Der
Nachweis von 5-Methyl-Cytosin hat ein großes Anwendungsgebiet z.B. in
der Human- oder Veterinärdiagnostik,
im Nahrungsmittelbereich, in der Umweltanalytik, im Pflanzenschutz,
in der biochemischen bzw. pharmakologischen Forschung sowie in der
forensischen Medizin.
Nach
dem Stand der Technik erfolgt der Nachweis von 5-Methyl-Cytosin
z.B. durch Bestimmung der Länge
spezifischer Restriktionsfragmente in einem Fragmentgemisch (E.M.
Southern, J. Mol. Biol. 1975, 98, 503–517). Die dabei genutzten
Restriktionsendonukleasen können
die Basen Cytosin und 5-Methyl-Cytosin innerhalb ihrer Erkennungssequenz
unterscheiden. Diese Methode ist aufwendig (Analyse durch Elektrophorese
o.ä.) und
nicht geeignet, lange Sequenzabschnitte mit häufigen Methylierungen zu analysieren.
Zudem können
mit Hilfe dieses Verfahrens nur solche methylierten Cytosine analysiert
werden, die sich innerhalb der Erkennungsregion einer Restriktionsendonuklease
befinden. Die selektive Basenkonversion durch Behandlung mit Natriumbisulfit
(R. Shapiro et al., J. Am. Chem. Soc. 1970, 92:2, 422–424) ist
heute die gängigste
Methode zur Analyse methylierter DNA. Grundlage dieses Verfahrens
ist die effiziente und spezifische Umwandlung von Cytosin in Uracil,
die durch Natriumbisulfit katalysiert wird. Da unter den gewählten Reaktionsbedingungen
5-Methyl-Cytosin nicht deaminiert wird, kann im Falle bekannter
Ausgangssequenzen durch nachfolgende Analyseverfahren zwischen methylierten
und nicht methylierten Cytosinen unterschieden werden. Als Analyseverfahren
werden dem Fachmann bekannte Verfahren wie die Sequenzierung, Hybridisierung
immobilisierter oder in Lösung
befindlicher Sonden, oder die Methylierungs-spezifische PCR (M.
Frommer et al., Proc. Natl. Acad. Sci., 1992, 89, 1827–1831) verwendet. Generelles
Problem aller auf der Behandlung mit Natriumbisulfit beruhender
Verfahren ist die signifikante Degradation der DNA (C. Grunau et
al., Nucl. Acids Res., 2001, 29:13, e65). Diese Degradation des
Analyten senkt die Nachweisempfindlichkeit bei der Detektion von
Methylierungsmustern und kann die Resultate erheblich verfälschen.
Durch das kommerziell erhältliche „EZ DNA
Methylation KitTM" der Firma Zymogen, Orange, USA wird
die Degradation der DNA vermindert, beträgt aber immer noch > 50%. Weitere Nachteile
dieser Methode sind häufige
Strangbrüche in
der zu analysierenden DNA sowie die Schwierigkeit, ein auf Chromatographieschritten
basierendes Verfahren zu automatisieren.
Die
Enzymfamilie der Cytidin-Deaminasen ist seit langem bekannt. Erst
in 2002/2003 wurden jedoch Cytidin-Deaminasen beschrieben, die nicht
nur die Deaminierung der Nucleobase, des Nucleosids oder des Nucleotids
katalysieren, sondern auch die Deaminierung sequenzinterner Cytosine
in DNA-Einzelsträngen katalysieren
(R. Bransteitter et al., Proc. Natl. Acad. Sci. USA, 2003, 100:7,
4102–4107;
P. Pham et al., Nature, 2003, 424, 103–107). Für z.B. Aktivierungs-induzierte
Cytidin Deaminase (AID) wurde auch die Unterscheidung zwischen Cytosin und
5-Methyl-Cytosin beschrieben (R. Bransteitter et al., Proc. Natl.
Acad. Sci. USA, 2003, 100:7, 4102–4107). In WO 98/45472 wird
eine Methode zum Screening von Inhibitoren der Cytidin-Deaminase
beschrieben. Die Anmeldung beschreibt die Verwendung kurzer, synthetischer
RNA-Sequenzen, die mit Cytidin-Deaminase
in Gegenwart der potenziellen Inhibitioren inkubiert werden. Durch
Primer-vermittelte Single Base Extension wurde geprüft, ob eine
Konversion C→U
erfolgt war, oder ob die Deaminase-Aktivität inhibiert wurde.
Alle
diese Verfahren zum Nachweis methylierter Cytosine gemäß Stand
der Technik haben den Nachteil, dass die Target-DNA zumindest teilweise der
Degradation unterliegt. Zudem sind die zur Deaminierung eingesetzten
Chemikalien häufig
kanzerogen.
