DE10131964A1 - Verfahren zum Betrieb eines digitalen programmierbaren Hörgerätes sowie digitales programmierbares Hörgerät - Google Patents
Verfahren zum Betrieb eines digitalen programmierbaren Hörgerätes sowie digitales programmierbares HörgerätInfo
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Abstract
Ein Verfahren zum Betrieb eines digitalen programmierbaren Hörgerätes (10, 30) zeichnet sich dadurch aus, dass sowohl eine Übertragungskennlinie einer normalen Verstärkung (6) sowie eine Übertragungskennlinie einer maximalen Verstärkung (7) eines Audiosignals über der Frequenz nahezu frei konfigurierbar sind. Bei einer Veränderung der Verstärkung durch Einstellungen am Hörgerät sowie durch Parameter, die aus der Signalverarbeitung resultieren, wird die Verstärkung stets für das Gesamtsystem unter Einbeziehung aller Parameter errechnet und gegebenenfalls auf die maximale Verstärkung bei der jeweiligen Frequenz begrenzt, falls diese sonst überschritten würde.
Description
- Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines digitalen programmierbaren Hörgerätes mit einem Eingangswandler zur Aufnahme eines Eingangssignals und Wandlung in ein Audiosignal, einer Signalverarbeitungseinheit zur Verarbeitung und frequenzabhängigen Verstärkung des Audiosignals und einem Ausgangswandler. Ferner betrifft die Erfindung ein digitales programmierbares Hörgerät zur Durchführung des Verfahrens.
- Akustische Rückkopplungen treten häufig bei Hörhilfegeräten auf, insbesondere wenn es sich um Hörhilfegeräte mit hoher Verstärkung handelt. Diese Rückkopplungen äußern sich in starken rückkopplungsbedingten Oszillationen einer bestimmten Frequenz (Feedback). Dieses "Pfeifen" ist in der Regel sowohl für den Hörgeräteträger als auch für Personen in seiner näheren Umgebung sehr unangenehm.
- Feedback kann auftreten, wenn Schall, der über das Mikrofon des Hörhilfegerätes aufgenommen, durch einen Signalverstärker verstärkt und über den Hörer ausgegeben wird, wieder zum Mikrofon gelangt und erneut verstärkt wird. Damit es zum typischen "Pfeifen" - meist bei einer dominanten Frequenz - kommt, müssen jedoch zwei weitere Bedingungen erfüllt sein. Die sogenannte Schleifenverstärkung des Systems, d. h. das Produkt aus der Hörgeräteverstärkung und der Abschwächung des Rückkopplungspfades, muss größer als 1 sein. Darüber hinaus muss die Phasenverschiebung dieser Schleifenverstärkung einem beliebigen ganzzahligen Vielfachen von 360° entsprechen.
- Der einfachste Ansatz zur Reduzierung rückkopplungsbedingter Oszillationen ist die dauerhafte Reduktion der Hörgeräteverstärkung, so dass die Schleifenverstärkung auch in ungünstigen Situationen unter dem kritischen Grenzwert bleibt. Der entscheidende Nachteil ist jedoch, dass durch diese Begrenzung die bei stärkerer Schwerhörigkeit erforderliche Hörgeräteverstärkung nicht mehr erreicht werden kann.
- Das für Feedback typische Pfeifen liegt in der Regel bei verhältnismäßig hohen Frequenzen. Es sind Hörgeräte mit einem durch den Hörgeräteträger betätigbaren Lautstärkesteller bekannt, durch den die Verstärkung eines Audiosignals verändert werden kann. Dabei erfolgt die Anhebung oder Absenkung der Verstärkung des Audiosignals in Abhängigkeit von der Frequenz, wobei bei einer niedrigen Verstärkung nahezu der gesamte Übertragungsbereich des Hörgerätes gleichermaßen verstärkt wird und bei einer hohen Verstärkung höhere Frequenzen weniger stark verstärkt werden als tiefere Frequenzen. Die frequenzabhängige Verstärkung nach Maßgabe des Lautstärkestellers ist dabei statisch.
- Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zum Betrieb eines Hörgerätes sowie ein Hörgerät anzugeben, die einen breiten Frequenzgang erlauben.
