Verfahren zur Herstellung von Verbindungen aus Harnstoff und Dialdehydstärke
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Umsetzung von Harnstoff mit 2,3-Dialdehyd- stärke, welche auch periodat-oxydierte Stärke oder kurz Oxystärke genannt wird, unter Bildung polymerer Stoffzusammensetzungen, welche als Poly- glycosylolharnstoff -Verbindungen bezeichnet werden können.
Die Reaktion der Oxystärke mit Harnstoff erfolgt wahrscheinlich gemäss folgenden Reaktionsg] eichungen:
EMI1.1
in welchen x eine Zahl von mehreren Tausend bedeuten kann.
Gleichung (1) stellt eine Reaktion von Oxystärke mit Harnstoff dar, welche leicht und unter milden Bedingungen stattfindet und bei welcher nur eine der beiden vorhandenen Carbonylgruppen der 2,3-Dialdehydstärke durch Addition mit Harnstoff reagiert, während eine reaktionsfähige Carbonylgruppe pro Polymereinheit verbleibt.
Gleichung (2) stellt die Reaktion von zwei Mol Harnstoff pro Mol Dialdehydstärke dar, oder in andern Worten die Reaktion von Harnstoff mit beiden Carbonylgruppen der Dialdehydstärke. Diese Reaktion kann durch Verwendung eines stark sauren Katalysators und eines Harnstoffüberschusses, zusätzlich zu einem geeigneten Reaktionsmedium, erzielt werden.
Periodat-Oxystärke wurde bereits früher durch J. W. Sloan mit Harnstoff umgesetzt, doch wurden diese Reaktionen mit nur 2-60/oigen wässrigen Oxystärkelösungen bei Temperaturen zwischen 40 und 650 C durchgeführt. Es wurde dabei gefunden, dass bei Raumtemperatur und neutralem oder schwach saurem pH keine Reaktion eintritt und selbst in Gegenwart eines grossen Überschusses an Reagens nur ein Mol Harnstoff pro Einheit eingeführt werden kann.
Die vorliegende Erfindung beruht im Gegensatz hierzu auf der Entwicklung eines bequemen, wirksamen und erstaunlich direkten Aufschlämmungsverfahrens, gemäss welchem Oxystärke in einer 20bis 300/0 eigen Aufschlämmung mit Harnstoff selbst bei Raumtemperatur umgesetzt werden kann, wobei ein oder zwei Mol Harnstoff angelagert werden können.
Das erfindungsgemässe Verfahren zur Herstellung von Verbindungen aus Harnstoff und 2,3-Dialdehyd- stärke ist dadurch gekennzeichnet, dass 1 oder 2 Mol Harnstoff bei einer Temperatur von 20-70O C während 1-24 Stunden mit 1 Mol 2,3-Dialdehyd- stärke in Gegenwart eines Mediums, bestehend aus Wasser, Aceton oder einem niederen Alkohol oder Gemischen dieser Stoffe, umgesetzt werden, wobei der Harnstoff in diesem Medium gelöst und die 2,3-Dialdehydstärke in diesem Medium aufgeschlämmt wird, und das gewünschte Produkt durch direkte Filtration des Reaktionsgemisches gewonnen wird.
Gemäss einer Ausführungsform des Verfahrens wird eine Aufschlämmung von Dialdehydstärke in einem methanolischen Medium mit einem Mol Harnstoff pro Mol Oxystärke umgesetzt, wobei der Harnstoff in Methanol gelöst wird, und zwar bei Raumtemperatur in etwa 16 Stunden oder bei erhöhten Temperaturen durch etwa einstündiges Erhitzen. Das derart erhaltene Harnstoffderivat kann durch direkte Filtration in 100 100 /oiger Ausbeute erhalten werden.
Es stellt ein weisses Pulver dar, welches sich als praktisch unlöslich in Wasser erwiesen hat.
Offensichtliche Vorteile dieses Verfahrens sind die folgenden: Die Oxystärke muss nicht aufgelöst werden, sondern wird in eine Aufschlämmung hoher Konzentration umgewandelt; die Reaktion kann bei Zimmertemperatur durchgeführt werden; schädliche Nebenreaktionen wie Zersetzung usw. fehlen vollständig (1000/oige Ausbeuten) und das gewünschte Produkt kann bequem direkt filtriert werden. Ausserdem kann das Methanol zusammen mit dem darin gelösten Harnstoffüberschuss wieder verwendet werden.
Gemäss einer weiteren Ausführungsform wird in einem wässrigen oder wässrig-methanolischen Medium aufgeschlämmte Oxystärke mit zwei Molen Harnstoff pro Mol Oxystärke in Gegenwart einer katalytischen Menge Schwefelsäure, das heisst etwa 1 bis 8 Gew.0/o, bezogen auf das Gesamtgewicht der trockenen Oystärke, und in Gegenwart eines Harnstoffüberschusses bei Temperaturen von 30-700 C in 1-3 Stunden umgesetzt. Es wurde festgestellt, dass bei Verwendung eines niederen Alkohols oder eines andern verträglichen organischen Lösungsmittels als Reaktionsmedium, dessen Gesamtmenge mindestens 20 Gew. /o Wasser enthalten muss, sofern die Reaktion in 1-3 Stunden beendet werden soll. Es wurde ferner gefunden, dass Schwefelsäure als Katalysator wirksamer ist als andere saure Katalysatoren in derselben Konzentration.
