DE10045904B4 - alpha-Liponsäure(-Derivate) enthaltende Retardform - Google Patents
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Abstract
Retardform,
bestehend aus
a) einem oder mehreren kationogen(en) Polymer(en) in Form von Chitosan mit einem Deacetylierungsgrad > 85%,
b) α-Liponsäure(-Derivaten) und
c) mindestens einer von b) verschiedenen Säure.
a) einem oder mehreren kationogen(en) Polymer(en) in Form von Chitosan mit einem Deacetylierungsgrad > 85%,
b) α-Liponsäure(-Derivaten) und
c) mindestens einer von b) verschiedenen Säure.
Description
- Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist eine α-Liponsäure (-Derivate) enthaltende Retardform und deren Verwendung.
- α-Liponsäure (Thioctsäure, 1,2-Dithiolan-3-pentansäure) kommt in geringen Konzentrationen in Form ihres R-Enantiomeren in pflanzlichen und tierischen Zellen als Naturstoff vor. Die ursprünglich als Wuchsfaktor entdeckte α-Liponsäure wirkt physiologisch in hydrophilen und lipophilen Medien als Coenzym bei der oxidativen Decarboxylierung von α-Ketocarbonsäuren wie z.B. Pyruvaten und als Antioxidans. Außerdem dient die α-Liponsäure der Regeneration von Vitamin C, Vitamin E, Glutathion und Coenzym Q10.
- Die Synthesen von roher racemischer a-Liponsäure, von enantiomerenreiner R- oder S-α-Liponsäure, von Dihydroliponsäure oder deren Salze erfolgen auf bekannte oder analoge Weise, wie sie beispielsweise in Crévisy et al., Eur. J. Org. Chem. 1998, 1949, Fadnavis et al., Tetrahedron Asym. 1998, 9, 4109, Dhar et al., J. Org. Chem. 1992, 57, 1699, Adger et al., J. Chem. Soc. Chem. Commun. 1995, 1563, Dasaradhi et al., J. Chem. Soc. Chem. Commun. 1990, 729, Gopalan et al., J. Chem. Soc. Perkin Trans. I 1990, 1897, Yadav et al., J. Sci. Ind. Res. 1990, 49, 400, Tolstikov et. al., Bioorg. Khim. 1990, 16, 1670, Gopalan et al., Tetrahedron Lett. 1989, 5705, beschrieben oder zusammengefaßt sind.
- Als übliche Reinigungsmethode für rohe α-Liponsäure wird eine Umkristallisation aus Lösemitteln (z.B. aus n-Pentan, Cyclohexan, Methylcyclohexan, Ethylacetat) oder Gemischen von Lösemitteln (z.B. aus Ethylacetat und Hexan) verwendet, wie sie beispielsweise in Brookes et al., J. Chem. Soc. Perkin Trans. 1 1988, 9, Segre et al., J. Am. Chem. Soc. 1957, 3503, Walton et al., J. Am. Chem. Soc. 1955, 77, 5144, Acker et al., J. Am. Chem. Soc. 1954, 76, 6483, beschrieben ist. Die auskristallisierte α-Liponsäure wird dann abfiltriert oder abzentrifugiert und anschließend mit gängigen Methoden getrocknet. Die so erhaltene kristalline α-Liponsäure wird schließlich zum fertigen Wirkstoff weiterverarbeitet.
- Racemische α-Liponsäure wird bereits seit vielen Jahren zur Behandlung von Lebererkrankungen, Parästhesien und Neuropathien (z.B. autonome und periphere diabetische Polyneuropathie) eingesetzt; außerdem wurde ihr Einsatz als effektiver Inhibitor der Replikation von HIV-1-Viren diskutiert (vgl. Klin. Wochenschr.1991, 69(15), 722-724). Das Racemat der α-Liponsäure weist auch zytoprotektive, antiphlogistische und antinociceptive (analgetische) Eigenschaften auf. Darüberhinaus ist α-Liponsäure ein auch in lipophilen Medien gut löslicher Radikalfänger. Nachdem α-Liponsäure auch nachweislich den Glucose-Transport in Muskel- und Fettzellen stimuliert (vgl. Lipoic Acid in Health and Disease, Marcel Dekker Inc., New York 1997, S. 87ff.), ist überdies der Einsatz dieses Wirkstoffs zur Behandlung von Erkrankungen im Zusammenhang mit Typ 2 Diabetes möglich.
