Verfahren zum Erfassen und Berücksichtigen von Seitenwindbelastungen bei einem in Fahrt befindlichen Schienenfahrzeug und dessen entsprechend ausgeführter Endwagen
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Erfassen und Berücksichtigen von Seitenwindbelastungen bei einem in Fahrt befindlichen Schienenfahrzeug, insbesondere einem solchen, das sich mit vergleichsweise hoher Fahrgeschwindigkeit von beispielsweise 200 bis 400 km/h fortbewegt. Die Erfindung bezieht sich außerdem auf einen Endwagen eines Schienenfahrzeuges, der zur Durchführung dieser beiden Verfahren ausgebildet ist.
Auftretender Seitenwind stellt für Züge insbesondere bei den genannten hohen Geschwindigkeiten die Gefahr des Entgleisens dar, insbesondere dann, wenn starker Seitenwind von beispielsweise mehr als 20 m/s mit ungünstigen Gleislageverhältnissen (z.B. Kurve, geometrische Lagefehler) zusammentrifft. Es ist ersichtlich, dass das
Entgleisungsrisiko zu minimieren ist. In diesem Zusammenhang ist von der DB AG eine neue Richtlinie (RiI 401) ausgegeben worden, durch welche das Gefahrenpotential, das auf Seitenwindbeaufschlagung schneller Reisezüge beruht, verringert werden soll. Diese Richtlinie schreibt vor, dass jedes Fahrzeug zu jeder Zeit an jedem Rad eine RadaufStandskraft von mindestens 10% seiner ruhenden Aufstandskraft aufweisen muss. Ein zugehöriger Fachartikel mit dem Titel „Seitenwindgefahr für schnelle Reisezüge?" ist in EI-Eisenbahningenieur (53) 10/2002, Seite 24, erschienen.
Um der Gefahr eines Entgleisens auf Grund von Seitenwind vorzubeugen, ist es auch möglich, auf eine Ausgestaltung des Fahrwegs Einfluss zu nehmen, in dem beispielsweise Windschutzwände oder Windschutzzäune aufgestellt werden. Auf Seiten des Fahrzeugs kann durch aerodynamische Formgebung und
Ballastierung gerade bei dem in der Regel am meisten betroffenen Endwagen, der den Zug anführt, die Aufstandskraft vergrößert werden. Auch die fahrdynamischen Parameter des Fahrwerks, wie Massen, Steifigkeiten, Dämpfer und ihre geometrische Anordnung, beeinflussen die
Seitenwindempfindlichkeit des Zuges bzw. Schienenfahrzeugs allgemein. Neben den Maßnahmen an Fahrweg und Schienenfahrzeug wird das Problem der Fahrsicherheit bei Seitenwind bei extremen Starkwind-Verhältnissen durch die betriebliche Maßnahme der Fahrgeschwindigkeitsreduktion beherrscht. In solchen Starkwind-Situationen wird eine reduzierte Maximalgeschwindigkeit, abhängig von einer Windkennkurve (WKK) des Schienenfahrzeugs vorgeschrieben. Voraussetzung dafür sind geeignete Windmessmöglichkeiten und Warnmöglichkeiten mit ausreichender örtlicher
Auflösungsschärfe und den daraus erfolgenden manuellen Eingriffen durch eine Fahrdienstleitung.
Ausgehend hiervon liegt der Erfindung die Aufgabe zu Grunde, ein Verfahren anzugeben, mit dem eine erhöhte
Entgleisungssicherheit von Schienenfahrzeugen in Fahrt bei auftretendem Seitenwind ermöglicht wird.
Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren zum Erfassen von Seitenwindbelastungen bei einem in Fahrt befindlichen Schienenfahrzeug, mit den Schritten: a) Erfassen von aerodynamischen Messdaten (z.B. Drücke) an wenigstens einem ersten seitlichen Oberflächenabschnitt des Schienenfahrzeugs, b) Erfassen einer Geschwindigkeit des Schienenfahrzeugs, c) Zugreifen auf eine Verweistabelle, welche Zusammenhänge zwischen in Schritt a) erfassbaren aerodynamischen Messdaten des in Fahrt befindlichen Schienenfahrzeugs und der zugehörigen Anströmrichtung des in Fahrt befindlichen Schienenfahrzeugs enthält, d) Berechnen von Betrag und Richtung des herrschenden Seitenwinds aufgrund der Messdaten aus Schritt a) , der
Fahrzeuggeschwindigkeit aus Schritt b) und der Verweistabelle, auf die in Schritt c) zugegriffen wird, e) Erfassen des Gleisstreckenabschnitts innerhalb dessen die
Messung aus Schritt a) durchgeführt wird, und f) Speichern der in Schritt d) berechneten Seitenwinddaten in Zuordnung zu dem in Schritt e) erfassten Gleisstreckenabschnitt als Orts-Koordinate.
