DD140420B5 - Verfahren zur Herstellung detoxifizierter Zubereitungen von Cytostatika - Google Patents
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Description
Bei Alkylantien-Cytostatika wie Melphalan, Cyclophosphamid, Trofosfamid, Ifosfamid, Sufosfamid, Chlorambucil, Busulfan, Triäthylenthiophosphamid oder Triaziquon und insbesondere den 2-Oxo-1,3,2-oxazaphosphorinanen Cyclophosphamid, Trofosfamid, Ifosfamid und Sufosfamid treten als unerwünschte Nebenwirkung schwere Reizungen der Niere, Harnwege und/oder der Harnblase des behandelten Patienten auf. Bekannterweise treten nach erstmaliger Schädigung diese Nebenwirkungen besonders leicht auf. Diese unerwünschte Nebenwirkung kann dabei so stark sein, daß die Therapie des an Krebs erkrankten Patienten zeitweise unterbrochen oder sogar ganz unmöglich wird. Ein wesentlicher Erfolg solcher Cytostatika liegt wegen der raschen Resistenzentwicklung des Krebstumors auch in der sogenannten Stoßtherapie, bei der die Cytostatika bei ihrer ersten Applikation in im Verhältnis zu ihrer Toxizität hoher Einzeldosis verabreicht werden, um eine möglichst hohe Initialkonzentration des Cytostatikums am Tumorgewebe zu erreichen. Danach werden die Cytostatika in geringeren Dosen häufig über lange Zeiträume verabreicht. Es ist bekannt, daß die geschilderte unerwünschte Nebenwirkung durch im Körper des Patienten gebildete Metaboliten der Cytostatika verursacht werden. Die Nebenwirkung tritt schon bei länger bekannten Alkylantien wie den unter der bekannten Bezeichnung Endoxan® oder Cyclophosphamid bekanntgewordenen 2-(N,N-Bis-(2-chloräthyl)-amino)-2-oxo-1,3,2-oxazaphosphorinan und unter dem unter der Bezeichnung Ixoten® oder Trofosfamid bekanntgewordenen 2-(N,N-Bis-(2-chloräthyl)-amino)-3-(2-chloräthyl)-2-oxo-1,3,2-oxazaphosphorinan häufig auf. Noch höhere Bedeutung hat diese Nebenwirkung, wenn man hoch cytostatisch wirksame und gleichzeitig weniger toxische Alkylantien-Cytostatika wie das Ifosfamid verabreicht. Die therapeutischen Einsatzmöglichkeiten, die aufgrund der geringen Toxizität gegeben sind, werden durch diese Nebenwirkung entscheidend eingeschränkt. Es wurde sogar beobachtet, daß aufgrund solcher Reizungen der Blase sich Blasenkrebs bildete.
Man hat viele Versuche unternommen, diese schädliche und unerwünschte Nebenwirkung der Alkylantien-Cytostatika zu beseitigen oder zumindest zu lindern, da auf den Einsatz der Alkylantien in der Behandlung von Krebskrankheiten nicht mehr verzichtet werden kann und ein vorzeitiger Abbruch der Therapie zu einer schweren Schädigung oder zu einem frühen Tod des behandelten Patienten führt. So soll durch erhöhte Flüssigkeitsaufnahme gegebenenfalls in Verbindung mit die Urinbildung fördernden Mitteln ein möglichst rascher Durchfluß von Metaboliten der Cytostatika enthaltendem Urin durch Niere, Harnwege und Blase erreicht und die Bildung zu hoher Konzentrationen der Metaboliten insbesondere in der Blase vermieden werden. Diese sogenannte Hydratation wird im allgemeinen mit einer Alkalisierung des Urins z. B. mit dem unter der Bezeichnung Uralyt®-U im Handel befindlichen Hexakaliumhexanatriumpentacitrat-Hydrat-Komplex und insbesondere mit der Einführung von Lösungen von Mercaptogruppen enthaltenden Verbindungen in die Blase durch Katheter verbunden. Von solchen Mercaptogruppen enthaltenden Verbindungen nahm man an, daß die Mercaptogruppe mit den alkylierenden Gruppen reagiert und so inaktiviert. Als solche Verbindung wurde insbesondere N-Acetylcystein und Cystein verwendet. Die Erfolge sind jedoch nur begrenzt, insbesondere bei Einsatz der Cytostatika in sehr hohen Dosen. Außerdem sind Blasenspülungen für den Patienten beschwerlich und bei Verabreichung der Cytostatika über längere Zeiträume praktisch kaum durchführbar. Schließlich sind hierdurch höher gelegene Bereiche der Harnwege überhaupt nicht erreichbar. Eine der ersten Arbeiten, die sich mit dem Einsatz von SH-Verbindungen zur generellen Detoxifizierung bei der Alkylantien-Therapie befaßt, ist T. A. Connors, Europ. J. Canoer 2,293 bis 395 (1966). Ein Erfolg dieser Versuche blieb aus, da mit den eingesetzten SH-Verbindungen gleichzeitig der Antitumoreffekt der Alkylantien vermindert wurde (vgl. loc. cit. S. 300 und 303, vorletzter Satz).
