Verfahren zur Reinigung von Abwässern, insbesondere von Papierfabrikabwässern Bei der Reinigung von Abwässern der Papier industrie kommt es darauf an, die vom Wasser mit geführten wertvollen Fasern zur Weiterverwertung zurückzugewinnen und das Abwasser so weit zu klären, dass es entweder wieder verwendet oder ab geleitet werden kann. Hierzu sind zahlreiche Ver fahren in Gebrauch, die entweder auf der Flotation, der einfachen Sedimentation oder der Flockung mit tels Zusätzen von Chemikalien und anschliessender Sedimentation beruhen.
Die Reinigung von Abwässern unter Zusatz von Flockungsmitteln beruht darauf, dass die sich bilden den Flocken die im Wasser enthaltenen Verunreini gungen einhüllen und sich mit diesen zusammen durch Sedimentation aus dem Wasser ausscheiden. Als Flockungsmittel wird vorwiegend Aluminium sulfat verwendet. Ausserdem haben sich Eisenchlorid, Eisensulfat und Kalk und dergleichen als geeignet erwiesen. Besonders bewährt hat sich die Kombina tion von Aluminiumsulfat und aktivierter Kieselsäure, wobei letztere als Flockungshilfsmittel dient.
Da bei hohen Feststoffkonzentrationen im Abwasser sehr viel Flocken gebildet werden müssen, um auch die fein sten Feststoffbestandteile von den Flocken so einzu hüllen, dass sie zur Abscheidung gebracht werden können, verursacht der Aufwand an Flockungsmit- teln ziemlich hohe Kosten. Kalk ist zwar ein billiges Flockungsmittel, jedoch ist seine Wirkung oft un zureichend, so dass das gereinigte Wasser nach der Sedimentation noch trüb bleibt und einen zu hohen Feststoffgehalt hat.
Das liegt daran, dass das Kal- ziumion als zweiwertiges Ion den Flockungsschwellen- wert des Abwassers nicht erreicht. Für eine Rück nahme in den Betrieb ist solch ein unvollkommen geklärtes Wasser nicht geeignet, denn es bedingt Be triebsschwierigkeiten durch vermehrte Schleim- und Schaumbildung. Es wurde nun überraschenderweise gefunden, dass man auch bei Verwendung von Kalk als Flockungs- mittel ein ausgezeichnet geklärtes Wasser erhält, wenn das zu behandelnde Wasser, das eine Karbonathärte über 4 d.
H. oder einen dieser Härte äquivalenten Gehalt an freier Kohlensäure aufweist, im alkalischen Bereich durch Zusatz von Kalk teilweise oder ganz entkarbonisiert und zugleich mit durch Ladungsaus tausch auf Kolloide koagulierend wirkenden Zusätzen behandelt wird. Zweckmässig wird aktivierte Kiesel säure verwendet, die bekanntlich eine kolloidale Lö sung von Si0, ist und zusammen mit dem Kalk eine Koagulation der Kolloide auch noch im alkalischen Bereich, beispielsweise bei pH-Werten über 8,0 be wirkt.
Man verwendet also bei dem vorgeschlagenen Verfahren neben den Zusätzen die im Wasser bereits vorhandenen Ionen zur Flockenbildung mit.
Nach einer beispielsweisen Ausführungsform des erfindungsgemässen Verfahrens wird dem Abwasser so viel Kalk zugefügt, dass ein PH-Wert von 7,5 über schritten wird. Zweckmässig wird der PH-Wert über 8,0 eingestellt. Gleichzeitig setzt man aktivierte Kie selsäure in Mengen zwischen 5 und 15 mg pro Liter Sioz zu. Diese Menge ist abhängig von der Art und Menge der im zu behandelnden Wasser enthal tenen Feststoffe und Kolloide und dem gewünschten Reinigungseffekt. Die maximal erforderliche Menge an Kalk errechnet sich aus der Karbonathärte und dem Gehalt an freier Kohlensäure im rohen Wasser nach den bekannten stöchiometrischen Gesetzen.
Je nach dem angestrebten Reinheitsgrad des behandelten Wassers sind jedoch meist geringere Mengen völlig ausreichend. Das mit den Chemikalien versetzte Ab wasser wird in einer geeigneten, an sich bekannten Anlage zur Flockung gebracht und anschliessend durch Abtrennung der Flocken geklärt. Von den bekannten Wasserreinigungsprozessen unterscheidet sich das erfindungsgemässe Verfahren dadurch, dass die erzeugten Flocken nicht aus einem Hydroxyd, sondern aus Kalziumkarbonat bestehen, und dass durch den Zusatz der aktivierten Kieselsäure dennoch eine gute Reinigungswirkung erhalten wird.
