DE102004040991B4 - Verfahren zur Erzeugung von langkettenverzweigtem Polypropylen - Google Patents

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Abstract

Verfahren zur Erzeugung von langkettenverzweigtem Polypropylen, bei dem das Polypropylen im Schmelzezustand einer ionisierenden Strahlung ausgesetzt wird, wobei die Erzeugung der Polypropylenschmelze und die Bestrahlung dieser Polypropylenschmelze unter Vermeidung einer zwischenzeitlichen Erstarrung der Polypropylenschmelze unmittelbar aufeinanderfolgend durchgeführt wird.

Description

  • Die Erfindung bezieht sich auf das Gebiet der Polymerchemie und betrifft ein Verfahren zur Erzeugung von langkettenverzweigtem Polypropylen, welches aufgrund einer verbesserten Schmelzefestigkeit bei hohen Verarbeitungsgeschwindigkeiten zur Herstellung von dimensionskonstanten Formkörpern, Schäumen, Folien und für das Thermoformen eingesetzt werden kann.
  • Polypropylen ist ein durch Polymerisation von Propylengas (Aufbereitungsprodukt des Erdöls) erzeugter synthetischer Kunststoff und wird seit langem und in großem Umfang als leistungsfähiger Werkstoff für unterschiedlichste Anwendungen eingesetzt. Handelsübliche Polypropylene bestehen aus linearen Makromolekülen unterschiedlicher Kettenlänge und besitzen im festen Zustand eine teilkristalline Struktur. Polypropylene werden durch Anwendung bekannter thermoplastischer Umformprozesse, wie Spritzgießen oder Extrusion, zu Halbzeugen und Fertigteilen verarbeitet. Diesen beiden Umformungen ist gemeinsam, dass im ersten Prozessschritt das polymere Syntheseprodukt vom festen in den flüssigen, d.h. fließfähigen Zustand, überführt werden muss. Dies erfolgt vorzugsweise in an sich bekannten Einschneckenextrudern, wobei zunächst eine homogene hochviskose Polymerschmelze erzeugt wird. Diese Polymerschmelze wird anschließend, beispielsweise in einem Spritzgussprozess, in eine geschlossenen Form mit der gewünschten Werkstückgeometrie gepresst, dort definiert zum Festkörper abgekühlt und abschließend ausgeworfen. Bei der Extrusion handelt es sich dagegen um einen sogenannten Freiformprozess, der hochviskose Polymerschmelzen durch profilierte Strömungswerkzeuge zu beispielsweise Rohren, Profilen oder Folien oder für die Beschichtung von Papier sowie anderer Substrate formt. Freiformprozesse erfordern aber Schmelzefestigkeiten, die den hohen Verformungsbelastungen zwischen dem Schmelzeausstoß aus den Profildüsen und der Verfestigung der Polymere standhalten. Nur so sind die gewünschten hohen Verarbeitungsgeschwindigkeiten und Produktgleichmäßigkeiten zu erreichen.
  • Als Maß für die Festigkeit von Polymerschmelzen wird meist die Eigenschaft der sogenannten Dehnverfestigung herangezogen, die aus speziellen rheologischen Messungen ermittelbar ist. Eine hohe Dehnverfestigung der Polymerschmelze ist auch wichtig für die Erzeugung von Kunststofffschäumen und für das Thermoformen. Lineare Polypropylene weisen in der Regel nur geringe Schmelzefestigkeiten auf. Grundsätzlich bekannt ist aber seit langem, dass die Schmelzefestigkeit von Polypropylenen durch die Einführung von Langkettenverzweigungen in die makromolekulare Struktur des Polypropylens signifikant erhöht werden kann (E. Phillips u.a.: Kunststoffe 82(1992) 671–676; S. Kurzbeck et al.: Journal of Rheology 43 (2), (1999) 359–374; M. B. Bradley et al.:Plastics Engineering 47(3)(1991) 82–84; C. Park et al.: Polymer Engineering & Science 37(1) (1997) 1–10).
  • Inzwischen wurden weitere Bemühungen zur Entwicklung von Verfahren zur Reduzierung des Nachteils der geringen Schmelzefestigkeit unternommen, die letztlich zur Entwicklung kommerzieller High-Melt-Strength Polypropylene (HMS-PP) führten. Einheitliche Zielstellung war dabei, geeignete Langkettenverzweigungen in Polypropylen für eine erhöhte Dehnverfestigung zu erzeugen.