- Diese Aufgabe wird bei einem Verfahren zum Betrieb eines digitalen programmierbaren Hörgerätes mit wenigstens einem Eingangswandler zur Aufnahme eines Eingangssignals und Wandlung in ein Audiosignal, einer Signalverarbeitungseinheit zur Verarbeitung und frequenzabhängigen Verstärkung des Audiosignals und einem Ausgangswandler dadurch gelöst, dass eine Übertragungskennlinie einer maximalen Verstärkung des Audiosignals über der Frequenz einstellbar ist und wenigstens in einem Frequenzbereich aus einem durch den Hörgeräteträger einstellbaren Parameter und/oder einem von der Signalverarbeitungseinheit automatisch generierten Parameter wenigstens ein Verstärkungsänderungswert ermittelt wird, wobei bei der jeweiligen Frequenz zu einem Verstärkungsausgangswert unter Berücksichtigung des Verstärkungsänderungswertes ein Verstärkungsendwert ermittelt wird und dieser auf die maximale Verstärkung begrenzt wird, so dass eine wirksame Systemverstärkung für die jeweilige Frequenz resultiert.
- Der ein digitales programmierbares Hörgerät betreffende Teil der Aufgabe wird dadurch gelöst, dass das Hörgerät wenigstens einen Speicher aufweist zur Aufnahme von Verstärkungswerten zur Kennzeichnung einer Übertragungskennlinie einer maximalen Verstärkung des Audiosignals über der Frequenz.
- Bei dem Hörgerät gemäß der Erfindung handelt es sich beispielsweise um ein hinter dem Ohr tragbares Hörgerät, ein in dem Ohr tragbares Hörgerät, ein implantierbares Hörgerät oder ein Taschenhörgerät. Weiterhin kann das Hörgerät gemäß der Erfindung auch Teil eines mehrere Geräte zur Versorgung eines Schwerhörigen umfassenden Hörgerätesystems sein, z. B. Teil eines Hörgerätesystems mit zwei am Kopf getragenen Hörgeräten zur binauralen Versorgung oder Teil eines Hörgerätesystems, bestehend aus einem am Kopf tragbaren Gerät und einer am Körper tragbaren Prozessoreinheit. Das Hörgerät umfasst einen Eingangswandler zur Aufnahme eines Eingangssignals. Normalerweise dient als Eingangswandler ein Mikrofon, das ein akustisches Signal aufnimmt und in ein elektrisches Audiosignal wandelt. Als Eingangswandler kommen jedoch auch Einheiten in Betracht, die eine Spule oder eine Antenne aufweisen und die ein elektromagnetisches Signal aufnehmen und in ein elektrisches Audiosignal wandeln. Das Hörgerät gemäß der Erfindung umfasst ferner eine Signalverarbeitungseinheit zur Verarbeitung und frequenzabhängigen Verstärkung des Audiosignals. Die Signalverarbeitung im Hörgerät erfolgt mittels eines digitalen Signalprozessors (DSP), dessen Arbeitsweise mittels auf das Hörgerät übertragbarer Programme oder Parameter beeinflussbar ist. Dadurch lässt sich die Arbeitsweise der Signalverarbeitungseinheit an den individuellen Hörverlust eines Hörgeräteträgers sowie an die aktuelle Hörsituation, in der das Hörgerät gerade betrieben wird, anpassen. Das so veränderte Audiosignal ist schließlich einem Ausgangswandler zugeführt. Dieser ist in der Regel als Hörer ausgebildet, der das elektrische Audiosignal in ein akustisches Signal wandelt. Jedoch sind auch hier andere Ausführungsformen möglich, z. B. ein implantierbarer Ausgangswandler, der direkt mit einem Gehörknöchelchen verbunden ist und dieses zu Schwingungen anregt.
- Im Rahmen der Erfindung wird unter einem Audiosignal im engeren Sinn ein elektrisches Signal verstanden, das aus dem von dem Eingangswandler aufgenommenen Signal hervorgeht und von dem Hörgerät übertragen wird. Es enthält in der Regel im hörbaren Frequenzbereich liegende Information. Das Audiosignal kann bei der Signalverarbeitung im Hörgerät in analoger oder digitaler Form vorliegen, wobei im Signalpfad des Hörgerätes auch beide Signalformen gleichzeitig auftreten können. Im weiteren Sinn wird bei der Erfindung unter einem Audiosignal auch ein elektrisches Signal verstanden, welches aus dem Audiosignal im engeren Sinn durch Weiterverarbeitung hervorgeht, beispielsweise durch Filterung, Transformation usw.