Dieses Verfahren gestattet es, für den Abschnitt der Gleisstrecke, an dem die Messungen von Seitenwinddaten am in Fahrt befindlichen Schienenfahrzeug vorgenommen werden, Aussagen über aktuelle Seitenwindverhältnisse zu treffen, und Prognosen über Seitenwindverhältnisse auf unmittelbar folgend befahrenen Gleisstreckenabschnitten zu machen. Die verschiedenen Verfahrensschritte gestatten es insgesamt,
Werte für einen jeweils aktuellen Seitenwind zu gewinnen und in Kombination mit einer Ortsinformation und vorzugsweise auch einer Zeitinformation (Datum und Uhrzeit) zu speichern und bei prognostizierter Gefährdung durch Seitenwind Geschwindigkeitsreduktionen zu veranlassen. In einem besonders einfachen Fall wird dieses Verfahren beispielsweise nur an solchen Stellen der Gleisstrecke durchgeführt, für die vorab bekannt ist, dass mit erhöhten Seitenwindbelastungen zu rechnen ist. Selbstverständlich lässt sich dieses Verfahren bei wiederholter Durchfahrt der Gleisstrecke erneut durchführen, und zwar dann für dieselben Gleisstreckenabschnitte, für die bereits früher Seitenwinddaten ermittelt worden sind. Dies gestattet beispielsweise eine gesicherte statistische Behandlung für Seitenwind-Messwerte über eine Vielzahl von Durchfahrten der Gleisstrecke .
Selbstverständlich ist es günstig, wenn in Schritt a) zusätzliche Messdaten für wenigstens einen, dem ersten seitlichen Oberflächenabschnitt im wesentlichen gegenüberliegenden zweiten seitlichen Oberflächenabschnitt des Schienenfahrzeuges erfasst werden.
Selbstverständlich ist es ebenfalls günstig, wenn in Schritt a) zusätzliche Messdaten auf einem im wesentlichen gegenüber liegenden zweiten seitlichen Oberflächenabschnitt und an einer im wesentlichen auf der Längsmittellinie liegenden Messstelle eines Schienenfahrzeugkopfes erfasst werden. Wenn beispielsweise zur Durchführung des Verfahrens an jeder Seite und in der Mitte eines Schienenfahrzeugs, insbesondere eines Kopfabschnitts seines Endwagens, aerodynamische Sensoren vorgesehen sind, können Messwerte von allen Sensoren erfasst werden, um Aussagen über Seitenwindbelastungen zu erhalten.
Für den Fall, dass bereits Informationen darüber vorliegen, ab welchem Wert ein Gefahrenpotential von Seitenwindbelastungen ausgeht (z.B. in Form der Windkennkurve eines Schienenfahrzeugs) , kann in dem Schritt f) der in Schritt d) berechnete Seitenwinddruck zur Begrenzung der Datenmenge nur bei Überschreiten eines vorgegebenen Schwellwertes gespeichert werden, ab dem Gefahr für ein Schienenfahrzeug entstehen kann.
Das Verfahren kann hinsichtlich seiner Schritte a) bis f) zur Gewinnung eines Seitenwind-Profils für eine bestimmte Gleisstrecke während einer Durchfahrt derselben wiederholt durchgeführt werden. Bei entsprechender Ortsauflösung für die Durchführung des Verfahrens wird ein entsprechend feines Seitenwind-Profil gewonnen, das repräsentativ für Seitenwindbelastungen der entsprechenden Gleisstrecke ist.
Die oben genannte Aufgabe wird außerdem gelöst durch ein Verfahren zum Berücksichtigen von Seitenwindverhältnissen bei einem in Fahrt befindlichen Schienenfahrzeug, mit den Schritten : A) Gewinnen eines Seitenwind-Profils für eine bestimmte
Gleisstrecke während einer Durchfahrt derselben, B) Prognostizieren der Seitenwindverhältnisse für eine voraus liegende Gleisstrecke aufgrund des in Schritt A) gewonnenen Seitenwind-Profils.
