Verfahren zur Herstellung eines wollähnlichen Garnes und nach dem Verfahren hergestelltes Garn. Es wird immer wieder versucht, aus end los gesponnenen Kunstfasern auf möglichst einfachem und billigem Wege zu einem woll- ähnlichen, fertiggedrehten Garn zu kommen.
Das älteste Verfahren, welches über das Schneiden frisch gesponnener endloser Faden bündel, das Kräuseln, Trocknen usw., und das nachherige Verspinnen der Kunstfaser flocken nach dem Woll- oder Baumwoll- Spinnverfahren führt, ist heute bereits über holt. In neuerer Zeit werden kürzere und ein- fachere Verfahren, so z.
B. das Verfahren über das sogenannte Spinnband oder die Spinnlunte, angewendet, welche aber alle das gemeinsame Merkmal haben, dass die end losen Einzelfäden auf irgendeine Art ge schnitten oder gerissen und dann verstreckt und gedreht werden müssen, um so den äussern Charakter eines Woll- oder Baum wollgarnes zu erhalten.
Es wurde nun gefunden, dass es möglich ist, ausgehend von gekräuselten endlosen Fäden, zu einem gekräuselten und daher dehnbaren und elastischen Garn von so grossem Volumen und Wärmehaltungsvermö- gen zu kommen, dass es wollähnlich ist, wo bei die vielen bisherigen zum Teil schwie rigen und teuren Einzeloperationen des Schneidens und Verziehene der Fasern ver mieden werden können.
Die vorliegende Erfindung betrifft ein derartiges Verfahren, bei welchem man von einem gekräuselten Fadenbündel ausgeht, welches aus in einer Ebene parallel neben einanderliegenden endlosen Einzelfäden be steht, und welches annähernd den gleichen Titer wie das Fertigprodukt aufweist. Dieses Fadenbündel wird, indem man dessen Einzel fäden und damit deren Kräuselungsbogen gegeneinander längs- und querverschiebt, derart stark aufgelockert, dass sein Volumen mindestens 15mal grösser wird.
Aus dem so aufgelockerten Fadengebilde wird dann durch Runden und nachfolgendes Zwirnen das Garn ohne Verzug fertiggestellt, so dass es seine ursprüngliche Gleichmässigkeit bei behält. Unter Volumenvergrösserung soll hier das Verhältnis des Volumens des unmittelbar aufgelockerten Produktes zu dem Volumen des nicht aufgelockerten, kompakten Faden bündels aus gestreckten, also nicht mehr ge kräuselten Fäden verstanden sein; also das Verhältnis des scheinbaren spezifischen Ge wichtes des unmittelbar aufgelockerten Ge bildes zum spezifischen Gewicht der Faser substanz.
Zumindest ist eine leichte, nach der Auflockerung erfolgende Rundung und Zwir- nung (weniger als 100 Umdrehungen pro Meter) nötig, damit das Garn einen gewissen Zusammenhalt (Querverband) bekommt. Das Vergleichsvolumen für den Grad der Auf lockerung bezieht sich nicht auf dieses nach träglich gerundete und gezwirnte Garn, son dern nur auf das unmittelbar aufgelockerte, nicht gezwirnte Gebilde.
Die Erfindung betrifft auch ein nach dem Verfahren hergestelltes gekräuseltes Garn. Man kann in gewissen Fällen, wenn dies für bestimmte Zwecke erwünscht ist, auch eine stärkere Zwirnung, z. B. 200 Drehungen auf den Meter, des aufgelockerten Gebildes vornehmen. Man erhält dann ein Garn, das wohl weniger voluminös als das unmittelbar aufgelockerte Produkt ist, das jedoch dafür eine grössere Festigkeit aufweist.
Solche Garne sind allerdings infolge der vor der Zwirnung erteilten Auflockerung immer noch voluminöser als gleichtitrige Garne, welche nicht intermediär aufgelockert wurden. Sie können für spezielle Fabrikationen besondere Vorteile bieten.
An Hand der Zeichnung werden Durch- führungsbeispiele des erfindungsgemässen Verfahrens und Ausführungsbeispiele des er findungsgemässen Garnes erläutert.
Fig. 1 zeigt, wie das Ausgangsprodukt für das Verfahren, nämlich ein gekräuseltes Fadenbündel, bestehend aus in einer Ebene parallel nebeneinanderliegenden endlosen Einzelfäden, auf bekannte Art hergestellt werden kann. In Fig. 2 und 3 ist ein Verfahrens beispiel selbst schematisch dargestellt.