- Klinische Studien zur Pharmakokinetik von α-Liponsäure haben jedoch sowohl eine nur sehr geringe absolute Bioverfügbarkeit von 24.1 – 38.2% für das (R)-Enantiomer, und 19.1–28.3 % für das (S)-Enantiomer von α-Liponsäure gezeigt. Überdies wurde eine relativ kurze Plasma-Halbwertszeit nach peroraler Verabreichung von weniger als zwei Stunden beobachtet (Tabelle 1). Tabelle 1 Pharmakokinetische Parameter von α-Liponsäure-Enantiomeren nach einfacher peroraler Gabe verschiedener Darreichungsformen (nach Hermann und Niebch, Lipoic Acid in Health and Disease, Marcel Dekker, New York 1997, S. 346)
- (1)F: Bioverfügbarkeit
- (2)arithmetischer Mittelwert
- (3)Standardabweichung
- Diese Nachteile von unbefriedigender Bioverfügbarkeit und geringer Plasmahalbwertszeit hat man deshalb versucht, mit Hilfe von sog. Retardformen, die eine verzögerte Freisetzung gewährleisten sollen, zu überwinden.
- So ist bspw. aus der DE-OS 44 13 350 eine feste, pelletförmige Retardform bekannt, die neben einer biologisch wirksamen Verbindung a) "Wirkstoff") b) noch mindestens ein in Wasser und in gastrointestinalen Flüssigkeiten unlösliches natürliches, halbsynthetisches oder synthetisches Polymer in kationogener oder anionischer Form, c) mindestens eine wasserunlösliche lipophile Komponente mit Weichmachereigenschaften bzgl. des Polymeren b) (physiologisch verträgliche Säure) und Gleit- bzw. Schmiermitteleigenschaften, d) mindestens ein in Wasser oder gastrointestinalen Flüssigkeiten kolloidal lösliches, hochviskose Lösungen oder Gele bildendes oder mindestens quellbares natürliches oder halbsynthetisches hydrophiles Polymer ("Gelbildner") enthält, sowie fakultativ ein oder mehrere der üblichen Formulierungshilfsstoffe, wobei als Gelbildner wasserunlösliche Chitin-Derivate wie Chitosan genannt sind. Der Gelbildner soll daher insbesondere das Herausdiffundieren des Wirkstoffes aus dem Inneren der Pellets ermöglichen. Als ein möglicher Wirkstoff ist u. a. die Thioctsäure (α-Liponsäure) genannt.
- Bei dieser sehr komplex zusammengesetzten Retardform handelt es sich um Pellets, die durch Schmelzextrusion bei Temperaturen zwischen 50 und 200°C gewonnen werden, wobei der sog. Heißabschlag bevorzugt wird.
- Als nachteilig bei dieser Retardform muss – neben ihrer mehrkomponentigen Polymerzusammensetzung – vor allem im Hinblick auf die α-Liponsäure als Wirkstoff das Extrusionsverfahren angesehen werden:
α-Liponsäure ist eine bekanntermaßen wärmelabile Verbindung, weshalb sowohl die für den Extrusionsprozess vorgesehene Temperatur von 50 bis 200°C als auch der ebenfalls bevorzugte Heißabschlag zwar weniger die verwendeten Polymere, sehr wohl aber den möglichen Wirkstoff α-Liponsäure negativ beeinflussen, weshalb gerade im Fall der α-Liponsäure von einer gravierenden Wärmedestruktion auszugehen ist. - Die Kombination eines hydrophilen und amidhaltigen Polymers mit einer endogenen Verbindung in einer medizinischen Zusammensetzung zur Ausbildung einer topischen Barriereformulierung ist aus der WO 98/26 788 bekannt. Als geeignetes Polymer ist u. a. eines aus der Gruppe der nativen. Chitosane oder katonische Derivate davon genannt. Das Polymer muss an eine anionische Scavenger-Substanz gebunden sein, u. a. in Form der genannten endogenen Verbindung, die zudem eine Amino- und/oder Thiolfunktion aufweisen muss. Hauptanwendungszweck dieser Formulierung sind Hauterkrankungen mit allergischem Hintergrund.