  • Ein interessanter verfahrenstechnischer Hauptweg zur Erzeugung von HMS-Eigenschaft in Polypropylenen ist die nachträgliche chemische Modifizierung von bei der Propylenpolymerisation entstandenen Polypropylenpulvern (M. Rätzsch u.a. Progr. Polym. Sci. 27(2002) 1195–1282; EP 574 801 A1 ; EP 574 804 A1 ; EP 384 431 A1 ; DE 43 40 194 A1 ; EP 142 724 A1 ; EP 678 527 A1 ; EP 688 817 A1 ; EP 450 342 A1 ; EP 1 187 869 A1 ; US 6,323,289 ).
  • Nachteilig an diesen Verfahren ist aber, dass den Polypropylenpulvern noch chemische Reaktanten zugesetzt werden müssen, wie beispielsweise Peroxide und ungesättigte Monomere. Weiterhin müssen diese Zusätze exakt dosiert und mit dem Polypropylenpulver homogen gemischt werden, bevor die gewünschten Modifizierungsreaktionen mittels Bestrahlung oder Schmelzereaktion gestartet werden können. Nicht umgesetzte Reaktanten sind häufig nur mit großem Aufwand aus dem modifizierten Polypropylen zu entfernen. Nachteilig an diesen Verfahren ist auch der allgemein bekannte, hohe verfahrenstechnische Aufwand bei Pulvertechnologien für Lagerung, Transport, Dosierung, Staubbelastung, Explosionsgefahr usw.
  • Weiterhin werden Verfahren beschrieben, bei denen die Erzeugung von HMS-Eigenschaft des Polypropylens allein durch die Bestrahlung von Polypropylenpulver (Festkörperbestrahlung) erfolgt, d.h. ohne den Zusatz von chemischen Reaktanten ( DE 36 88 258 A1 ; EP 190 889 A1 ; EP 634 454 A1 ; EP 351 866 A1 ; US 4,916,198 ; US 5,047,446 ).
  • Nachteilig an diesen Verfahren ist ebenfalls der bereits beschriebene hohe verfahrenstechnische Aufwand für die Pulvertechnologien. Nachteilig ist weiterhin die erforderliche Vorbehandlung des Polypropylenpulvers zur weitestgehenden Entfernung des Sauerstoffs (am besten weniger als 0,004 Vol.-%). Verfahrenstechnisch aufwändig ist auch die vorgeschriebene Zwischenlagerung des sauerstoffarmen Polypropylenpulvers bei abgesenkter Sauerstoffkonzentration und definierter Lagertemperatur, was bezüglich der abgesenkten Sauerstoffkonzentration auch für den anschließenden Bestrahlungsprozess und den nachfolgenden Temperprozess des bestrahlten Polypropylenpulvers von zwei bis dreißig Minuten gefordert wird. Letztlich ist nach der Bestrahlung noch ein dritter Verfahrensschritt erforderlich, bei dem durch thermische Einwirkung (Aufschmelzen im Extruder oder Wirbelschichttempern) störende Restradikale in den starren kristallinen Strukturbereichen des bestrahlten Polypropylens zerstört werden müssen. Insgesamt ist der vorgeschlagene Modifizierungsprozess durch seine komplexe Mehrstufigkeit verfahrenstechnisch sehr kompliziert und hinsichtlich der Modifizierung selbst nur wenig effektiv. Darüber hinaus schränkt die beschriebene Anwendung von Polypropylenpulver die Realisierung dieses Modifizierungsverfahrens weitestgehend auf die Durchführung beim Polymererzeuger selbst ein.
  • Zur Verringerung der Kosten für die strahleninitiierte Erzeugung von Langkettenverzweigungen in Polypropylenpulvern wurde auch die Anwendung eines lokal abschirmbaren Niederenergie-Elektronenbeschleunigers vorgeschlagen ( EP 792 905 A1 ; DE 196 07 480 A1 ; US 5,883,151 ). Neben den auch hier zutreffenden grundsätzlichen verfahrenstechnischen Nachteilen der Pulvertechnologie resultiert ein zusätzlicher verfahrenstechnischer Aufwand dadurch, dass wegen der physikalisch bedingten geringen Eindringtiefe des niederenergetischen Elektronenstrahls (max. 0,4 mm bei 300 keV) nur besonders feine Pulverteilchen verwendet werden können (0,01 bis max. 0,2 mm).
