Verfahren zur Gewinnung von natürlichen Phospholipiden Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gewin nung von natürlichen Phospholipiden aus pflanz lichen Rohphosphatiden, insbesondere aus solchen, die aus Sojabohnen in bekannter Weise hergestellt werden. Die Cholin- und Colaminphosphorsäure- diglyceridester sind bekanntlich Vertreter der im Tier- und Pflanzenreich ausserordentlich weit verbrei teten Esterphosphatide; vergleiche z. B.
Paul Karrer, Lehrbuch der organischen Chemie, 1950, S. 247. Diese Ester kommen immer, insbesondere in den Rohphosphatiden pflanzlicher Herkunft, vergesell schaftet vor. Dieses Stoffgemisch wird im Handel und in der Technik mit dem Namen Lecithin bezeichnet.
Nach der chemischen Nomenklatur werden allerdings unter Lecithin bzw. Lecithinen nur die Vertreter aus der Körperklasse der Phosphatide verstanden, die als basische Gruppe Cholin führen; wenn Colamin den basischen Anteil darstellt, spricht der Chemiker von Kephalin; vergleiche Karrer, loc. cit. S. 247.
Die Esterphosphatide weisen folgende Strukturformel auf:
EMI0001.0032
Da die Fettsäurereste wechseln, gibt es mehrere Lecithine bzw. Kephaline. Es wurde gefunden, dass sich unter gewissen Voraussetzungen aus Rohphosphatiden pflanzlicher Herkunft, insbesondere auch aus Sojabohnen-Roh- phosphatid, natürliche Phospholipide gewinnen las sen, bei welchen die Cholinphosphorsäurediglycerid- ester überwiegen bzw.
die ausschliesslich aus Cholin- pbosphorsäurediglyceridestern bestehen, und dazu einen hohen Gehalt an essentiellen Fettsäuren auf weisen, die ihrerseits für die medizinisch-therapeuti- sche Aktivität dieser biologisch wichtigen Körper klasse zusätzlich von ausschlaggebender Bedeutung sind.
Es wurde ferner gefunden, dass sich nach dem Verfahren der Erfindung erhaltene Cholinphosphor- säurediglyceridester durch Behandlung mit Schlan gengift enzymatisch aufspalten lassen, indem durch Schlangengift die in der alpha-Stellung befindlichen Fettsäuren angegriffen und abgespalten werden, so dass Cholinester der Monoglyceridphosphorsäure, ge nannt Lysolecithin, resultieren, die in der beta-Stel- lung überraschenderweise noch mehrfach ungesättigte essentielle Fettsäuren aufweisen,
was physiologisch und medizinisch von erheblicher Bedeutung ist.
Unter den essentiellen Fettsäuren werden heute nach medizinischem Sprachgebrauch ganz allgemein die lebensnotwendigen Fettsäuren verstanden, die der Körper sich nicht selbst aufbauen kann. Es handelt sich um mehrfach ungesättigte Fettsäuren ganz be stimmter Konfiguration, von welchen der Linolsäure für den menschlichen Organismus eine Schlüsselstel lung zukommt, da im Körper aus ihr z. B. die sehr aktive, essentielle Arachidonsäure, eine C2ö Tetraen- Säure, aufgebaut wird.
Bezüglich der Bedeutung, die die essentiellen Fettsäuren für den menschlichen Organismus besitzen, seien aus der Fülle der Litera tur beispielsweise folgende Veröffentlichungen kurz zitiert: Rieckehoff und Mitarbeiter (Arch. Biochem. 25), 1-12, 1950) fanden in Tierversuchen, dass bei Fett mangeldiät schon eine kleine Menge von Linolsäure genügt, um die Arachidonsäure im Körper zu syn- thesieren.
Schulz (Medizin. 29/30, VII, 1007, 1954) stellt fest, dass bei akuten Leberparenchymkrankheiten durch Gaben von mehrfach ungesättigten Fettsäuren die Krankheitsdauer verkürzt wird. Auch bei chroni schen Hepatopathien wird ein deutlicher Erfolg ver zeichnet.
