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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Siliciumcarbid
aus nachwachsenden Rohstoffen.
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Weltweit
wird die mit Abstand größte Menge
an industriell benötigtem
Siliciumcarbid nach dem klassischen Acheson-Verfahren hergestellt.
Als Ausgangsstoffe werden hierbei hochreines und feinteiliges Siliciumdioxid
und hochreiner und feinteiliger Kohlenstoff verwendet, die intensiv
miteinander vermischt werden und in einem überaus energieintensiven Prozeß bei Temperaturen
zwischen 1700 °C
und 2300 °C über mehrere
Zwischenstufen zu Siliciumcarbid reagieren. Die Intensität der Mischung
der Ausgangsstoffe ist dabei ausschlaggebend für den Beginn und den Verlauf
der Reaktionen. Bei diesem Verfahren fällt in erheblichem Maße Kohlenstoffmonooxid
an, das in klassischen Ofen zur Reduzierung des Kohlenstoffmonooxid-Ausstoßes in die
Atmosphäre
verbrannt wird. Verfahrensbedingt entsteht überwiegend Siliciumcarbid der
Hochtemperaturmodifikation, auch α-Siliciumcarbid
genannt. In geringen Mengen entsteht die Tieftemperaturmodifikation
oder β-Siliciumcarbid. β-Siliciumcarbid
besitzt ein kubisches, α-Siliciumcarbid
ein hexagonales oder rhomboedrisches Kristallgitter. Während das β-Siliciumcarbid
nur in einer Polytype vorkommt, sind beim α-Siliciumcarbid mehr als 250
Polytypen bekannt. Aus den verschiedenen Kristallsystemen, in denen
Siliciumcarbid auftritt, resultieren erhebliche Unterschiede in
den physikalischen Eigenschaften. So sind beim β-Siliciumcarbid die Mikrohärteunterschiede
bezogen auf die verschiedenen kristallographischen Flächen zu
vernachlässigen,
während beim α-Siliciumcarbid
zwischen den verschiedenen Flächen
Härteunterschiede
von bis zu 37 % auftreten. Auch bei der Wärmeleitfähigkeit sowie beim linearen
Ausdehnungskoeffizienten treten erhebliche Unterschiede auf. Beim
klassischen Acheson-Verfahren entstehen die unterschiedlichen Modifikationen
des Siliciumcarbids bedingt durch unterschiedliche Reaktionstemperaturen
in unterschiedlichen Zonen des Reaktionsofens. Sie werden nach der
Abkühlung
separat abgetragen, um möglichst
reine Modifikationen entsprechend ihren spezifischen Eigenschaften
für technische
Anwendungen zur Verfügung
zu haben.
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Der
extrem hohe Energieaufwand, aber auch die erhebliche Umweltbelastung
des klassischen Acheson-Verfahrens zur Herstellung von Siliciumcarbid
sowie hohe Anforderungen an die Ausgangsstoffe sind Nachteile, die
die Fachwelt seit längerem
nach alternativen Verfahren suchen läßt.
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Bereits
seit etwa 30 Jahren sind plasmachemische Verfahren bekannt, die
in sehr kurzen Reaktionszeiten (t < 1
s) die extrem hohen Temperaturen des Plasmas zur Siliciumcarbidsynthese
ausnutzen (Gmelin Handbook of Inorganic Chemestry. 8th Edition,
Silicon, Syst. No. 15, Supplement Volume B2, Part I, Springer-Verlag,
Berlin-Heidelberg-New York Tokyo, 1984). Als Ausgangsstoffe werden
hierbei vornehmlich siliciumorganische Verbindungen eingesetzt,
bei denen eine ideale Verteilung von Silicium und Kohlenstoffgegeben
ist. Die Rohstoffe werden direkt in das Plasma eingebracht. Es entstehen
ultrafeine Pulver mit Korngrößen im nm-Bereich,
die sich an den Wänden
der Plasmareaktionskammer ablagern. Die weitere Verarbeitung dieser
besonders oxidationsempfindlichen Materialien ist problematisch
und oft nur unter Schutzgas möglich.
Bekannt ist ferner die Gewinnung von Siliciumcarbid aus Teilen der
Reispflanze, insbesondere Reisschalen (L. Stachowicz, S. K. Singh,
E. Pfender, S. L. Girshick, Synthesis of Ultrafine Siliciumcarbid
from Rice Hulls (Husks): A Plasma Process. Plasma Chem. Plasma Proc.