- Die Erfindung sieht vor, dass eine Übertragungskennlinie einer maximalen Verstärkung des Audiosignals über der Frequenz einstellbar, d. h. beispielsweise bei der Anpassung des Hörgerätes durch den Akustiker frei konfigurierbar ist. Weiterhin ist im Hörgerät wenigstens ein Verstärkungsausgangswert hinterlegt, der vorzugsweise ebenfalls durch den Akustiker einstellbar ist. Der Verstärkungsausgangswert kann für den gesamten übertragbaren Frequenzbereich des Hörgerätes oder aber innerhalb jeweils eines Frequenzbandes des Hörgerätes konstant sein. Vorteilhaft ist jedoch (innerhalb bestimmter Grenzen) zu jeder Frequenz ein beliebiger Verstärkungsausgangwert einstellbar, so dass eine Übertragungskennlinie einer normalen Verstärkung des Audiosignals über der Frequenz frei konfigurierbar ist.
- Bei der Einstellung der normalen Verstärkung wird festgelegt, um welchen Faktor ein Eingangs-Audiosignal mit einer bestimmten Signalamplitude in Abhängigkeit von der Frequenz verstärkt wird. Weist das Hörgerät einen durch den Hörgeräteträger betätigbaren Lautstärkesteller auf, so befindet sich dieser zur Einstellung der normalen Verstärkung vorzugsweise in einer Mittelstellung, so dass der Hörgeräteträger die Möglichkeit hat, die Verstärkung, ausgehend von dieser Grundeinstellung, gleichermaßen zu erhöhen oder zu reduzieren. Die Einstellung der normalen Verstärkung sowie der maximalen Verstärkung kann sowohl unter Einbeziehung hörgerätespezifischer als auch den individuellen Hörgeräteträger betreffender Gesichtspunkte erfolgen. Wird beispielsweise bei der Anpassung eines Hörgerätes an einen Benutzer festgestellt, dass bei einer bestimmten Frequenz und einer bestimmten Verstärkung vermehrt Rückkopplungspfeifen auftritt, so wird die maximale Verstärkung in diesem Frequenzbereich unterhalb dieser Verstärkung eingestellt.
- Die Übertragungskennlinien sind für einen bestimmten Frequenzbereich und für einen bestimmten Wertebereich der Verstärkung vorzugsweise frei konfigurierbar. Dabei können die Übertragungskennlinien mittels einer geeigneten Anpass-Software als solche festgelegt und auf das Hörgerät übertragen werden, sie können jedoch auch lediglich durch Angabe einiger Frequenz- und Verstärkungswertepaare festgelegt werden. Ferner ist neben einem kontinuierlichen Verlauf auch ein unstetiger Verlauf der Übertragungskennlinien möglich.
- Die tatsächliche Verstärkung eines Audiosignals in einem Hörgerät ist neben der Frequenz noch von einer Reihe weiterer Faktoren abhängig. Solche Faktoren können aus der augenblicklichen Einstellung des Lautstärkestellers am Hörgerät, der Amplitude des Eingangssignals oder aus einer Signalanalyse in der Signalverarbeitungseinheit des Hörgeräts abgeleitete Parameter sein. Letztere werden beispielsweise durch Algorithmen zur Situationsanalyse, zur Störgeräuschbefreiung oder zur automatischen Verstärkungsregelung (Automatic Gain Control = AGC) ermittelt. Allgemein haben also bei modernen Hörgeräten eine Reihe von Steuer- und Regelfunktionen Einfluss auf die augenblickliche Verstärkung.