Allegri (Crch. Sc. med. Torino, 97, 6, 1954) zeigte an Tierversuchen, dass im Vergleich mit Kontrolltie- ren teilhepatektomierte Ratten, die mit ungesättigten Fettsäuren gefüttert worden waren, eine schnellere Regeneration der übriggebliebenen Leber - gemes sen an Gewicht und histologischem Bild - (starke karyokinetische Aktivität) und erhebliche Zunahme der Kerndurchmesser aufwiesen.
Knipping (Münch. med. Wschr. 97, 28, VII, 901, 1955) bewies, dass die mehrfach ungesättigten Fett säuren die leichten und mittelschweren Hepato- pathien und vor allem die so schwer zu beeinflus sende Phase zwischen Hepatopathie und Wieder herstellung abzukürzen vermögen. Im Tierversuch wird die Läppchenverfettung zurückgebildet und die Glycogenspeicherung in der Leber nimmt zu.
Ferner wird die Gallensekretion angeregt und der Brenz- traubensäurespiegel gesenkt.
Nach Schettler haben mehrfach ungesättigte essen tielle Fettsäuren nicht nur eine lipotrope Wirkung, sondern auch einen begünstigenden Einfluss auf die Glycogensynthese.
Im Hinblick auf die Bedeutung, die den cholin- führenden Phospholipiden im allgemeinen und den essentiellen Fettsäuren insbesondere für die Heil kunde zukommt, hat sich der Erfinder die Aufgabe gestellt, aus Rohphosphatiden pflanzlicher Herkunft, vorzugsweise aus Sojabohnenrohphosphatiden, über wiegend oder ausschliesslich Cholinester der Digly- ceridphosphorsäure zu gewinnen, die einen möglichst hohen Gehalt an essentiellen Fettsäuren haben.
Der Erfindung liegt daher zunächst die Aufgabe zu grunde, die Aufarbeitung von pflanzlichen Phos- phatiden, insbesondere von Sojabohnenrohphos- phatiden, so durchzuführen, dass einerseits die im natürlichen Zustand in den Esterphosphatiden ent haltenen essentiellen Fettsäuren erhalten bleiben, das heisst dadurch auf einen erwünscht hohen Wert ge bracht werden und anderseits aber gleichzeitig mög lichst viele Begleitstoffe, darunter auch alle Ester- phosphatide, die als basische Komponente nicht Cholin aufweisen, weitgehend abgetrennt werden.
Die Erfindung betrifft demgemäss ein Verfahren zum Herstellen von natürlichen Phospholipiden mit einem hohen Gehalt an essentiellen Fettsäuren und Cholin und das nach diesem Verfahren hergestellte Produkt selbst.
Der Erfindung liegt ferner die Aufgabe zugrunde, ein neutrales Phospholipid mit einem hohen Gehalt an essentiellen Fettsäuren herzustellen, das prak tisch ausschliesslich aus Cholinestern der Diglycerid- phosphorsäure besteht und als chemisch rein ange sprochen werden kann, weil Phospholipide, die noch gewisse mit dem Plasma nicht verträgliche Beimen gungen, insbesondere den Colaminphosphorsäure- diglyceridester ( = Kephalin) enthalten, zur intra venösen Verabreichung nicht geeignet sind.
Hierüber finden sich in der Literatur folgende Angaben: O'Brien veröffentlichte im Lancet <B>271,</B> 232 (1956), Untersuchungen über blutgerinnungsfördernde Stoffe. Man suchte einen Zusammenhang zwischen dem gehäuften Auftreten von Coronarthrombosen und veränderten fettreichen Nahrung der letzten 50 Jahre. Dem Verfasser gelang es zu zeigen, dass nicht allein die Fette, sondern in weit stärkerem Masse gewisse Phosphorlipoide, nämlich Phosphatidyl-Äthanolamin ( = Kephalin) die Gerinnungsvorgänge beschleunigen.