- Eine Formulierung zur kontrollierten Freisetzung von α-Liponsäure ist auch aus der WO 99/61 004 bekannt, gemäß der eine therapeutisch wirksame Menge α-Liponsäure und ein bindendes Material so kombiniert werden, dass die Liponsäure im Gastrointestinaltrakt vor einem chemischen Abbau geschützt und gleichzeitig die kontrollierte Freisetzung der Liponsäure gewährleistet wird. Als bindendes Material wird eine wässrige Lösung des Celluloseacetatphthalates und mikrokristalline Cellulose verwendet. In den dazu angeführten Beispielen wird zwar die antidiabetische Wirkung dieser Formulierung über den gemessen Blutglucosespiegel aufgezeigt, die behauptete Retardwirkung auf die α-Liponsäure ist allerdings nicht belegt.
- Aus dem bekannten Stand der Technik heraus und insbesondere aufgrund der damit verbundenen Nachteile hat sich somit für die vorliegende Erfindung die Aufgabe gestellt, eine α-Liponsäure(-Derivate) enthaltende Retardform zu entwickeln, die eine Verbesserung der Bioverfügbarkeit der α-Liponsäure und/oder deren geeigneter Derivate ermöglicht und die einen über mehrere Stunden konstant bleibenden α-Liponsäure-Plasmaspiegel gewährleistet, um so den therapeutischen Effekt von α-Liponsäure(-Derivaten) deutlich verbessern zu können. Mit der neuen Retardform sollte außerdem einerseits die Resorption von α-Liponsäure oder deren geeigneter Derivate aus dem Gastrointestinal-(GI)-Trakt verbessert sowie andererseits eine kontrollierte Wirkstofffreigabe über etwa acht Stunden hinaus gewährleistet werden.
- Gelöst wurde diese Aufgabe mit einer Retardform, die aus a) einem oder mehreren kationogen(en) Polymer(en) in Form von Chitosan mit einem Deacetylierungsgrad > 85%, b) α-Liponsäure oder mindestens einem ihrer Derivate und c) mindestens einer von b) verschiedenen Säure besteht. Überraschend wurde gefunden, dass neben der gewünschten kontrollierten Wirkstofffreigabe für mehr als acht Stunden und der verlängerten GI-Transitzeit auch eine beschleunigte Penetration der Inhaltsstoffe stattfindet. Völlig unerwartet aber ist mit der erfindungsgemäßen Retardform eine z. T. drastisch erhöhte Bioverfügbarkeit von α-Liponsäure und deren Derivate verbunden.
- Die vorliegende Erfindung stellt somit eine Darreichungsform dar, mit der durch Kombination eines anionogenen Wirkstoffes wie α-Liponsäure mit einer speziellen kationogenen Trägermatrix Formulierungen zur Verfügung gestellt werden, die aufgrund von überwiegend ionischen Wechselwirkungen zwischen den beiden Hauptkomponenten den Wirkstoff mit zeitlicher Verzögerung freigeben.
- Für die erfindungsgemäßen Retardformen haben sich insbesondere sowohl racemische als auch enantiomerenreine R-(+)-α-Liponsäure oder S-(–)-α- Liponsäure bzw. beliebige Mischungen davon bewährt. Ebenso möglich ist es, racemische Dihydroliponsäure (6,8-Dimercaptooctansäure) oder enantiomerenreine S-(+)-Dihydroliponsäure oder R-(–)-Dihydroliponsäure bzw. beliebige Mischungen davon einzusetzen.
- In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird die α-Liponsäure oder Dihydroliponsäure ganz oder teilweise in Form ihrer Salze als anionogene Komponente gemeinsam mit einem kationogenen Polymeren und der Säurekomponente c) eingesetzt. So sind Salze besonders geeignet, die Kationen aus der Reihe der Alkali- (wie z.B. Natrium oder Kalium) oder Erdalkalimetalle (wie z.B. Calcium oder Magnesium) enthalten. Es kann jedoch auch ohne Weiteres auf andere Salze der α-Liponsäure zurückgegriffen werden, wobei dann deren Kationen insbesondere aus der Reihe Eisen, Kupfer, Zink, Palladium, Vanadium und Selen stammen.
- Auch α-Liponsäure-Salze, die organische Kationen und hier vorzugsweise offenkettige oder cyclische Ammoniumverbindungen, wie Benzylammonium, Diisopropylammonium, Triethylammonium oder Cyclohexylammonium, sowie komplexe Kationen ggf. mit metallischen Zentralatomen wie z.B. Eisen (III), Chrom(III) oder Cobalt(II) und neutralen, kationischen oder anionischen Liganden wie z.B. Wasser, Ammoniak, Carbonyl, Cyano oder Nitroso, oder Oxokationen, wie Oxovanadium(V) (VO2 +) oder Oxovanadium (IV) (VO2+)) enthalten, sind für die Retardformen gemäß vorliegender Erfindung bestens geeignet.