13, 447-461(1993)). Diese enthalten 15-20 % Siliciumdioxid in der
Trockensubstanz. In den Pflanzenzellen ist durch die Einlagerung
von Kieselsäure
in die organische Gerüstsubstanz
von der Natur eine fast ideale Verteilung von Siliciumdioxid und
Kohlenstoff gegeben.
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S.
Kleber beschreibt in einer vom Fraunhofer Institute of Ceramic Technologies
and Sintered Materials publizierten Veröffentlichung (http://www.ikts.fhg.de/publications/kleber/4.html)
ein technologisches Schema für
die Herstellung von Siliciumcarbid-Fasern. Danach werden Reishülsen, die
85 % kohlenstoffhaltige Stoffe und 15 % Siliciumdioxid enthalten,
zunächst
bei ca. 700 °C
unter Luftzufuhr ca. 1 Stunde geglüht. Dabei entsteht ein aus
95 % Siliciumdioxid und 5 % Kohlenstoff bestehendes Zwischenprodukt,
dem 60 % Ruß zugemischt
werden. In einem sich anschließenden
unter Vakuum ablaufenden Pyrolyseprozeß erfolgt in 30 Minuten bei
1370 °C
die Bildung von Siliciumcarbid. Mittels dieses Verfahrens werden
mehr als 80 % des vorhandenen Siliciums zu β-Siliciumcarbid umgesetzt. Es
verbleiben weniger als 5 % Siliciumdioxid. Der Anteil an freiem Kohlenstoff
liegt bei ca. 5 %.
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Weiterhin
sind pyrolytische Verfahren zur Siliciumcarbidherstellung bekannt.
So wird beispielsweise von H.-P. Martin, E. Müller, Y. Knoll, R. Strienitz,
G. Schuster in Siliconcarbider derived from silica sol and sugar.J
Mater. Sci Lett. 14, 620-622 (1995) ein Verfahren zur Bildung von
Siliciumcarbid aus Suspensionen von hochdispersem Siliciumdioxid
und Sacharose beschrieben. Eine homogene Mischung der Ausgangsstoffe wird
getrocknet, granuliert und bei Temperaturen von 1450 °C bis 1750 °C für ca. 1
Stunde zur Umsetzung gebracht. Es entsteht ein β-Siliciumcarbid in Pulverform
mit Korngrößen im nm-Bereich.
Alle bisher entwickelten Alternativen zum klassischen Acheson-Verfahren
haben keine oder nur sehr geringe wirtschaftliche Bedeutung erlangt,
obwohl es zumindestens teilweise gelungen ist, reines β-Siliciumcarbid
herzustellen. Dies liegt zum einen daran, daß das erzeugte Siliciumcarbid
aufgrund seiner oft sehr feinen Körnung (nm-Bereich) problematisch
weiter zu verarbeiten ist, zum anderen, wie beispielsweise bei den
bekannten pyrolytischen Verfahren, sehr hohe Anforderungen an die
Ausgangsstoffe gestellt werden.
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Ziel
der Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung von Siliciumcarbid,
das wirtschaftlich effektiver und ökologisch verträglicher
als die bisher bekannten Verfahren ist. Dazu besteht die Aufgabe,
ein Verfahren zu entwickeln, das ohne spezielle hohe Anforderungen
an die Ausgangsstoffe, mit vertretbarem Energieaufwand und ohne
unnötig
hohen Kohlenstoffdioxid-Ausstoß in
die Atmosphäre
die Herstellung von reinem Siliciumcarbid mit ausreichend großer Körnung erlaubt.
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Erfindungsgemäß wird diese
Aufgabe durch ein Verfahren gemäß dem 1.
Patentanspruch gelöst.
Die in den Unteransprüchen
aufgeführten
einengenden Merkmale sind besondere Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens,
die besondere Vorteile bewirken.