  • Weiterhin führt die Elektronenbestrahlung von Polypropylen im festen Zustand bekanntermaßen vorzugsweise zur Reduzierung der mittleren Molmasse und gleichzeitig zu engeren Molmassenverteilungen. Dieser Modifizierungseffekt wird bereits seit langem industriell für die Erzeugung von Polypropylenfäden genutzt. Die Ursache für diesen Modifizierungseffekt liegt darin, dass die von den Elektronen an den Polypropylenketten erzeugten Primärradikale bei den nachfolgenden Sekundärreaktionen vorzugsweise zur Spaltung der makromolekularen Ketten führen.
  • Daneben kann es aber durch die Elektronenbestrahlung von Polypropylen im festen Zustand bekanntermaßen auch zur Bildung von Kettenverzweigungen kommen.
  • Aus der EP 1 170 309 A1 ist ein Verfahren zur Herstellung von Propylen-Copolymeren mit verbesserten Eigenschaften bekannt.
  • Gemäß der EP 1 170 307 A1 ist ein Verfahren zum Schmelzen von Polyolefinen mit verbesserten Eigenschaften bekannt.
  • Nach EP 1 170 306 A1 ist ein Verfahren zur Herstellung von Polypropylen mit verbesserten Eigenschaften bekannt.
  • Entsprechend EP 1 170 305 A1 ist ein Verfahren zur Herstellung von Polyolefin mit verbesserten Eigenschaften bekannt.
  • Aus EP 1 038 893 A1 ist ein Verfahren zur Herstellung von Polypropylenen mit verbesserten Eigenschaften bekannt.
  • Und nach EP 0 634 441 A1 ist ein Polypropylenpolymer mit hoher Schmelzfestigkeit und ein Verfahren zu seiner Herstellung bekannt.
  • Allen diesen bekannten Verfahren ist gemeinsam, dass zunächst eine separate Bestrahlung des Feststoffes und anschließend und völlig getrennt von dieser Bestrahlung das Aufschmelzen des Feststoffes erfolgt.
  • Die Aufgabe der Erfindung besteht in der Angabe eines Verfahrens zur Erzeugung von langkettenverzweigtem Polypropylen, welches einfach handhabbar ist und zu einem hohen Verzweigungsgrad des Polypropylens führt.
  • Die Aufgabe wird durch die in den Ansprüchen angegebene Erfindung gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche.
  • Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Erzeugung von langkettenverzweigtem Polypropylen wird das Polypropylen im Schmelzezustand einer ionisierenden Strahlung ausgesetzt.
  • Vorteilhafterweise wird als ionisierende Strahlung Elektronenstrahlung, Röntgenstrahlung, UV-Strahlung, Gammastrahlung und/oder Betastrahlung eingesetzt.
  • Ebenfalls vorteilhafterweise wird das Polypropylen im Schmelzezustand in definierten Geometrien, Strängen, Platten, Fäden, Halbzeug-Profilen oder Schmelzetröpfchen, der ionisierenden Strahlung ausgesetzt.
  • Weiterhin vorteilhafterweise wird die Erzeugung der Polypropylenschmelze und die Bestrahlung dieser Polypropylenschmelze unter Vermeidung einer zwischenzeitlichen Erstarrung der Polypropylenschmelze unmittelbar aufeinanderfolgend durchgeführt.
  • Auch vorteilhafterweise wird die Polypropylenschmelze zu definierten Geometrien, Strängen, Platten, Fäden, Profilen oder Schmelzetröpfchen geformt, unmittelbar anschließend einer ionisierenden Strahlung ausgesetzt und danach durch Abkühlung in den festen Zustand überführt.
  • Es ist auch von Vorteil, wenn kommerziell erhältliches Polypropylen im Schmelzezustand einer ionisierenden Strahlung ausgesetzt wird.
  • Weiterhin von Vorteil ist es, wenn die Bestrahlung der Polypropylenschmelze zwischen der Kristallitschmelztemperatur und der Zersetzungstemperatur des Polypropylens durchgeführt wird.
  • Auch von Vorteil ist es, wenn die Bestrahlung des Polypropylens im Schmelzezustand unter Umgebungsbedingungen, in einer inerten oder reaktiven Atmosphäre oder in einem Vakuum durchgeführt wird.