Nach Fig. 1 wird bei 1 ein nach dem Trockenspinnverfahren frisch gesponnenes Fadenbündel aus der Spinnmaschine abgelie fert. Bei 2 wird das Fadenbündel über feuchte Walzen geführt und bei 3 mit be kannten Kräuselwalzen behandelt, um an schliessend bei 4 zu Strängen gehaspelt zu werden, so dass ein in einer Ebene gekräusel- tes Fadenbündel aus parallelen, endlosen Einzelfäden entsteht. Das Verfahren beginnt, indem man nach Fig. 2 den gehaspelten Wickel bezw. Strang 4 wieder abwickelt.
Das gekräuselte Fadenbündel 5, welches den gleichen Titer wie das Fertigprodukt auf weist, wird nun in der Vorrichtung 6 derart aufgelockert, dass sein Volumen mindestens 15mal grösser wird, indem man die Einzel fäden und damit deren Kräuselungsbogen gegeneinander längs- und querverschiebt. Zu diesem Zweck wird die weiter unten be schriebene Vorrichtung nach Fig. 2 verwen det.
Das gelockerte, flaumige Gebilde 7 wird bei 8 mit Nitschelhosen leicht gerundet und anschliessend bei 9 einer Flügelspindel zuge führt, welche dem Garn die nötige Drehung gibt, also zwirnt, so dass es nunmehr auf Spulen, Strangen, Kannetten oder Knäueln aufgewickelt -werden kann, um es nachträg lich, gegebenenfalls mehrfach verzwirnt, irgendeiner textilen Verarbeitung zuführen zu können.
Zwecks Auflockerung kann man bei spielsweise das flache, gekräuselte Faden bändchen zwischen zwei Daumen oder Backen, welche mit Sammet, Leder oder Plüsch überzogen sind, bearbeiten. Dabei wird der untere Backen dem Bändchen vor wiegend eine Vorwärtsbewegung erteilen, während der obere Backen vorwiegend eine Kreis-, Halbkreis- oder elliptische Bewegung ausführt.
Bei der Auflockerungsvorrichtung nach Fig. 3 wird das gekräuselte Fadenbündel 5 vom Einzugswalzenpaar 10 mit einer be stimmten Geschwindigkeit vorgeführt. Von den Einzugszylindern gelangt das Kräusel- Bändchen 5 zum Tambour 11, welcher eine mit Samt, Plüsch, Kratzenband oder derglei chen überzogene Walze darstellt. Die Um fangsgeschwindigkeit des Tambours 11 ist wesentlich kleiner als diejenige des Einzugs zylinders 10. Der Tambour ist etwas erhöht gelagert, so dass das durchlaufende Kräusel- band auf den Spitzen der Tambourgarnitur aufliegen muss.
Die wesentlichste Auflockerung spielt sich in dem Moment ab, in welchem das Kräusel- band über den höchsten Punkt des Tambours hinweggeführt wird. Hierzu wird ein Kamm 12 über das Fasergebilde bezw. dem Tambour sehr rasch hin und her bewegt. Der Kamm erhält seinen Antrieb von einer schnellaufen den Kurbelscheibe und Pleuelstange 13, und es ist sowohl die Tourenzahl der Kurbel scheibe wie auch die Grösse des Hubes ein stellbar. Durch diese Verstellmöglichkeit kann der Auflockerungsgrad des Kräusel- bandes verändert werden.
Eine weitere, nicht gezeichnete Vorrich tung gestattet es, den Kamm 12 in ganz be stimmter Distanz zum Tambour 11 einzu stellen bezw. die Spitzen der beiden Garni turen ineinander eingreifen zu lassen. Die Spitzen der Garnitur des Kammes sind im Sinne der allgemeinen Fadenbewegung ge richtet. Die Spitzen der Tambourgarnitur können sowohl radial als auch im Sinne oder gegen die allgemeine Fadenbewegung gerich tet sein.
Beim Verlassen der Hauptarbeitszone sind bereits alle Kräuselbogen derart gegen einander verschoben und die Einzelfäden ge lockert, dass das Fadengebilde grosse Ähnlich keit mit einem Kardenvlies hat, das heisst ein flaumig weiches Bändchen ist. Um dem Fadenband eine mehr rundliche Form zu geben und die Einzelfäden gegeneinander um die Fadenachse zu verdrehen, wird es durch ein sogenanntes Spinnröhrchen 14 hindurch geleitet.