- Ausgehend von dem Verstärkungsausgangswert bzw. von der Kennlinie der normalen Verstärkung über der Frequenz werden nun gemäß der Erfindung alle Einflussfaktoren bzgl. der Verstärkung für die jeweiligen Frequenz berücksichtigt. Bewirkt beispielsweise die aktuelle Lautstärkeneinstellung eine Anhebung des Audiosignals um 10 dB und ein Algorithmus zur Störgeräuschunterdrückung eine Absenkung um 15 dB, so resultiert ein Gesamt-Verstärkungsänderungswert von -5 dB. Anders als in diesem Beispiel kann der Verstärkungsänderungswert auch ein Faktor sein, mit dem der Verstärkungsausgangswert multipliziert wird. Aus dem Verstärkungsausgangswert wird nun unter Berücksichtigung aller Einflussfaktoren auf die Verstärkung (Verstärkungsänderungswerte) bei der jeweiligen Frequenz der Verstärkungsendwert ermittelt. Übersteigt der Verstärkungsendwert bei der jeweiligen Frequenz die voreingestellte maximale Verstärkung, so wird dieser auf die maximale Verstärkung begrenzt. Die wirksame Systemverstärkung ist damit stets kleiner oder gleich der maximalen Verstärkung.
- Die Erfindung bietet den Vorteil, dass dadurch für ein bestimmtes Hörgerät eine nahezu beliebige normale Verstärkung sowie eine nahezu beliebige maximale Verstärkung eingestellt werden können. Die Signalverarbeitung im Hörgerät lässt sich dadurch sowohl an hörgerätespezifische Gegebenheiten sowie an den individuellen Gehörschaden eines Hörgeräteträgers besser anpassen. Weiterhin ist mit der Erfindung der Vorteil verbunden, dass mehrere Einflussfaktoren, die gleichzeitig auf die Verstärkung einwirken (z. B. aktuelle Stellung des Lautstärkestellers, Verstärkungsänderung durch einen Signalverarbeitungsalgorithmus, eingestellte maximale Verstärkung) besser berücksichtigt werden.
- Eine Ausführungsform der Erfindung sieht vor, dass die Signalverarbeitung in mehreren parallelen Frequenz-Kanälen der Signalverarbeitungseinheit erfolgt und die Übertragungskennlinie der normalen Verstärkung des Audiosignals über der Frequenz und/oder die Übertragungskennlinie der maximalen Verstärkung des Audiosignals über der Frequenz für den jeweiligen Kanal separat einstellbar sind. Die Aufteilung des hörbaren Frequenzbereiches in mehrere Kanäle erleichtert die Anpassung eines Hörgerätes, wenn einen bestimmten Kanal (also einen bestimmten Frequenzbereich) betreffende Kenngrößen für diesen Kanal als konstant betrachtet werden. Derartige Kenngrößen für einen bestimmten Kanal können die Hörschwelle, die Unbehaglichkeitsschwelle, aber auch die normale Verstärkung oder die maximale Verstärkung sein. Zur Kennzeichnung ist dann jeweils nur die Angabe eines Wertes für den betreffenden Kanal erforderlich.
- Weitere Einzelheiten der Erfindung werden nachfolgend anhand von Ausführungsbeispielen beschrieben. Dabei zeigen:
- Fig. 1 die Realisierung eines Roll-offs bei einem analogen Hörgerät nach dem Stand der Technik,
- Fig. 2 Übertragungskennlinien der Verstärkung über der Frequenz bei einem analogen Hörgerät nach dem Stand der Technik,
- Fig. 3 die Verstärkung über der Frequenz bei einem Hörgerät gemäß der Erfindung,
- Fig. 4 ein Mehrkanal-Hörgerät mit Roll-off-Logik in den einzelnen Kanälen und
- Fig. 5 ein Mehrkanal-Hörgerät mit einer Gesamt-Roll-off-Logik.
- Fig. 1 zeigt die schaltungstechnische Realisierung eines Roll-offs bei einem Hörgerät mit analoger Signalverarbeitung. Dabei umfasst die Verstärkerschaltung einen Operationsverstärker OA, der mit einem Eingangswiderstand R1 sowie einem RC-Glied aus einem Potentiometer R2 und einem Kondensator C im Rückkopplungszweig beschaltet ist. Durch das Potentiometer R2 lässt sich die Verstärkung und damit die Lautstärkeneinstellung am Hörgerät verändern. Gleichzeitig mit der Verstärkung ändert sich jedoch auch die Grenzfrequenz (der Kniepunkt), ab der die Verstärkung mit steigender Frequenz abnimmt.
