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Die Erfindung bezieht sich auf ein Schleudergießverfahren zum Herstellen eines Gussteils sowie eine Anordnung für eine Schleudergießvorrichtung.
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Hintergrund der Erfindung
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Beim Schleudergießverfahren erfolgt das Gießen eines schmelzflüssigen Materials in einen Volumenbereich, der mittels der Gussform als hohler Bereich gebildet ist. Nur ein Teil des Volumenbereiches wird durch das Volumen des herzustellenden Gussteils selbst eingenommen. Hierbei handelt es sich um den Hohlraum, welcher im Wesentlichen der äußeren Form des herzustellenden Gussteils entspricht. Einen weiteren Teil des in der Gussform gebildeten Volumenbereiches bildet ein Anschnittsystem, durch welches die Schmelze dem Hohlraum zugeführt wird.
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Weiterhin kann in dem Volumenbereich das so genannte Speisersystem unterschieden werden, welches beim Erstarren der Schmelze in dem der äußeren Form des herzustellenden Gussteils entsprechenden Hohlraum dafür sorgt, dass der aufgrund eines auftretenden Volumensprungs von flüssig nach fest im Gussteil auftretende Volumenschwund mit flüssiger Schmelze aufgefüllt wird, was auch als Speisen bezeichnet wird.
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Über das Anschnittsystem können auch mehrere Hohlräume in der Gussform mit Schmelze versorgt werden, die jeweils im Wesentlichen der äußeren Form eines herzustellenden Gussteils entsprechen und so einen Hohlraumcluster bilden. Üblicherweise sind die verschiedenen Hohlräume hierbei jeweils getrennt voneinander über eine jeweilige Einlassöffnung an das Anschnittsystem angeschlossen.
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Lage und Orientierung der Einlassöffnung, über die die Schmelze aus dem Anschnittsystem in den Hohlraum eintritt und die auch als Grenzfläche zwischen dem Anschnittsystem und dem jeweiligen Hohlraum betrachtet werden kann, haben wesentlichen Einfluss auf den Vorgang des Befüllens des Hohlraums und somit auf die Qualität des herzustellenden Gussteils.
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Vom Schleudergießen zu unterscheiden ist das Schwerkraftgießen. Hierbei strömt die Schmelze aufgrund der Schwerkraft in den Hohlraum. Es werden zwei grundlegende Varianten des Schwerkraftgießens unterschieden: Beim so genannten „fallenden Guss” ist die Grenzfläche zwischen Anschnittsystem und Hohlraum im oberen Bereich des in der Gussform gebildeten Volumenbereiches angeordnet, und die Schmelze fließt von oben in den die äußere Form des herzustellenden Gussteils nachbildenden Hohlraum. Beim „steigenden Guss” befindet sich die Grenzfläche zwischen Hohlraum und Anschnittsystem im unteren Bereich der Gussform, wobei das Anschnittsystem etwas über die obere Kante der Gussform hinaus ausgebildet ist. Nach dem Prinzip kommunizierender Röhren wird eine Füllung des Hohlraums von unten erreicht, obwohl von oben in das Anschnittsystem der Gussform eingegossen wird. Hierdurch ergibt sich insbesondere der Vorteil einer gleichmäßigeren Formfüllung. Nachteil ist allerdings, dass ein größerer Volumenbereich für das Anschnittsystem genutzt werden muss, was im Produktionsprozess zu mehr Umlaufmaterial führt.
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Bei metallischen Schmelzen hängt das Fließ-, Formfüll- und Speisungsvermögen wesentlich von der Überhitzung der Schmelze und von der Temperatur der Gussform ab. Der Grad an Überhitzung erfordert insbesondere zum Herstellen von Bauteilen mit dünnen Wandstärken und geringem d/L-Verhältnis (d – Durchmesser, L – Länge) den Einsatz stark vorgewärmter Formschalen und/oder druckunterstützter Gießtechnologien. Trotz solcher Maßnahmen treten gerade bei größeren Gussteilen mit extremen Speisungslängen in dünnen Gussteilbereichen, zum Beispiel Turbinenschaufeln, Volumendefekte und gegebenenfalls auch ausgeprägte Warmrissbildungen auf. Ursache für beide Fehlerarten ist eine unzureichende Nachspeisung beim Füllen des Hohlraums, welcher der äußeren Form des herzustellenden Gussteils entspricht. Als Gegenmaßnahme werden beim konventionellen Schwerkraftguss groß dimensionierte und dadurch unwirtschaftliche Anschnittsysteme und Speisersysteme eingesetzt. Allerdings lassen sich gerade Volumendefekte mit dieser Maßnahme aufgrund des eingeschränkten Speisungsvermögens spezieller Legierungen wie beispielsweise Titanaluminidlegierungen nur unzureichend und nur mit hoher Ausschussrate kompensieren.
