DE10036342C2 - Verfahren zur Bestimmung räumlicher Abstände in Polymeren oder Komplexen von Polymeren mit Hilfe von Gemischen von Cross-Linker Molekülen - Google Patents

Verfahren zur Bestimmung räumlicher Abstände in Polymeren oder Komplexen von Polymeren mit Hilfe von Gemischen von Cross-Linker Molekülen

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Description

Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Bestimmung räumlicher Abstände in Polymeren oder Komplexen von Polymeren, insbesondere Biopolymeren bekannter Monomersequenz mit Hilfe informatischer und physikochemischer Methoden, insbesondere unter Nutzung von Gemischen von Cross-Linker Molekülen.
Die räumliche Struktur von Polymeren, also die relative räumliche Anordnung der Residuen, ist von großer Bedeutung in einer Vielzahl von Anwendungen. Ein bekanntes Beispiel ist das rationale Design neuer pharmazeutischer Wirkstoffe. Man sucht dabei nach einem kleinen Molekül, das in die Bindetasche des Ziel-Proteins (etwa eines Virus-Proteins) passt wie ein Schlüssel in ein Schloss. Die Bindung eines solchen Wirkstoffmoleküls an das Ziel-Protein führt dann idealerweise zur medizinisch gewünschten Blockierung des letzteren. Offenbar ist eine Voraussetzung des rationalen Wirkstoffdesigns die Kenntnis der 3D-Struktur des Proteins, also des "Schlosses".
Die herkömmlichen Methoden (Röntgenbeugung an Einkristallen oder Kernmagnetische Resonanz) zur Aufklärung der räumlichen Struktur von Polymeren sind unter Umständen in der Lage, hochaufgelöste Strukturmodelle zu liefern, haben andererseits gravierende Nachteile:
  • 1. Es ist eine relativ große Menge des jeweiligen Polymers in hochreiner Form erforderlich. Bei Proteinen stellt gerade die Herstellung und Reinigung solcher Mengen häufig eine wesentliche Hürde dar.
  • 2. Die Polymere müssen in eine bestimmte Form gebracht werden, zum Beispiel in die Form von Einkristallen. Auch dieser Schritt ist in vielen Fällen schwierig und erfordert langwierige Versuchsreihen.
Es besteht also einerseits großes Interesse an 3D-Strukturen und an deren wirtschaftlicher Nutzung, wie oben am Beispiel des Wirkstoffdesigns geschildert. Verfahren zur Aufklärung der 3D-Struktur von Biomakromolekülen sind z. B. aus der WO 99/41607 A2 und WO 98/48270 A1 bekannt. Herkömmliche Methoden zur Gewinnung von 3D-Strukturen sind vergleichsweise langsam. Das wird im Falle von Proteinen deutlich widergespiegelt von der wachsenden Diskrepanz zwischen explosionsartig wachsenden Gendatenbanken und der langsamer steigenden Zahl aufgelöster Proteinstrukturen. Eine schnellere Methode würde dem Anwender offenbar erhebliche wirtschaftliche Vorteile bringen.
