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Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist die Verwendung von Guanidin-Derivaten als Härter zum thermischen Härten von Epoxidharzmassen.
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Die Verwendung von Epoxidharzen ist aufgrund ihrer hervorragenden Eigenschaften, wie hohe Schlagzähigkeit, hohe Abriebfestigkeit und gute Chemikalienbeständigkeit weit verbreitet. Derartige Harze zeigen außerdem eine hervorragende Haftfähigkeit auf den unterschiedlichsten Werkstoffen und ein hohes elektrisches Isolationsvermögen. Sie dienen zudem als Matrix für Faserverbundwerkstoffe, also sogenannte Composites, die als strukturelle Komponenten für stark belastete Werkstoffe eingesetzt werden. Darüber hinaus sind Epoxidharze zumeist Hauptbestandteil von Elektrolaminaten, Strukturklebstoffen, Gießharzen und Pulverlacken.
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Die Härtung von Epoxidharzen verläuft nach unterschiedlichen Mechanismen. Neben der Härtung mit Phenolen oder Anhydriden wird häufig die Härtung mit Aminen durchgeführt. Zu diesem Zweck wird die stöchiometrische Menge an Wasserstoffatomen, wie sie z. B. bifunktionelle Amine liefern, zugesetzt. Ein weiterer Mechanismus folgt der Reaktion von Initiatoren oder Beschleunigern mit den Epoxidgruppen, wobei reaktive Zwischenprodukte gebildet werden, welche ihrerseits erneut mit den Epoxidgruppen reagieren können, ohne dass dabei der Zusatz von weiteren Vernetzern notwendig ist. Außerdem können Initiatoren auch die Aktivierungsenergie der Härtungsreaktion erniedrigen, um so die Härtungstemperaturen von reaktionsträgen Härtern, wie bspw. Dicyandiamid, erheblich herabzusetzen. Verbindungen, welche diese Eigenschaften aufweisen, sind u. a. sekundäre und tertiäre Amine, Imidazole oder substituierte Harnstoffe. In diesem Zusammenhang sei auf die Patentdokumente
US 3,391,113 ,
EP 0 148 365 B2 und
US 2,637,715 verwiesen.
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Weiterhin ist bekannt, dass Biguanid oder Biguanid-Derivate als Härter zur Härtung von Epoxidharzen eingesetzt werden können. So wird mit der
DE 2649402 A1 beschrieben, dass Biguanid oder o-Tolylbiguanid als Härter zur Härtung von Epoxidharzen eingesetzt werden kann. Mit
DE 2024395 A werden verschiedene Biguanid-Derivate, nämlich o-Tolylbiguanid, p-Ethoxyphenylbiguanid, 2,4,5-Trimethylbiguanid sowie verschiedene Xylenylbiguanide, als Härter zur Härtung von Epoxydharzen beschrieben. Mit
US 3,261,809 A wird eine Reihe von Biguanid-Derivaten, nämlich Hexa- und Heptaalkylbiguanide, als Härter zur Härtung von Epoxydharzen beschrieben. Mit
US 4,460,718 A werden Epoxidharz-Zusammensetzungen beschrieben, die verschiedene Tolylbiguanid-Derivate als Härter umfassen. Die Härtung der Epoxidharze erfolgt dabei jeweils ausschließlich aufgrund der in den Epoxydharz-Zusammensetzungen enthaltenden Biguanid-Derivate.
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Mit
EP 176484 A2 werden Epoxidharz-Zusammensetzungen beschrieben, die a) mindestens ein Epoxidharz, b) als Härter mindestens ein Diethylphenylbiguanid sowie c) ggf. einen Härtungsbeschleuniger umfassen. Die Härtung der Epoxidharze erfolgt ausschließlich aufgrund der in den Epoxydharz-Zusammensetzungen enthaltenden Biguanid-Derivate, wobei zusätzlich Härtungsbeschleuniger, die verschieden sind von den Biguanid-Derivaten, eingesetzt werden können.
