. Auf der Walze befindet sich ein Paket aus einer Mehrzahl von Anschlagscheiben mit jeweils sternförmiger Gestalt, die in 4 in einer Ansicht gezeigt sind. Die Scheiben besitzen eine zentrale durchgehende Bohrung 38, deren Durchmesser größer als der Durchmesser der im Querschnitt kreisförmigen Achse 34 ist, so dass sich für die Anschlagscheiben 37 ein Radialspiel von ca. 10 mm bis 20 mm ergibt. Das Paket der auf der Achse 34 befindlichen Anschlagelemente wird im vorliegenden Fall von ca. 45 Anschlagscheiben 37 gebildet, die – wie in der Seitenansicht gemäß 3 ersichtlich – in einer Ebene senkrecht zu der Achse 34 betrachtet eine Wellenstruktur besitzen und daher unregelmäßige Zwischenräume zwischen sich einschließen. Sämtliche Anschlagscheiben 37 sind in radiale Richtung betrachtet unabhängig voneinander auf der Achse 34 gelagert. Trifft ein Meißel 7 im Zuge der Rotation der Fräswalze insbesondere mit der Mantelfläche seines Meißelkopfes 12 auf eine Anschlagscheibe 37 (oder mehrere solcher) so führt dies zu einer Auslenkung der radial und auch in axiale Richtung beweglich gelagerten Anschlagscheiben 37. Aufgrund der gewissen axialen Verschiebbarkeit der Anschlagscheiben 37 trifft ein und derselbe Meißel 7 bei seinen Umläufen jeweils auf verschiedene Anschlagscheiben 37, wobei auch die Kontaktpunkte zwischen Meißelkopf 12 und der Anschlagscheibe 37 variieren. Es liegt hierbei ein statistischer Vorgang vor, der eine in Größe und Richtung variierende Beaufschlagung des Meißelkopfs 12 zur Folge hat. Daher ist auch die Richtung und das Ausmaß der Rotation des Meißels 7 innerhalb des Meißelhalters 8 typischerweise bei den einzelnen Umläufen der Fräswalze nicht identisch sondern gewissen zufälligen Schwankungen unterworfen. Dies ändert jedoch nichts an der Wirksamkeit der quasi-erzwungenen Rotation der Meißel 7, da es für die Vermeidung eines ”Anlaufens” der Hartmetallspitze 10 wesentlich ist, dass nicht eine Mehrzahl von Umläufen der Fräswalze stattfinden ohne dass überhaupt eine Drehbewegung des Meißels 7 um seine Längsachse 9 stattgefunden hat.
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Durch die stetige Kollision zwischen den Anschlagscheiben 7 und den Meißelköpfen 12 kommt es zu einer stetigen Impulsübertragung auf die jeweils getroffenen Scheiben, die aus diesem Grunde eine Rotation um die Achse 34 ausüben. Schwerkraftbedingt kehren die durch den Anschlag des Meißelkopfs 12 auch nach oben ausgelenkten Scheiben wieder in ihre Ausgangslage zurück, sodass es auch bei den folgenden Umläufen immer wieder zu einer Kollision zwischen den Meißelköpfen 12 und den Anschlagscheiben 37 kommt. Aufgrund der gewissen axialen Verschiebbarkeit und aufgrund der im vorliegenden Fall aus einem elastischen aber hoch abrasionsbeständigen Kunststoffmaterial gefertigten Anschlagscheiben 37 kommt es beim Passieren der Meißel zu einem regelrechten Eintauchen derselben zwischen zwei benachbarten und zu diesem Zweck voneinander weggedrückten Anschlagscheiben 37. Ein besonders wirksamer Impulsaustausch zwischen den Anschlagscheiben 37, die aufgrund einer vorzugsweise großen Masse auch insgesamt aus Metall bestehen können, kommt es aufgrund der radial nach außen vorstehenden und gleichmäßig über den Umfang der Anschlagscheiben 37 verteilt angeordneten Anschlagnasen, von denen im vorliegenden Fall insgesamt zwölf pro Anschlagscheibe 37 existieren. Zwischen benachbarten Anschlagnasen 39 befindet sich jeweils eine V-förmige Einkerbung 40, die der Anschlagscheibe 37 zusammen mit den Anschlagnasen 39 eine sternförmige Gestalt verleihen.
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Ein besonders zuverlässiger Dreheffekt bei den Meißeln 7 lässt sich erzielen, wenn der Meißelkopf 12 entsprechend den Darstellungen in den 5 bis 7 gestaltet ist. Der Meißelkopf 12 besitzt ein Oberteil 29, auf dessen Oberseite die Hartmetallspitze 10 angelötet ist und dessen Mantelfläche 30 mit einer Vielzahl (hier: 12) von rillenförmigen Vertiefungen 31 versehen ist, die parallel zu der Längsachse 9 des Meißels 7 verlaufen. An den Übergängen zwischen den Vertiefungen 31 und den jeweils zwischen diesen befindlichen Stegen 32 (gebildet durch die verbliebene Mantelfläche 30) befinden sich scharfe Kanten 33, die einen Winkel der sich schneidenden Tangentialebenen von nahezu 90° einschließen. Diese ”scharfen” Kanten 33 begünstigen in Verbindung mit passiven elastisch verformbaren (1 und 2) oder mit gegen die Schwerkraft auslenkbaren (3 und 4) Kontaktelementen, im vorliegenden Fall in Form der Drahtborsten 27 oder der Anschlagscheiben 37, das Drehverhalten der Meißel 7, weil besonders hohe Reibkräfte in das Oberteil 29 des Meißelkopfs 12 eingeleitet werden, wodurch sich ein großes resultierendes Moment um die Längsachse 9 des Meißels 7 ergibt.
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Bezugszeichenliste
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- 1, 1'
- Fräsvorrichtung
- 2
- Rad
- 3
- Fahrgestell
- 4
- Meißelträger
- 5
- Drehachse
- 6
- Walzenkasten
- 7
- Meißel
- 8
- Meißelhalter
- 9
- Längsachse
- 10
- Hartmetallspitze
- 11
- Stützscheibe
- 12
- Meißelkopf
- 13
- Meißelschaft
- 14
- Längsachse
- 15
- Straßenbelag
- 16
- Vorschubrichtung
- 17
- Pfeil
- 18
- Fertigniveau
- 19
- Ausgangsniveau
- 20
- Zwickel
- 21
- Eingriffsektor
- 22
- Rücklaufsektor
- 23
- Anstellwinkel
- 24
- Rotationsebene
- 25, 25'
- Rotiereinrichtung
- 26
- Halteprofil
- 27
- Drahtborsten
- 28
- Wand
- 29
- Oberteil
- 30
- Mantelfläche
- 31
- Vertiefung
- 32
- Steg
- 33
- Kante
- 34
- Achse
- 35
- Haltearm
- 37
- Anschlagscheibe
- 38
- Bohrung
- 39
- Anschlagnase
- 40
- Einkerbung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102008010609 A1 [0006, 0007]
- DE 102009027732 A1 [0007, 0007]