In der Tat gibt es bereits schnelle Verfahren, die vor allem Abstände von Paaren funktioneller Gruppen liefern. Dazu gehören Fluoreszenztransfer-Methoden und Methoden des chemischen Cross-Linkings (vgl. z. B WO 99/41607). Fluoreszenz-basierte Methoden setzen das Vorhandensein von Chromophoren voraus. Dagegen sind Cross-Linking Methoden allgemeiner, da eine Vielzahl unterschiedlicher chemischer Techniken zur Verfügung stehen, um verschiedene funktionelle Gruppen zu verknüpfen. Wenn die vom Cross-Linker verknüpften Gruppen identifiziert sind, dient der Cross-Linker als molekularer Zollstock, dessen Länge den Abstand der verknüpften Gruppen liefert. Zur Identifizierung werden die Bruchstücke (an-)sequenziert oder über andere Charakteristika bestimmt, wie etwa ihre Masse. Wichtigste Einschränkung von Cross-Linking-Methoden ist, dass die verknüpften Gruppen für die Cross-Linking-Reagenzien zugänglich sein müssen. Trotz dieser Einschränkung finden Cross-Linking-Methoden eine immer weitere Verbreitung. Eine bekannte Anwendung ist insbesondere die Bestimmung räumlicher Nachbarschaften in Komplexen aus mehreren Makromolekülen wie dem Ribosom (Baranov et al (1999) Nucleic Acid Res 27: 184-5). Eingesetzt wurden dabei Cross-Linker mit verschiedenen Längen und Endgruppen, und zwar immer jeweils ein Cross-Linker pro Experiment. Ein grosser Vorteil der Cross-Linking-Methoden ist, dass vergleichsweise geringe Mengen an Polymer benötigt werden, und dass keine aufwändige Präparation notwendig ist.
Cross-Linker sind meist etwas flexibel, können also ein Intervall von Längen einnehmen. Die durch Cross-Linking bestimmten Längen sind deshalb mit einer Unsicherheit versehen. Um diese Unsicherheit zu verringern, können mehrere Experimente mit überlappenden Unsicherheits-Intervallen durchgeführt werden (Nitao and Reisler (1998) Biochemistry 37: 16704-10). Aufgrund der hohen Komplexität der experimentellen Resultate wurden bislang nur Experimente durchgeführt, in denen pro Assay ein Cross-Linker zum Einsatz kam.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zur Bestimmung räumlicher Abstände in Polymeren zur Verfügung zu stellen, das die genannten Nachteile des Standes der Technik nicht mehr aufweist. Insbesondere soll der experimentelle Aufwand des Verfahrens geringer sein als bei den bisher bekannten Methoden, eine bessere Auflösung erreicht werden und das Verfahren schneller sein als die bisherigen.
Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren zur Bestimmung räumlicher Abstände in Polymeren oder Polymerkomplexen bekannter Monomersequenz gelöst, bei dem
  • a) die Polymermoleküle oder Komplexe umgesetzt werden mit Gemischen homo- oder hetero-bifunktionaler Cross-Linker Moleküle unterschiedlicher Länge und Masse, aber mit den gleichen Bindungsspezifitäten der reaktiven Endgruppen,
  • b) die Polymermoleküle oder Komplexe nach Reaktion mit dem Gemisch der Cross-Linker an bekannten Spaltstellen der Polymersequenzen spezifisch gespalten werden,
  • c) die entstandenen Bruchstücke vermessen werden, vorzugsweise ihre Masse bestimmt wird,
  • d) die entstandenen Bruchstücke identifiziert werden - insbesondere jene Bruchstücke, bei denen Cross-Linker zwei Residuen des Polymers oder Komplexes verknüpfen - mit Hilfe eines Vergleichs der Messergebnisse aus Schritt c) mit zu erwartenden Werten von theoretisch möglichen Bruchstücken, die auf der Basis der bekannten Daten über Monomersequenz, Spaltstellen, Cross-Linker, etc. ermittelt werden,
  • e) auch bereits natürlicherweise vorhandene Verknüpfungen (in Proteinen zum Beispiel Disulfidbrücken) berücksichtigt werden,
  • f) die Länge desjenigen Cross-Linkers aus dem Gemisch ein Maß für den Abstand zweier Residuen ist, der die kürzeste Länge hat unter jenen Cross-Linkern des Gemisches, die beide Residuen verknüpfen.
In Schritt a) können im Gemisch Cross-Linker unterschiedlicher Längen unterschiedliche Chromophore tragen.
Der Fortschritt dieses Verfahrens gegenüber dem Stand der Technik ist begründet vor allem in zwei neuen Teilen des Verfahrens: Erstens in der Verwendung eines Gemisches von Cross-Linkern (Schritt a)), und zweitens in der rechnerischen Auswertung (Schritt d)) der experimentellen Resultate.