  • Vorteilhaft ist auch, wenn die Elektronenbestrahlung des Polypropylens im Schmelzezustand bei Elektronenenergien von 0,1 bis 10 MeV und Bestrahlungsenergiedosen zwischen 0,1 und 1000 kGy durchgeführt wird.
  • Ebenfalls vorteilhaft ist es, wenn langkettenverzweigtes Polypropylen nach einer Bestrahlung im Schmelzezustand mit ionisierender Strahlung in Form von Strängen, Folien, Platten, Fäden und Halbzeug-Profilen zu Granulaten und Pulvern zerkleinert und als Zusätze in Konzentrationen von 1 bis 99 Ma.-% in kommerzielle Polypropylene mittels Schmelzemischung eingemischt werden.
  • Weiterhin vorteilhaft ist es, wenn die Bestrahlung des Polypropylens im Schmelzezustand vor, während oder nach der Formgebung, noch vorteilhafterweise in einem Extruder oder in einer Spritzgussanlage durchgeführt wird.
  • Mit der erfindungsgemäßen Lösung ist es auf einfache und energetisch günstige Weise möglich, langkettenverzweigtes Polypropylen herzustellen. Dazu kann besonders vorteilhafterweise das erfindungsgemäße Verfahren in den laufenden Betrieb der Aufbereitung und/oder der Verarbeitung von Polypropylen zu Formteilen oder Halbzeugen integriert werden, ohne das Verarbeitungsverfahren negativ zu beeinflussen. Die erfindungsgemäße Bestrahlung mit ionisierender Strahlung findet statt, während sich das Polypropylen für die Aufbereitung und/oder die Verarbeitung im Schmelzezustand befindet. Somit kann der Schmelzezustand des Polypropylens ohne zusätzlichen verfahrenstechnischen und energetischen Aufwand für die Bestrahlung ausgenutzt werden. Damit wird grundsätzlich auch eine direkte verfahrenstechnische Kopplung von Kunststoff-Aufbereitung/-Verarbeitung und Bestrahlung möglich.
  • Polypropylen, welches erfindungsgemäß im Schmelzezustand einer ionisierenden Strahlung ausgesetzt wird, sollen im Rahmen dieser Erfindung wie folgt verstanden werden.
  • Unter dem Begriff Polypropylen kann es sich um folgende Gruppen von Materialien handeln: Einerseits wird ein festes, hochmolekulares, gelfreies, lineares, semikristallines Homopolymer verstanden. Andererseits wird darunter auch ein Gemisch von Polypropylen mit anderen Polyolefinen verstanden. Drittens gehören auch Copolymere aus Propylen und anderen Olefinen, wie z. B. Ethylen, dazu. Zusätzlich können dem Polypropylen auch Additive, wie z. B. Verarbeitungshilfsmittel, Stabilisatoren, Vernetzungshilfsmittel usw. von bis zu 60 Gewichtsprozenten zugesetzt werden. Als hochmolekular werden gewichtsmittlere Molmassen ab 100.000 g/mol angesehen und als semikristallin werden Materialien bezeichnet, die einen Kristallinitätsgrad von über 5% aufweisen.
  • Besonders vorteilhaft ist weiterhin, dass das erfindungsgemäße Verfahren auf eine spezielle Atmosphäre oder ein Vakuum vollkommen verzichten kann. Damit wird die Anwendung des Verfahrens wiederum wesentlich einfacher und kostengünstiger. Der Einsatz von inerten, reaktiven Atmosphären oder eines Vakuums hat aber keine negativen Auswirkungen auf den Reaktionsverlauf und kann auch für beispielsweise Oberflächenmodifizierungen während des Bestrahlungsprozesses ausgenutzt werden.
  • Weiterhin wird mit dem erfindungsgemäßen Verfahren langkettenverzweigtes Polypropylen mit einem hohen Verzweigungsgrad herstellbar.
  • Es konnte überraschenderweise festgestellt werden, dass die aus der Bestrahlung von Polypropylen im festen Zustand bekannten Abbaureaktionen prinzipiell ebenfalls stattfinden. Es kommt also auch zu der bekannten Reduzierung der mittleren Molmasse und gleichzeitig zu einer engeren Molmassenverteilung. Jedoch konnte auch festgestellt werden, dass die Reaktion, die zu langkettenverzweigtem Polypropylen führt, durch das erfindungsgemäße Verfahren verstärkt abläuft. Dieser Reaktionsverlauf war nicht zu erwarten gewesen.