Als mit der Einführung der Oxazaphosphorine über das Auftreten von urotoxischen Nebenwirkungen (hämorrhagische Zystopyelonephritis) geklagt wurde, hat man versucht, SH-Verbindungen topisch, d. h. an den Ort der Wirkung, in die Harnblase zu bringen. Diese Instillation von Acetylcystein gehört zur Standardprophylaxe gegenüber urotoxischen Nebenwirkungen bei der hochdosierten Applikation von Cyclophosphamid und Ifosfamid (vgl. z. B. Hoefer-Janker, Scheef, Günther, Hüls, Med. Welt 26,972,1975; Drings, Fritsch, Verh. Dtsch. Ges. inn. Med. 78,166,1972; Cohen, Creaven, Tejada, Hansen, Muggia, Mittelmann, Selawry, Cancer Chemother. Rep. Part 1,59,751,1975; Creaven, Allen, Cohen, Nelson, Cancer Treatm. Rep. 60, 445,1976; und Primack, J. Nat. Cancer Inst. 47,223 (1971).
Die Instillation von SH-Gruppen in die Harnblase konnte das Problem der generellen Detoxifizierung jedoch nicht lösen. Die Wirksamkeit der verwendeten SH-Verbindungen ist auf die Harnblase beschränkt. Die Praktikabilität dieser Methode (Applikation mittels Katheter) ist wenig positiv zu beurteilen. Die klinische Wirksamkeit dieser umständlichen Prophylaxe ist keineswegs befriedigend (vgl. Falkson, Suid-Afrikaanse Kankerbulletin 15,97,1971).
Ziel der vorliegenden Erfindung ist die Schaffung detoxifizierter Zubereitungen von cytostatisch wirksamen Alkylantien durch die Verwendung von Zusatzstoffen in den Zubereitungen, wodurch die unerwünschten urotoxischen Nebenwirkungen der Alkylantien vermieden werden, und Verfahren zu ihrer Herstellung.
Überraschenderweise wurde nun gefunden, daß die geschilderte, seit langem bekämpfte schädliche urotoxische Nebenwirkung von alkylierend wirkenden Cytostatika auf die Harnwege und Blase der hiermit behandelten Menschen auf sehr einfache Weise und praktisch vollständig dadurch beseitigt und Zubereitungen solcher cytostatisch wirksamen Alkylantien dadurch detoxifiziert werden können, daß diesen Zubereitungen ein pharmakologisch annehmbares Salz einer Mercaptoalkansulfonsäure der allgemeinen Formel
HS-alk-SO3H,
worin alk ein geradkettiger oder verzweigter Alkylenrest mit 2 bis 6, insbesondere 2 bis 4 Kohlenstoffatomen ist, in einer Menge zugemischt wird, die mindestens 20 % des Gewichts des cytostatisch wirksamen Alkylans bis höchstens der höchstverträglichen Dosis des Salzes der Mercaptoalkansulfonsäure entspricht. Unter den Salzen der Mercaptoalkansulfonsäuren haben besonders gute Ergebnisse diejenigen der 2-Mercaptoäthansulfonsäure gegeben, die daher besonders bevorzugt sind. Ganz besonders geeignet sind hierbei die Alkalisalze, insbesondere das Natriumsalz der 2-Mercaptoäthansulfonsäure.