Das erfindungsgemäße Verfahren wird durchgeführt in folgenden Schritten:
  • 1. Zuerst wird eine Lösung des Polymers umgesetzt mit einem Gemisch von Cross-Linker Molekülen unterschiedlicher Länge. Die Cross-Linker sind dabei so gewählt, dass sie alle unter den gegebenen Bedingungen (pH, Temperatur, etc.) mit dem Polymer etwa gleich stark reagieren. Zusätzlich zu den hinzugefügten Cross-Linkern können andere Verknüpfungen genutzt werden, zum Beispiel natürlich vorkommende Cystine in Proteinen. Zur Erhöhung des Informationsgehaltes kann man im Gemisch zu jedem Typ von Cross-Linkern sowohl eine deuterierte als auch eine protonierte Version verwenden; statt Deuterierung sind auch andere Isotopenmarkierungen möglich. Durch diese Markierung kann man im später gemessenen Massenspektrum isobare Signale aufspalten, und damit die Zuordnung von Massen zu molekularen Bruchstücken erleichtern. Ausserdem kann man jeden der Cross-Linker im Gemisch mit einem anderen Chromophor ausstatten, so dass die Cross-Linker spektroskopisch unterschieden werden können.
  • 2. Das Polymer wird spezifisch aufgespalten, also an möglichst genau durch die Monomersequenz gegebenen Stellen. Ein typisches Beispiel ist die tryptische Spaltung von Polypeptiden hinter Argininen und Lysinen.
  • 3. Die Bruchstücke aus Schritt 2. werden aufgetrennt. Dazu können verschiedene Methoden wie Hochleistungs-Flüssigkeits-Chromatographie, Flüssigkeits-Chromatographie gekoppelt an Massenspektrometrie, Affinitätschromatographie oder Massenspektrometrie verwendet werden.
  • 4. Die in Schritt 3. aufgetrennten Bruchstücke werden mit Teilen des Polymers identifiziert. Dazu wird ein neues rechnerisches Verfahren eingesetzt. Als Eingabe dienen
    • a) die Monomersequenz des Polymers,
    • b) die potenziellen Spaltstellen in der Kette,
    • c) die potenziellen Anbaustellen für den Cross-Linker,
    • d) das experimentell aufgetrennte Spektrum der Bruchstücke,
    • e) potenzielle chemische Modifikationen von Residuen oder Cross-Linkern,
    • f) bereits bekannte Verknüpfungen (z. B. Disulfidbrücken bei Proteinen),
    • g) weitere Parameter wie zum Beispiel die maximale Anzahl nicht erkannter Spaltstellen oder die maximale Unschärfe, die beim Vergleich zwischen berechneten und gemessenen Peaklagen akzeptiert
wird.
Dem Rechenverfahren liegt folgender Algorithmus ("SearchLinks") zugrunde:
  • 1. 1 A<-0
  • 2. 2 B <- Menge von Basisfragmenten
  • 3. 3 foreach nichtleere Teilmenge b von B do
  • 4. 4 L <- Menge aller potenziellen Platzierungen eines einzelnen Crosslinkers für b
  • 5. 5 U <- Menge aller potenziellen nicht erkannten Spaltstellen für b
  • 6. 6 foreach konsistente Teilmenge I von L do
  • 7. 7 foreach erlaubte Teilmenge u von U do
  • 8. 8 c <- fasse b, I, u zu einem Kombifragment zusammen
  • 9. 9 if c ist zusammenhängend then
  • 10. 10 P <- Menge aller zu c passenden Peaks im gemessenen Spektrum
  • 11. 11 foreach Peak p aus P do
  • 12. 12 a <- fasse p, c zu einem Assignment zusammen
  • 13. 13 A <- A vereinigt mit a
  • 14. 14 enddo
  • 15. 15 endif
  • 16. 16 enddo
  • 17. 17 enddo
  • 18. 18 enddo
Anmerkungen zu ausgewählten Schritten des Algorithmus:
  • 1. A enthält am Ende alle gefundenen Assignments, also auch alle Kombifragmente, die unter den gegebenen Randbedingungen mit dem gemessenen Spektrum verträglich sind.