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Zur Verbesserung der Formfüllung wird deshalb das eingangs bereits genannte Schleudergießverfahren eingesetzt, insbesondere zum Herstellen filigraner Gussteile. Hierbei wirkt im Unterschied zu dem Schwerkraftgießen nicht die Schwerkraft, sondern die Zentrifugalkraft in einem rotierenden System, der gedrehten Gussform. Unter Einfluss der Zentrifugalkraft gelangt die Schmelze in das Anschnittsystem und über das Anschnittsystem zu dem Hohlraum, welcher der äußeren Form des herzustellenden Gussteils im Wesentlichen entspricht. Beim Führen der Schmelze in den verschiedenen Volumenbereichen der Gussform wirken auf diese neben der Zentrifugalkraft weitere Trägheitskräfte, die üblicherweise in einem rotierenden System auftreten, nämlich die Corioliskraft und die Tangentialkraft. Die Corioliskraft führt aus Sicht eines in dem rotierenden System mitbewegten Beobachters zu einer entgegengesetzt zur Drehrichtung gekrümmten Bahnkurve für eine sich von der Drehachse wegbewegende Masse. Die Tangentialkraft hängt von der Änderung der Drehgeschwindigkeit ab und entfällt, wenn eine konstante Drehgeschwindigkeit eingestellt ist.
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Beim konventionellen Schleudergießverfahren strömt die Schmelze beim Übertreten aus dem Anschnittsystem in den Hohlraum der Gussform in Richtung der Zentrifugalkraft, wodurch der mittels des Drehens der Gussform hervorgerufene Schleudereffekt genutzt wird. Es hat sich jedoch gezeigt, dass es hierbei häufig zu einer ungleichmäßigen Befüllung des Hohlraums kommt, wodurch in dem hergestellten Gussteil vermehrt Poren eingeschlossen sind, sodass dieses Defekte aufweist, die sogar zur Bewertung als „Ausschuss” führen können. Es besteht deshalb weiterhin Bedarf an verbesserten Schleudergießtechnologien.
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Aus dem Dokument
CH 318 529 ist ein Schleudergussverfahren bekannt, bei dem die Schmelze über einen Zulaufkanal zum Formhohlraum hin transportiert wird, wobei vom Ende eines Einlaufkanals bis zum Eintritt in den Formhohlraum der Zulaufkanal mindestens zweimal abknickt.
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Das Dokument
DE 10 210 001 A1 betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur maßgenauen Feingussherstellung von Bauteilen aus NE-Metalllegierungen. Unter Anwendung eines Schleuderformgussverfahrens werden Bauteile hergestellt. Eine Gussform besteht aus beheizten Formschalen, denen die Schmelze über eine beheizte drehbar gelagerte Eingussvorrichtung derart zugeführt wird, dass ein vollständiges Füllen der Gussform über Beschleunigungskräfte einschließlich der Corioliskräfte der der Schmelze aufgeprägten Zentrifugalkräfte erfolgt.
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Im Dokument
DE 10 034 641 A1 sind ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Herstellen von gegossenen Werkstücken beschrieben. Das Verfahren ermöglicht die gleichzeitige Befüllung von zumindest zwei oder mehr Hohlformen weitgehend ohne Kompensation einer Unterwucht mittels geeigneter Anordnung mehrerer etwa maßgleicher Hohlformen um eine gemeinsame Rotationsachse.
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Ein Schleudergießverfahren ist weiterhin aus dem Dokument
GB 630,798 bekannt, wie auch aus dem Dokument
GB 1,191,699 .
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Zusammenfassung der Erfindung
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein verbessertes Schleudergießverfahren sowie eine verbesserte Gussform für das Schleudergießen anzugeben, bei denen das Einbringen der Schmelze zum Herstellen des Gussteils optimiert ist, wodurch die Eigenschaften des hergestellten Gussteils verbessert und die Ausschussrate vermindert werden sollen.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Schleudergießverfahren nach dem unabhängigen Anspruch 1 sowie eine Anordnung für eine Schleudergießvorrichtung nach dem unabhängigen Anspruch 9 gelöst.