Der
vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren
zur schonenden, spezifischen Konversion nichtmethylierter Cytosine in
Uracil bereitzustellen. Idealerweise kann es in Kombination mit
dem Fachmann bekannten Nachweisverfahren wie z.B. PCR, Sequenzierung,
Hybridisierung in Lösung
oder auf Arrays zur Analyse von Methylierungsmustern verwendet werden.
Die
erfindungsgemäße Lösung der
beschriebenen Aufgabe besteht in der Substitution der Bisulfit-Behandlung durch
eine spezifische, enzymatisch katalysierte Deaminierung der nicht
methylierten Cytosine. Für
die enzymatische Behandlung wird erfindungsgemäß eine Deaminase, bevorzugt
eine Cytidin-Deaminase, besonders bevorzugt eine Cytidin-Deaminase
ausgewählt
aus der Gruppe der APOBEC-Enzyme, ganz besonders bevorzugt AID oder
APOBEC1, verwendet. Erfindungsgemäß kann zur Katalyse der Deaminierung
auch eine Deaminase verwendet werden, die durch biotechnologische Verfahren,
wie sie dem Fachmann bekannt sind, durch Veränderung einer natürlich vorkommenden Deaminase,
hergestellt wurde. Die Isolierung der natürlich vorkommenden Deaminase
erfolgt durch dem Fachmann bekannte Verfahren und ist zum Beispiel beschrieben
in R. Bransteitter et al., Proc. Natl. Acad. Sci. USA, 2003 100:
7, 4102–4107,
in S. K. Dickerson et al., J. Exp. Med., 2003, 197, 10, 1291–1296 und
in S. K. Petersen-Mahrt, M. S. Neuberger, J.Biol. Chem. 2003, 278,
22, 19583–19586.
Dementsprechend
sind Verfahren zum Nachweis von methylierten Cytosinen, enthaltend
die Schritte
- A) Bereitstellen eines Enzyms,
das selektiv die Deaminierung nichtmethylierter Cytidine zu Uracil katalysiert.
- B) Inkubation einer Target-Nukleinsäure mit dem Enzym unter Konvertierung
nichtmethylierter Cytosine in Uracil
- C) Analyse der veränderten
Target-Nukleinsäure
Gegenstand der vorliegenden
Erfindung.
Erfindungsgemäß kann auch
ein Gemisch verschiedener Deaminasen für den Deaminierungsschritt
A) verwendet werden. Hierdurch können
Unterschiede in der Substratspezifität verschiedener Deaminasen
ausgeglichen werden.
Die
Target-DNA wird erfindungsgemäß mit dem
Enzym/den Enzymen unter solchen Bedingungen inkubiert, unter denen
die zu deaminierende DNA einzelsträngig vorliegt. Dieses kann
z.B. durch thermische Denaturierung der DNA (z.B. bei 90–95°C) und anschließendes schnelles
Herunterkühlen
unter weitgehendem Erhalt der einzelsträngigen Form (z.B. bei 4°C) erfolgen
(siehe zum Beispiel: M.L.M. Anderson, Nucleic Acid Hybridization,
Springer-Verlag, New York, 1998, S. 9 ff.).
Alternativ
kann die enzymatische Deaminierung auch unter Bedingungen durchgeführt werden, unter
denen zwar die DNA, nicht aber das Enzym denaturiert vorliegt. Durch
niedrige Ionenkonzentration, insbesondere durch niedrige Kationenkonzentration und
durch Verdünnung
der DNA-Target-Lösung
kann ebenfalls die Reassoziation denaturierter DNA verlangsamt werden.
Wird in die DNA-Target-Lösung Formamid
gegeben, so wird ebenfalls der Schmelzpunkt der DNA gesenkt und
somit die Reassoziation verlangsamt. Auch durch Einsatz von Proteinen,
die an Einzelstrang-DNA binden, kann die DNA in ihrer einzelsträngigen Form
erhalten werden. Ein Beispiel für
ein solches DNA-bindendes
Protein ist das "single stranded
DNA Binding Protein",
das zum Beispiel von der Firma Promega, Madison, WI, USA, vertrieben wird.
Die oben genannten Methoden können
einzeln oder in geeigneten Kombinationen miteinander eingesetzt
werden, um das DNA-Substrat für
die Deaminase-Reaktion
zugänglich
zu machen.
