DE10023401A1 - Formulierung von Mikroorganismen für die Nagertierbekämpfung in Ködergel - Google Patents
Formulierung von Mikroorganismen für die Nagertierbekämpfung in KödergelInfo
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Abstract
Die vorliegende Erfindung betrifft Mittel, enthaltend unterschiedliche Stadien pathogener Einzeller in einem Gel und deren Verwendung zur Bekämpfung von Nagetieren.
Description
Die vorliegende Erfindung betrifft Mittel, enthaltend unterschiedliche Stadien patho
gener Einzeller in einem Gel und deren Verwendung zur Bekämpfung von Nage
tieren.
Es ist bekannt, daß Protozoen aus der Gruppe der Sarcosporidien (Stamm Protozoa,
Klasse Sporozoa, Unterklasse Coccidia, Ordnung Eucoccidiida, Unterordnung
Eimeriina) für Nagetiere (Gattungen Rattus, Bandicota, Arvicanthis, Nosokia, Mus)
pathogen sind und bei ausreichender Dosierung zum Tod der Tiere führen (Rzepczyk
1974, Intern. J. Parasitol. 4, 447-449; Brehm, Frank 1980, Z. Parasitenkd. 62, 15-30).
Ein für mehrere Rattenarten besonders pathogener Parasit dieser Gruppe ist
Sarcocystis singaporensis (Zamann et al. 1975, Z. Parasitenkd. 47, 169-185).
Endwirte der Parasiten sind Raubtiere oder Allesfresser; für S. singaporensis sind es
Schlangen, z. B. der Netzpython. Im Darm des Endwirtes bildet der Parasit Sporo
zysten. Diese Dauerstadien werden mit dem Kot ausgeschieden. Wird ein Zwischen
wirt, bei S. singaporensis z. B. eine Ratte, oral mit diesen Sporozysten infiziert, so
schlüpfen im Darm der Ratte Sporozoiten und durchdringen die Darmwand. Über
den Blutkreislauf gelangen diese Stadien in andere Organe, wo sie sich durch Teilung
(Schizogonie) vermehren können.
Dabei konnten zwei Schizogonien nachgewiesen werden, die erste um den sechsten
Tag p.i. und die zweite um den 14.-16. Tag p.i.. Besonders gehäuft treten die
Schizonten (Merozoiten) in der Lunge auf, wo sie sich in den Endothelzellen ver
mehren.
Kommt es aufgrund einer starken Infektion zu einer Massenvermehrung der Mero
zoiten in der Lunge, erkrankt die Ratte während der zweiten Schizogonie des
Parasiten um den 16. Tag p.i. und stirbt meistens innerhalb weniger Stunden.
Es ist möglich, die Sporocysten dieser Erreger an Nager zu verabreichen, so daß
diese der Infektion erliegen. Dieses Prinzip kann für die Bekämpfung von Nagetieren
genutzt werden (Wood 1985, J. Plant Protect. Trop. 2, 67-69). Mit Sarcocystis
singaporensis wurden Ratten bereits erfolgreich bekämpft (Jäkel et al. 1996, J.
Parasitol. 82, 280-287).
Infektionen von Rattus rattus et norvegicus mit mehr als 20.000 Sporocysten
(abhängig vom Stamm) sind in der Regel letal. Die Tiere zeigen bis 14 Tage p.i.
keine Symptome. Dann werden sie sehr schnell schwach und erliegen der Infektion
um den 16. Tag p.i..
Subletal infizierte Ratten zeigen auch nach 14 Tagen p.i. kaum Symptome einer
Erkrankung und überleben die Infektion ohne Vitalitätsverlust. Schon wenige Tage
nach der Infektion haben diese Tiere Immunität gegen den Erreger aufgebaut. Für
jede weitere Bekämpfung mit einem Sarcocystis singaporensis-Präparat sind diese
Tiere dann unempfindlich.
Die Sporozoiten können in wässriger Suspension bis zwei Jahre aufbewahrt werden,
ohne erheblich an Pathogenität zu verlieren. Diese Suspension kann Ratten mit der
Schlundsonde verabreicht werden und zeigt bei entsprechender Dosierung letale
Wirkung. Im trockenen Zustand sind die Sporozysten jedoch nicht überlebensfähig.