  • 2. Für die Berechnung der Basisfragmente werden zunächst alle denkbaren Polymerstücke zwischen den potenziellen Spaltstellen generiert. Teile dieser Polymerstücke sind u. U. noch durch bereits bekannte Verknüpfungen miteinander verbunden. Jede Zusammenhangskomponente aus der Menge der denkbaren Polymerstücke bildet ein eigenes Basisfragment.
  • 3. Zur Generierung der nichtleeren Teilmengen b von B wird ein Stack verwendet. In der Praxis werden nicht alle möglichen nichtleeren Teilmengen erzeugt. Zum Beispiel werden Teilmengen, deren Masse genügend weit oberhalb des im Experiment gefundenen Peaks mit der größten Masse liegt, nicht generiert. Ferner werden Basisfragmente, die keinen Cross-Linker binden können, nur dann für die Erweiterung der aktuellen Teilmenge verwendet, wenn sie zu mindestens einem der Basisfragmente in b benachbart sind (und daher über eine nicht erkannte Spaltstelle "angebunden" werden können).
  • 4. Eine Teilmenge I von ist genau dann "konsistent", wenn jedes Residuum aus b an höchstens einen Cross-Linker gebunden ist. Ausnahmen bilden die endständigen Residuen des Polymers, die unter Umständen mehr als eine Bindungsstelle aufweisen.
  • 5. Eine Teilmenge u von U ist genau dann "erlaubt", wenn ihre Mächtigkeit die vorgegebene maximale Anzahl nicht erkannter Spaltstellen nicht überschreitet.
  • 6. 3-9) Liegt nur ein einziger bifunktioneller Cross-Linkertyp vor, kann der mit den Schritten (4), (6) und (7) verbundene Aufwand deutlich reduziert werden. In diesem Fall ist es möglich, allein aus der Mächtigkeit der Mengen sowie der Gesamtanzahl derjenigen Residuen in b, die einen Cross-Linker binden können, auf den möglichen Zusammenhang des zugehörigen Kombifragments zu schließen. Dementsprechend laufen dann die Schleifen in den Schritten (6) und (7) nur noch über solche Kombinationen von Cross-Linker- bzw. Spaltstellenanzahlen, für die man aus b ein zusammenhängendes Kombifragment c bilden kann. Die Abfrage in Schritt (9) entfällt dann. Da die Lage der Cross-Linker und nicht erkannten Spaltstellen in diesem Spezialfall im Moment der Zuordnung i. d. R. nicht eindeutig bestimmt ist, werden für die Kombifragmente aus den gefundenen Assignments (und nur für diese) in einem zusätzlichen Schritt am Ende des Algorithmus alle möglichen zusammenhängenden Konfigurationen nachträglich enumeriert.
  • 7. Bei diesem Schritt werden alle Kombinationen möglicher Modifikationen von c berücksichtigt. Insbesondere lässt sich ein Gemisch von Cross-Linkern, die alle dieselbe Bindungsfunktionalität aufweisen und sich z. B. nur bezüglich ihrer Länge unterscheiden, auf den Fall eines einzigen Cross-Linkertyps mit einer entsprechenden Anzahl von Modifikationen abbilden. Auch lassen sich Cross-Linker, die nur einmal reagiert haben, als Modifikationen der in Frage kommenden Residuen behandeln.