Ferner ist zu bemerken, dass eine periodatoxydierte Stärke mit einem Aldehydgehalt von über 90 /o bei niederen Temperaturen von 30-40O C mit Harnstoff umgesetzt werden kann, während für eine Oxystärke mit einem Aldehydgehalt von 70-90 /o höhere Reaktionstemperaturen (40 bis 70O C) bevorzugt werden.
Das neue diharnstoffmodifizierte Polymer kann als amorphes, weisses Pulver durch direkte Filtration, Waschen mit Wasser, Methanol oder Aceton und mehrstündigem Trocknen bei 60-700C gewonnen werden. Dieses neue Harnstoffderivat, wie es unter den hier beschriebenen Bedingungen erhalten wurde, zeigt unter dem Mikroskop keinerlei kristallines Material, was die Abwesenheit von Zersetzungsreaktionen beweist.
Im Gegensatz zum Monoharnstoff-Oxystärkederivat weist die Diharnstoff-Oxystärkeverbindung keine Löslichkeit in Alkali bei gewöhnlichen Temperaturen auf, da sie keine freien, reaktionsfähigen Carbonylgruppen enthält. Die herabgesetzte Löslichkeit dieser neuen Verbindung in verdünnten Mineralsäuren bei gewöhnlichen Temperaturen kann allerdings auch auf die Bildung von Vernetzungen zurückzuführen sein, welche von zweierlei Arten sein können, nämlich intermolekular und intramolekular.
Acetalbildungen können eine Form solcher Vernetzungen darstellen. Auch kann eine Entwässerung entsprechende Methylenkonfigurationen in einem Teil der Polymereinheiten hervorrufen. Im allgemeinen ist zu beachten, dass die genaue Art der intra- und intermolekularen Bindungen wie auch diejenigen innerhalb jeder Polymereinheit sehr schwer festzustellen ist.
Die als Ausgangsmaterial für die Bildung dieser Polyglycosylol-Harnstoffverbindungen verwendete Dialdehydstärke kann auf bequeme und wirtschaftliche Weise nach dem im USA-Patent Nr. 2 713 553 beschriebenen elektrolytischen Verfahren hergestellt werden. Sie kann jedoch auch durch Oxydation von Stärke mit Periodsäure oder deren Salzen gewonnen werden.
Weitere Reaktionsmedien, welche ausser Wasser, Methanol und Wasser - Methanol - Gemischen zur Durchführung des erfindungsgemässen Verfahrens verwendet werden können, sind Aceton und andere niedere Alkohole oder Gemische eines niederen Alkohols mit Aceton oder Wasser oder Gemischen von Wasser und Aceton. Die Funktion dieser Medien besteht darin, die Viskosität des Reaktionsgemisches herabzusetzen und dadurch eine enge Berührung der Reaktionsteilnehmer zu erleichtern. Die Oxystärke, welche in Wasser wenig löslich und in Alkohol und Aceton unlöslich ist, wird in diesen Medien aufge schlämmt, während der Harnstoff darin aufgelöst wird.
Infolge ihrer einzigartigen Natur und Funktionalität besitzen die erfindungsgemäss hergestellten Verbindungen grosse Anwendungsmöglichkeiten sowohl als solche wie nach weiterer chemischer Modifikation. Als Harnstoffderivate und -polymere finden sie beispielsweise Anwendung als Pressmassen in der Kunststoffindustrie, als Appreturen in der Textilindustrie zur Erzielung knitterfreier Textilien, sowie in der Klebstoff- und Papierindustrie. Sie dienen ferner als Zwischenprodukte für weitere Synthesen infolge der Anwesenheit reaktionsfähiger Gruppen in jeder der Polymereinheiten.
A. Monoharnstoff-Oxystärke-Addukt.
Beispiel 1
1. 24 g Oxystärke (Gehalt: 16,3 g reine Oxystärke = 0,101 Mol), enthaltend 2,950/o Wasser, hergestellt durch Erhitzen von Oxystärke in Toluol in einem an eine Stark-Dean-Falle angeschlossenen und mit Rückflusskühler versehenen Kolben während 1 Stunde.
2. 13,6 g Harnstoff (0,226 Mol).
3. 150 ml Methanol.
1., 2. und 3. wurden während 16 Stunden bei Raumtemperatur gerührt. Nach dem Filtrieren wurde das erhaltene weisse Pulver mit Methanol und schliesslich mit Aceton gewaschen. Ausbeute: 29,5 g (1000/o der Theorie, berechnet auf das trockene Material). Analyse: Berechnet für ein 1,990/0 Feuchtigkeit enthaltendes Harnstoffpolymer, erhalten aus einem Ausgangsmaterial mit 70,2o 2,3-Dialdehydstärke: N 8,7; gefunden: N 9,5.