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Nach einem Aspekt der Erfindung ist ein Schleudergießverfahren zum Herstellen eines Gussteils vorgesehen, bei dem eine Schmelze über ein Anschnittsystem in einen im Wesentlichen einer äußeren Form des Gussteils entsprechenden Hohlraum in einer Gussform unter Einfluss der Zentrifugalkraft eingebracht wird, wobei die Schmelze beim Übertreten aus dem Anschnittsystem in den Hohlraum eine mittlere Strömungsrichtung aufweist, die mit der Wirkrichtung der Zentrifugalkraft einen Winkel von wenigstens 90° bildet.
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Nach einem weiteren Aspekt der Erfindung ist eine Anordnung für eine Schleudergießvorrichtung mit einem Anschnittsystem und einer einen Hohlraum umfassenden Gussform sowie einer zugeordneten Drehachse vorgesehen, wobei der Hohlraum im Wesentlichen der äußeren Form eines herzustellenden Gussteils entspricht und über eine Einlassöffnung an das Anschnittsystem angeschlossen ist, sodass der Hohlraum beim Drehen um die zugeordnete Drehachse über das Anschnittsystem und durch die Einlassöffnung mit einer Schmelze zumindest teilweise befüllbar ist, und wobei zwischen der Flächennormalen auf der die Einlassöffnung überspannenden Einlassfläche in Richtung des Hohlraums und der Wirkrichtung der beim Drehen um die zugeordnete Drehachse auf die Schmelze wirkenden Zentrifugalkraft ein Winkel von wenigstens 90° gebildet ist. Die zugeordnete Drehachse kann innerhalb der Gussform selbst oder außerhalb dieser verlaufen. Letzteres ist zum Beispiel der Fall, wenn die Gussform in einem Abstand zur Drehachse und drehbar um diese gelagert ist.
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Im Unterschied zum Stand der Technik, bei dem die Schmelze beim Übertreten aus dem Anschnittsystem in den Hohlraum, welcher der äußeren Form des herzustellenden Gussteils im Wesentlichen entspricht, üblicherweise in Richtung der beim Schleudergießen auf die Schmelze wirkenden Zentrifugalkraft geschleudert wird, umfasst die Erfindung in Abkehr hiervon den Gedanken, dass die Schmelze beim Übertreten aus dem Anschnittsystem in den Hohlraum eine mittlere Strömungsrichtung aufweist, die mit der Wirkrichtung der Zentrifugalkraft einen Winkel von wenigstens 90° aufweist. Die Schmelze ist in ihrem Fluss zur Wirkrichtung der Zentrifugalkraft also um wenigstens 90° abgelenkt. Im Sinne der vorliegenden Anmeldung sei die mittlere Strömungsrichtung s gleich der auf ihren Betrag |v| normierten mittleren Strömungsgeschwindigkeit v, also s = v/|v|. Die mittlere Strömungsgeschwindigkeit ist das über die die Einlassöffnung des Hohlraums überspannende Einlassfläche, d. h. die Grenzfläche zwischen Anschnittsystem und Hohlraum, räumlich gemittelte Geschwindigkeitsprofil der Schmelze beim Übertreten aus dem Anschnittsystem in den Hohlraum.
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Mit der vorgesehenen Führung der Schmelzeströmung ergibt sich ein wesentlich kontrollierteres Befüllen des Hohlraumes und damit eine signifikante Verringerung der Porosität und anderer Defekte im Gussteil. Hiermit wird gegenüber dem Stand der Technik eine wesentlich höhere Ausbringung an hochwertigeren Gussteilen erreicht.
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Eine bevorzugte Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass die mittlere Strömungsrichtung der Schmelze beim Übertreten aus dem Anschnittsystem in den Hohlraum mit der Wirkrichtung der Zentrifugalkraft einen Winkel von mehr als 90° einnimmt. Die mittlere Strömungsrichtung der Schmelze hat dann eine betragsmäßig von Null verschiedene Komponente in Richtung der Zentrifugalkraft. Hierbei handelt es sich um die Projektion des Vektors der mittleren Strömungsrichtung auf eine Linie entlang der Wirkrichtung der Zentrifugalkraft. Aus vektorieller Sicht ist die Komponente der mittleren Strömungsrichtung der Wirkrichtung der Zentrifugalkraft entgegengesetzt, wenn diese Komponente ein anderes Vorzeichen als die Komponente der Zentrifugalkraft aufweist. Dem vorangehend erläuterten Verständnis der mittleren Strömungsrichtung entsprechend bedeutet dies, dass die Strömungsgeschwindigkeit der Schmelze eine der Wirkrichtung der Zentrifugalkraft entgegengesetzt gerichtete Geschwindigkeitskomponente umfasst. Die Zentrifugalkraft ihrerseits weist eine Wirkrichtung auf, die entlang des Radiusvektors von der Drehachse weg verläuft.