  • 8. Aus der Menge der gefundenen Kombifragmente ergibt sich jeweils ein Verknüpfungsmuster, aus dem hervorgeht, welche Residuen durch welche Cross-Linker oder sonstige Verknüpfungen verbunden sind. Die minimale Länge eines Cross-Links zwischen zwei Residuen ist ein genaues Maß des Abstandes zwischen den Residuen.
  • 9. Falls nötig kann durch Wiederholung der obigen Schritte unter Variation der experimentellen Bedingungen neue Information gewonnen werden.
    Variiert werden zum Beispiel die Gemische der Cross-Linker (andere Längen und Funktionen), Spaltreagenzien, etc. Weiter kann bei der Verwendung von Matrix-Assisted-Laser-Desorption/Ionisation Massenspektrometrie die kristalline Matrix, die Intensität des Lasers, etc. geändert werden.
Liegen genügend räumliche Abstände vor, kann ein räumliches Modell des Polymers berechnet werden.
Die intrinsische Parallelität der beschriebene Methode durch die Verwendung von Cross-Linker-Gemischen führt zu einer deutlich höheren Effizienz im Vergleich zum Stand der Technik. Möglich wird die Nutzung dieser Parallelität durch die Kombination hochauflösender experimenteller Techniken wie Massenspektrometrie mit neuen Algorithmen, die in der Lage sind, die wesentliche Information aus komplexen Messergebnissen zu extrahieren.
Die Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens liegen in der effizienten Nutzung experimenteller Resourcen: Der experimentelle Aufwand (Zeit, Menge an eingesetztem Polymer) ist näherungsweise umgekehrt proportional zur Anzahl der Komponenten des Cross-Linker-Gemisches; zum Beispiel senkt die Verwendung eines Gemisches von 10 verschiedenen Cross-Linkern den experimentellen Aufwand auf 1/10 gegenüber dem Stand der Technik. Tendenziell wird Aufwand vom teureren experimentellen Teil auf den billigeren rechnerischen Teil verlagert.
Anwendungsbeispiel
Für das Protein Ribonuklease A (RNase) aus dem Pankreas des Rindes soll beispielhaft gezeigt werden, wie das Verfahren angewendet werden kann. Die 3D-Struktur dieses Proteins ist bereits bekannt (Howlin et al. 1989 Acta Cryst A 45: 851), sodass die Resultate des Verfahrens mit einer unabhängigen Methode validiert werden können.
Zur Gewinnung von Abstandsinformation können folgende Gruppen durch bifunktionale Cross-Linker verknüpft werden: Die Aminogruppen auf den 10 Lysinen und am N-Terminus, die Carboxylate auf Glutamaten, Aspartaten und dem C-Terminus. Daneben kann die Information aus den 4 Disulfidbrücken genutzt werden und es können teilweise unspezifisch bindende photoaktivierbare Cross-Linker verwendet werden.
Zum Beispiel kann man ein Gemisch von Cross-Linkern verwenden mit Imidoestern als reaktiven Gruppen (Reaktion mit Aminogruppen auf Protein) und unterschiedlichen Längen. In dem Gemisch können DMA (Linkerlänge 0.86 nm), DMS (Linkerlänge 1.10 nm) (Fa. Pierce, Rockford, U. S. A.) und andere Cross-Linker mit anderen Linkerlängen und gleichen reaktiven Gruppen sein.
Am Beispiel der Verknüpfung der beiden Lysine an den Positionen 31 und 91 in der Aminosäuresequenz von RNase wird gezeigt, wie das Verfahren einen genauen Abstand zwischen 2 Residuen liefert. Parallel dazu können mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ohne experimentellen Mehraufwand Abstände zwischen anderen Gruppen bestimmt werden.
Man setzt das oben genannte Gemisch von Cross-Linkern um mit einer Lösung von RNase (Raumtemperatur bzw. 4°C, pH 8-9 Borat bzw. Bicarbonat-Puffer, verschiedene molare Verhältnisse Cross-Linker/Protein 1-10/l, Variation der Proteinkonzentration 0.1 mg/ml bis 2 mg/ml, Reaktionszeit < 30 min).