Durch
die Behandlung der Target-DNA mit Cytidin-Deaminase werden alle
nicht methylierten Cytosine in Uracil umgewandelt. Dieser Schritt
erfolgt erfindungsgemäß durch
Inkubation der Deaminase oder des Gemisches der Deaminasen mit dem DNA-Target
unter jeweils optimierten Temperatur- und Pufferbedingungen, die
die Einzelsträngigkeit des
Targets bei gleichzeitig optimalem Umsatz des Enzyms/Enzymgemisches
gewährleisten.
Anschließend wird
die DNA-Sequenz analysiert, wobei die Umwandlung einer Cytosinposition
in Uracil anzeigt, dass an dieser Sequenzposition keine Methylierung
vorlag, während
unverändert
gebliebene Cytosinpositionen eine Methylierung trugen. Auf diese
Weise kann das Methylierungsmuster der DNA analysiert werden.
Die
Analyse der DNA-Sequenz erfolgt zum Beispiel durch dem Fachmann
bekannte Hybridisierungsbasierte oder enzymatische Nachweisverfahren.
Die Analyse der durch die Deaminase-Behandlung veränderten
Sequenz durch enzymatische Verfahren wird bevorzugt durch eine PCR-Reaktion
erfolgen, die zum Beispiel als methylierungs-spezifische PCR (für eine Übersicht
siehe zum Beispiel: C. Dahl, Biogerontology 2003, 4, 4, 233–250) oder
methylierungs-spezifische real-time PCR (Beispiel: Y.M. Lo et al.,
Cancer Research 1999, 59, 3899–3903) ausgeführt wird.
Ebenfalls
bevorzugt ist die Durchführung
einer Primer-Verlängerung
oder einer Sequenzierreaktion, besonders bevorzugt nach dem Sanger-Verfahren
(für eine Übersicht
siehe zum Beispiel: L.T. Franca et al., Q. Rev. Biophys. 2002, 35,
2, 169–200).
Die Sequenzierung bietet insbesondere dann Vorteile, wenn das Methylierungsmuster
der zu analysierenden Sequenz unbekannt ist.
Wenn
die Analyse einer bekannten Sequenz mit bekanntem Methylierungsmuster
nach erfolgter Deaminase-Behandlung durch methylierungs-spezifische
real-time PCR erfolgt, so wird die veränderte Nukleinsäure mit
zwei Sätzen
von Primern und zugehörigen
real-time Probes amplifiziert, wobei der eine Satz beispielsweise
nur dann bindet, wenn alle Cytosine unmethyliert sind und der zweite
Satz beispielsweise nur dann bindet, wenn die Sequenz an bekannten
Positionen methyliert ist. Die zwei verschiedenen real-time Probes
können
dabei durch zwei verschiedene Fluorophore (z.B. Fluorescein und
Rhodamin) unterschieden werden. Während der real-time PCR wird
die Zunahme der Fluoreszenz in Folge der Target-Amplifikation bestimmt.
Die Anzahl der PCR-Zyklen, die zur Überschreitung eines festgelegten
Schwellwertes der Fluoreszenz benötigt wird, definiert man als
sogenannten Ct-Wert (Cycle threshold). Der Ct-Wert kann über eine
Eichkurve in Beziehung zur eingesetzten Target-Konzentration gesetzt
werden und stellt somit ein Maß für die Target-Konzentration dar.
Das Verhältnis
der Ct-Werte der mit den beiden Sätzen an Primern und Sonden durchgeführten real-time
PCR-Reaktionen zueinander ergibt nach entsprechender Normierung
auf die Eichkurve den Methylierungsgrad der untersuchten Probe.
Die
Analyse von Methylierungsmustern nach der Natriumbisulfit-Methode
mit Hilfe der real-time PCR ist beispielsweise beschrieben in Y.M.
Lo et al., Cancer Research 1999, 59, 3899–3903.
Die
Analyse der durch die Deaminase-Behandlung veränderten Sequenz durch Hybridisierungsbasierte
Nachweisverfahren erfolgt bevorzugt durch Hybridisierung von DNA-Sonden,
PNA-Sonden, DNA oder PNA Chips oder Sonden auf der Basis anderer
DNA-Analoga (siehe zum Beispiel M.L.M. Anderson, Nucleic Acid Hybridization,
Springer-Verlag, New York, 199).
Besonders
bevorzugt ist die Analyse der durch die Deaminase-Behandlung veränderten
Sequenz an DNA- oder PNA-Chips. Solche Verfahren sind dem Fachmann
bekannt, die Analyse von Methylierungsmustern auf DNA-Chips nach
der Natriumbisulfit-Methode ist beispielsweise beschrieben in H.
Shi et al., Journal of Cellular Biochemistry 2003, 88, 138–143.