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Mit dem Fachartikel J. Jochims et al., Zur Darstellung und Chlorierung von Carbonyl-diisothiocyanat, Chemische Berichte, Vol. 115, 1982, S. 3587–3596, wird die Darstellung und Chlorierung von Carbonyl-diisothiocyanat beschrieben. Zudem wird die Umsetzung des chlorierten Carbonyl-diisothiocyanats a) mit Dimethylamin zum Carbamoylguanidin sowie b) mit t-Butylamin zu einem Carbonylbisguanidin beschrieben, das an den vier endständigen Stickstoffatomen monosubstituiert ist.
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Mit
US 5,620,831 A werden eine Reihe von Cyanguanidin-Derivaten und deren Verwendung bei der thermisch oder photochemisch induzierten Härtung von Epoxidharzen beschrieben. Wesentlicher Bestandteil der Guanidin-Derivate ist der obligatorisch enthaltende Cyansubstituent an einem Stickstoffatom des Guanidins.
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Für lagerstabile, latent härtende Epoxidharzgemische werden häufig Urone (Monuron, Diuron, usw.) auch in Kombination mit latenten Härtern, wie bspw. Dicyandiamid, eingesetzt (s.
US 3,562,215 ,
US 3,956,237 ,
GB 1,153,639 A1 ,
GB 1,293,142 A1 ,
US 3,386,956 ,
US 6,231,959 sowie
DE 103 24 486 A1 ). Nachteilig bei einem solchen Einsatz von Uronen ist die Verwendung von toxischen Isocyanaten bei ihrer Herstellung sowie die Tatsache, dass beim Härtungsvorgang gasförmiges Dimethylamin freigesetzt werden kann. Ein weiterer Nachteil ist in den mit höherer Dosierung drastisch schlechter werdenden mechanischen Eigenschaften der ausgehärteten Epoxidharzen zu sehen. Zudem enthalten viele der kommerziell eingesetzten Urone Halogene, was aus Umweltschutzgründen zu vermeiden ist.
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Alternativ können Imidazole eingesetzt werden, die bspw. gemäß dem Patent
GB 1,050,679 hergestellt werden. Epoxidharzformulierungen auf Basis dieser Imidazole besitzen allerdings eine nur sehr begrenzte Lagerstabilität, was bei zahlreichen Anwendungen Probleme mit sich bringt. Um diesen Schwierigkeiten zu begegnen, wurde die Verwendung verschiedener Imidazol-Derivate beschrieben, wie z. B. Imidazolide (N-Acylimidazole; vgl.
DE-OS 32 46 072 ) sowie mit Isocyanaten blockierte Imidazole. Beide Verbindungsklassen sind allerdings nur sehr aufwendig durch Umsetzung mit speziellen Säurechloriden und unter HCl-Freisetzung bzw. mit Isocyanaten herzustellen.
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Des Weiteren sind aus der
DE 39 19 431 A1 Additive für hitzebeständige Epoxidharzmassen bekannt, die Addukte oder Umsetzungsprodukte von gegebenenfalls substituierten Imidazolen mit aromatischen Hydroxysäuren, wie z. B. Salicylsäure, darstellen. Derartige Produkte weisen allerdings ebenfalls eine nur sehr begrenzte Lagerstabilität mit Epoxidharzen auf.
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Weiterhin ist bekannt, dass bestimmte Guanidin-Derivate die Eigenschaft besitzen, die Härtung von Epoxidharzen teils erheblich zu beschleunigen. Beispielsweise werden in
US 3,308,094 Tetra- und Pentaalkylguanidine als Katalysatoren bzw. Beschleuniger beschrieben, wobei insbesondere das 1,1,3,3-Tetramethylguanidin hervorgehoben wird. Ebenso werden in
US 6,743,375 Formulierungen bestehend aus Tetramethylguanidin oder Addukte davon, Imidazolen, Hydroxyverbindungen und weiteren Aktivkomponenten beansprucht, mit denen Härtungstemperaturen von 60–100°C erreicht werden können. Zudem sind Anwendungen als Co-Beschleunigner in Härterlösungen, die in einem geeigneten Lösungsmittel gelöst sind, bekannt (
JP 87 14 55 05 ).