Das Reaktionsprodukt wird verdaut mit Trypsin bzw. Chymotrypsin (4 Stunden, pH 8, 37 bzw. 25°C, molares Verhältnis Enzym/Substrat 1/50).
Der Verdau wird aufgetrennt über reverse phase high-pressure liquid chromatography mit einer C18 Säule, 0.1% TFA in Wasser/Acetonitril-Gradient von 5-65% Acetonitril. Die Fraktionen werden gesammelt, in 33% Acetonitril gelöst, mit Matrixlösung (z. B. 10 mg/ml 2,5-Dihydroxybenzoesäure in 33% Acetonitril) gemischt und die Peptide mit Matrix-Assisted-Laser-Desorption/Ionisation Massenspektrometrie analysiert.
Die Massenspektren werden mit dem oben beschriebenen Algorithmus analysisiert und die verknüpften oder unverknüpften Peptide dadurch identifiziert. Die tryptischen Peptide 11-33 und 86-91 (bzw. 86-98 falls Modifizierungen die proteolytische Spaltung verhindern) treten auf, sowie die chymotryptischen Peptide 31-35 und 80-97. Damit sind zwei Peptide gegeben, die jeweils nur ein Lysin enthalten, nämlich Lysin 31 bzw. 91. Über die Masse, und falls notwendig mithilfe eines Post Source Decay Massenspektrums, können die beiden Peptide bzw. das Molekül aus beiden Peptiden und dem verknüpfenden Cross-Linker zweifelsfrei identifiziert werden.
Lysine 31 und 91 werden nicht durch DMA oder kürzere Cross-Linker verknüpft, wohl aber durch DMS und längere Cross-Linker. Daraus ergibt sich ein Abstand zwischen den Aminogruppen der beiden Lysinen von mehr als 1.16 nm und weniger als 1.40 nm (jeweils Linkerlänge plus zweimal Bindungslänge von 0.15 nm zwischen Amino-N und Linker-C). Die Distanz ist also etwa 1.28 nm +/- 0.12 nm. Tatsächlich findet man in der röntgenkristallographisch bestimmten Struktur einen Abstand von 1.26 nm, also eine ausgezeichnete Übereinstimmung.

Claims (13)

1. Verfahren zur Bestimmung räumlicher Abstände auf Polymermolekülen bekannter Monomersequenz oder Komplexen solcher Polymermoleküle wobei
  • a) die Polymermoleküle oder Komplexe umgesetzt werden mit Gemischen homo- oder hetero-bifunktionaler Cross-Linker Moleküle unterschiedlicher Länge und Masse, aber mit den gleichen Bindungsspezifitäten der reaktiven Endgruppen,
  • b) die Polymermoleküle oder Komplexe nach Reaktion mit dem Gemisch der Cross-Linker an bekannten Spaltstellen der Polymersequenzen spezifisch gespalten werden,
  • c) die entstandenen Bruchstücke vermessen werden, vorzugsweise ihre Masse bestimmt wird,
  • d) die entstandenen Bruchstücke identifiziert werden - insbesondere jene Bruchstücke, bei denen Cross-Linker zwei Residuen des Polymers oder Komplexes verknüpfen - mit Hilfe eines Vergleichs der Messergebnisse aus Schritt c) mit zu erwartenden Werten von theoretisch möglichen Bruchstücken, die auf der Basis der bekannten Daten über Monomersequenz, Spaltstellen, Cross-Linker, etc. ermittelt werden,
  • e) auch bereits natürlicherweise vorhandene Verknüpfungen berücksichtigt werden,
  • f) die Länge jenes Cross-Linkers aus dem Gemisch ein Maß für den Abstand zweier Residuen ist, der die kürzeste Länge hat unter den Cross-Linkern des Gemisches, die beide Residuen verknüpfen.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass im Gemisch Cross-Linker unterschiedlicher Längen unterschiedliche Chromophore tragen.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass sowohl protonierte als auch deuterierte Cross-Linker Moleküle, oder durch sonstige Isotopenmarkierung unterschiedene Cross-Linker Moleküle verwendet werden.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, dass experimentelle Methoden, insbesondere chromatographische Methoden, absorbtions- und fluoreszenzspektroskopische Methoden, sowie massenspektrometrische Methoden
verwendet werden, um die Gemische der Polymerbruchstücke aufzutrennen und die Eingabedaten für die rechnerische Identifizierung der Bruchstücke zu bestimmen.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass bei der rechnerischen Identifizierung der Bruchstücke die Unterschiede der Messwerte mit Cross-Linkern zu den Messwerten für das Polymer oder den Komplex ohne Cross-Linker oder sonstige Verknüpfungen genutzt werden.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass rechnerisch eine Menge von "Basisfragmenten" konstruiert wird, bestehend aus den denkbaren Polymerabschnitten zwischen den potenziellen Spaltstellen und eventuell schon bekannten Polymer-Verknüpfungen.