  • Die Ursache für diesen Reaktionsablauf könnte darin zu finden sein, dass bei dem erfindungsgemäßen Verfahren durch die Bestrahlung im Schmelzezustand des Polypropylens im Polypropylen keine kristallinen Bereiche mehr vorliegen.
  • Kristalline Bereiche sind durch ihren hochgeordneten übermolekularen Zustand für eine Modifizierung weitestgehend nicht verfügbar.
  • Beim Vorliegen von kristallinen Bereichen, wie sie nach den Verfahren des Standes der Technik in festem Polypropylen vorhanden sind, können die strahlinduzierten Primärradikale nur zu einem sehr geringen Teil die Sekundärreaktion zur Bildung von Langkettenverzweigungen auslösen, da sie durch den hochgeordneten übermolekularen Zustand der kristallinen Bereiche behindert werden. Dies wird durch das erfindungsgemäße Verfahren dahingehend geändert, dass die Primärradikale nun eine größere Beweglichkeit haben und damit überraschenderweise die Rekombination mit einer makromolekularen Polymerkette an Bedeutung gewinnt. Dementsprechend werden im Vergleich zu den bekannten Verfahren der Elektronenbestrahlung von Polypropylen im festen Zustand sowohl die Effektivität des erfindungsgemäßen Verfahrens als auch die Homogenität der Langkettenverzweigungen im Polypropylen erhöht.
  • Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, dass wegen der Abwesenheit der kristallinen Bereiche auch keine sogenannten „trapped radicals" in den kristallinen Bereichen entstehen können. Diese „trapped radicals" führen bekanntermaßen im praktischen Gebrauch der Polypropylenformteile über Langzeitreaktionen mit dem Luftsauerstoff zu unerwünschten Materialalterungen (Versprödung, Verfärbung, molekularer Abbau usw.). Außerdem sind die nach dem Stand der Technik üblichen aufwendigen thermischen Nachbehandlungen (Tempern, Extrusion, Wirbelbett) zur Entfernung eben dieser „trapped radicals" dann nicht mehr notwendig.
  • Ebenfalls von Vorteil ist bei dem erfindungsgemäßen Verfahren, dass auf den Einsatz zusätzlich eingebrachter Materialien verzichtet werden kann. Diese erfindungsgemäße Modifizierung der makromolekularen Struktur des Polypropylens durch eine „Polymerchemie ohne Chemikalien" wird ohne zusätzliche Reaktanten möglich, die nach dem Stand der Technik bekanntermaßen zudosiert und, eingemischt werden. Hinzu kommt noch, dass nach dem Stand der Technik die nichtverbrauchten Reaktanten und auch mögliche unerwünschte Reaktionsprodukte aus der Elektronenbestrahlung aus dem Polypropylen und aus dem Prozess aufwendig entfernt werden müssen. Dies ist bei Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens nicht notwendig, da eben keine zusätzlichen Materialien eingebracht werden brauchen.
  • Bezüglich der Bestrahlung können handelsübliche Geräte eingesetzt werden. Die verfügbaren Bestrahlungsleistungen derartiger bekannter industriell einsetzbarer Geräte, beispielsweise eines Elektronenbeschleunigers, können problemlos die erforderlichen Modifizierungen im Polypropylen im Schmelzezustand realisieren. Auch ist die Anpassung der Bestrahlung an die Materialgeschwindigkeiten bei der Polypropylenaufbereitung und/oder Polypropylenverarbeitung in Abhängigkeit von dem jeweiligen Verarbeitungsprozess ohne Probleme möglich.
  • Beispielsweise ist für die Bestrahlung dünner Schmelzeschichten, wie z.B. Folien bis max. 0,4 mm Dicke, ein lokal abschirmbarer Niederenergie-Elektronenbeschleuniger direkt in den Produktionsprozess integrierbar.
  • Die Bestrahlung von Polypropylen im Schmelzezustand mit größeren Querschnitten, wie z.B. Stränge oder Profile, erfordern dagegen den Einsatz von ebenfalls bekannten und verfügbaren Geräten, wie beispielsweise Mittel- bis Hochenergie-Elektronenbeschleunigern.
  • Im Weiteren wird die Erfindung an mehreren Ausführungsbeispielen näher erläutert.