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Oftmals kommen tetraalkylierte Guanidine in Formulierungen mit Dicyandiamid zur Anwendung, da sie vielfältige anwendungstechnische Vorteile bieten wie u. a. Korrosionsresistenz (
JP 55 018 472 A ), schwere Entzündbarkeit (
NL 8 003 936 A ), Schnellhärtung (
JP 61 083 219 A ), Niedertemperaturhärtung (
JP 61 133 228 A ) oder niedrige Wasserabsorption (
JP 61 207 425 A2 ). Ähnlich den Uronen oder den Imidazolen werden diese Guanidin-Derivate auch als Beschleuniger in glas- oder karbonfaserverstärkten Verbundwerkstoffen (
TW 33 62 45 A ) oder in schnellhärtende Klebemassen eingesetzt (
US 3,391,113 ).
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Gemäß der
JP 60 028 424 wird speziell das N''-t-Butyl-N,N,N',N'-tetramethylguanidin als Beschleuniger für Dicyandiamid-, Phenol- oder Anhydrid-Härter mit hervorragenden thermischen Eigenschaften und Widerstandsfähigkeit gegen den Einfluss von Wasser beschrieben.
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Die Lehre von
JP 63 146 910 A bezieht sich ausschließlich auf bicyclische Guanidine oder deren Salze als Beschleuniger für Epoxidharzmassen, die mit Anhydriden oder Novolacen gehärtet werden. Die Verbindungen zeichnen sich danach durch eine schnelle Härtung und hohe Glastemperaturen (Tg) der gehärteten Produkte aus, allerdings werden sie durch Umsetzung von Guanidinen mit toxischen Acrylnitiril-Derivaten erhalten.
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Interessanterweise lassen sich mercaptanhaltige Härter in Gegenwart von Tetramethylguanidin ohne Gelbfärbung oder Entstehung von Gerüchen mit Bisphenol-A-Epoxidharzen umsetzen (
JP 61 13 32 28 ).
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Guanidiniumsalze, die gemäß
EP 66 33 84 A oder
EP 66 34 15 A1 durch Umsetzung der entsprechenden Alkylguanidinen mit Trimellit-, Pyromellit- oder Phthalsäure hergestellt werden können, eignen sich in Epoxid- oder Hybrid-Festharzformulierungen als Mattierungsmittel für Pulverlacke mit niedrigen Einbrenntemperaturen.
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Grundsätzlich aber leiden alle diese Formulierungen vor allem beim Einsatz mit Flüssigharzen unter einer sehr geringen Lagerstabilität, was möglicherweise ein Grund für die geringe Verbreitung dieser Verbindungen in technischen Anwendungen ist. Einen Ansatzpunkt zur Lösung dieses Problems beschreibt
US 3,391,113 , wobei die Zugabe von Benzoe- oder Chlorbenzoesäure die Lagerstabilität von 2 auf lediglich 7 Tage erhöht. Ebenso erhöht sich die Lagerstabilität von Hybridpulverlacken, wenn N-acetyliertes Tetramethylguanidin wie in
WO 93 12 157 oder
US 3,732,286 beschrieben, eingesetzt wird. Nachteilig ist hier wiederum der Einsatz von Säurechloriden bei der Herstellung. Hingegen offenbart
JP 59 1763 16 eine Erhöhung der Lagerstabilität in einer Harzformulierung mit Dicyandiamid, wenn eine Kombination aus Uron-(Diuron) und tetraalkyliertem Guanidin-Beschleuniger eingesetzt wird.
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Ein weiterer Nachteil der literaturbekannten Guanidine ist, dass sie zumeist in flüssiger Form vorliegen. Flüssigkeiten sind oftmals schwerer im Verarbeitungsprozess einsetzbar und besitzen im Falle von Aminen oder Guanidinen als Basen korrosive Eigenschaften.
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Der vorliegenden Erfindung lag daher die Aufgabe zugrunde, geeignete Beschleuniger für Epoxidharzsysteme mit hoher Reaktivität bei gleichzeitig guter Lagerstabilität bereitzustellen, welche die genannten Nachteile des Stands der Technik nicht aufweisen, kostengünstig herzustellen und einen vorteilhaften Kosten-Nutzen-Effekt aufweisen.
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Diese Aufgabe wurde erfindungsgemäß durch den Einsatz der Guanidin-Derivate gemäß Anspruch 1 gelöst.