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Basisfragmente systematisch zu einer Baumstruktur aus Kombifragmenten kombiniert werden.
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Baumstruktur während der Generierung beschnitten wird mit Hilfe von experimentellen Messwerten.
9. Verfahren nach Anspruch 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, dass eine Liste aller möglichen Mengen von Kombifragmenten erstellt wird, die mit den Messwerten verträglich sind, und dass bei dem Vergleich zwischen den gemessenen Massen und den berechneten Massen der konstruierten Kombifragmente berücksichtigt wird, dass
  • a) potenzielle Spaltstellen unter Umständen nicht durch das Spaltreagenz erkannt werden,
  • b) Cross-Links innerhalb eines Kombifragments auftreten,
  • c) die Anknüpfung eines Cross-Linkers die Spaltung vor oder nach dem betroffenen Residuum verhindern kann,
  • d) das Polymer oder der Komplex chemisch modifiziert sein kann.
10. Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass aus der Liste der Kombifragmente die entsprechenden Verknüpfungsmuster abgeleitet und damit Abstände zwischen Residuen des Polymers oder Komplexes gewonnen werden, und dass dabei die entsprechenden Messwerte für das Polymer oder den Komplex ohne Cross-Linker oder sonstige Modifikationen berücksichtigt werden.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass der Vergleich der Messergebnisse mit den zu erwartenden Werten von theoretisch möglichen Bruchstücken folgende Schritte enthält:
  • a) Bestimmung einer Menge von zwischen zwei benachbarten Spaltstellen gelegenen Polymerabschnitten,
  • b) Bestimmung einer Menge von Basisfragmenten, verbunden durch Verknüpfungen, die zwischen den Polymerabständen aus a) unter Umständen vorhanden sind,
  • c) Bestimmung einer Menge von potenziellen Verknüpfungen zwischen Basisfragmenten aus b),
  • d) Bestimmung einer Menge von Spaltstellen, die vom Spaltreagenz nicht erkannt worden sein könnten,
  • e) falls das sich aus Basisfragmenten von b) bei Ausbildung der Verknüpfungen von c) und von Verknüpfungen an den Spaltstellen von d) ergebende Molekül zusammenhängend ist: Zuordnung dieses Basisfragments zu den dazu passenden Messwerten,
  • f) Wiederholung der Schritte b) bis e) bis alle möglichen Kombifragmente durchlaufen sind.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass zeitlich parallel mehrere Experimente und Rechnungen durchgeführt werden mit unterschiedlichen Gemischen von Cross-Linkern oder unterschiedlichen Spaltreagenzien.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass mit Hilfe der so bestimmten Abstände und davon unabhängiger Informationen räumliche Modelle des Polymers oder Komplexes berechnet werden.
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