  • Beispiel 1
  • Auf einer Flachfolienanlage mit einem Einschneckenextruder, mit einer Schlitzdüse von 1 mm Spaltweite und einem Walzenabzug Chill-Roll 136/350 wird aus granuliertem Polypropylen PPH 2150 (Basell Polyolefines) eine Folie mit der Dicke von 0,5 mm hergestellt. Die Schmelzvolumenrate für dieses Polypropylen ist mit 0,55 cm3/10 min bei 190 °C/5 kg angegeben. Aus dieser Folie werden Proben mit den Abmessungen 6 × 6 cm2 hergestellt und in einer Vorrichtung fixiert, die einerseits die Aufheizung der Folienprobe in den Schmelzezustand realisiert und gleichzeitig auf dem Transportsystem eines Elektronenbeschleunigers integriert ist. Die Aufheizung der Folienprobe bis zum Schmelzezustand bei 200 °C wird innerhalb von 1–2 min realisiert, was kunststoffprozessanalogen Zeiten entspricht. Danach wird die Folienprobe im Schmelzezustand durch den Strahlengang des Elektronenstrahls mit 1,0 MeV geführt und somit einer Bestrahlungsdosis von 10 kGy ausgesetzt. Anschließend wird die Folienprobe abgekühlt.
  • Die polymeranalytische Charakterisierung der schmelzebestrahlten Polypropylenprobe mit Hochtemperatur-Gelpermeationschromatographie (HT-GPC) zeigt den erwarteten und auch erfindungsgemäßen Abfall der mittleren Molmasse. Die HT-GPC-Analyse bestätigt weiterhin, dass Langkettenverzweigungen mit einem hohen Verzweigungsgrad entstanden sind.
  • Durch den Einbau von Langkettenverzweigungen wird eine dichtere Packung der Makromoleküle möglich, wodurch sich das hydrodynamische Volumen oder der Knäulradius des gelösten Makromoleküls im Vergleich zum linearen Makromolekül gleicher Molmasse verringert. Die Verringerung der Knäulradien konnte durch die NT-GPC-Untersuchungen an der Folienprobe eindeutig nachgewiesen werden.
  • Beispiel 2
  • Aus Polypropylen PPH 2150 (Basell Polyolefines) im Schmelzezustand bei 240 °C wird auf einer Flachfolienanlage mit einer Schlitzdüse des Film-Extrusionswerkzeuges von 1 mm und mit einer Geschwindigkeit von 4 m/min ein Schmelzefilm von 0,8 mm Dicke und 300 mm Breite geformt. Dieser Schmelzefilm wird unmittelbar nach dem Austritt aus der Schlitzdüse in einem einzigen Strahldurchgang mit einer Dosis von 10 kGy bestrahlt. Direkt nach dem Verlassen des Strahlenfeldes wird der Schmelzefilm von temperierten Walzen erfasst, gekühlt/verfestigt und aufgewickelt.
  • Zum Nachweis des Vorhandenseins von Langkettenverzweigungen im bestrahlten Material wurden eine NT-GPC-Untersuchung und eine dehnrheologische Untersuchung durchgeführt.
  • Im Ergebnis der dehnrheologischen Untersuchung konnte ein dehnverfestigendes Verhalten der Probe festgestellt werden, woraus die Anwesenheit von Langkettenverzweigungen mit einem hohen Verzweigungsgrad als sicher angenommen werden kann, da aufgrund der chromatografischen Ergebnisse das Vorhandensein von hochmolekularen Komponenten oder einer sehr breiten Molmassenverteilung auszuschließen war.
  • Beispiel 3
  • Granuliertes Polypropylen PPH 2150 (Basell Polyolefines) wird auf einem Doppelschneckenextruder (ZSK30, Werner&Pfleiderer) in eine homogene Schmelze bei 245 °C überführt. Aus der Schmelze werden durch eine Strangdüse mit zwei horizontal angeordneten kreisrunden Düsenlöchern von 2 mm Durchmesser Schmelzestränge geformt. Diese Schmelzestränge werden nach Verlassen der Düsenlöcher mit einem Elektronenstrahl von 1,5 MeV in einem einzigen Strahldurchgang mit einer Dosis von 50 kGy bestrahlt. Die bestrahlten Stränge werden danach sofort in einem Wasserbad abgekühlt/verfestigt und anschließend in einem Stranggranulator zu Granulatkörnern geschnitten.