Bei Verfütterungsversuchen mit einzelnen Fettarten und Kephalin zeigte sich, dass nach Kephalin die Gerinnung am stärksten verändert war.
Summer und Summer (J. of Biol. Chem. 134, 531, 1940) beschrieben ein in der Sojabohne vorkommen des Ferment (Peroxydase), welches in Gegenwart von H202 in der Lage ist, ungesättigte Fettsäuren zu oxydieren.
Dieses Ferment besitzt nach Michlin und Pschennova (Biochimija 11, 437, 1946) unge sättigte Bindungen, an die Sauerstoff labil angelagert werden kann. Die Untersuchungen von Kamaljan (Biochimija 16, 396, 1951) ergaben, dass Colamin- zusatz die Sauerstoffbindungen des Fermentes herab setzt, und dass es auch die peroxydatische Entfär- bung von Carotinoiden hemmt.
Auch Colamin-Oleat hemmt die Aktivität der Peroxydase.
Auch Sinclair wies im September 1956 in seinem Vortrag in London auf dem Symposion über die Biologie des Alterns daraufhin, dass die erhöhte Koagulierbarkeit des Blutes verursacht sein kann durch eine grössere Konzentration von Äthanolamin- phosphatid.
Der Erfindung liegt schliesslich die Aufgabe zu grunde, aus den Cholinphosphorsäurediglyceridestern die in der alpha-Stellung befindlichen Fettsäuren ab zuspalten. Die erhaltenen Monoglyceridphosphor- säurecholinester sind durch eine ungewöhnlich grosse Oberflächenaktivität biologisch hochwirksam. Sie ha ben eine stoffwechselaktive Wirkung und können z. B. als Herzenergeticum Verwendung finden.
Die Cholin- ester der Monoglyceridphosphorsäure sind zum Un terschied von den Diglyceridphosphorsäureestern aus gezeichnet wasserlöslich, in Äther und Aceton da gegen unlöslich.
Es ist bekannt, Ester der Diglyceridphosphor- säure aus Rohphosphatiden, insbesondere auch aus Sojabohnenrohphosphatiden, in der Weise herzustel len, dass zunächst mittels Aceton das Rohphosphatid extrahiert und dann das bei dieser Extraktion an fallende Estergemisch mit Alkohol weiterbehandelt wird.
Erfindungsgemäss erfolgt die Herstellung aus Roh- phosphatiden, insbesondere aus Sojabohnenrohphos- phatid in der Weise, dass man das Rohphosphatid im Vakuum und in Gegenwart eines inerten Gases bei einer 35 C nicht übersteigenden Temperatur mit Aceton extrahiert, den von Aceton befreiten Extrak tionsrückstand mehrere Male mit Alkohol extrahiert, die alkoholischen Lösungen mehrere Tage stehen lässt und dann von den suspendierten bzw. kolloidal mitgelösten Stoffen befreit, die vereinigten alkoho lischen Lösungen unter Ausschluss von Licht, Luft bzw.
Sauerstoff über eine Säule gibt, die mit einer alkoholischen Aufschwemmung eines Oxydes bzw. Carbonates eines oder mehrere Elemente der II. und III. Gruppe des Periodischen Systems gefüllt ist, dann die gebildeten Verbindungen der Phosphatide mit den Oxyden bzw. Carbonaten mit Alkohol behandelt, wobei nur die Cholinphosphorsäurediglyceridester herausgelöst werden, und schliesslich die ablaufenden alkoholischen Lösungen im Vakuum in Gegenwart eines inerten Gases einengt.
Die erfindungsgemäss erhaltenen Cholinester der Diglyceridphosphorsäure stellen eine farblose Sub stanz von pastenartiger Konsistenz dar, die sich leicht in Äther und Chloroform, ferner in Alkohol, Petrol- äther und anderen organischen Lösungsmitteln löst.