Für die Bekämpfung von Ratten müssen Köder verwendet werden, die von den
Tieren gefressen werden. Solche Köder mit S. singaporensis Sporocysten sind
solange pathogen, wie sie feucht sind. Nach Austrocknung verlieren die Sporocysten
sehr schnell ihre Pathogenität. Deshalb können herkömmliche Köder auf der Basis
von Getreide nicht für die wirksame Verabreichung dieser Parasiten verwendet
werden. In eigenen Untersuchungen war es nicht möglich, die Sporozysten von S.
singaporensis in Ködern auf Getreidebasis infektiös zu erhalten. Schon einen Tag
nach Anmischen waren diese Köder unwirksam.
Köder mit Sporozysten müssten feucht in Folie verpackt werden. Nachteil dieser
Feuchtpräparate ist die geringe Haltbarkeit, da Getreide binnen weniger Tage
schimmeln oder auskeimen würden. Eine Alternative ist, die flüssige Suspension in
Hohlräumen im Köder zu dosieren. Beispielsweise wurden Brocken pastöser Köder
erfolgreich verwendet, die jeweils eine letale Dosis der Suspension in einem Hohl
raum im Inneren enthielten. Aber auch diese Köder müssen innerhalb weniger Tage
nach Herstellung verwendet werden, da Wasser entweicht bzw. die pastöse Matrix
Wasser aufnimmt und quillt oder gärt, wodurch diese Köder unbrauchbar werden.
Bisher einzige Möglichkeit für die praktische Verwendung von Protozoen wie S.
singaporensis für die Nagerbekämpfung ist, die Köder aus einer Sporozysten ent
haltenden wässrigen Suspension und einer Ködermatrix, z. B. Getreide, unmittelbar vor
der Anwendung herzustellen. Problematisch ist dabei, eine kalkulierte Menge Sporo
zysten zu entnehmen, da diese in der Suspension sehr schnell absinken und sich am
Boden des Gefäßes anreichern. Deshalb enthalten so hergestellte Köder eine unbe
stimmte, nicht homogen verteilte Menge Sporozysten. Diese Köder trocknen schnell,
oft schon während des Anmischens, aus. Folglich sterben die Sporozysten ab und der
Köder ist schon nach wenigen Stunden nicht mehr wirksam.
Es wurde nun gefunden, daß Sarcocystis-Sporozysten erstaunlicherweise in be
stimmten Gelen lange ihre Infektiosität behalten, obwohl aus vorangegangenen
Untersuchungen bekannt ist, daß sie auf Getreide, in Pasten und Gelen wie Bento
niten bereits nach wenigen Tagen nicht mehr infektiös sind. Daß sie in den hier
beschrieben Gelen über Monate überleben, war sehr überraschend und unerwartet.
Aus der Literatur ist bekannt, daß selbst sehr robuste Sarcosporidien der gemäßigten
Breiten, wie S. gigantea, empfindlich auf Änderungen des pH-Wertes und Chemi
kalien reagieren (McKenna et al., Veterinary Parasitology 1992, 45 1-16). Es ist
deshalb besonders erstaunlich, daß sogar der pH-Wert variiert werden kann und
darüber hinaus auch Konservierungsmittel zugesetzt werden können, ohne die
Überlebenswahrscheinlichkeit der Parasiten erheblich zu reduzieren.
Die vorliegende Erfindung ermöglicht es daher, Sporozysten in Gelen für die spätere
Anwendung in der Bekämpfung von Nagetieren zu konservieren. Sie bleiben in
dieser Matrix homogen verteilt. Dadurch wird die Entnahme definierten Mengen von
Sporocysten ermöglicht. Eine definierte Menge dieses Gels kann solange mit der
Ködermatrix vermischt werden, bis ein homogener Zustand hergestellt ist, da das Gel
nur sehr langsam von der Matrix absorbiert wird. Da die verwendeten Gele nur sehr
langsam Wasser durch Verdunstung abgeben, bleibt der Köder auch bei der Anwen
dung in trockener Atmosphäre feucht und damit infektiös.
Es ist auf diese Weise möglich, Sporozysten über Monate zu lagern, ohne daß eine
Entmischung der Gele oder erhebliche Reduktion der Infektiosität der Erreger fest
zustellen ist. Das angefügte Beispiel der Verwendung eines Carbopol-Gels belegt,
daß solche Mischungen mehrere Monate zu verwenden sind.