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Es hat sich nämlich überraschenderweise gezeigt, dass die erfindungsgemäß eingesetzten Guanidin-Derivate sich hervorragend als Beschleuniger für Epoxidharzsysteme mit hoher Reaktivität und guter Lagerstabilität eignen sowie kostengünstig und umweltfreundlich herzustellen sind.
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Entsprechend der vorliegenden Erfindung werden als Beschleuniger Guanidin-Derivate der allgemeinen Formel (I) eingesetzt.
wobei
R
1 und R
2 unabhängig voneinander einen C
1-C
8-Alkyl- oder Phenylrest,
R
3 = H, einen C
1-C
8-Alkyl- oder ggf. substituierten Phenylrest,
X = O, S, NR
3, N
⊕(R
3)
2A
⊖ Y = C oder P
n = 1, 2
A
⊖ = Halogen (F, Cl, Br, J) sowie ein Anion einer Mineralsäure oder organischen Säure
bedeuten.
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Der Phenylrest für R3 kann hierbei noch Substituenten ausgewählt aus der Gruppe der Halogene (F, Cl, Br, I), OH, NH2, NR1R2, NO2, C1-C4-Alkyl sowie C1-C4-O-Alkyl aufweisen, wobei R1 und R2 oben genannte Bedeutung besitzen.
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Im Hinblick auf die zu härtenden Epoxidharze unterliegt die vorliegende Erfindung keinerlei Beschränkung. Es kommen sämtliche handelsüblichen Produkte in Frage, die üblicherweise mehr als eine 1,2-Epoxidgruppe aufweisen und dabei gesättigt oder ungesättigt, aliphatisch, cycloaliphatisch, aromatisch oder heterozyklisch sein können. Außerdem können die Epoxidharze Substituenten wie Halogene, Phosphor- und Hydroxyl-Gruppen aufweisen. Epoxidharze auf Basis Glycidylpolyether von 2,2-Bis(4-hydroxyphenyl)propan (Bisphenol A) sowie das mit Brom substituierte Derivat (Tetrabrombisphenol A), Glycidylpolyether von 2,2-Bis(4-hydroxyphenyl)methan (Bisphenol F) und Glycidylpolyether von Novolac-Harzen sowie auf Basis von Anilin oder substituierten Anilinen wie bspw. p-Aminophenol oder 4,4'-Diaminodiphenylmethane können erfindungsgemäß mit Verbindungen der Formel (I) besonders gut gehärtet werden.
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Die erfindungsgemäß eingesetzten Guanidin-Derivate werden üblicherweise mit den im Handel erhältlichen latenten oder nicht latenten Härtern zusammen verwendet. Bevorzugt sind hierbei Verbindungen, die mindestens zwei Amino-, Imino-, Triazin-, Hydrazid-, Phenol- oder eine Anhydridgruppe enthalten. Exemplarisch – und somit nicht limitierend – werden als besonders bevorzugte Vertreter Ethylendiamin (EDA), meta-Xylylendiamin (MXDA), Methylendianilin (MDA), para-Aminocyclohexylmethan (PACM), Isophorondiamin (IPDA), ortho-Tolylbiguanid (OTB), Dicyandiamid (DCD), Diaminodiphenylsulfon (DDS), Isophthalsäuredihydrazid (IPDH), Adipinsäuredihydrazid (ADH), Phthalsäureanhydrid (PA), Pyromellitsäuredianhydrid (PMDA) oder Benzophenontetracarbonsäuredianhydrid (BTDA) genannt.
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Die Anteile der erfindungsgemäßen Beschleuniger können breit variiert und somit den spezifischen und den technisch notwendigen Anforderungen maßgeschneidert angepasst werden. Ökonomisch und technisch vorteilhaft sind Einsatzmengen von 0,1 bis 10 Gew.-%, bezogen auf das Gewicht der Epoxidharzformulierung, jedoch auch geringere oder aber höheren Anteile können in speziellen Anwendungsfällen von besonderem Vorteil sein. Die benötigte Einsatzmenge hängt im Regelfall von den erforderlichen Härtungstemperaturen und -zeiten bzw. Gelzeiten sowie den erforderlichen mechanischen Eigenschaften des Produkts ab.