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Es ist vorgesehen, dass die Schmelze in dem Anschnittsystem entlang eines konkav gekrümmten Abschnitts geführt wird, dessen Krümmung entgegengesetzt der Krümmung einer durch die auf die Schmelze wirkenden Corioliskraft verursachten Bahnkurve gebildet ist. Aus Sicht eines in dem drehenden System sich mitbewegenden Beobachters bewegt sich eine Masse, d. h. die Schmelze, von der Drehachse weg unter Einfluss der Corioliskraft entlang einer gekrümmten Bahnkurve, wobei die Krümmung entgegengesetzt zur Drehrichtung ausgebildet ist. Die für den gekrümmten Abschnitt des Anschnittsystems vorgesehene Krümmung ist demgegenüber in Drehrichtung ausgebildet. Auf diese Weise wird die Schmelze in dem gekrümmten Abschnitt des Anschnittsystems auf ihrem Weg in den Hohlraum durch die Wirkung der Corioliskraft stets gegen die Wandung des Anschnittsystems in den gekrümmten Abschnitt gedrückt, wodurch einer Aufspaltung der Schmelze in Tropfen und damit der Entstehung freier Oberflächen entgegengewirkt wird. Die Krümmung in dem gekrümmten Abschnitt kann in Abhängigkeit von der konkreten Anwendung, zum Beispiel in Abhängigkeit von dem Gießmaterial oder von den Schleuderbedingungen, unterschiedlich gewählt werden.
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Eine vorteilhafte Ausführungsform der Erfindung sieht vor, dass die Schmelze in den Hohlraum unter Einfluss der auf die Schmelze wirkenden Tangentialkraft eingebracht wird, indem die Drehgeschwindigkeit der Gussform beim Einbringen der Schmelze verändert wird. Mittels Ändern der Drehgeschwindigkeit beim Einbringen der Schmelze kann die als Trägheitskraft auf die Schmelze wirkende Tangentialkraft genutzt werden, um das Befüllen des Hohlraums auch unter Einwirkung dieser Trägheitskraftkomponente durchzuführen, um insbesondere dem Entstehen von ungewünschten Einschlüssen in dem Gussteil entgegenzuwirken. Hierbei hat es sich als vorteilhaft erwiesen, zur gezielten Änderung der Drehgeschwindigkeit die Drehzahl während des Gießvorganges in einem Drehzahlbereich zwischen 50 U/min bis zu 200 U/min zu erhöhen. Bedingt durch die Änderung der Drehgeschwindigkeit ist eine proportionale Änderung der Winkelgeschwindigkeit.
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Bevorzugt sieht eine Fortbildung der Erfindung vor, dass die mittlere Strömungsrichtung der Schmelze beim Übertreten aus dem Anschnittsystem in den Hohlraum eine Komponente aufweist, die entgegengesetzt zu der Wirkrichtung der Schwerkraft gerichtet ist. Die Komponente der mittleren Strömungsrichtung der Schmelze bezeichnet die Projektion des Vektors der mittleren Strömungsrichtung auf eine Linie entlang der Wirkrichtung der Schwerkraft. Aus vektorieller Sicht ist die Komponente der mittleren Strömungsrichtung der Wirkrichtung der Schwerkraft dann entgegengesetzt gerichtet. Dem vorangehend erläuterten Verständnis der mittleren Strömungsrichtung entsprechend bedeutet dies, dass die Strömungsgeschwindigkeit der Schmelze eine der Wirkrichtung der Schwerkraft entgegengesetzt gerichtete Komponente umfasst.