Das Spinnröhrchen selbst erteilt dem Fadenband nur einen falschenDra11. Nach dem Spinnröhrchen folgt das Abzugszylinderpaar 15, welches eine wesentlich grössere Umfangs geschwindigkeit als der Tambour 11 hat. Die Umfangsgeschwindigkeiten der Einzugszyliu- der 10 und der Abzugszylinder 15 sind un gefähr gleich, so dass der Kräuselungsgrad im Garn voll erhalten bleibt. Vom Abzugs zylinder 15 läuft der Faden nunmehr über die Leitrolle 16, welche senkrecht über der Spindelmitte montiert ist, zur Spule 17.
Auf dem Wege erhält der Faden 18 nunmehr seinen richtigen Drall und wird ohne Verzug zum verarbeitbaren, fertigen Garn.
Dem Fadenbündel wird eine Geschwin digkeit von 4-20 m/min. gegeben; die Drehungen pro m/Faden betragen im Mittel 100, so dass Spindeldrehzahlen von 400 bis 2000 pro Minute resultieren. Die Drehungen pro m beeinflussen den Charakter des Garnes ganz wesentlich.
Dazu kommt, dass je nach Wahl der Kratzengarnituren bezw. je nach Art des Plüsches oder Samtes auf Tambour und Kamm, und je nach der Einstellung der beiden Elemente zueinander, die Faserigkeit des fertigen Garnes, das heisst die Anzahl der aus dem Garn sich vorbiegenden Einzel fäden, beeinflusst werden kann. Man hat es also in der Hand, ähnlich wie bei der Woll- garnherstellung, ein beinahe faserloses, das heisst frei von überstehenden Faserbögen, mehr glattes oder ein leicht bis stark flau miges Garn herzustellen.
Vor oder nach dem Verfahren können na- - türlich die Fadenbündel in bekannter Weise entglänzt oder gefärbt werden und man kann die entsprechende Behandlung gegebenen falls erst im fertig bearbeiteten Stück (Ge webe) vornehmen. Wie das Kräuseln, so ge hören auch diese Behandlungen nicht zur vor liegenden Erfindung.
Das geschilderte Verfahren unterscheidet sich also von allen denjenigen Verfahren, bei welchen die Bänder, Lunten und Garne aus geschnittenen gegeneinander versetzten Ein zelfasern (Stapeln) bestehen. Diese letzteren Gebilde haben vor allem in Band- und Lun- tenform nur geringe Festigkeit. Sie sind jedoch verzugsfähig und können durch Streckoperationen beliebig im Titer verklei nert werden. Sie erhalten erst durch die letzte Drallgebung (Zwirnung) die erforderliche Festigkeit.
Die Garne dagegen, welche nach den geschilderten Verfahrensbeispielen her gestellt werden, sind, da sie aus endlosen Einzelfäden bestehen, nicht verstreckbar und nicht verzugsfähig, das heisst, man kann keine Streckung durch gegenseitige Längsverschie bung der Einzelfasern mit Titeränderung des Garnes ausführen. Man kann" sie daher nicht auf einer Maschine, z. B. auf einem Streck werk oder auf einer Spinnmaschine, weiter verarbeiten (verfeinern).
Sie eignen sich da gegen vorzüglich, einfach oder mehrfach ver zwirnt, als Handarbeitsgarne oder als Effekt zwirne oder sie können direkt einer von Hand oder maschinell getätigten Webe-, Wirk-, Strick-, Flecht- oder Häkeloperation zugeführt werden.
Bei diesen Verfahren werden eine ganze Reihe Bearbeitungsstufen, welche bei den bisherigen Verspinnungsverfahren unum gänglich nötig waren, ausgeschaltet, was nicht nur eine weitgehende Verbilligung des Endproduktes darstellt, sondern dazu noch eine wesentliche Verbesserung der textilen Eigenschaften solcher Garne mit sich bringt. So hat ein dargestelltes Garn, bei welchem die Einzelfäden nicht zerschnitten oder zer rissen sind, etwa die gleiche Festigkeit wie ein glattes Kunstfadengarn von der gleichen Anzahl Fäden.