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Beispielsweise sind beim erfindungsgemäßen Bis(tetramethylguanidino)carbonyl (BTMGC) Anteile zwischen 0,5 und 5 Gew.-% als besonders vorteilhaft anzusehen. So können bspw. für die Härtung einer typischen Flüssigharzformulierung mit dem Härter Dicyandiamid und dem Beschleuniger BTMGC Auslösetemperaturen zwischen 115 und 130°C (DSC Onset T) und Gelzeiten von rund 4 bis 8 min. bei 120°C erreicht werden, wobei die isothermen Reaktionszeiten bei 120°C unter einer Minute liegen können. Die anhand der Glasübergangstemperaturen (Tg-Werte) bewerteten mechanischen Eigenschaften der gehärteten erfindungsgemäßen Formulierungen entsprechen mit Temperaturen zwischen 120 und 150°C mindestens dem Stand der Technik.
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Auch die Mengen an eingesetztem Härter können in weiten Grenzen variiert werden. Als besonders vorteilhaft haben sich härterabhängige Einsatzmengen von 3 bis 30 Gew.-%, bezogen auf die Epoxidharzformulierung, erwiesen.
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Die erfindungsgemäß eingesetzten Guanidin-Derivate können entweder kristallin, gekörnt oder als Pulver, so wie sie aus der Synthese entsteht, oder aber in physikalisch veränderter Form eingesetzt werden. Hierzu eignet sich bspw. die Mikronisierung in dafür geeigneten Mühlen. Dem Fachmann ist bekannt, dass der Mikronisierungsgrad von Härtern und Beschleunigern Einfluss auf das Härtungsverhalten und somit auf die Eigenschaften der Produkte haben kann. Aus diesem Grund sollten die erfindungsgemäßen Beschleuniger möglichst in einer feinverteilten Form bevorzugt mit einer Korngrößenverteilung d98 kleiner 150 μm und besonders bevorzugt mit d98 kleiner 20 μm eingesetzt werden.
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Bestandteil dieser Erfindung ist ebenso der Einsatz von Hilfs- oder Zusatzstoffen wie z. B. Thixotropierungsmittel, Dispergieradditive, Antibackmittel (wie z. B. pyrogene oder gefällte Kieselsäuren), Füllstoffe, Farbstoffe, Pigmente (Metalloxide, u. a.), Leitpulver, Zähmodifikatoren (Toughener), etc. in Formulierungen zusammen mit den erfindungsgemäßen Beschleunigern. Gemäß einer weiteren bevorzugten Anführungsform werden die Guanidin-Derivate in gelöster oder aufgeschmolzener Form oder vordispergiert als Härterpasten (Masterbatches) eingesetzt. Je nach Anwendungsfall können die erfindungsgemäßen Beschleuniger zusammen mit weiteren Beschleunigern, Härtern, oder Additiven in ein flüssiges oder aufgeschmolzenes Epoxidharz eingemischt, dispergiert oder suspendiert werden oder als Lösung in das Epoxidharz oder in eine Lösung desselben eingebracht werden. Als Lösungsmittel können grundsätzlich alle Flüssigkeiten verwendet werden, in denen sich die Epoxidharze, Härter, Beschleuniger und ggf. Additive in ausreichendem Umfang auflösen. Beispiele für solche Lösungsmittel sind Wasser, verschiedene Glykolether wie Ethylenglykol- oder Propylenglykolmonomethylether sowie Ester davon, aber auch Ketone wie Aceton oder DMF etc.
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Die Härtung der Epoxidharze mit Hilfe der erfindungsgemäß eingesetzten Verbindung erfolgt in der Regel bei Temperaturen von 80 bis 180°C und vorzugsweise bei 90 bis 140°C. Die Wahl der Härtungstemperatur ist abhängig von der spezifischen Verarbeitungs- und Produktanforderung und kann über die Formulierung vor allem durch Regulierung der Härter- und Beschleunigermengen sowie durch Zugabe von Additiven variiert werden.
