Verfahren zur Herstellung von Gusseisen mit verbesserten Festigkeitseigenschaften und besserer Bearbeitbarkeit
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Gusseisen mit verbesserter Festigkeitseigenschaft und Bearbeitbarkeit durch dosierte Zugabe von siliziumhaltigen Keimbildern in die vorher überhitzte Schmelze, und ist dadurch gekennzeichnet, dass als Keimbildner hochdisperses Siliziumdioxid mit einer Primärteilchengrösse von 5 bis 100 nm verwendet wird. Insbesondere ist für die Eigenschaften von Gusseisen einerseits die Ausbildung des Graphits, andererseits das Gefüge der metallischen Grundmasse von ausschlaggebender Bedeutung. Beide sind wesentlich von der Analyse sowie von den Schmelz-, Giess- und Abkühlungsbedingungen abhängig.
Für das Verständnis der Kristallisationsvorgänge in Gusseisen ist zu beachten, dass die durch die üblichen Gehalte des Gusseisens an Silizium und Phosphor bedingten Abweichungen gegenüber dem Eisen-Kohlenstoff-Zustandsschaubild nicht mehr - wie etwa beim Kohlenstoffstahl - zu vernachlässigen sind. Man muss vielmehr die entsprechenden Drei- und Mehrstoff-Zustandsschaubildner, insbesondere das Eisen-Kohlenstoff-Silizium und das Eisen-Kohlenstoff-Phosphor-Zustandsschaubild, mit heranziehen. Für die Kristallisation des Graphits aus der Schmelze ist die Feststellung des unter- oder übereutektischen Zustandes des betreffenden Gusseisens von wesentlicher Bedeutung.
Ausgehend von einer als eutektisch bezeichneten Schmelze kann gemäss der vereinfachten, in der Praxis gebräuchlichen Formel
C Sc =
Si
4,23 - --
3,2 der Sättigungsgrad Se der Legierung zahlenmässig angegeben werden. In der Formel bedeuten: C den Kohlenstoffgehalt und Si den Siliziumgehalt der Legierung in Prozenten, während die Zahl 4,23 den Kohlenstoffgehalt des binären Graphiteutektikums angibt. Ist Se < 1, so ist das Gusseisen untereutektisch, ist Se > 1, so ist das Eisen übereutektisch.
Bei lamellarer Graphitausbildung tritt der Graphit in der Regel in Form von mehr oder weniger groben, unregelmässig gekrümmten Blättchen auf, die häufig in Nestern angeordnet sind. Bei untereutektischen Legierungen lässt sich dann im Erstarrungsgefüge keine klar ausgeprägte Grenze zwischen den primär ausgeschiedenen r- Mischkristallen und dem Eutektikum mehr erkennen, während sich bei übereutektischer Zusammensetzung der primär ausgeschiedene Garschaumgraphit durch seine besonders grobe Struktur deutlich von dem feiner ausgebildeten Graphit des Eutektikums abhebt. Nur bei erhöhter Abkühlungsgeschwindigkeit und entsprechend stärkerer Unterkühlung weist das Graphiteutektikum die für ein Eutektikum kennzeichnende feine Verteilung der beiden Gefügebestandteile auf.
Der Grund für die Neigung zu grobblättriger Ausbildung des Graphits im Eutektikum ist darin zu sehen, dass der Graphit, welcher die führende Kristallart im Eutektikum darstellt, in seiner Kristallisation stark von Keimwirkungen beeinflusst wird.
Bekanntlich verursachen metallische, in Schmelzen lösliche Beimengungen Änderungen der Korngrössen im Sinne einer Komverfeinerung oder auch Kornvergrösserung im erstarrenden Metall. Im Grundmetall unlösliche Fremdelemente oder metallische bzw. nichtmetallische Verbindungen erscheinen im Endprodukt als besondere Phase in Form von an den Komgrenzen oder innerhalb der Körner des Grundmetalls angeordneten Kugeln, Kristalliten oder Häutchen.
Die feindispersen unlöslichen Bestandteile wirken dann vielfach als anregende Keime, addieren ihre Wirkung den evtl. bereits vorhandenen spontanen Kernen hinzu und wirken komverfeinernd. Als impffähige Fremdkeime können sowohl metallische Ausscheidungen als auch nichtmetallische Einschlüsse (Oxyde, Nitride, Sulfide, Silikate usw.) in Frage kommen.
Die Zusammensetzung des Gusseisens muss so gewählt werden, dass unter den vorliegenden Abkühlungsbedingungen, wie sie sich aus der Wanddicke des Guss stückes und der Beschaffenheit der Form (Sandform oder Kokille, kalte oder vorgewärmte Form usw.) ergeben, mit Sicherheit eine graphitische Erstarrung gewährleistet.
Das geschieht insbesondere durch entsprechende Wahl des Siliziumgehaltes, der die graphitische Erstarrung begünstigt. Auch eine Erhöhung des Kohlenstoffgehaltes wirkt in der gleichen Richtung, während eine stärkere Erhöhung des Mangangehaltes ihr entgegenwirkt. Mit zunehmender Abkühlungsgeschwindigkeit tritt in zunehmenden Masse eine Verfeinerung der Graphitausbildung ein.
Für die Ausbildung des Graphits ist auch die metallurgische Vorbehandlung der Schmelze vor dem Vergiessen von wesentlicher Bedeutung. Der Grund hierfür liegt darin, dass durch die Überhitzung die Kristallisationskeime in verstärktem Masse in Lösung gebracht werden.
Das führt zu einer stärkeren Unterkühlung und damit zu einer Graphitverfeinerung.