  • Auch hier zeigen die chromatografischen Untersuchungen das Vorhandensein von Langkettenverzweigungen mit einem hohen Verzweigungsgrad.
  • Beispiel 4
  • 5 Ma.-% eines nach Beispiel 3 strahlenmodifizierten Granulates aus PPH 2150 werden mit 95 Ma.-% eines unmodifizierten PPH 2150-Granulates gemischt, aufgeschmolzen und erneut zu Granulatkörnern verarbeitet.
  • Diese Polypropylen-Mischung zeigt bei der DSC-Analyse eine im Vergleich zu nichtmodifiziertem PPH2150-Granulat bereits bei höheren Temperaturen einsetzende Rekristallisation.
  • Beispiel 5
  • 50 Ma.-% eines nach Beispiel 3 strahlenmodifizierten Granulates aus PPH 2150 werden mit 50 Ma.-% eines unmodifizierten PPH 2150-Granulates gemischt, gemeinsam in einem Einschneckenextruder aufgeschmolzen und zu einem Folienschlauch extrudiert.
  • Durch den Zusatz des strahlenmodifizierten und damit langkettenverzweigten PPH 2150-Granulates konnte bei gleichbleibender Folienschlauchqualität die Verarbeitungsgeschwindigkeit um 20 % erhöht werden.

Claims (12)

  1. Verfahren zur Erzeugung von langkettenverzweigtem Polypropylen, bei dem das Polypropylen im Schmelzezustand einer ionisierenden Strahlung ausgesetzt wird, wobei die Erzeugung der Polypropylenschmelze und die Bestrahlung dieser Polypropylenschmelze unter Vermeidung einer zwischenzeitlichen Erstarrung der Polypropylenschmelze unmittelbar aufeinanderfolgend durchgeführt wird.
  2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem als ionisierende Strahlung Elektronenstrahlung, Röntgenstrahlung, UV-Strahlung, Gammastrahlung und/oder Betastrahlung eingesetzt wird.
  3. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem das Polypropylen im Schmelzezustand in definierten Geometrien, Strängen, Platten, Fäden, Halbzeug-Profilen oder Schmelzetröpfchen, der ionisierenden Strahlung ausgesetzt wird.
  4. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 3, bei dem die Polypropylenschmelze zu definierten Geometrien, Strängen, Platten, Fäden, Profilen oder Schmelzetröpfchen geformt, unmittelbar anschließend einer ionisierenden Strahlung ausgesetzt und danach durch Abkühlung in den festen Zustand überführt wird.
  5. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem kommerziell erhältliches Polypropylen im Schmelzezustand einer ionisierenden Strahlung ausgesetzt wird.
  6. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem die Bestrahlung der Polypropylenschmelze zwischen der Kristallitschmelztemperatur und der Zersetzungstemperatur des Polypropylens durchgeführt wird.
  7. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem die Bestrahlung des Polypropylens im Schmelzezustand unter Umgebungsbedingungen, in einer inerten oder reaktiven Atmosphäre oder in einem Vakuum durchgeführt wird.
  8. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem die Elektronenbestrahlung des Polypropylens im Schmelzezustand bei Elektronenenergien von 0,1 bis 10 MeV und Bestrahlungsenergiedosen zwischen 0,1 und 1000 kGy durchgeführt wird.
  9. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem langkettenverzweigtes Polypropylen nach einer Bestrahlung im Schmelzezustand mit ionisierender Strahlung in form von Strängen, Folien, Platten, Fäden und Halbzeug-Profilen zu Granulaten und Pulvern zerkleinert und als Zusätze in Konzentrationen von 1 bis 99 Ma.-% in kommerzielle Polypropylene eingemischt werden.
  10. Verfahren nach Anspruch 1 und 9, bei dem langkettenverzweigtes Polypropylen mittels Schmelzemischung in kommerzielle Polypropylene eingemischt wird.
  11. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem die Bestrahlung des Polypropylens im Schmelzezustand vor, während oder nach der Formgebung durchgeführt wird.
  12. Verfahren nach Anspruch 11, bei dem die Bestrahlung des Polypropylens im Schmelzezustand vor, während oder nach der Formgebung der Polypropylenschmelze in einem Extruder oder in einer Spritzgussanlage durchgeführt wird.
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