- Die bereits erwähnten ionischen Wechselwirkungen zwischen dem kationogenen Polymeren a) und der α-Liponsäure bzw. deren Derivaten mit anionogenem Charakter auf der einen Seite sowie der Säure-Komponente c) auf der anderen Seite werden erfindungsgemäß vorzugsweise durch die Verwendung des Polymers Chitosan (Poly-D-Glucosamin) erzielt. Dabei lässt sich dieser Mechanismus einer retardierenden Wirkstoff-Adhäsion auf Basis von ionischen, dipolaren sowie anderen intermolekularen Wechselwirkungen prinzipiell wie in
1 gezeigt, darstellen und erklären. - Das als kationogenes Polymer verwendete Chitosan kann durch chemische Umwandlung (Deacetylierung) aus Chitin (Poly-N-Acetyl-D-Glucosamin) gewonnen werden. Zu den natürlichen Quellen von Chitosan gehören Krill sowie die Schalen von Krabben Langusten, Hummer und anderen Vertreter der Crustaceen. Hochmolekulares Chitosan mit einer Molmasse von 500.000 bis 600.000 Dalton und einem Deacetylierungsgrad von 80–95 % ist besonders geeignet für den Einsatz in kosmetischen Formulierungen sowie in Nahrungsergänzungsmitteln.
- Der Einsatz von Chitosan als Pharmazeutikum beispielsweise als Antikrebsmittel, zur Wundheilung, bei Arthritis sowie bei gastrointestinalen Erkrankungen und als Saatgutschutz in der Landwirtschaft ist bekannt.
- Der Gehalt an α-Liponsäure-Komponente b) in der Retardform kann in weiten Grenzen variiert werden. Es hat sich jedoch als besonders vorteilhaft erwiesen, den Gewichtsanteil der α-Liponsäure-Komponente bezogen auf das Gesamtgewicht der Retardform zwischen 0,1 und 99 %, insbesondere zwischen 20 und 90%, einzustellen. Analog dazu sollte der Gewichtsanteil an kationogenen Polymeren vorzugsweise zwischen 0,1 und 90 % und insbesondere zwischen 5 und 50 % eingestellt werden.
- Auch die Anteile der Säurekomponente c) können breit streuen: So sind gemäß Erfindung vorzugsweise Anteile von 0,001 bis 80 Gew.-% vorgesehen, wobei allerdings Anteile von 0,1 bis 50 Gew.-% und besonders Anteile von 0,1 bis 25 Gew.-% zu bevorzugen sind.
- Dieses breite Anteilsspektrum hängt nicht zuletzt mit der Vielzahl an möglichen Säuren zusammen, die gemäß vorliegender Erfindung als Komponente c) in Frage kommen: So können organische oder anorganische Brönstedsäuren, wie z. B. Essigsäure, Salzsäure und Glutaminsäure, ebenso eingesetzt werden wie organische oder anorganische Lewissäuren, aus deren Reihe sich vor allem Kohlendioxid, Ca2+ und Fe2+ besonders eignen.
- In Frage kommen aber auch komplexe Säuren, insbesondere Hexaaquoaluminium-(III) [Al(H2O)6 3+] oder Hexacyanoeisen-(II)-säure (H4(Fe(CN)6)], aber auch polymere Säuren, von denen Polyphosphorsäure (PPA), eine Isopolysäure, wie z. B. Heptamolybdänsäure (H6M7O24), oder eine Heteropolysäure, wie z.B. Dodecawolframphosphorsäure (H3[PW12O40]), besonders zu bevorzugen sind.
- Schließlich ist es in diesem Zusammenhang auch möglich, beliebige Mischungen der einzelnen Säureformung untereinander aber auch zwischen den einzelnen Säureformen heranzuziehen.
- Im Rahmen der Erfindung ist auch der Einsatz üblicher Formulierungs-Hilfsmittel vorgesehen, die dann allerdings nur als zusätzliche fakultative Komponente anzusehen sind. In Frage kommen hierbei insbesondere Füllstoffe, Schmiermittel, Fließhilfsmittel, Formentrennmittel, Weichmacher, Treibmittel, Stabilisatoren, Farbstoffe, Streckmittel, Bindemittel, Sprengmittel, Netzmittel, Fließmittel oder Gegenklebemittel.