Erfindungsgemäß können auch
Testkits zur Durchführung
des Nachweises methylierter Cytosine eingesetzt werden. Die Testkits
enthalten dann diejenigen Reagenzien, die zur Durchführung des
beschriebenen Assays benötigt
werden. Ein solches Kit enthält
beispielsweise eine Deaminase oder ein Gemisch verschiedener Deaminasen
in Form einer konzentrierten Lösung,
die verdünnt
in die Deaminierungsreaktion eingesetzt wird. Außerdem enthält das Kit beispielsweise eine
gepufferte wässrige
Lösung, ebenfalls
in konzentrierter Form (z.B. 10x). Als Puffersubstanzen können z.B.
Phosphatsalze, Tris-(hydroxymethyl)-aminomethan, Citratsalze, 4-(2hydroxyethyl)-1-piperazinethansulfonsäure (HEPES)
oder 2-(N-Morpholino)-ethansulfonsäure (MES) sowie andere dem
Fachmann bekannte Puffersubstanzen eingesetzt werden. Die konzentrierte Pufferlösung kann
auch andere, die Deaminase-Reaktion begünstigende Stoffe wie zum Beispiel
Ethylendiamintetraacetat (EDTA) oder Dithiothreitol (DTT) enthalten.
Das Kit kann auch konzentrierte Lösungen von Hilfsstoffen (zum
Beispiel von DNA-denaturierenden Agenzien wie Formamid oder zum Beispiel
single stranded DNA Binding Protein) enthalten, die in verdünnter Form
in die Deaminase-Reaktion eingesetzt werden. Das Kit kann beispielsweise
eingesetzt werden, indem zunächst
die zu untersuchende DNA-Target Lösung 1–30 min bei 90–96°C thermisch
denaturiert und anschließend
möglichst schnell
auf 4°C
abgekühlt
wird. Anschließend
gibt man zum Beispiel zu der gekühlten
DNA-Target-Lösung
die im Kit enthaltene Puffersubstanz, ggf. die Hilfsstoffe sowie
die Deaminase oder das Gemisch der Deaminasen. Anschließend erfolgt
die Inkubation der Lösung
bei einer Temperatur zwischen 4°C
und 96°C
für eine
Zeit von wenigen Minuten bis zu mehreren Stunden, das heißt solange,
bis alle nichtmethylierten Cytosine desaminiert sind. Nach erfolgter Deaminase-Reaktion
richtet sich die weitere Behandlung der DNA-Target-Lösung nach
der jeweils gewählten
Analysemethode. Wird nach der Deaminase-Behandlung eine PCR durchgeführt, ist
die vorherige Desaktivierung der Deaminase empfehlenswert. Im Falle
einer nicht thermostabilen Deaminase kann die Desaktivierung z.B.
durch kurzes Erhitzen der Lösung
z.B. auf 90–96°C erfolgen.
Andere, dem Fachmann bekannte Methoden zur Desaktivierung von Enzymen
können
ebenfalls eingesetzt werden, sofern sie mit der anschließenden Analysemethode kompatibel
sind. Ob vor der Analyse eine Aufreinigung des nach der Deaminase-Reaktion
erhaltenen Gemisches aus Salzen, Hilfsstoffen, DNA und Enzymen notwendig
ist, richtet sich ebenfalls nach den Anforderungen der zur Sequenzanalyse
ausgewählten
Methode. Zur Aufreinigung und Entsalzung des Gemisches können dem
Fachmann bekannte Methoden wie z.B. die Zentrifugation durch Microspin-Säulen (beispielsweise
Microcon-Säulen
der Firma Millipore, Billerica, MA, USA) oder Gelfiltrationssäulen (beispielsweise
NAP-Säulen
der Firma Amersham Biosciences, Uppsala, Schweden) eingesetzt werden.
Die Sequenzanalyse kann durch dem Fachmann bekannte Verfahren wie
zum Beispiel enzymatische oder hybridisierungsbasierte Verfahren,
zum Beispiel PCR, methylierungs-spezifische PCR, methylierungs-spezifische
real-time PCR, Hybridisierung von Sonden in Lösung oder an Oberflächen (zum
Beispiel DNA-Chips,
DNA-Arrays) erfolgen.
Vorteil
des erfindungsgemäßen Verfahrens gegenüber dem
Stand der Technik ist die selektive, enzymatisch katalysierte Deaminierung
unter milden Reaktionsbedingungen, unter denen keine Degradation
der Target-DNA erfolgt. Ein weiterer Vorteil des Verfahrens ist,
dass keine kanzerogenen Chemikalien für die Deaminierung eingesetzt
werden.