Um einen wirkungsvollen Schutz der mit den Cytostatika behandelten Patienten gegen die Nebenwirkung auf die Niere, Harnwege und Harnblase zu erreichen, genügt die Zumischung schon so geringer Mengen wie 20 % der Dosis des Cytostatikums. Dies gilt insbesondere bei niedrigeren Dosen des Cytostatikums. Bei höheren Dosen des Cytostatikums kann die schädliche Nebenwirkung mit 30 % der Menge des Cytostatikums verhindert werden. Da die Nebenwirkung insbesondere bei der Verabreichung der Cytostatika in hohen Dosen von Bedeutung ist, wird die Untergrenze von 30 % der Menge des Cytostatikums bevorzugt angewendet. Im Hinblick auf die bekannte, sehr geringe Toxizität der pharmakologisch annehmbaren Salze der Mercaptoalkansulfonsäuren ist die obere Grenze des Mengenbereichs für das Salz der Mercaptoalkansulfonsäure von untergeordneter Bedeutung. Überraschend und wichtig ist, daß die cytostatische Wirksamkeit der Alkylantien nicht beeinträchtigt wird. Im Tierversuch wurde dies beim Ifosfamid selbst bei 100fach größerer Dosis des Natriumsalzes der Betamercaptoäthansulfonsäure als die Dosis des Cytostatikums festgestellt. Da im allgemeinen eine praktische Beseitigung der Nebenwirkung auch bei hohen Cytostatika-Dosen mit gleichen Mengen des Salzes der Mercaptoalkansulfonsäure erreicht werden, ist es bevorzugt, das Salz der Mercaptoalkansulfonsäure in einer Menge entsprechend 30 bis 100 % der Menge des Cytostatikums anzuwenden.
Während die Salze der Mercaptoalkansulfonsäuren in Verbindung mit allen Alkylantien eingesetzt werden können und hierbei die geschilderte schädliche und besonders unerwünschte Nebenwirkung verhindern, haben sie besondere Bedeutung in Verbindung mit den in großem Umfang zur Bekämpfung verschiedenster Krebskrankheiten eingesetzten 2-0x0-1,3,2-oxazaphosphorinane Cyclophosphamid, Ifosfamide, Trofosfamid und Sufosfamid.
Die erfindungsgemäß angewendeten pharmakologisch annehmbaren Salze der Mercaptoalkansulfonsäuren sind bekannte Verbindungen (vgl. US-PS 2 694 732). Für die Beseitigung der urotoxischen Nebenwirkung der Alkylantien-Cytostatika sind diese oder ähnliche Verbindungen bisher jedoch nicht eingesetzt worden. Bisher war man der Meinung, daß die schädliche Nebenwirkung verursachenden Alkylantien bzw. Metaboliten der Alkylantien regional am Ort der Schädigung abgefangen werden und dabei Mercaptogruppen enthaltende Verbindungen dort (z. B. durch Instillation in die Blase der behandelten Patienten) eingesetzt werden müssen, damit diese ihre Wirkung entfalten können. Dazu kommt, daß die bisher verwendeten. Mercaptogruppen enthaltenden Verbindungen in bezug auf die geschilderte Nebenwirkung sich oral appliziert als unwirksam erwiesen haben. Schließlich war man der Meinung, daß gerade die in Betracht gezogenen Metaboliten für die cytostatische Wirksamkeit der Alkylantien verantwortlich sind und die Mercaptogruppen enthaltenden Verbindungen dementsprechend nur so spät zur Anwendung gebracht werden dürfen, daß die cytostatische Wirksamkeit nicht negativ beeinflußt wird. Selbst bei Anwendung der bisher verwendeten Mercaptogruppen enthaltenden Verbindungen ist die hierbei erreichte Wirkung im allgemeinen nur beschränkt. Die geschilderten Nebenwirkungen können auch nicht angenähert verhindert werden. Die Wirksamkeit der erfindungsgemäß verwendeten Salze der Mercaptoalkansulfonsäuren der allgemeinen Formel, wobei alk Äthylen, Propylen, Isopropylen und Hexylen bedeutet, wurde am Modell der Ifosfamid-Zystitis an der Ratte untersucht. Mit der einmaligen intravenösen Gabe von 68,1 mg/kg Ifosfamid oder Cyclophosphamid kann an der Ratte eine Zystitis ausgelöst werden. Den Tieren wird 24 Stunden nach der Zytostatikum-Gabe eine Trypanblau-Lösung intravenös appliziert, nach weiteren 30 min werden die Tiere in Äthernarkose getötet. Mit Hilfe des Vitalfarbstoffes Trypanblau können Enzündungsherde gut makroskopisch dargestellt werden. Die Blasen der Versuchstiere sind tiefblau gefärbt, stark geschwollen und weisen zum Teil Blutungen auf.