Die vorliegende Erfindung beansprucht u. a. das Prinzip, Stadien einzelliger Parasiten
in Gelen zu konservieren. Diese Gele werden allein, oder in Ködermittel einge
mischt, für die Bekämpfung von Nagetieren verwendet.
Als pathogene Organismen sind grundsätzlich alle Protozoen aus der Klasse Sporo
zoa geeignet. Besonders geeignet sind Arten der Unterklasse Coccidia. Ganz be
sonders geeignet sind Vertreter der Unterordnung Eimeriina. Beispielhaft, aber nicht
einschränkend seien die Arten der Gattung Sarcocystis genannt, wie S. singaporensis.
Das erfindungsgemäße Mittel kann dabei in allen herkömmlicherweise für die Her
stellung von Fraßködern für Nagetiere verwendeten Rezepturen eingearbeitet
werden, beispielsweise in auf Cerealien basierende Köder, in Pasten, Gele und
Wachsblöcke sowie in extrudierte Mischungen aus Getreiden und Formulierhilfs
stoffen. Ferner ist es möglich, die Erreger in wasserbasierenden Trinkködern anzu
bieten. Die Köder im Sinne der Erfindung werden wie herkömmliche Köder für die
Bekämpfung von Schadnagern angewendet. Sie können im umbauten Raum und im
Freiland ausgelegt werden, je nach Zielspezies und Dichte der Köderstellen mit 5 g
bis 500 g pro Köderstelle. Sie können auch in die Baueingänge der zu bekämpfenden
Nagetiere gelegt werden.
Die Dosierung der Erreger im Gel kann beliebig eingestellt werden. Zu bevorzugen
sind Dosierungen von 1.000 bis 10.000.000 Sporozysten/ml. Besonders bevorzugt
sind 500.000 bis 2.000.000 Sporozysten/ml.
Die Dosierung der Erreger im Köder sollte 1.000 bis 200.000 Sporozysten pro
Gramm Köder betragen. Bevorzugt sind Konzentrationen von 2.000 bis 100.000
Sporozysten pro Gramm, besonders bevorzugt sind 10.000-30.000, insbesondere
20.000 Sporozysten pro Gramm. Es sind auch höhere Dosierungen möglich, in der
Regel aber nicht erforderlich. Dabei können sowohl Sporozysten nur einer Art von
Erregern, aber auch Mischungen der Sporozysten verschiedener Erreger eingesetzt
werden.
Zu bekämpfende Nagetiere bzw. Schadnager sind im Sinne der Erfindung Nagetiere
der Ordnung Rodentia. Besonders sind die Gattungen Rattus, Mus, Bandicota,
Nosokia und Microtus zu beachten. Ganz besonders zu beachten sind die Vertreter
der Gattungen Rattus und Bandicota, z. B. R. rattus, R. norvegicus, B. bengalensis, B.
indica.
Gele im Sinne der Erfindung sind wasserbasierend und mit entsprechenden Ver
dickern versetzt. Als Verdicker sind Makromoleküle wie Cellulosederivate, z. B.
Hydroxypropylcellulose, Hydroxyethylcellulose, Methylcellulose, Carboxymethyl
cellulose, Hydroxypropylmethylcellulose, Hydroxyethylmethylcellulose, Hydroxy
ethylpropylcellulose oder Xanthane, Alginate, Polyvinylalkohole, Polyvinylpyrro
lidon, Polyacrylsäuren und deren Derivate oder anorganische Gelbildner wie hoch
disperses Siliciumdioxid geeignet (s. z. B. Rudolf Voigt, Pharmazeutische Techno
logie, Seite 362-385, Ulstein Mosby). Insbesondere sind Cellulosederivate und Poly
acrylsäuren geeignet.
Der Wassergehalt der Gele ist breit variierbar, beispielsweise zwischen 30 und
98 Gew.-%, insbesondere zwischen 50 und 90 Gew.-% und ganz besonders zwischen
70 und 80 Gew.-%.
Der pH-Wert der Gele ist ebenfalls breit variierbar, beispielsweise zwischen pH 2
und 10, insbesondere zwischen pH 4 und 9, ganz besonders zwischen pH 6 und 8.
Die Gele können mit Konservierungsmitteln wie Parabenen, Benzoaten, Sorbinsäure,
Citraten oder Parabenen, Feuchthaltemitteln wie Glycerin oder Propylenglykol,
Oxidationstabilisatoren wie Butylhydroxytoluol oder Butylhydroxyanisol, Tococphe
rol, Ascorbinsäure, Aromen oder anderen Formulierhilfsmitteln versetzt werden.