Praktisch wird also mit dem Abwasser eine teilweise oder vollständige Entkarbonisierung durchgeführt. Falls auch bei vollständiger Entkarbonisierung die anfallende Flockenmenge nicht ausreicht, um ins besondere die feinsten Fettstoffteilchen zu binden, so können die üblichen Fällungsmittel, z. B. Aluminium sulfat, zugesetzt werden, wobei jedoch der p11-Wert über 7,5 gehalten wird. Die bekannten Abwasser reinigungsanlagen der Papierindustrie werden bei Verwendung von Fällungsmitteln im sauren PH-Be reich betrieben.
In dem erfindungsgemässen Verfah ren wird durch die Kombination von Kalk und koagu- lierend wirkendem Zusatz, z. B. Kieselsäure, auch im alkalischen pH-Bereich eine einwandfreie Flok- kung erreicht.
Vorteilhafter wird jedoch eine unzureichende Menge an ausfällbarem Kalziumkarbonat im rohen Wasser durch gemahlenen Kalkstein oder vorher ge fälltes Kalziumkarbonat ergänzt. Es hat sich gezeigt, dass auch bei dem Zusatz von Kalziumkarbonat in die sen Formen die Zugabe von aktivierter Kieselsäure den gleichen Effekt erreichen lässt wie bei der Aus fällung von Kalziumkarbonat in dem zu behan delnden Wasser direkt.
Die Ausführung des erfindungsgemässen Verfah rens erfolgt zweckmässig in Anlagen, in welchen die Flockungsreaktionen in Gegenwart von bereits vorher geflockten Teilchen stattfinden. Dadurch ver laufen die chemischen Reaktionen weiter, und die Flocken werden bezüglich ihrer Adsorptionsfähigkeit besser ausgenutzt, so dass sie eine höhere Absetzungs geschwindigkeit erlangen. Besonders geeignet sind Wasserreinigungsvorrichtungen, in welchen eine Sus pension von Feststoffen, die während des Verfahrens gebildet oder zugesetzt werden, in einem Kreislauf durch mehrere Zonen, z.
B. durch eine Mischzone, eine Reaktionszone und eine Klärzone, umgewälzt wird, und in welchen das rohe Wasser und die Zu sätze in die Mischzone eingeführt werden, während behandeltes und geklärtes Wasser einerseits und ein Überschuss an Feststoffen als Teilstrom der Suspen sion aus der Klärzone entnommen werden. In die sem Suspensionskreislauf ist das Prinzip der Rück führung von im Verfahren selbst gebildeten Feststof fen besonders vorteilhaft verwirklicht. Durch die Verlängerung von Reaktionsdauer und Reaktionsweg reagiert das zu behandelnde Wasser mit den Fest stoffen besonders weitgehend.
Die gebildeten Flok- ken werden sehr gleichmässig und setzen sich viel schneller ab, so dass bei hohen Durchsätzen ein sehr klares Wasser anfällt.
Nach dem erfindungsgemässen Verfahren kann mit billigen Chemikalien, im wesentlichen mit Kalk, eine einwandfreie Reinigung erreicht werden, indem z. B. bei pH-Werten über 7,5 noch aktivierte Kiesel säure zugefügt wird. Da der Zusatz an aktivierter Kie selsäure nur gering ist, sind die Chemikalienkosten niedrig. Die Abwasserreinigung durch Flockung mit Chemikalien, die bezüglich der Qualität des behan delten Wassers gegenüber den Flotations- und ein fachen Sedimentationsverfahren unbestreitbare Vor teile hat, wird durch die Erfindung wesentlich wirt schaftlicher als bisher.
Ausserdem ist mit dem Ver fahren eine teilweise oder vollständige Enthärtung verbunden, was für Abwässer der Papierfabriken von besonderem Vorteil ist, weil sonst z. B. leicht Kalk ausscheidungen usw. an den Sieben auftreten. Eine weitere Verbesserung der Rückwasseraualität ist durch die weitgehende Ausscheidung von Kolloiden und Schleimstoffen gegeben. Schliesslich wird die freie Kohlensäure, die in Abwässern fast immer vorhan den ist, durch den Kalk gebunden, so dass das er findungsgemäss behandelte Wasser auch nicht mehr aggressiv ist.
Da das Kalziumkarbonat viel dichtere Flocken ergibt als ein Hydroxyd als Flockungsmittel, wird die Absetzgeschwindigkeit wesentlich erhöht, und die an sich leichten Faserteilchen werden wirksam beschwert. Bei Versuchen wurden Absetzgeschwin- digkeiten bis zu 8 mlh ermittelt, während man bei normalen Hydroxydflocken unter analogen Bedingun gen nur 3 bis 4 m/h erreicht.
Die höhere Absetz- geschwindigkeit aber hat niedrigere Anlagekosten zur Folge, da dann die Absetzzone für die Flocken klei ner gewählt werden kann. Die Absetzgeschwindig- keit lässt sich durch die Menge an zugegebener akti vierter Kieselsäure etwas variieren.