Die untersuchten erfindungsgemäß verwendeten Verbindungen wurden gleichzeitig mit dem Zytostatikum oder bis 15 min vor Applikation des Zytostatikums i. v. verabreicht.
Zur völligen Verhinderung der Zystitis bei allen Versuchstieren wurden folgende Dosen benötigt:
a) Natrium-2-mercaptoethansulfonat: 21,5 mg/kg
b) Natrium-S-mercapto-i-propansulfonat: 100 mg/kg
c) Natrium-S-mercapto^-methyM-propansulfonat: 100 mg/kg
d) Natrium-6-mercapto-i-hexansulfonat: 100 mg/kg
Die Toxizität der untersuchten Verbindungen war annähernd gleich und sehr gering (DL 50 > 2 000 mg/kg).
Die Verbindung a) ist also - bei annähernd gleicher Toxizität - rund 4fach stärker wirksam als die Verbindungen b), c) und d).
Die Erfindung wird an den nachfolgenden Beispielen näher erläutert.
1 Gew.-Teil Ifosfamid (2-[N-(2-Chloräthyl)-amino]-3-(2-chloräthyl)-2-oxo-1,3,2-oxazaphosphorinan) und 0,63 Gew.-Teile des Natriumsalzes der 2-Mercaptoäthansulfonsäure, jeweils in reiner steriler Form, werden in einem sterilen Mischer unter aseptischen Bedingungen homogen vermischt und so in Injektionsflaschen gefüllt, daß diese auf 10 ml Injektionsflüssigkeit 500 mg Ifosfamid und 315 mg des Natriumsalzes der 2-Mercaptoäthansulfonsäure enthalten.
Bei Einsatz entsprechender Mengen Ifosfamid und Natriumsalz der 2-Mercaptoäthansulfonsäure wurden Injektionslösungen hergestellt, die auf 1 Gew.-Teil Ifosfamid, 0,20,0,50 und 1,00 Gew.-Teile des Natriumsalzes der 2-Mercaptoäthansulfonsäure enthielten.
Es wurden Injektionslösungen in gleicher Weise hergestellt, die auf 1 Gewichtsteil Ifosfamid jeweils 1,3 Gew.-Teile des Natriumsalzes der 3-Mercapto-i-propansulfonsäure, 3-Mercapto-2-methyl-1-propansulfonsäure bzw. 6-Mercapto-ihexansulfonsäure enthielten.
Es wurden in entsprechender Weise Injektionslösungen hergestellt, die auf 1 Gewichtsteil Cyclophosphamid (2-[N,N-Bis-(2-chloräthyl)-amino]-2-oxo-1,3,2-oxazaphosphorinan) 0,63 Gewichtsteile des Natriumsalzes der 2-Mercapto-äthansulfonsäure enthielten.
Claims (5)
1. Verfahren zur Herstellung detoxifizierter pharmazeutischer Zubereitungen von cytostatisch wirksamen Alkylantien, dadurch gekennzeichnet, daß man das cytostatisch wirksame Alkylans und ein pharmazeutisch annehmbares Salz einer Mercaptoalkansulfonsäure der allgemeinen Formel
HS^Ik-SO3H,
worin alk ein geradkettiger oder verzweigter Alkylenrest mit 2 bis 6 Kohlenstoffatomen ist, in einem Gewichtsverhältnis von mindestens 1:0,20 und üblichen Zusatzstoffen innig vermischt und zubereitet.
2. Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man ein Salz der 2-Mercaptoäthansulfonsäure einsetzt.
3. Verfahren gemäß Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß man ein Alkalisalz der 2-Mercaptoäthansulfonsäure einsetzt.
4. Verfahren gemäß Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß man das Natriumsalz der 2-Mercaptoäthansulfonsäure einsetzt.
5. Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß man das Salz der Mercaptoalkansulfonsäure in Verbindung mit2-(N,N-Bis-(2-chloräthyl)-amino)-3-(2-chloräthyl)-2-oxo-1,3,2-oxazaphosphorinan (Trofosfamid), 2-(N-(2-Chloräthyl)-amino)-3-(2-chloräthyl)-2-oxo-1,3,2-oxazaphosphorinan (Ifosfamid), 2-(N,N-Bis-(2-chloräthyl)-amino)-2-oxo-1,3,2-oxazaphosphorinan (Cyclophosphamid) oder 2-(2-Mesyloxyäthylamino)-3-(2-chloräthyl)-2-oxo-1,3,2-oxazaphosphorinan (Sufosfamid) einsetzt.
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