- Fig. 2 zeigt die Verstärkung V über der Frequenz f für unterschiedliche Potentiometer-Einstellungen der Verstärkerschaltung gemäß Fig. 1. Dabei zeigt die Kennlinie 1 die Verstärkung V über der Frequenz f bei maximaler Lautstärkeeinstellung. Bei dieser Einstellung ist der Widerstand des Potentiometers R2 am größten. Bis zu einer Grenzfrequenz ist die Verstärkung konstant, oberhalb der Grenzfrequenz nimmt die Verstärkung linear mit zunehmender Frequenz ab. Die Kennlinien 2 und 3 zeigen die Verstärkung über der Frequenz für die Normal-Stellung (Kennlinie 2) bzw. die Minimal-Stellung (Kennlinie 3) des Lautstärkestellers. Wie aus Fig. 2 weiterhin ersichtlich ist, erfolgt mit abnehmender Verstärkung eine Zunahme der Grenzfrequenz, ab der eine Verstärkungsabsenkung der höheren Frequenzen eintritt.
- Die Einstellung der Verstärkung bei Hörgeräten in der oben beschriebenen Weise liegt darin begründet, dass insbesondere bei großer Verstärkung und hohen Frequenzen vermehrt unerwünschtes Rückkopplungspfeifen (Feedback) auftritt. Die Verstärkungsabsenkung der hohen Frequenzen wirkt diesem entgegen. Je höher die Verstärkung, desto größer die Wahrscheinlichkeit für Rückkopplungspfeifen und daher auch der Beginn der Absenkung bei niedrigeren Frequenzen.
- Die oben beschriebene Methode zur Verstärkungsabsenkung ist verhältnismäßig starr und bietet nur wenig Spielraum zur individuellen oder gerätespezifischen Anpassung. Bei modernen Hörgeräten hängt die wirksame Verstärkung neben der Einstellung des Lautstärkestellers oftmals noch von weiteren Faktoren ab. Dabei kann eine Signalanalyse, die in der Signalverarbeitungseinheit durchgeführt wird, auf einer Reihe verschiedener Algorithmen basieren, die auch parallel ablaufen können. Diese Algorithmen führen durch Analyse des Eingangssignals zu einer automatischen Verstärkungsregelung (AGC = Automatic Gain Control) oder beeinflussen die Verstärkung durch die automatische Einstellung eines Hörprogrammes infolge einer Situationsanalyse. Ferner kann bei einem Hörgerät beispielsweise auch ein Algorithmus zur Störgeräuschbefreiung vorgesehen sein, der bei einem erkannten Störgeräusch die Verstärkung breitbandig um einen bestimmten Betrag reduziert. Dieser Vorgang ist beispielhaft in Fig. 2 veranschaulicht. Die Verstärkungsabsenkung um einen bestimmten Betrag bewirkt eine Parallelverschiebung der voreingestellten Kennlinie der normalen Verstärkung 2 um eben diesen Betrag. In Fig. 2 ist dies durch die Kennlinie 4 und den Pfeil 5 veranschaulicht. Dort wird ausgehend von der Einstellung des Lautstärkestellers in normaler Stellung (Kennlinie 2) die Verstärkung durch die Signalverarbeitungseinheit automatisch reduziert, so dass die durch Kennlinie 4 veranschaulichte wirksame Systemverstärkung resultiert. Wie aus Fig. 2 weiterhin ersichtlich ist, wird dabei die ohnehin schon reduzierte Verstärkung oberhalb der Frequenz F1 nochmals reduziert.
- In Fig. 3 ist die Verstärkung über der Frequenz bei einem Hörgerät gemäß der Erfindung veranschaulicht. Dabei ist eine Kennlinie der normalen Verstärkung 6 weitgehend frei in dem Frequenz/Verstärkungs-Diagramm konfigurierbar. Diese Kennlinie kann beispielsweise durch einen Hörgeräte-Akustiker festgelegt und auf das Hörgerät übertragen werden. Weist das betreffende Hörgerät einen Lautstärkesteller auf, so ist dieser Kennlinie vorzugsweise eine mittlere Stellung des Lautstärkestellers zugeordnet, so dass der Hörgeräteträger die Verstärkung ausgehend von der normalen Verstärkung durch Betätigung des Lautstärkestellers sowohl zu höheren Verstärkungen als auch zu niedrigeren Verstärkungen hin verändern kann.