Erfindungsgemäss behandeltes Abwasser von Pa pierfabriken ist ohne nachfolgende Filtration so weit gereinigt, dass es als Rückwasser gut verwendet ist. Dadurch erniedrigt sich der Abwasseranfall und auch der Wasserverbrauch einer Papierfabrik wesentlich, ohne dass sich die sonst bei Rückführung von Ab wasser auftretenden Störungen einstellen. Zweck mässig wird das Verfahren auf das Gesamtabwasser einer Papierfabrik angewandt. Wenn an den ein zelnen Papiermaschinen noch gesonderte Stoffänger angebracht werden, dann halten diese einen beträcht lichen Teil der Fasern zurück, und der Chemikalien verbrauch, bezogen auf die Menge des Gesamtab wassers, wird wesentlich erniedrigt.
Die Anwendbarkeit des erfindungsgemässen Ver fahrens ist nicht auf die Behandlung von Papierfabrik abwässern beschränkt, sondern auch bei andern Ab wasserarten möglich. Voraussetzung ist dabei, dass diese Wässer genügend Bikarbonat bzw. freie Koh lensäure zur Bildung ausreichender Mengen an Kal- ziumkarbonat enthalten.
Anstelle von aktivierter Kieselsäure können auch andere Stoffe verwendet werden, deren Wirksamkeit auf den gleichen Eigenschaften beruht, die also auch durch Ladungsaustausch koagulierend und flockungs- fördernd wirken. Solche Stoffe sind z. B. Tannin, Huminstoffe, Methylzellulose, Stärke usw. Es hängt von der Abwasserart und vor allem von den darin befindlichen Kolloiden ab, welches Flockungshilfs- mittel sich am besten bewährt.
<I>Beispiel</I> Das Abwasser einer Papierfabrik hat durch schnittlich folgende Beschaffenheit:
EMI0003.0003
abfiltrierbare <SEP> Feststoffe <SEP> 500 <SEP> mg/1
<tb> Permanganatwert <SEP> 250 <SEP> mg/1
<tb> Karbonathärte <SEP> 7 <SEP> d. <SEP> H.
<tb> freie <SEP> CO, <SEP> ' <SEP> 4 <SEP> d. <SEP> H.
<tb> PH <SEP> y <SEP> 5,5 Das Wasser wurde in dem beschriebenen Suspen- sionskreislaufverfahren mit 150 mg/1 Löschkalk und 10 mg/1 aktivierter Kieselsäure behandelt.
Nach dem Einfahren der Anlage wurde im Dauerbetrieb ein Klarwasser mit folgenden Eigenschaften erhalten:
EMI0003.0009
Feststoffgehalt <SEP> . <SEP> 5 <SEP> mg/1
<tb> Permanganatwert <SEP> 75 <SEP> mg/1
<tb> Karbonathärte <SEP> 3 <SEP> d. <SEP> H.
<tb> freie <SEP> Kohlensäure <SEP> 0
<tb> PH <SEP> 9,1 Gleichzeitig wurde der Schlamm eingedickt auf eine Konzentration von 1,2 Gew.%, so dass er in die sem Zustand direkt zur Pappenherstellung verwend bar war. Das Wasser lief anschliessend durch ein Sandfilter mit einer Geschwindigkeit von 10 m/h. Die ses Filter lieferte ein vollkommen blankes Wasser, wobei die Filterlaufzeit 75 h betrug.
Das aus der Anlage anfallende Wasser wurde schliesslich durch Erdbecken mit einer Verweilzeit von etwa 24 h ge leitet. Danach hatte das Wasser einen Permanganat- wert von 30 und konnte ohne jegliche Schwierig keiten in der Fabrik wieder verwendet werden.
Die Absetzgeschwindigkeit der Flocken betrug bei einem Schlammvolumen von 20% nach 10 Minuten Absetzzeit 5,1 m/h. Bei Verwendung von Aluminium sulfat anstelle von Kalk und Kieselsäure lag die Absetzzeit bei 3,8 m/h. Mit Zusätzen von Kalk und Kieselsäure und bei Flockung in einer gesonderten Flockungsapparatur ohne Anwendung des beschrie benen Suspensionskreislaufes ergab sich eine Absetz- zeit von 4,
0 m/h. Diese Absetzgeschwindigkeiten sind alle bei gleichem Schlammvolumen gemessen. Die Werte differieren stärker, wenn das Schlammvolumen kleiner ist, doch wurde es in diesem Fall vorgezogen, mit einem höheren Schlammvolumen zu arbeiten, da dann die Reinigungswirkung besser war.
Da das Rohwasser in diesem Betrieb eine Kar bonathärte von 13 hatte und ausserdem noch an Kal- ziumkarbonat übersättigt war, konnte durch die Rück führung von 50% des auf diese Weise gereinigten Was sers eine Karbonathärte von etwa 8 d. H. eingestellt werden, wodurch die Hauptschwierigkeiten der Was seraufbereitung, die durch die hohe Härte und die Übersättigung an Kalziumkarbonat hervorgerufen wurden, beseitigt werden konnten.