In Aceton ist sie vollkommen unlöslich. Der Gesamt stickstoffwert beträgt theoretisch<B>2,05%.</B> Der nach Kjeldahl analytisch ermittelte Cholinstickstoffwert be trägt 2,04%; also liegen über<B>99,5%,</B> das heisst prak tisch<B>100%</B> des Gesamtstickstoffs als Cholinstickstoff vor.
Die Fettsäuren der erfindungsgemäss erhaltenen Ester gliedern sich auf in 17,7% gesättigte und 82,3 % ungesättigte Fettsäuren, berechnet auf Gesamtfett säuren. Die absoluten Zahlen für die ungesättigten Fettsäuren allein gliedern sich wie folgt auf:
In 82,3 beträgt die Ölsäure <B>17,2',</B> die Linolsäure 52%, die Linolensäure 13,1%. Rechnet man diese absoluten Zahlen in relative Zahlen, bezogen auf ungesättigte Fettsäuren, um, so ergeben sich für die Ölsäure 20%, die Linolsäure 64% und die Linolensäure <B>16%,</B> das heisst innerhalb der essentiellen Fettsäuren allein be trägt der Linolsäureanteil 80%,
der Linolensäurean- teil 20% durch die besondere Art der erfindungs- gemässen Verfahrensweise.
Beispiel 8 kg Sojabohnenrohphosphatid werden bei einer 35 nicht übersteigenden Temperatur mit etwa 150 Liter Aceton in wiederholtem Aufarbeiten von den öligen Bestandteilen befreit. Das Ungelöste wird im Vakuum und in Gegenwart eines inerten Gases von Aceton befreit, worauf eine mehrmalige Extraktion des Rückstandes mit Äthanol erfolgt, und zwar wie derum bei einer maximalen Temperatur von 35 und unter Ausschluss von Licht, Luft bzw.
Sauerstoff, indem durch die Extraktionsanlage ein inertes Gas geleitet wird. Die alkoholischen Lösungen werden durch mehrtägiges Stehenlassen von den in ihnen suspendierten bzw. kolloidal mitgelösten Stoffen ge reinigt.
Durch Einengen der Lösungen im Vakuum bei gleichzeitigem Nachziehen eines inerten Gases, wie Stickstoff oder Kohlendioxyd, wird in etwa 25 bis 30%iger Ausbeute eine Phospholipidfraktion er halten, die in bezug auf die Gesamtfettsäuren 60 essentielle Fettsäuren aufweist, was dem Anteil die ser wesentlichen Komponente im Gesamtmolekül zu etwa 45% entspricht.
1 Liter der so erhaltenen Lösung wird in etwa 2 bis 3%iger Konzentration innerhalb von 10 Stun den unter Ausschluss von Licht, Luft bzw. Sauerstoff über eine Absorptionssäule von z. B. 4 cm Durch messer gegeben, in der sich eine Aufschwemmung von z. B. 10 % igem Magnesiumoxyd und Aluminiumoxyd in Äthanol befindet.
Nach dem Durchlaufen der alko- holischen Lösung durch die Säule wird mit 3 Liter Äthanol eluiert. Die alkoholischen Lösungen werden im Vakuum in Gegenwart eines inerten Gases ein geengt. Es fallen jetzt je nach Konzentration der Lö sung des Cholinesters 10-14 g chemisch reine, das heisst kephalinfreie Cholinester der Diglyceridphos- phorsäure an.
5,7 g der Cholinester der Diglyceridphosphor- säure werden in 570 cm3 peroxydfreiem Äther gelöst, mit 6 cms einer wässrigen Lösung von 18 mg Schlan- gengift (Crotalus adamanteus) versetzt und nach öfte- rem Umschütteln 24 Stunden bei Zimmertempera tur stehengelassen.
Danach wird ohne Rücksicht auf den entstandenen Bodensatz das Lösungsmittel im Vakuum abdestilliert. Es fallen 2,9g Cholinester der Monoglyceridphosphorsäure an, die 28ö mehrfach ungesättigte, essentielle Fettsäuren, berechnet auf Gesamtfettsäuren, enthalten.