- Weiterhin ist im Hörgerät gemäß der Erfindung eine Kennlinie der maximalen Verstärkung 7 hinterlegbar. Auch diese kann bei der Anpassung des Hörgerätes durch den Akustiker festgelegt und bei der Programmierung des Hörgerätes auf dieses übertragen werden. Erfolgt nun bei einem Hörgerät gemäß der Erfindung, ausgehend von der voreingestellten normalen Verstärkung, eine Veränderung der Verstärkung, so resultiert eine wirksame Verstärkung, wie sie beispielhaft in Fig. 3 durch die Kennlinie 8 veranschaulicht ist. Ausgehend von der Kennlinie der normalen Verstärkung 6 erfolgt zunächst eine parallele Absenkung der Verstärkungskennlinie um einen bestimmten Betrag, z. B. -10 dB, und die abgesenkte Kennlinie wird dann ab einer Frequenz F2 wiederum auf die Kennlinie der maximalen Verstärkung 7 begrenzt. Dadurch erfolgt auch bei hohen Frequenzen stets nur ein einmalige Absenkung, im Unterschied zu Fig. 2, die den gleichen Sachverhalt bei einem herkömmlichen Hörgerät veranschaulicht und bei dem bei der Kennlinie 4 oberhalb der Frequenz F1 eine zweimalige Verstärkungsabsenkung erfolgte.
- Die Fig. 4 und 5 zeigen beispielhaft im Blockschaltbild Hörgeräte mit einer Verstärkungsregelung gemäß der Erfindung. Als Eingangswandler bei dem Hörgerät 10 gemäß Fig. 4 dient ein Mikrofon 11, das ein akustisches Signal aufnimmt und in ein elektrisches Signal wandelt. Das resultierende Audiosignal ist zunächst einer Vorverstärker- und A/D-Wandlereinheit 12 zugeführt, in der das zunächst analoge Audiosignal in ein digitales Audiosignal gewandelt wird. Zur Weiterverarbeitung in mehreren parallelen Kanälen des Hörgerätes wird das digitale Audiosignal mittels der Filterbank 13 in mehrere Frequenzbänder (Kanäle) eingeteilt. Die Audiosignale der einzelnen Kanäle sind zunächst Signalverarbeitungseinheiten 14A-14E zugeführt, in denen die Audiosignale z. B. zur Anpassung an die individuelle Schwerhörigkeit eines Hörgeräteträgers unterschiedlich gefiltert werden. Ferner erfolgt in den Signalverarbeitungseinheiten 14A-14E auch eine Signalanalyse, um beispielsweise den Signalpegel festzustellen, die aktuelle Hörsituation zu erfassen oder das Vorhandensein von Störgeräuschen zu erkennen. Aus dieser Signalanalyse werden Parameter abgeleitet und Roll-off-Logik-Einheiten 15A-15E zugeführt. In letztere gehen ferner in einem Speicher 16 abgelegte Parameter ein, die eine normale Verstärkung sowie eine maximale Verstärkung des Audiosignals über der Frequenz für den jeweiligen Kanal kennzeichnen. Die normale Verstärkung legt bei der Verstärkungsberechnung zu jeder Frequenz des übertragbaren Frequenzbereichs einen Verstärkungsausgangswert fest und kann sowohl aus einer Standardeinstellung der Verstärkung durch den Hörgerätehersteller als auch bei der Anpassung des Hörgerätes durch den Akustiker festgelegt sein. Ebenso kann auch die maximale Verstärkung durch den Hörgerätehersteller voreingestellt und durch den Akustiker individuell angepasst sein. Für beide Verstärkungen können nahezu beliebige Verlaufsformen der Verstärkung über der Frequenz im hörbaren Frequenzbereich eingestellt werden. Wie im Ausführungsbeispiel dargestellt ist, kann den Roll-off-Logik-Einheiten 15A-15E weiterhin auch die aktuelle Einstellung eines Lautstärkestellers 17 zugeführt sein. Aus den den Roll-off- Logik-Einheiten 15A-15E zugeführten Parametern ermitteln diese für