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Bei einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung kann vorgesehen sein, dass die Schmelze beim Zuführen zu wenigstens einem weiteren Hohlraum, welcher in einem Hohlraumcluster in der Gussform für mindestens ein weiteres Gussteil gebildet ist und an das Anschnittsystem getrennt von dem Hohlraum angeschlossen ist, in dem Anschnittsystem gleichartig zum Führen der Schmelze für den Hohlraum geführt wird und beim Übertreten aus dem Anschnittsystem in den wenigstens einen weiteren Hohlraum gleichartig zum Einbringen der Schmelze in den Hohlraum eingebracht wird. Mit Hilfe des Vorsehens eines Hohlraumclusters können in einem Durchgang des Schleudergießens mehrere Gussteile gleichzeitig gefertigt werden, wobei die vorteilhaften Wirkungen der vorgesehenen Strömungseigenschaften der Schmelze beim Übertreten aus dem Anschnittsystem für jeden Hohlraum des Hohlraumclusters eingestellt sind.
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Eine vorteilhafte Ausführungsform der Erfindung sieht vor, dass eine Schmelze mit einer Materialzusammensetzung ausgewählt aus der folgenden Gruppe von Materialzusammensetzungen eingebracht wird: Titanlegierung, Titanalumindlegierung und Superlegierung.
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Bevorzugt sieht eine Fortbildung der Erfindung vor, dass als Gussteil ein Bauteil ausgewählt aus der folgenden Gruppe von Bauteilen hergestellt wird: Turbomaschinen-Bauteil, insbesondere Turbinenschaufel oder Turboladerrad, und medizinisches Bauteil, insbesondere Implantat oder Zahnersatz.
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Zweckmäßig kann eine Ausführungsform der Erfindung vorsehen, dass die Schmelze über ein zumindest teilweise getrennt von der Gussform gebildetes Anschnittsystem, welches wahlweise wenigstens zum Teil in einen Schmelztiegel integriert ist, in den Hohlraum eingebracht wird. Das Anschnittsystem in seiner vorgeschlagenen Gestaltung kann in wenigstens einer Ausführung ausgewählt aus der folgenden Gruppe von Ausführungen gebildet sein: wenigstens teilweise in die Gussform integriert, wenigstens teilweise in einen Schmelztiegel integriert, in welchem die Schmelze mittels Erwärmen eines zu gießenden Materials gebildet wird, und wenigstens teilweise von Gussform und Schmelztiegel getrennt. Besonders bevorzugt ist eine Ausführung des Anschnittsystems in einer trennbaren Kokille. Allen verschiednen Ausgestaltungen des Anschnittsystems gemeinsam ist die den erfindungsgemäßen Schmelzeübertritt aus dem Anschnittsystem in den Hohlraum mit der mittleren Strömungsrichtung sicherstellende Konfiguration.
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Für die Anordnung für eine Schleudergießvorrichtung können in vorteilhaften Ausgestaltungen die folgenden Fortbildungen der Erfindung vorgesehen sein.
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Eine Weiterbildung der Erfindung kann vorsehen, dass zwischen der Flächennormalen auf der die Einlassöffnung überspannenden Einlassfläche in Richtung des Hohlraums und der Wirkrichtung der beim Drehen um die zugeordnete Drehachse auf die Schmelze wirkenden Zentrifugalkraft ein Winkel von größer als 90° gebildet ist.
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Eine bevorzugte Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass das Anschnittsystem einen konkav gekrümmten Abschnitt umfasst, dessen Krümmung entgegengesetzt der Krümmung einer durch die beim Drehen um die zugeordnete Drehachse auf die Schmelze wirkenden Corioliskraft versuchten Bahnkurve gebildet ist.
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Bevorzugt ist bei einer Weiterbildung der Erfindung vorgesehen, dass Anschnittsystem zumindest teilweise in einen Schmelztiegel integriert ist. Eine vorteilhafte Ausführungsform der Erfindung sieht vor, dass Anschnittsystem zumindest teilweise getrennt von der Gussform gebildet ist. Zweckmäßig kann eine Ausführungsform der Erfindung vorsehen, dass Anschnittsystem zumindest teilweise als ein lösbar montierbares Anschnittsystem gebildet ist, wahlweise als eine trennbare Kokille.