Beispiel 2
1. 24 g Oxystärke (Gehalt: 16,3 g reine Oxystärke = 0,101 Mol), enthaltend 2,950/0 Wasser, hergestellt durch Erhitzen von Oxystärke in Toluol in einem an eine Stark-Dean-Falle angeschlossenen und mit Rückflusskühler versehenen Kolben während 1 Stunde.
2. 26,4 g Harnstoff (0,440 Mol).
3. 150 ml Methanol.
1., 2. und 3. wurden in einem mit Rückflusskühler versehenen Kolben gerührt und während 1 Stunde auf einem Wasserbad auf 700 C erwärmt.
Nach dem Abkühlen wurde das weisse Pulver filtriert und mit Methanol und schliesslich mit Aceton gewaschen. Ausbeute: 30 g (l000/o der Theorie). Analyse: Berechnet für ein 4, 00/o Feuchtigkeit enthaltenes Harnstoffpolymer, erhalten aus einem Ausgangsmaterial mit 70, 2 /Q Gehalt an Oxystärke: N 8,6; gefunden: N 9,1.
B. Diharnstoff-Oxystärke-Addukt.
Beispiel 3
1. 48 g Oxystärke (73,3;0/, Trockensubstanz, 14, 7 /o Feuchtigkeit = 30,0 g reiner Oxystärkegehalt = 0,19 Mol).
2. 46,8 g Harnstoff (0,78 Mol), gelöst in 25 ml Wasser, und 100 ml Methanol.
3. 2 ml Schwefelsäure (500/aug).
Die 1., 2. und 3. enthaltende Aufschlämmung wurde unter ständigem Rühren in einem mit Rückflusskühler versehenen Kolben während 2 Stunden auf 40-509C erwärmt. Sie wurde sodann gekühlt, filtriert und der Rückstand mit Methanol : Wasser (1:1) und schliesslich mit Aceton gewaschen und im Vakuumofen bei 400 C während 24 Stunden getrocknet. Das erhaltene Produkt wurde sodann mit Toluol in einem an eine Stark-Dean-Falle angeschlossenen und mit einem Rückflusskühler versehenen Kolben entwässert. Das Produkt war in verdünntem, kaltem Alkali unlöslich. Ausbeute: 60 g (98-100 /o der Theorie).
Analyse: Berechnet für ein 1,460/0 Feuchtigkeit enthaltendes, entwässertes Produkt, erhalten aus Ausgangsmaterial mit 73,3 0/o Gehalt an 2,3-Dialdehydstärke: N 15,3; gefunden: N 15,1.
Beispiel 4
1. 24 g Oxystärke (73,30/8 Trockensubstanz, l4,70/o Feuchtigkeit) = 15,0 g Gehalt an reiner Oxystärke = 0,09 Mol.
2. 24 g Harnstoff (0,4 Mol).
3. 100 ml Wasser.
4. 1 ml Schwefelsäure (500/oig).
Die 1., 2. und 3. enthaltende Aufschlämmung wurde unter Rühren in einem mit Rückflusskühler versehenen Kolben während 11/2-2 Stunden auf 60 bis 70"C erwärmt. Sie wurde sodann gekühlt und nach Zusatz von 100 ml Methanol filtriert und der Niederschlag mit Methanol und schliesslich mit Aceton gewaschen. Das erhaltene weisse Pulver wurde bei 60-709 C während 30 Minuten getrocknet. Das Produkt war in verdünntem, kaltem Alkali unlöslich.
Ausbeute: 36 g (1000/o der Theorie). Analyse: Berechnet für ein 4,310/0 Feuchtigkeit enthaltendes Harnstoffpolymer, erhalten aus einem Ausgangsmaterial mit einem Gehalt von 73,38/0 Oxystärke: N 14,0; gefunden: N 13,9.
Beispiel 5
1. 50 g Oxystärke (91,20/, Feststoffe, 7,10/8 Feuchtigkeit) = 42,3 g Gehalt an reiner Oxystärke = 0,26 Mol.
2. 73 g Harnstoff (1,19 Mol).
3. 120 ml Methanol/Wasser 1 : 2.
4. 2 ml Schwefelsäure (500/oig) gelöst in 5 ml Methanol.
2. wurde in einem mit Rührer und Thermometer versehenen Kolben in 3. gelöst. Dann wurde 1. zugesetzt und die Aufschlämmung während einiger Minuten kontinuierlich gerührt. Nach Zusatz des Katalysators 4. stieg die Temperatur von 30 auf 400 C. Nach 24stündiger Umsetzung bei Raumtemperatur unter Rühren wurde sodann filtriert und der Rückstand mit Methanol und schliesslich mit Aceton gewaschen. Es wurde eine Ausbeute von 72 g erhalten (92 /o der Theorie, berechnet mit dem Feuchtigkeitsgehalt). Analyse: Berechnet für ein 6,51% Feuchtigkeit enthaltendes Produkt, erhalten aus einem Ausgangsmaterial mit 91,2 8/o Gehalt an 2,3-Dialdehydstärke: N 16,8; gefunden: N 15,4.