jede Frequenz eine bestimmte Verstärkung. So kann beispielsweise für einen Kanal die normale Verstärkung 50 dB betragen (Verstärkungsausgangswert), aufgrund eines sehr hohen Signaleingangspegels eine Kompression mit dem Faktor 0,8 erfolgen (1. Verstärkungsänderungswert), das Signal aufgrund des Lautstärkestellers 17 um 10 dB angehoben werden (2. Verstärkungsänderunswert) und schließlich aufgrund eines detektierten Störsignals um 20 dB abgesenkt werden (3. Verstärkungsänderungswert), so dass unter Berücksichtigung aller Verstärkungsänderungswerte schließlich ein Gesamt-Verstärkungsänderungswert von -20 dB und damit ein Verstärkungsendwert von 30 dB resultiert. Ist dieser Verstärkungsendwert bei der jeweiligen Frequenz kleiner oder gleich der maximalen Verstärkung, so ist diese Verstärkung damit auch die wirksame Systemverstärkung. Andernfalls wird die resultierende Verstärkung auf die maximale Verstärkung begrenzt, so dass letztere die wirksame Systemverstärkung bildet. Die so für die einzelnen Kanäle ermittelte wirksame Systemverstärkung steuert nun Verstärkungselemente 18A-18E zur Verstärkung der verarbeiteten Audiosignale in den einzelnen Kanälen. Anschließend werden die Audiosignale der einzelnen Kanäle wieder zusammengeführt und gegebenenfalls nach einer Signalnachverarbeitung in der Signalnachverarbeitungseinheit 19, in der beispielsweise eine Filterung, eine Endverstärkung sowie eine D/A-Wandlung erfolgt, einem Hörer 20 zugeführt. Dieser wandelt das verarbeitete elektrische Audiosignal wieder in ein akustisches Signal, das in den Gehörgang des Hörgeräteträgers abgegeben wird.
- Die Erfindung ist auf eine Vielzahl unterschiedlicher Weisen schaltungstechnisch realisierbar. Ein weiteres Ausführungsbeispiel hierfür zeigt Fig. 5. Auch in diesem Ausführungsbeispiel wird bei einem Hörgerät 30 über ein Mikrofon 31 ein akustisches Eingangssignal aufgenommen und in ein elektrisches Audiosignal gewandelt, das einer Vorverstärker- und A/D-Wandlereinheit 32 zugeführt ist. Entsprechend dem vorherigen Ausführungsbeispiel erfolgt auch hier die Verarbeitung des Audiosignals in mehreren parallelen Kanälen, die mittels einer Filterbank 33 eingeteilt sind. Anders als im vorbeschriebenen Ausführungsbeispiel sind hier jedoch die in einzelnen Signalverarbeitungseinheiten 34A-34E ermittelten Parameter einer gemeinsamen Roll-off-Logik-Einheit 35 zugeführt. In diese gehen weiterhin auch in einem Speicher 36 abgelegte Parameter ein, die die normale Verstärkung sowie die maximale Verstärkung charakterisieren. Ebenso fließt auch die aktuelle Einstellung des Lautstärkestellers 37 ein. Aus allen in die Roll-off-Logik-Einheit 35 eingehenden Parametern errechnet diese Parameter zur Steuerung eines variablen Filters 41, so dass auch in diesem Ausführungsbeispiel zunächst alle Verstärkungsanforderungen durch die Verstärkungselemente 38A-38E erfüllt werden, jedoch im Unterschied zum vorgenannten Ausführungsbeispiel nach der Zusammenführung der Audiosignale der einzelnen Kanäle die Beschränkung auf die maximale Verstärkung mittels des variablen Filters 41 realisiert wird, das seinerseits durch die Roll-off-Logik-Einheit 35 gesteuert wird. Auch bei diesem Ausführungsbeispiel erfolgt gegebenenfalls eine Signalnachverarbeitung in einer Signalnachverarbeitungseinheit und die Ausgabe des verarbeiteten Audiosignals über einen Hörer 40.