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Eine Weiterbildung der Erfindung kann einen ein mit dem Hohlraum über eine Öffnung in Verbindung stehendes Speisersystem vorsehen, welches konfiguriert ist, aus dem Hohlraum in das Speisersystem überströmende Schmelze beim Drehen der Gussform unter Einfluss der Zentrifugalkraft in Richtung der Öffnung zurückzudrücken. Der Einfluss der Zentrifugalkraft auf die übergeströmte Schmelze in dem Speisersystem führt so dazu, dass die übergeströmte Schmelze wenigstens teilweise zurück in den Hohlraum fließt, wenn dort Teilbereiche nicht ausgefüllt sind, zum Beispiel infolge der Abkühlung der Schmelze in dem Hohlraum. Hierzu ist in einer Ausgestaltung beispielsweise vorgesehen, die Öffnung zum Speisersystem in einem Bereich des Hohlraums gegenüberliegend der Einlassöffnung zu bilden, über die die Schmelze aus dem Anschnittsystem in den Hohlraum gelangt. Es vorgesehen sein, dass sich das Speisersystem im Wesentlichen entlang der Wirkungslinie der Zentrifugalkraft erstreckt.
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Bevorzugt sieht eine Fortbildung der Erfindung vor, dass zumindest ein zur Einlassöffnung benachbarter Abschnitt des Hohlraums in Schwerkraftrichtung oberhalb eines zur Einlassöffnung benachbarten Abschnitts des Anschnittsystems gebildet ist.
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Eine bevorzugte Weiterbildung der Erfindung sieht wenigstens einen weiteren Hohlraum vor, welcher in einem Hohlraumcluster für mindestens ein weiteres Gussteil gebildet ist und an das Anschnittsystem dem Anschluss des Hohlraums entsprechend und getrennt von dem Hohlraum angeschlossen ist.
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Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele der Erfindung
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Die Erfindung wird im Folgenden anhand von bevorzugten Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme auf Figuren einer Zeichnung näher erläutert. Hierbei zeigen:
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1 einen Bereich einer Gussform einer Schleudergießvorrichtung mit einem Abschnitt eines Anschnittsystems und einem dem Anschnittsystem nachgelagerten Hohlraum, welcher einer äußeren Form eines herzustellenden Gussteils im Wesentlichen entspricht, im Querschnitt,
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2a zum Vergleich einen mittels Schleudergießverfahren herkömmlicher Art abgegossenen Cluster aus drei Stabproben aus TiAl,
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2b mittels erfindungsgemäßem Schleudergießverfahren abgegossene Cluster aus zwei Stabproben aus TiAl,
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3a zum Vergleich eine grafische Darstellung einer numerischen Simulation der Porosität für schleudergegossene Stabproben, die nach herkömmlicher Art abgegossen sind,
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3b eine grafische Darstellung einer numerischen Simulation der Porosität für schleudergegossene Stabproben, die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren abgegossen sind, und
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4 eine schematische Darstellung eines Hohlraumclusters und eines gekrümmten Anschnittsystems, welches eine Krümmung entgegengesetzt der Krümmung einer durch die beim Drehen um die zugeordnete Drehachse auf die Schmelze wirkenden Corioliskraft verursachten Bahnkurve aufweist.
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Nach dem konventionellen Wachsausschmelzverfahren wurden keramische Gussformen für Gussteilcluster von jeweils drei oder zwei Stabproben hergestellt. Zu Vergleichszwecken wurden einzelne Formen mit einem Anschnittsystem hergestellt, welches zur Füllung des Gussteilvolumens (Volumen der Stabproben) in üblicherweise Weise in Richtung der Zentrifugalkraft ausgebildet ist. Die weiteren Formen weisen ein Anschnittsystem auf, bei dem die Füllung des Hohlraums für das Gussteil in Abweichung von der Richtung der Zentrifugalkraft erfolgt (vgl. Erläuterungen zu 2b unten)
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Die keramische Gussform wird jeweils in einem als Vorwärmofen auf eine Temperatur von etwa 800 bis 1000°C vorgewärmt und in eine kommerziell verfügbaren Schleudergießvorrichtung (beispielsweise von Fa. Linn, Hirschbach-Eschenfelden) eingebracht. Die dort induktiv erzeugte Schmelze wird dann unter Vakuum bei einem Restdruck von weniger als 10–2 mbar bei einer vorgewählten Umdrehungszahl in die Gussform abgegossen. Hierbei ist es insbesondere vorteilhaft, die Umdrehungszahl während des Gießvorganges in einem Drehzahlbereich zwischen 50 U/min bis zu 200 U/min zu erhöhen.