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Durch den Zusatz weiterer handelsüblicher Beschleuniger, wie sie dem Fachmann zur Härtung von Epoxidharzen bekannt sind, kann das Härtungsprofil der erfindungsgemäßen Formulierungen variiert werden. So können z. B. die Auslösetemperaturen abhängig von der Zugabemenge weiter gesenkt oder aber die Gelzeiten vorteilhaft den technischen Vorgaben und somit den speziellen Kundenbedürfnissen angepasst werden.
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Ein besonderer Vorteil bei der Anwendung der erfindungsgemäß eingesetzten Verbindung als Beschleuniger in Epoxidharzformulierungen ist die gute Lagerstabilität (Latenz). Wie Versuche zur Lagerstabilität bei Raumtemperatur ergeben haben, sind Formulierungen, welche bspw. den erfindungsgemäßen Beschleuniger enthalten, auch nach 9 Tagen noch gut zu verarbeiten, während solche Formulierungen, die nach dem Stand der Technik hergestellt wurden, spätestens nach 3 Tagen bereits fest oder zumindest halbfest sind. Durch die erfindungsgemäße und einfache Umwandlung der sehr aktiven, aber wenig latenten Tetraalkylguanidine in die weiterhin sehr aktiven, aber jetzt sehr viel latenteren erfindungsgemäßen Guanidin-Derivate kann die Latenz von Formulierungen um mindestens das 3–5 fache gesteigert werden.
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Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung sind Guanidin-Derivate der Formel II
wobei
X = O, S,
darstellen sowie
R
1 und R
2 oben genannte Bedeutung besitzen.
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Aufgrund der günstigen Anwendungseigenschaften der erfindungsgemäßen Verbindungen sowie ihre kostengünstige Herstellung und einhergehend ein vorteilhaftes Kosten-Nutzen-Verhältnis sind diese besonders gut für eine technische Anwendung geeignet.
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Die nachfolgenden Beispiele verdeutlichen die Vorteile der vorliegenden Erfindung.
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Beispiele
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A. Herstellungsbeispiele
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A.1 Bis(tetramethylguanido)carbonyl (TMG2C=O):
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Zu einer gerührten und bei –50°C gekühlten Lösung von 4,5 g (45 mmol) Phosgen im t-Butylmethylether (120 ml) werden 21,9 g (190,9 mmol) Tetramethylguanidin (TMG) zugetropft. Die Reaktionsmischung wird eine Stunde bei dieser Temperatur weitergerührt, anschließend auf 20°C erwärmt und weitere 12 Stunden gerührt. Das ausgefallene Tetramethylguanidiniumhydrochlorid wird abfiltriert und einmal mit t-Butylmethylether (etwa 70 ml) gewaschen. Das Filtrat wird sodann unter Vakuum zur Trockene eingeengt. Der so erhaltene Feststoff wird zweimal mit heißem Benzol behandelt. Der aus Benzol auskristallisierte Feststoff wird anschießend aus Hexan umkristallisiert.
Ausbeute: 8,5 g (58%, nicht optimiert).
Schmelzpunkt: 126–129°C
m/z (EI, eV 70): 256 [M+]
13C-NMR (CDCl3): CH3 40,0 ppm; C=N 164,0 ppm; C=O 168,7 ppm.
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A.2 Bis(tetramethylguanido)thiocarbonyl (TMG2C=S):
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Zu einer gerührten und bei –30°C gekühlten Lösung von 3,45 g (30 mmol) Thiophosgen in Chlorbenzol (40 ml) werden mittels einer Spritze 14,49 g (126 mmol) Tetramethylguanidin (TMG) innerhalb von etwa 15 Minuten zugetropft. Die Reaktionsmischung wird eine Stunde bei dieser Temperatur weitergerührt, anschließend auf Raumtemperatur erwärmt und über Nacht weitergerührt. Das Lösemittel wird im Vakuum entfernt und der so erhaltener Feststoff etwa 28 Stunden in einer Soxlet-Apparatur mit Hexan (etwa 400 ml) extrahiert. Der aus Hexan auskristallisierte Produkt wird nochmals mit Hexan (30 ml) gewaschen und anschließend getrocknet.
Ausbeute: 7,1 g (87%, nicht optimiert)
Schmelzpunkt: 187–188°C
1H-NMR (CDCl3): CH3 2,90 ppm.