Zur Herstellung hochwertiger Gusseisensorten, welche sich insbesondere für heute immer häufiger verwendete dünnwandige Produkte eignen, ist die feinkörnige Erstarrung und feinverteilte Graphitausscheidung der Schmelze in besonderem Ausmass erforderlich.
Es sind zahlreiche Verfahren, welche auf den Grundlagenarbeiten von E. Piwowarsky und Mitarbeitern beruhen, bekannt, nach einer überhitzung der Schmelze durch dosierte Zugabe geeigneter Keimbildner Gusseisenschmelzen zu einer feinkömigen Erstarrung und feinverteilten Graphitausscheidung zu bringen. Diese durch Überhitzen und Impfen gekennzeichnete Schmelzbehandlung führt zu hochfesten Gusseisensorten mit guter Bearbeitbarkeit.
Als Impfmittel verwendet man vorwiegend FeSi, CaSi oder andere Mischlegierungen auf Siliziumbasis, welche lose gekörnt oder in abgepackter Form der Schmelze zugesetzt werden. Diese Impfmittel wirken desoxydierend und teilweise auch entschwefelnd und verbessern die eutektische Struktur des Gusseisens. Die Zusatzmengen betragen im allgemeinen z.B. 4 kg Kalzium-Silizium pro Tonne Eisen. Den hohen Ansprüchen der modernen Giesstechnik genügen die bekannten Zusatzstoffe bei der Impf-Schmelzbehandlung jedoch nicht immer, da infolge der Uneinheitlichkeit der Teilchengrösse der Zusatzstoffe und des unterschiedlichen Verbrauchs für Desoxydationsund Entschwefelungsvorgänge die Bildung möglichst zahlreicher lokaler Kristallisationszentren begrenzt ist und deshalb die entstehenden Granhitlamellen unterschiedliche Grössenordnungen aufweisen.
Die Erfindung ging daher von der Aufgabenstellung aus, ein Verfahren zur Herstellung von Gusseisen mit verbesserter Festigkeitseigenschaft und Bearbeitbarkeit durch dosierte Zugabe von siliziumhaltigen und bei der Erstarrung nicht mehr flüssigen Keimbildnern in die Schmelze anzugeben, mittels welchem durch besondere Auswahl der Keimbildner möglichst viele lokale Kristallisationszentren und damit feinverteilter Graphit gebildet werden.
Das Kennzeichnende der Erfindung ist darin zu sehen, dass als Keimbildner hochdisperse, amorphe, auf pyrogenem Wege in der Gasphase oder durch Nassfällung gewonnenes Siliziumdioxid verwendet wird. Das hochdisperse sio2 erfüllt infolge seiner Feinteiligkeit in besonderer Weise die Forderung, dass die Keime möglichst viele lokale Kristallisationszentren bilden und dem Gitteraufbau der Metallkristalle entsprechen. Durch das Impfen mit feinstteiliger SiO2 entsteht ein Gefüge mit feinverteiltem Graphit, wobei darüber hinaus die Graphitausscheidung so wesentlich gefördert wird, dass die durch bevorzugte Wärmeabgabe an den Kanten eines Gussstückes hervorgerufene Kantenhärte, die zu Bearbeitungsschwierigkeiten führt, völlig verschwindet.
Ein ähnlicher Effekt ist durch Impfen mit Mischoxyden (90 - 99% SiO2, 2 - 10% Also, oder TiO2) zu erzielen.
Die Wirkung des erfindungsgemäss verwendeten, sehr feinteiligen, amorphen Siliziumdioxids oder der erwähnten Mischoxide kann in der Weise erklärt werden, dass von den in feinster Verteilung vorliegenden SiO2-Teilchen Richtkräfte irgendwelcher Art auf die abkühlende Schmelze ausgeübt werden, indem durch Benetzung der SiO2-Teilchen durch die Schmelze und durch das Vorhandensein freier Oberflächenkräfte die besondere Aktivität des Fremdkeimes hervorgerufen wird.
Es wurde gefunden, dass zur Durchführung des Verfahrens bereits Zusatzmengen von nur 10 g bis 100 g SiO2 pro Tonne Gusseisen ausreichen, um die erstrebte Wirkung zu erzielen. Dass so geringe Zusatzmengen für die erstrebte Wirkung ausreichen, ist dadurch zu erklären, das die als Keimbildner gewählten hochdispersen Kieselsäuren während der Erstarrung des Eutektikums in fester und nicht in flüssiger Form vorliegen und ausserdem im Gegensatz zur bekannten Zugabe von CaSi oder FeSi Legierungen keine unkontrollierbare Bildung von Desoxydations- oder Entschwefelungsprodukten stattfindet.
Im nachstehenden Beispiel wird das Verfahren näher beschrieben:
Hochdisperses SiO2 wird in Mengen von etwa 100 g/t Schmelze in Form eines abgepackten Zusatzes, z.B. in einer Blechdose, welche noch eine Treibtablette enthält, in die Giesspfanne gegeben. Damit sich das 510 gut über den gesamten Pfanneninhalt verteilt, wird das Paket zunächst durch Beimengung geeigneter Beschwerstoffe (z.B. FeMn, trockene Eisenspäne usw.) selbsttauchend gemacht, d.h. es sinkt in der Pfanne zu Boden. Als Treibmittel sorgt eine Zugabe von z.B. stickstoffabgebenden Salzgemischen für eine intensive Durchwirbelung und eine gleichmässige Verteilung des SiO2 über den ganzen Pfanneninhalt.