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Das
Wesen der Erfindung wird darin gesehen, daß Pflanzenmaterial, insbesondere
Pflanzen oder Teile von Pflanzen aller Arten der Gattung in der
Familie der Schachtelhalme, europäische Lärche sowie gemeine Fichte aus
der Ordnung der Kiefernartigen und/oder Schilf, Hafer, Gerste, Reis,
Roggen, Weizen und Bambus aus der Familie der Süßgräser zunächst getrocknet und zerkleinert
und danach unter Luft Sauerstoffausschluß in einer reduzierenden Prozeßgasatmosphäre 2 bis
120 Minuten auf einer Temperatur zwischen 1300 und 2300 °C gehalten
wird. Dabei kann grundsätzlich
davon ausgegangen werden, daß bei
niedrigeren Temperaturen eine längere
Reaktionszeit notwendig ist, um eine ausreichende Ausbeute an Siliciumcarbid
zu erzielen. Selbstverständlich
ist bei der Wahl der Reaktionstemperatur zu beachten, daß oberhalb
von 2000 °C
die Hochtemperaturmodifikation des Siliciumcarbides (α-Siliciumcarbid)
entsteht. Wird eine Reaktionstemperatur zwischen 1450 und 1600 °C, bevorzugt
1500 °C,
eingehalten, so entsteht beim erfindungsgemäßen Verfahren durch karbothermische
Reduktion des Siliciumdioxids aus dem Pflanzenmaterial polytypenreines β-Siliciumcarbid.
Die Reaktionszeit beträgt
günstigerweise
ca. 60 Minuten, um eine möglichst
vollständige
Umsetzung des im Pflanzenmaterial vorhandenen Siliciums zu β-Siliciumcarbid
zu erreichen. Danach erfolgt eine allmähliche Abkühlung, wobei zur Erreichung
hoher Reinheitsgrade, d.h. zur Oxidation des nicht umgesetzten Kohlenstoffes,
Außenluft
oder ein ca. 20 Vol.% Sauerstoff enthaltendes Gas zugesetzt werden
kann. Abschließend sollte
in bekannter Weise eine Abreicherung der Begleitkomponenten erfolgen.
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Es
wurde gefunden, daß die
Korngröße des entstehenden β-Siliciumcarbides
entscheidend von der Größe der Partikel
des Ausgangsmateriales abhängt.
Je größer die
Korngröße des Ausgangsmateriales
ist, um so größer ist
auch die Korngröße des hergestellten
Siliciumcarbides. In nachfolgender Tabelle aufgeführte Korngrößen können als
repräsentativ
angesehen werden:
Ausgangsmaterial | β-Siliciumcarbid |
d10 | d50 | d90 | d100 | A |
μm | μm | μm | μm | μm | m2·cm–3 |
<32 | 0,36 | 2,95 | 7,26 | 19,35 | 4,74 |
<125 | 0,41 | 4,02 | 15,22 | 33,13 | 3,70 |
> 125 | 0,58 | 7,20 | 19,97 | 36,43 | 2,71 |
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Es
ist mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens
möglich, über die
Wahl der Korngröße des Ausgangsmaterials
gezielt Einfluß auf
die Korngröße des Siliciumcarbides
zu nehmen. Hierin wird neben der Möglichkeit der Herstellung von
polytypenreinem β-Siliciumcarbid
ein wesentlicher Vorzug des Verfahrens gesehen.
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Die
Trocknung des Pflanzenmaterials erfolgt bei Temperaturen unterhalb
130 °C.
Höhere
Temperaturen sollten vermieden werden, um eine Oxidation des Kohlenstoffes
des Pflanzenmaterials zu verhindern. Nach der Trocknung wird das
Pflanzenmaterial auf die angegebenen Korngrößen zerkleinert und in den
Reaktionsraum gebracht. Es ist dabei unerheblich, ob das getrocknete
und zerkleinerte Pflanzenmaterial in pulvriger Form verblieben ist
oder beispielweise zu Pellets verpresst wurde. Im Reaktionsraum
erfolgt eine Erwärmung
des Materials unter Luft-Sauerstoff-Ausschluß in einer reduzierenden Prozeßgasatmosphäre. Dem
Prozeßgas
wird als Synthesegas Wasserstoff oder ein Gemisch aus Wasserstoff
und Inertgasen, wie Stickstoff Argon und/oder Helium, zugesetzt.
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Eine
besonders vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung wird darin gesehen,
das Prozeßgas
auf elektrischem Wege mittels Plasmaverfahren zu erwärmen und
im erwärmten
Zustand durch das getrocknete und zerkleinerte Pflanzenmaterial
hindurchzuleiten, um dieses auf die für die Einleitung und Durchführung der
Siliciumcarbid-Synthese
notwendige Temperatur zu bringen. Dazu kann beispielsweise unterhalb
des Reaktionsraumes für
die Siliciumcarbid-Synthese ein Brennerraum, in dem sich ein Plasmabrenner
befindet, angeordnet sein. Brennerraum und Reaktionsraum sind durch Öffnungen
miteinander verbunden, durch die das erwärmte Prozeßgas in den Reaktionsraum gelangt.