13C-NMR (CDCl3): CH3 12,0 ppm; C=S 137,5 ppm; C=N 163,7 ppm
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A.3 2,4,4-Tris(dimethylamino)-oxa-3-azabutadiene (TMG-C(O)-NMe2)
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Die Herstellung und Charakterisierung erfolgte nach Moellers, Christian; Prigge, Joerg; Wibbeling, Birgit; Froehlich, Roland; Brockmeyer, Andreas; Schaefer, Hans J.; Schmaelzlin, Elmar; Braeuchle, Christoph; Meerholz, Klaus; Wuerthwein, Ernst-Ulrich. Eur. J. Org. Chem. 7; 2003; 1198–1208.
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A.4 Guanidinophosphazene und Guanidinophosphinoxid
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Die Herstellung und Charakterisierung erfolgte nach Kolomeitsev, Alexander A. et al. J. Am. Chem. Soc. 2005, 127 (50), 17656–17666.
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B. Anwendungsbeispiele
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Folgende Harze, Härter- und Beschleuniger-Komponenten wurden in den Beispielen eingesetzt: Epoxidharz:
Epikote 828 (E.828, Resolution): | Bisphenol A-Flüssigharz, |
| EEW 182–187 |
Härter:
Dyhard 100S (Dyh 100S, Degussa AG): | mikronisiertes Dicyandiamid, |
| HEW 12–14 |
Beschleuniger:
Dyhard UR 200 (Dyh UR200, Degussa AG): | mikronisiertes Diuron |
Dyhard UR 500 (Dyh UR500, Degussa AG): | mikronisiertes TDI-Uron |
Dyhard MI-C (Dyh MI-C, Degussa AG): | kristallines 2-Methylimidazol |
N,N,N',N'-Tetramethylguanidin (TMG): | kommerziell aus dem |
| Laborchemikalienhandel |
| erhältlich |
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Die erfindungsgemäßen Guanidin-Derivate wurden gemäß den Beispielen A.1–A.4 hergestellt und charakterisiert.
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Die in den Beispielen genannten Daten und Messwerte wurden nach folgenden Messmethoden erhoben:
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Durchführung der DSC-Messungen
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Als Temperaturprogramm für die Bestimmung der Peak-Temperatur (DSC Peak T) wurde mit einer Rate von 10 K/min von 30 auf 300°C aufgeheizt. Die Onset-Temperatur der Reaktion (DSC Onset T) wurde aus derselben Messung durch Anlegen der Tangente an den Reaktionspeak bestimmt. Für die Ermittlung der isothermen Reaktionszeit wurde die Probe in den auf die angegebene Temperatur T aufgeheizten DSC-Ofen mittels Probengeber eingebracht und diese Temperatur für 40 min konstant gehalten. Die Auswertung des zeitlichen Verlaufs des Härtungspeaks entspricht dem Zeitpunkt der maximal freiwerdenden Exothermie der Härtungsreaktion und wird als isotherme Reaktionszeit definiert.
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Messung der Glasübergangstemperatur (Tg)
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Für die Bestimmung der Glasübergangstemperatur (Tg) wurde das Material aus der Gelzeitbestimmung herangezogen. Die Formulierung wurde durch Erhitzen auf 200°C (Temperaturprogramm: 30 bis 200°C, Heizrate 20 K/min) und Halten der Temperatur für 30 min vollständig ausgehärtet. Nach dem Abkühlung auf 30°C wurde die Probe mit einer Aufheizrate von 10 K/min von 30 auf 200°C aufgeheizt und aus der Heizkurve durch Anlegen der Tangente im Wendepunkt der größten Änderung der Wärmekapazität der Tg bestimmt.
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Ermittlung der Lagerstabilitäten (Latenzen) mittels Viskositätsmessungen
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Als Startwert (0 h) wurden zunächst die dynamischen Viskositäten der jeweils frisch hergestellten Formulierungen bei 25°C mittels eines Haake-Viskosimeters (Methode Kegel(1°)-Platte) ermittelt. Die Proben wurden sodann bei Raumtemperatur (21–23°C) temperiert und die Viskosität nach der angegebenen Zeit (Tagen) erneut bei 25°C gemessen. Ebenso wurde zur Ermittlung der Lagerstabilitäten bei 60°C vorgegangen, wobei die Proben bei 60°C temperiert wurden. Die Messung der Viskositäten erfolgte wiederum bei 25°C.