- Aus dem breiten Spektrum der möglichen geeigneten Formulierungs-Hilfsmittel kommen als Füllstoffe Oxide von Magnesium, Aluminium, Silizium oder Titan, mikrokristalline Cellulose und Cellulosepulver, Stärken und deren Derivate (bspw. Maltodextrine), Lactose, Mannit und Calciumdiphosphat, als Schmiermittel Stearate von Aluminium und Calcium, Talkum oder Silicone, als Fließhilfsmittel Magnesiumstearat, kolloidales Siliciumdioxid, Talkum oder Aerosil, als Weichmacher niedermolekulare Polyalkylenoxide, niedermolekulare organische Weichmacher wie Glycerin, Pentaerythrit, Glycerin-Monoacetat, -Diacetat oder -Triacetat, Propylenglycol, Sorbit oder Na-Diethylsulfonsuccinat, als Farbstoffe Azofarbstoffe, (an-)organische Pigmente oder natürliche Farbmittel, oder sonstige übliche Hilfsstoffe wie Zucker(-alkohole), Polymere, Phosphate und Tenside in Frage, die im Bedarfsfall jeweils bevorzugt in Konzentrationen zwischen 0,02 und 50 Gew.-% enthalten sein sollten.
- Schließlich sieht die vorliegende Erfindung neben speziellen Retardzusammensetzungen auch bevorzugte Retardformen vor, die nach einem bestimmten Verfahren hergestellt werden:
Für die erfindungsgemäße Retardform kann bspw. kommerziell verfügbares Chitosan, wie es üblicherweise aus Krabbenschalen gewonnen wird, zunächst in saurer wäßriger Lösung gequollen und anschließend mit kristalliner α-Liponsäure homogenisiert und feuchtgranuliert werden. Aus dem getrockneten Granulat werden dann Tabletten nach konventionellen Methoden gepresst. Der Gewichtsanteil von α-Liponsäure in derartigen Tabletten kann dabei über 75% betragen. - Vorzuziehen ist hierbei allerdings gemäß Erfindung eine Vorgehensweise, bei der
- 1) die Komponente a) mit der Komponente c) vorzugsweise im Verhältnis 1 : 2 bis 1 : 4 versetzt wird, dann diese Mischung mit Wasser versetzt wird und die entstandene Lösung mit der α-Liponsäure-Komponente b) im bevorzugten Gewichtsverhältnis Lösung : Komponente b) 1 : 0,3–0,003 homogenisiert wird,
- 2) das Homogenat aus 1) einer Feuchtgranulation unterzogen wird und die Granulate bei Temperaturen zwischen 5 und 50°C, vorzugsweise zwischen 25 und 40°C getrocknet werden, sowie
- 3) die Trockengranulate tablettiert werden.
- Die mit Chitosan sowie der Säure-Komponente c) homogenisierte, feuchtgranulierte und tablettierte α-Liponsäure bzw. deren Derivate können aber auch mittels eines beliebigen anderen Verfahrens hergestellt werden. Es spielt hierbei nämlich vorrangig keine Rolle, ob die α-Liponsäure (-Derivate) bspw. durch Umkristallisation mit einem organischen Lösemittel öder Lösemittelgemisch hergestellt wurden oder ob die rohe α-Liponsäure ohne jegliches organisches Lösemittel eingesetzt wird.
- Aufgrund der günstigen Eigenschaften der erfindungsgemäßen Retardform wird deren Verwendung als Nahrungsergänzungsmittel genauso vorzugsweise beansprucht wie die Verwendung als Arzneimittel und/oder Kosmetikum, wobei die Retardform für perorale, dermale, parenterale, rektale, vaginale oder lokale (topische) Applikationen eingesetzt werden kann.
- Außerdem ist im Rahmen der vorliegenden Erfindung vorgesehen, die beanspruchte Retardform als Gele, halbfeste Darreichungsformen oder feste Lösungen zu verwenden oder auch als Grundlage zur Herstellung von Gelen, festen Lösungen und insbesondere halbfesten Darreichungsformen.
- Die nachfolgenden Beispiele belegen die Vorteile der erfindungsgemäßen Retardform.