In den erfindungsgemäßen Mittel können die Sporocysten der pathogenen Protozoen
auch mit weiteren, z. B. auch chemischen Wirkstoffen zur Nagetierbekämpfung
kombiniert werden. Beispielhaft aber nicht einschränkend seien hier die Cumarine
genannt.
Die erfindungsgemäßen Mittel werden durch Mischen der Bestandteile in den
entsprechenden Mengenanteilen hergestellt. Das Mischen erfolgt mechanisch, bei
spielsweise in Rührkesseln oder anderen zu diesem Zweck geeigneten Apparaturen.
Die folgenden Beispiele sollen die vorliegende Erfindung illustrieren ohne sie jedoch
einzuschränken.
Die verwendeten Sporozysten des Stammes S5 (verfügbar an Univ. Hohenheim, Abt.
Parasitologie) entstammen einer Passage in Thailand vom 17. August 1998. Für die
Auszählung wurde ein Neubauer-Haemozytometer verwendet. Die Gele wurden mit
1% Carbopol 974 P (Carbopole: schwach vernetzte Polyacrylsäuren) in Wasser
(342 ppm) hergestellt. Für die Einstellung des pH wurde 2 N NaOH zutitriert. Als
Konservierungsmittel wurden 0,02% Solbrol P und 0,14% Solbrol M (Solbrole:
para-Hydroxybenzoesäureester (-methyl, -ethyl, -butyl)) verwendet. Eine Probe ent
hielt 20% Glyzerin. Alle Gele wurden mit 50.000 Sporozysten pro ml versetzt und
intensiv vermischt, um eine homogene Verteilung zu erreichen. Die Gele wurden im
Kühlschrank bei ca. 6°C aufbewahrt und entsprechend Versuchsplan an den je
weiligen Versuchstagen verabreicht.
Alle Versuchstiere dienten wilde R. norvegicus. Die Tiere erhielten 14 Stunden vor
Angebot des Sporozysten-Köders kein Futter, Wasser ad libitum. Basis des Köders
war Weizenbruch. Jede Ratte erhielt 5 g Weizenbruch versetzt mit 1 ml Gel. Erst
nachdem der Sarcocystis-Köder aufgefressen war, erhielten die Ratten wieder
Standardfutter ad libitum. Für jede Dosierung wurden 2 Ratten verwendet, die bis
21 Tage nach der Dosierung beobachtet wurden. Es wurde die Mortalität in Ab
hängigkeit von der Gel-Formulierung und deren Lagerungsperiode bestimmt.
Ratten, die im Zeitraum der zu erwartenden Wirkung des Pathogens (13.-17. Tag)
schwere Symptome zeigten, die ein Überleben unter natürlichen Bedingungen un
wahrscheinlich erscheinen ließen, wurden abgetötet.
Claims (7)
1. Mittel enthaltend Sporocysten pathogener Protozoen in einem wasserhaltigen
Gel.
2. Mittel gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das wasserhaltige Gel
auf Wasser und einem Verdickungsmittel aus der Gruppe Cellulosederivate,
Xanthane, Alginate, Polyvinylalkohole, Polyvinylpyrrolidon, Polyacrylsäuren
und anorganische Gelbildner basiert.
3. Mittel gemäß Ansprüche 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß sie Sporocysten
pathogener Protozoen in einer Konzentration von 1000 bis 10 000 000 pro ml
enthalten.
3. Mittel gemäß Ansprüche 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß sie zwischen
30% und 98% Wasser enthalten.
5. Mittel zur Bekämpfung von Nagetieren, dadurch gekennzeichnet, daß es
neben den üblichen Köderstoffen die Mittel gemäß Ansprüche 1 und 2 ent
hält.
6. Verwendung von Mitteln gemäß Ansprüchen 1 und 2 zur Herstellung von
Ködern zur Bekämpfung von Nagetieren, dadurch gekennzeichnet, daß man die
Mittel mit üblichen Köderstoffen vermischt.
7. Verwendung von Mitteln gemäß Ansprüchen 1, 2 und 5 zur Bekämpfung von
Nagetieren, dadurch gekennzeichnet, daß man die Mittel im Lebensraum der
Nagetiere ausbringt.
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