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Beispiel B.1
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Härtungsprofil der erfindungsgemäßen Beschleuniger
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Bis(tetramethylguanidino)cabonyl, Bis(tetramethylguanidino)thiocabonyl und 2,4,4-Tris(dimethylamino)-oxa-3-azabutadiene (TMG-C(O)-NMe2)
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Die erfindungsgemäßen Harzformulierungen wurden entsprechend der in Tabelle 1 angegebenen Zusammensetzungen angefertigt und wie beschrieben ausgetestet. Die Ergebnisse zeigen, dass die erfindungsgemäßen Beschleuniger deutlich reaktiver oder aber mindestens genauso aktiv wie diejenigen entsprechend dem Stand der Technik sind. Die mechanischen Eigenschaften der gehärteten erfindungsgemäßen Formulierungen entsprechen dabei mindestens dem Stand der Technik. Tabelle 1: Härtungstemperatur, Gelzeit, Glastemperatur, Reaktionszeit
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Beispiel B.2
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Lagerstabilität des erfindungsgemäßen Beschleunigers
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Bis(tetramethylguanidino)cabonyl bei Raumtemperatur
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Als Maß für die Lagerstabilität (Latenz) bei Raumtemperatur (21–23°C) wurden die Viskositäten der Formulierungen bestehend aus Epoxidharz, Härter und Beschleuniger wie beschrieben ermittelt. Hierbei erweist sich die erfindungsgemäße Formulierung (Tabelle 2, Versuch 1.1) als wesentlich latenter im Vergleich zum Stand der Technik (Versuch 2.1 bis 3.4). Tabelle 2: Latenz bei Raumtemperatur
(RT = 21–23°C; Messung der Viskosität bei 25°C)
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Beispiel B.3
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Lagerstabilität des erfindungsgemäßen Beschleunigers
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Bis(tetramethylguanidino)cabonyl bei 60°C
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Als Maß für die Lagerstabilität (Latenz) bei einer Temperatur von 60°C wurden die Viskositäten der Formulierungen bestehend aus Epoxidharz, Härter und Beschleuniger wie beschrieben ermittelt. Hierbei erwiesen sich die erfindungsgemäßen Formulierungen (Tabelle 3, Versuche 1.1 und 1.2) mindestens genauso latent im Vergleich zum Stand der Technik (Versuche 2.1 und 2.2). Tabelle 3: Latenz bei 60°C
(Messung der Viskosität bei 25°C)
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Beispiel B.4
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Härtungsprofil der erfindungsgemäßen Beschleuniger
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Guanidinophosphazene und Guanidinophosphinoxid
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Die erfindungsgemäßen Harzformulierungen wurden entsprechend der in Tabelle 4 angegebenen Zusammensetzungen angefertigt und wie beschrieben ausgetestet. Die Ergebnisse zeigen, dass die erfindungsgemäßen Härter deutlich reaktiver oder aber mindestens genauso aktiv wie der Stand der Technik sind. Die mechanischen Eigenschaften der gehärteten erfindungsgemäßen Formulierungen entsprechen dabei mindestens dem Stand der Technik. Tabelle 4: Härtungstemperatur, Gelzeit, Glastemperatur, Reaktionszeit
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Beispiel B.5
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Lagerstabilität der erfindungsgemäßen Beschleuniger
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Guanidinophosphazene und Guanidinophosphinoxid
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Als Maß für die Lagerstabilität (Latenz) bei Raumtemperatur (21–23°C) wurden die Viskositäten der Formulierungen bestehend aus Epoxidharz, Härter und Beschleuniger wie beschrieben ermittelt. Hierbei erweist sich die erfindungsgemäße Formulierung (Tabelle 5, Versuch 1.1 bis 1.3) als wesentlich latenter im Vergleich zum Stand der Technik (Versuch 2.1 bis 3.4). Tabelle 5: Latenz bei Raumtemperatur
(RT = 21–23°C; Messung der Viskosität bei 25°C)