- Beispiele
- 1. Diffusionsstudie
- Um über einen Zeitraum von 24 Stunden die verzögerte Freisetzung von α-Liponsäure aus der Darreichungsform zu gewährleisten, wurde Chitosan als polymere Wirkstoffträgermatrix eingesetzt. Aufgrund ionischer Wechselwirkungen dieses kationogenen Polymeren mit dem anionogenen Wirkstoff α-Liponsäure wird diese kontinuierlich freigesetzt. Bei der vorliegenden Diffusionsstudie wurde der Einfluss von Chitosan auf das Diffusionsverhalten von α-Liponsäure untersucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind in
2 dargestellt und veranschaulichen den starken Einfluss des kationogenen Polymeren auf das Diffusionsverhalten des Wirkstoffes. Während ohne Chitosan das Konzentrationsgleichgewicht der α-Liponsäure innerhalb und außerhalb des Dialysegefäßes innerhalb von ca. 5 Stunden erreicht werden konnte, wurden lediglich 63,8 % ± 4,3 % dieses Gleichgewichts in Gegenwart des kationogenen Polymers Chitosan erreicht. Auf der einen Seite kann Chitosan in wässrigen Lösungen nur in ionischer Form hydriert werden, auf der anderen Seite haben vorangehende Studien eindeutig gezeigt, dass α-Liponsäure als Gegenion zu hydrophob ist, um ein ausreichendes Quellen des Polymers zu bewirken. Wie die vorliegende Diffusionsstudie zeigt, ist die Zugabe einer eher polaren Säure zusätzlich zum Wirkstoff notwendig, um die Hydratation des Polymeren zu gewährleisten. - Aufgrund ihres vergleichsweise hohen pKa-Wertes von ca. 4,76, der eine ionische Bindung des Wirkstoffes zulässt, keine toxischen Risiken aufwirft und eine exzellente Hydratation des Chitosan gewährleistet, wurde Essigsäure ausgewählt.
- Wie die Ergebnisse der Diffusionsstudie zeigen, bewirken schon geringe Konzentrationen an Essigsäure einen gesteigerten Retardeinfluss des Chitosan auf den Wirkstoff α-Liponsäure: Allein die Belegung jeder vierten Aminogruppe des Chitosans mit Essigsäure (Chitosan-1/4-Acetat) führte zu einer signifikanten Verringerung der Freisetzungsrate von α-Liponsäure aus dem Polymeren. Ein Grund für diese Beobachtung kann darin gesehen werden, dass im Chitosan freie primäre Aminogruppen zunehmen, die für den Wirkstoff zugänglich sind, was auf den höheren Hydratationsgrad, verursacht durch die Essigsäure, zurückgeführt werden kann.
- Sobald eine Essigsäure-Konzentration erreicht wird, die sämtliche primären Aminogruppen des Polymers für den Wirkstoff zugänglich machen, kann der Retard-Effekt des Polymeren nicht mehr gesteigert werden.
- Andererseits scheint die weitere Zugabe von Essigsäure den Retard-Effekt zu verringern, da dieser bei einem Verhältnis Chitosan/Acetat = 1 : 1 mit 39,8 ± 0,9 % innerhalb von 5 Stunden signifikant geringer war als bei einem Verhältnis Chitosan zu Acetat = 1 : 2 (31,4 ± 2,8 %).
- Diese Beobachtung kann mit einem Konkurrenzverhalten des Wirkstoffes α-Liponsäure und der Essigsäure um die frei zugänglichen Aminogruppen des Polymers erklärt werden. Schließlich ist zu beachten, dass mit zunehmender Essigsäurezugabe auch größere Mengen des Wirkstoffes vom Polymer entfernt werden.
- Abb. 2 Vergleich des Einflusses von Chitosan und Essigsäure auf die Retardierung von α-Liponsäure (die Diffusionsstudien der α-Liponsäure wurden ohne Chitosan, mit Chitosan, mit Chitosan-1/4-Acetat, mit Chitosan-1/2-Acetat und mit Chitosan-1/1-Acetat durchgeführt. Die angegebenen Werte sind Mittelwerte (± SD), mindestens dreier Einzelversuche).
- 2. Freisetzungsstudie
- Untersuchungen zum Freisetzungsprofil der Tabletten wurden nach international anerkannten Vorschriften durchgeführt, wie sie beispielsweise im Europäischen Arzneibuch zu finden sind.
- Beispiel 1
- 5 g Chitosan aus Krabbenschalen mit einem Deacetylierungsgrad von über 85% wurden in 10 ml Eisessig und 65 ml demineralisiertem Wasser 24 Stunden bei Raumtemperatur gequollen. Dieser Ansatz wurde in der Folge mit 24 g α-Liponsäure homogenisiert und feuchtgranuliert. Anschließend wurden aus dem bei 40°C getrockneten Granulat Tabletten von 10 mm Durchmesser und 400 mg Gewicht gepresst (Korsch, Typ EKO-DMS, Berlin, Deutschland). Der Anteil an α-Liponsäure in diesen Tabletten betrug über 75% (m/m).