Ausserdem ist die Dehnung eines solchen Garnes sehr hoch und zusam mengesetzt aus der vollen Kräuselungs- dehnung und der Eigendehnung des glatten Einzelfadens. Die Dehnung ist deshalb we sentlich höher als bei den üblich gestapelten Garnen oder bei glattem Kunstfasergarn. Das Volumen dieses Garnes ist ausserordentlich hoch.
Die starke gleichmässige Kräuselung jeder einzelnen Faser kommt dabei im Garn voll zur Auswirkung. Es ist auch nicht nötig, ein solches Garn stark zu drehen bezw. zu zwirnen, um einen genügenden Fadenverband bezw. genügende Reissfestigkeit zu erhalten. Die Fädchen in einem solchen Garn erschei nen nicht als endlich, z. B. ä-12 cm lange geschnittene Fasern (Stapeln), sondern als unendlich lange, durchgehende und zusam menhängende Fäden. Ein solches Garn ist aus den genannten Gründen hochelastisch.
Die Einzelfädchen liegen als eine Art Spiral federn unregelmässig durcheinander im Garn und wirken bei der Längsspannung und der nachträglichen Entlastung mit ihrer vollen Federkraft in der Längsachse des Fadens.
Trotz der starken Auflockerung besitzt das dargestellte fertige Garn quer zur Längs achse einen guten Zusammenhang, indem die einzelnen Fäden wirr ineinander übergrei fen: noch besser ist der Längsverband, wel cher durch die durchlaufenden, unendlich langen Fädchen ganz erhalten bleibt. Bei diesem Lockern der Einzelfäden fällt ein sehr voluminöses, flaumleichtes Textilgebilde an, welches anschliessend leicht gerundet und unter schonender Spannung, z. B. auf einer Flügel-, Glocken- oder Ringspindel, mehr oder weniger stark gedreht wird.
Die ganzen Vorgänge werden ohne Verzug oder Ver- streckung ausgeführt, so dass die fast ideale Titergleichmässigkeit,wie sie jedem ungesta.- pelten Kunstfasergarn eigen ist, erhalten bleibt, und somit ein vollkommen gleich mässig dickes, rundliches, schnitt- und noppenfreies, aber sehr voluminöses Garn mit vorzüglicher Deckkraft und Wärmehaltungs- vermögen anfällt.
Wenn etwa bei dem Auflösen des gekräu selten Bändchens bezw. bei dem absichtlichen Versetzen der Einzelfädchen und Kräuse- lungsbogen einzelne Fädchen gerissen wer den, so schadet das dem Garn in keinerWeise, es kann sogar von Vorteil sein. Die gerisse- nen Fäserchen stehen beim Zwirnen von dem eigentlichen Garnkörper seitlich ab und er höhen damit den Wollcharakter des Garnes. Man kann die gerissenen abstehenden Fasern auch absichtlich erzeugen, um äusserlich ein. gestapeltes Garn vorzutäuschen.
Das geschilderte Verfahren eignet sich vor allem zum Verarbeiten endloser Kunst seidenfäden bezw. synthetischer Kunstfasern. Man erzeugt an der Kunstfadenablieferungs- stelle 1, z. B. beim Trockenspinnverfahren, gleich nach dem Spinnen, jedoch vor dem Kräuseln, ein gerade so schweres endloses Fadenbündel, als dies ungefähr dem Titer des gewünschten fertigen Garnes entspricht, und direkt anschliessend oder nachträglich kräuselt man auf irgendeine bekannte Art.
Vorteilhafterweise wird man das Faden bündel oder deren mehrere zu einem flachen, sehr dünnen Band ausbreiten und an dem selben die Kräuselung gemeinschaftlich so vornehmen, dass eine möglichst vollständige und durchgehende Kräuselung erhalten wird. Das gekräuselte Band kann man dann direkt oder durch Zwischenschaltung einer Auf wickelung, z. B. auf Spulen, Strangen oder in sogenannten Spinnkannen, der Auflocke- rungsbehandlung zuführen.
Man kann nach dem Verfahren auch Na turseidenfäden verarbeiten, nachdem diesel ben in geeigneter Weise gekräuselt wurden, um dadurch zu Garnen zu gelangen, die noch höheren Ansprüchen bezüglich Wärme haltungsvermögen genügen. Ebenso lassen sich nach geeigneter Kräuselung andere Na- turfasern in Form endloserer Einzelfäden verarbeiten.