Claims (11)
1. Verfahren zum Betrieb eines digitalen programmierbaren
Hörgerätes (10, 30) mit wenigstens einem Eingangswandler zur
Aufnahme eines Eingangssignals und Wandlung in ein
Audiosignal, einer Signalverarbeitungseinheit (14A-14E; 34A-34E) zur
Verarbeitung und frequenzabhängigen Verstärkung des
Audiosignals und einem Ausgangswandler, dadurch
gekennzeichnet, dass eine Übertragungskennlinie
einer maximalen Verstärkung (7) des Audiosignals über der
Frequenz einstellbar ist und wenigstens in einem
Frequenzbereich aus einem durch den Hörgeräteträger einstellbaren
Parameter und/oder einem von der Signalverarbeitungseinheit
automatisch generierten Parameter wenigstens ein
Verstärkungsänderungswert ermittelt wird, wobei bei der jeweiligen Frequenz
zu einem Verstärkungsausgangswert unter Berücksichtigung des
Verstärkungsänderungswertes ein Verstärkungsendwert ermittelt
wird und dieser auf die maximale Verstärkung begrenzt wird,
so dass eine wirksame Systemverstärkung für die jeweilige
Frequenz resultiert.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch
gekennzeichnet, dass eine Übertragungskennlinie
einer normalen Verstärkung (6) über der Frequenz einstellbar
ist, durch die zu jeder Frequenz der Verstärkungsausgangswert
festgelegt ist.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch
gekennzeichnet, dass der durch den
Hörgeräteträger einstellbare Parameter mittels eines von dem
Hörgeräteträger betätigbaren Lautstärkestellers (17, 37)
eingestellt wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, dass der von
der Signalverarbeitungseinheit automatisch generierten Parameter
aus einem Algorithmus zur Situationsanalyse und/oder
Störgeräuschbefreiung und/oder Kompression resultiert.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, dass
Verstärkungswerte zur Kennzeichnung der Übertragungskennlinie
der normalen Verstärkung (6) des Audiosignals über der
Frequenz sowie zur Kennzeichnung der Übertragungskennlinie der
maximalen Verstärkung (7) des Audiosignals über der Frequenz
in einem Speicher hinterlegt werden.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet, dass mittels
der Übertragungskennlinie der maximalen Verstärkung (7) des
Audiosignals über der Frequenz eine Verstärkungsbegrenzung
für höhere Frequenzen eingeführt wird.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, dass die
Signalverarbeitung in mehreren parallelen Frequenz-Kanälen
der Signalverarbeitungseinheit (14A-14E; 34A-34E) erfolgt und
die Übertragungskennlinie der normalen Verstärkung (6) des
Audiosignals über der Frequenz und/oder die
Übertragungskennlinie der maximalen Verstärkung (7) des Audiosignals über der
Frequenz für den jeweiligen Kanal separat einstellbar sind.
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch
gekennzeichnet, dass für jeden Kanal separat
eine konstante normale Verstärkung und/oder eine konstante
maximale Verstärkung eingestellt wird.
9. Digitales programmierbares Hörgerät (10, 30) zur
Durchführung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 8,
gekennzeichnet durch einen Speicher
(16, 36) zur Aufnahme von Verstärkungswerten zur
Kennzeichnung einer Übertragungskennlinie einer maximalen Verstärkung
(7) des Audiosignals über der Frequenz.
10. Digitales programmierbares Hörgerät (10, 30) nach
Anspruch 9, gekennzeichnet durch einen
Speicher (16, 36) zur Aufnahme von Verstärkungswerten zur
Kennzeichnung einer Übertragungskennlinie einer normalen
Verstärkung (6) des Audiosignals über der Frequenz.
11. Digitales programmierbares Hörgerät (10, 30) nach
Anspruch 9 oder 10, das wenigstens einen von dem
Hörgeräteträger einstellbaren Lautstärkesteller (17, 37) und eine
Signalverarbeitungseinheit (14A-14E; 34A-34E) mit ausführbaren
Algorithmen zur Situationsanalyse und/oder
Störgeräuschbefreiung und/oder Kompression umfasst,
gekennzeichnet durch wenigstens eine Roll-off-Logik-Einheit
(15A-15E; 35), die für die jeweilige Frequenz aus der
normalen Verstärkung, der maximalen Verstärkung und aus
Parametern, die aus der Einstellung des Lautstärkestellers
(17, 37) sowie den Algorithmen zur Situationsanalyse und/oder
Störgeräuschbefreiung und/oder Kompression resultieren, eine
wirksame Systemverstärkung ermittelt.
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