- Beispiel 2
- 50 g Chitosan aus Krabbenschalen mit einem Deacetylierungsgrad von über 85% wurden in 100 ml Eisessig und 750 ml demineralisiertem Wasser 24 Stunden bei Raumtemperatur gequollen. Dieser Ansatz wurde in der Folge mit 50 g α-Liponsäure homogenisiert und feuchtgranuliert. Anschließend wurden aus dem bei 40°C getrockneten Granulat Tabletten von 10 mm Durchmesser und 400 mg Gewicht gepresst (Korsch, Typ EKO-DMS, Berlin, Deutschland). Der Anteil an α-Liponsäure in diesen Tabletten betrug dabei etwa 50% (m/m).
- Versuchsergebnis
- Freisetzungsversuche mit diesen Tabletten zeigten eine starke Retardierung durch den kombinierten Einsatz von α-Liponsäure mit Chitosan. Das Dissolutionsprofil der α-Liponsäure-Chitosan-Tabletten (400 mg) in 600 ml demineralisiertem Wasser bei 37°C ist in
3 dargestellt. Die gezeigten Werte sind Mittelwerte aus drei Freisetzungsstudien mit der entsprechenden Standardabweichung. Innerhalb der ersten 8 Stunden entspricht diese Freisetzung annähernd einer der 0. Ordnung. Die gezeigte Retardierung, bei der nach 22 Stunden erst 80% an α-Liponsäure freigesetzt werden, wurde gewählt, da zum einen diese F7reisetzung in vivo durch eine hohe Elektrolytkonzentration beschleunigt wird und zum anderen eine Teilresorption von α-Liponsäure selbst noch im Kolon erfolgt.
Claims (22)
- Retardform, bestehend aus a) einem oder mehreren kationogen(en) Polymer(en) in Form von Chitosan mit einem Deacetylierungsgrad > 85%, b) α-Liponsäure(-Derivaten) und c) mindestens einer von b) verschiedenen Säure.
- Retardform nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie eine racemische α-Liponsäure, eine enantiomerenreine R-(+)- oder S-(–)-α-Liponsäure oder Mischungen daraus enthält.
- Retardform nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie eine racemische Dihydroliponsäure, eine enantiomerenreine (+)-Dihydroliponsäure oder (–)-Dihydroliponsäure oder Mischungen daraus enthält.
- Retardform nach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die α-Liponsäure oder Dihydroliponsäure ganz oder teilweise in Form ihrer Salze vorliegt.
- Retardform nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Salz der α-Liponsäure oder Dihydroliponsäure Kationen aus der Reihe der Alkali- oder Erdalkalimetalle enthalten.
- Retardform nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Salze der α-Liponsäure oder Dihydroliponsäure Kationen aus der Reihe Eisen, Kupfer, Zink, Palladium, Vanadium und Selen enthalten.
- Retardform nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Salze der α-Liponsäure oder Dihydroliponsäure organische Kationen, insbesondere offenkettige oder cyclische Ammoniumverbindungen wie Benzylammonium, Diisopropylammonium, Triethylammonium, Cyclohexylammonium, komplexe Kationen ggf. mit metallischen Zentralatomen wie z. B. Eisen(III), Chrom(III) oder Cobalt(II) und neutralen, kationischen oder anionischen Liganden wie z. B. Wasser, Ammoniak, Carbonyl, Cyano oder Nitroso, oder Oxokationen wie Oxovanadium(V) (VO2 +) oder Oxovanadium (IV) (VO2+) enthalten.
- Retardform nach den Ansprüchen 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß der Anteil an kationogenem Polymer 0,1 bis 90 Gew.-%, insbesondere 5 bis 50 Gew.-%, jeweils bezogen auf das Gewicht der Retardform beträgt.
- Retardform nach den Ansprüchen 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß die α-Liponsäure-Komponente in Anteilen von 0,1 bis 99 Gew.-%, insbesondere in Anteilen von 20 bis 90 Gew.-%, jeweils bezogen auf das Gewicht der Retardform vorliegt.
- Retardform nach den Ansprüchen 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß als Säure-Komponente c) eine organische oder anorganische Brønstedt-Säure, insbesondere Essigsäure, Salzsäure oder Glutaminsäure, eingesetzt wird.