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1 zeigt einen Bereich einer Gussform 1 einer Schleudergießvorrichtung mit einem Abschnitt eines Anschnittsystems 2 und einem dem Anschnittsystem 2 nachgelagerten Hohlraum 3, welcher einer äußeren Form eines herzustellenden Gussteils im Wesentlichen entspricht, im Querschnitt. Der Hohlraum 3 wird auch als Volumenbereich für das Gussteil bezeichnet. Weiterhin ist dem Hohlraum 3 nachgelagert ein Speisersystem 4. In das Speisersystem 4 kann ein Teil der im Hohlraum 3 eingebrachten Schmelze über eine Öffnung im Bereich einer Fläche B überströmen. Das Speisersystem 4 ist konstruktiv so konfiguriert und angeordnet, dass ein in das Speisersystem 4 überströmender Teil der Schmelze durch die Drehbewegung der Gussform 1 wieder in Richtung des Hohlraums gedrückt wird, nämlich aufgrund der wirkenden Zentrifugalkraft Fz. Gemäß der Ausführungsform in 1 erstreckt sich das Speisersystem 4 in Längsrichtung im Wesentlichen entlang des Vektors der Zentrifugalkraft Fz.
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Die Gussform 1 wird beim Gießvorgang um eine in 1 schematisch gezeigte Drehachse 5 gedreht, die je nach verwendeter Schleudergießvorrichtung innerhalb des Volumens der Gussform oder außerhalb hiervon liegen kann.
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In 1 bezeichnen weiterhin: ω – Vektor der Winkelgeschwindigkeit um die Drehachse 5 innerhalb der Zeichenebene oder senkrecht hierzu, Fz – Vektor der Zentrifugalkraft, v – Vektor der mittleren Strömungsgeschwindigkeit, Fläche A – Eintrittsöffnung zum Hohlraum für das Gussteil und Fläche B – Übergang zwischen dem Hohlraum 2 und dem das Speisersystem 4 bildenden Volumenbereich in der Gussform.
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2a zeigt zum Vergleich einen mittels Schleudergießverfahren herkömmlicher Art abgegossenen Cluster aus drei Stabproben aus TiAl. 2b zeigt einen mittels Schleudergießverfahren abgegossenen Cluster aus zweimal zwei Stabproben aus TiAl.
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Die Wirkrichtung der Zentrifugalkraft beim Schleudergießen der in den 2a und 2b dargestellten Gussteile war von links nach rechts. Beim Schleudergießen nach herkömmlicher Art in 2a erfolgt die Füllung der Stäbe parallel zur Wirkrichtung der Zentrifugalkraft von links nach rechts, während sie beim Schleudergießen nach 2b antiparallel zur Wirkrichtung der Zentrifugalkraft erfolgt, nämlich von rechts nach links. Erkennbar in 2b ist auch eine gekrümmte Ausgestaltung des jeweiligen Anschnittsystems.
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3a zeigt zum Vergleich eine grafische Darstellung einer numerischen Simulation der Porosität für schleudergegossene Stabproben, die nach herkömmlicher Art abgegossen sind. 3b zeigt eine grafische Darstellung einer numerischen Simulation der Porosität für schleudergegossene Stabproben, die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren abgegossen sind. Die simulierte Porosität ist hierbei jeweils auf den schlechtesten Wert der im konventionellen Schleuderguss erzeugten Stabprobe normiert.
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Die statistische Auswertung der erzeugten Probenstäbe zeigt eine deutlich erhöhte Ausbringung von Gussteilen. Darüber hinaus zeigen die numerischen Simulationen eine deutliche Verringerung der – mit der freien Oberfläche korrespondierenden – Porosität an Deutlich erkennbar wird neben einer schnelleren Formfüllung insbesondere ein wesentlich reduzierter Anteil an freier Oberfläche.
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4 zeigt eine schematische Darstellung eines Hohlraumclusters und eines gekrümmten Anschnittsystems 2, welches eine Krümmung entgegengesetzt der Krümmung einer durch die beim Drehen um die zugeordnete Drehachse auf die Schmelze wirkenden Corioliskraft verursachten Bahnkurve 6 aufweist. Für gleiche Merkmale werden in 1 die gleichen Bezugszeichen wie in 1 verwendet. Das Hohlraumcluster umfasst zwei Hohlraum mit einem jeweils zugeordneten Speisersystem.
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Die in der vorstehenden Beschreibung, den Ansprüchen und der Zeichnung offenbarten Merkmale der Erfindung können sowohl einzeln als auch in beliebiger Kombination für die Verwirklichung der Erfindung in ihren verschiedenen Ausführungsformen von Bedeutung sein.