Zweckmäßigerweise
wird das Prozeßgas
im Kreislauf geführt,
wobei zur Aufrechterhaltung der reduzierenden Atmosphäre dem Prozeßgas Kohlenstoffdioxid
entzogen und Wasserstoff zugesetzt wird.
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Bedingt
durch die homogene und hochdisperse Verteilung von Siliciumdioxid
und Kohlenstoff im Pflanzenmaterial verläuft die Siliciumcarbid-Synthese
bei relativ niedrigen Temperaturen. In einem Temperaturbereich von
1450 bis 1600 °C
gelingt es, 99 % des im getrockneten Pflanzenmaterial enthaltenen
Siliciumdioxids in β-Siliciumcarbid
mit vorbestimmter Korngrößenverteilung
umzusetzen. Es bedarf dazu weder der Zumi schung von Kohlenstoff
zum Ausgangsmaterial noch der Anwendung spezieller Katalysatoren.
Damit gelingt es, den Kohlenstoffdioxidausstoß in die Atmosphäre auf das
prozeßbedingt
notwendige Maß zu
begrenzen. Der Energieaufwand zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahren
wird durch die vergleichsweise geringe Temperatur für die Siliciumcarbid-Synthese
ebenfalls auf ein notwendiges Mindestmaß beschränkt.
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Das
erfindungsgemäße Verfahren
soll nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispieles näher erläutert werden.
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Ausgangsmaterial
waren erntefrische Winterschachtelhalme (Equisetum heymale) ohne
Wurzel. Die chemische Analyse des Materials ergab folgende Zusammensetzung:
33,68 % Kohlenstoff 7,40 %Silicium, 5,34 % Wasserstoff 1,53 % Calcium,
1,03 % Kalium, 0,96 % Stickstoff 0,12 % Schwefel, ca. 48–49 % Sauerstoff
sowie weitere Elemente mit Anteilen < 0,1 %. Nach der Trocknung der Pflanzen
bei ca. 105 °C
ergab sich damit ein Siliciumdioxidanteil von 15,86 % in der Trockenmasse.
Die getrockneten Pflanzen wurden in einer Kugelmühle zerkleinert und in einem
Siebturm klassiert. Das erhaltene Pflanzenpulver lag mit einer Korngrößenverteilung
von d10 = 1,33 μm, d50 =
50,71 μm,
d90 = 109,47 μm und d100 =
150,57 μm
vor. Die Oberfläche des
zerkleinerten Pflanzenmateriales betrug 1,11 m2/cm3. Das Pulver wurde in einem Tiegel in einen
Reaktionsraum gegeben, der an seiner Unterseite Durchbrüche aufwies.
Unterhalb des Reaktionsraumes war ein Brennerraum mit einem Plasmabrenner
angeordnet. Wasserstoff als Synthesegas wurde in der Brennerkammer
erwärmt
und durch Löcher
im Boden des Reaktionsraumes in dem Reaktionsraum geleitet. Das
getrocknete und zerkleinerte Pflanzenmaterial wurde während einer
Aufheizphase von ca. 90 Minuten auf eine Temperatur von 1500 °C erwärmt und
ca. 60 Minuten auf dieser Temperatur gehalten. Das Prozeßgas wurde
ständig
im Kreislauf geführt,
wobei Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf entzogen und Wasserstoff
zu Aufrechterhaltung einer reduzierenden Atmosphäre zugesetzt wurde.
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Zur
Oxidation des nicht umgesetzten Kohlenstoffes wurde während der
sich anschließenden
Abkülphase
bei ca. 750 °C
Außenluft
dem Prozeßgas
zugeführt.
Abschließend
erfolgte in bekannter Weise eine Abreicherung der Begleitkomponenten.
Endprodukt war polytypenreines β-Siliciumcarbid
mit folgendem Korngrößenspektrum:
d10 = 0,47 μm, d50 =
3,72 μm,
d90 = 26,45 μm und d100 =
40,32 μm.
Die Oberfläche
betrug 3,75 m2/cm3.
Die durchgeführten
Analysen ergaben, daß 99,4
% des im Ausgangsmaterial enthaltenen Siliciums zu β-Siliciumcarbid
umgesetzt wurden.