- Retardform nach den Ansprüchen 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß als Säure-Komponente c) eine organische oder anorganische Lewis-Säure, insbesondere Kohlendioxid, Ca2+ oder Fe2+, eingesetzt wird.
- Retardform nach den Ansprüchen 1 bis 9 dadurch gekennzeichnet, daß als Säure-Komponente c) eine komplexe Säure, insbesondere Hexaaquoaluminium-(III) [(Al(H2O)6 3+] oder Hexacyanoeisen-(II)-säure [H4(Fe(CN)6)] eingesetzt wird.
- Retardform nach den Ansprüchen 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß als Säure-Komponente c) eine polymere Säure, insbesondere Polyphosphorsäure (PPA), eine Isopolysäure wie z. B. Heptamolybdänsäure (H6M7O24), oder eine Heteropolysäure wie z. B. Dodecawolframphosphorsäure (H3[PW12O40]) eingesetzt wird.
- Retardform nach den Ansprüchen 1 bis 13, dadurch gekennzeichnet, daß die Säure-Komponente c) in Anteilen von 0,001 bis 80 Gew.-%, insbesondere in Anteilen von 0,1 bis 50 Gew.-% und besonders bevorzugt in Anteilen von 1,0 bis 25 Gew.-%, jeweils bezogen auf das Gewicht der Retardform vorliegt.
- Retardform nach den Ansprüchen 1 bis 14, dadurch gekennzeichnet, daß sie zusätzlich Formulierungs-Hilfsmittel wie Füllstoffe, Schmiermittel, Fließhilfsmittel, Formentrennmittel, Weichmacher, Treibmittel, Stabilisatoren, Farbstoffe, Streckmittel, Bindemittel, Sprengmittel, Netzmittel, Fließmittel oder Gegenklebemittel enthält.
- Retardform nach Anspruch 15, dadurch gekennzeichnet, daß sie als Füllstoffe anorganische Füllstoffe wie z. B. Oxide von Magnesium, Aluminium, Silizium oder Titan, mikrokristalline Cellulose und Cellulosepulver, Stärken und deren Derivate (bspw. Maltodextrine), Lactose, Mannit und Calciumdiphosphat, als Schmiermittel Stearate von Aluminium und Calcium, Talkum oder Silicone, als Fließhilfsmittel Magnesiumstearat, kolloidales Siliciumdioxid, Talkum oder Aerosil, als Weichmacher niedermolekulare Polyalkylenoxide, niedermolekulare organische Weichmacher wie Glycerin, Pentaerythrit, Glycerin-Monoacetat, -Diacetat oder -Triacetat, Propylenglycol, Sorbit oder Na-Diethylsulfonsuccinat, als Farbstoffe Azofarbstoffe, (an-)organische Pigmente oder natürliche Farbmittel, oder sonstige übliche Hilfsstoffe wie Zucker(-alkohole), Polymere, Phosphate und Tenside, bevorzugt in jeweiligen Konzentrationen zwischen 0,02 bis 50 Gew.-% enthält.
- Retardform nach den Ansprüchen 1 bis 16, dadurch gekennzeichnet, daß sie hergestellt werden, indem 1) die Komponente a) mit der Komponente c) vorzugsweise im Verhältnis 1 : 2 bis 1 : 4 versetzt wird, dann diese Mischung mit Wasser versetzt wird und die entstandene Lösung mit der α-Liponsäure-Komponente b) im bevorzugten Gewichtsverhältnis Lösung : Komponente b) 1 : 0,3 – 0,003 homogenisiert wird, 2) das Homogenat aus 1) einer Feuchtgranulation unterzogen wird und die Granulate bei Temperaturen zwischen 5 und 50°C, vorzugsweise zwischen 25 und 40°C getrocknet werden, sowie 3) die Trockengranulate tablettiert werden.
- Verwendung der Retardform nach den Ansprüchen 1 bis 17 als Nahrungsergänzungsmittel.
- Verwendung der Retardform nach den Ansprüchen 1 bis 17 als Arzneimittel.
- Verwendung der Retardform nach den Ansprüchen 1 bis 17 als Kosmetikum.
- Verwendung der Retardform nach den Ansprüchen 1 bis 17 für perorale, dermale, parenterale, rektale, vaginale oder lokale (topische) Applikationen.
- Verwendung der Retardform nach einem der vorhergehenden Ansprüche als Gele, halbfeste Darreichungsformen oder feste Lösungen oder als Grundlage zu deren Herstellung.
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