Zur Durchführung dieses Verfahrens kann insbesondere auf das oben beschriebene Verfahren zum Erfassen von
Seitenwindbelastungen und dessen Ausführungsformen zurückgegriffen werden, bei dem ein streckenabhängiges Seitenwind-Profil gewonnen wird. Für das Prognostizieren der
Seitenwindverhältnisse nach dem Schritt B) eignen sich vor allem folgende Schritte: g) Prognostizieren der Seitenwindverhältnisse auf einem unmittelbar vor dem Schienenfahrzeug liegenden Streckenabschnitt, h) Ermittlung der bezüglich Seitenwindverhältnisse maximal zulässigen Fahrgeschwindigkeit auf dem unmittelbar vor dem Schienenfahrzeug liegenden Streckenabschnitt durch Zugriff auf eine Zuordnungstabelle, welche für die Fahrzeugbaureihe spezifische Daten enthält, i) Weiterleitung der bezüglich der prognostizierten Seitenwindverhältnisse maximal zulässigen Fahrgeschwindigkeit an die den Zug führende Person oder Personen bzw. technische Einrichtungen, beispielsweise die Zugsteuerung.
Die in Schritt g) erfolgende Prognose der
Seitenwindverhältnisse für eine voraus liegende Gleisstrecke kann unmittelbar auf dem aktuellen Stand eines aufgenommenen Seitenwind-Profils für die zurückliegende Gleisstrecke erstellt werden. Selbstverständlich können frühere, für dieselbe und die voraus liegende Gleisstrecke aufgenommene Seitenwind-Profile in die Prognose des Schrittes g) eingehen,
Zur Verbesserung des Prognoseergebnisses für den Schritt g) können in die Prognose auch Messergebnisse von ortsfesten Windmesseinrichtungen in der Nähe der Gleisstrecke eingehen. Allgemein ist es von Vorteil, jedwede Informationen aus dem Seitenwind-Profil, das gerade aktuell gemessen worden ist, oder auch früherer Seitenwindprofile im Hinblick auf
Seitenwindbelastungen entlang der Gleisstrecke für die Prognose auszuwerten.
Die Prognose der Seitenwindverhältnisse in Schritt g) kann mit Hilfe eines rechnerischen Korrelationsverfahrens erfolgen, das die Korrelation zwischen den aktuellen und den in der Vergangenheit erfassten Messdaten der zurückgelegten Strecke nutzt, um eine Vorhersage über die Windverhältnisse auf der unmittelbar vor dem fahrenden Schienenfahrzeug liegenden Strecke mittels der dazugehörenden Messdaten aus der Vergangenheit zu machen.
Die für die Seitenwind-Prognose im Schritt g) erforderlichen Daten können im Zug oder zentral gesammelt und gespeichert werden. Zum zentralen Sammeln der für Schritt g) erforderlichen Daten ist es von Vorteil, diese einem ortsfesten Zentralrechner, der beispielsweise der Streckenzentrale zugeordnet sein kann, mitzuteilen. Hier können allgemeine Informationen über Seitenwindverhältnisse von Gleisstrecken gesammelt und ggf. in Beziehung zueinander gesetzt werden. Ein Zugriff auf die Daten des ortsfesten Zentralrechners ermöglicht dann eine weitere Verbesserung eines Ergebnisses der Prognose des Schrittes g) .
Im Schritt h) wird aus der im Schritt g) erstellten Seitenwindprognose mittels einer Zuordnungstabelle aus prognostizierten Seitenwindverhältnissen, die beispielsweise durch die Seitenwindgeschwindigkeit beschrieben werden, eine maximal zulässige Fahrgeschwindigkeit ermittelt. Dieser Zusammenhang zwischen Seitenwindverhältnissen und hinsichtlich des Seitenwinds maximal zulässiger Fahrgeschwindigkeit ist spezifisch für eine Fahrzeugbaureihe.
Im Schritt i) kann die im Schritt h) ermittelte maximal zulässige Fahrgeschwindigkeit dem Lok- oder
Triebfahrzeugführer selbst oder dem relevanten Personal der Streckenzentralen oder einer technischen Einrichtung der Zugsteuerung zugeführt werden. Entsprechende
Arbeitsanweisungen bzw. in eine technische Einrichtung implementierte Abläufe regeln daraus abgeleitete Handlungen bzw. Stellsignale.
Es wird ebenfalls als vorteilhaft angesehen, wenn in Schritt g) von mindestens einem weiteren Schienenfahrzeug, das insbesondere auf der gleichen Strecke in gleicher Richtung voraus oder auf der gleichen Strecke in Gegenrichtung fährt, ermittelte Windmessdaten bei der Prognose berücksichtigt werden. In diesem Fall ist es möglich, im wesentlichen in Echtzeit Messdaten über Seitenwind für die unmittelbar voraus liegende Gleisstrecke zu gewinnen. In diesem Fall ergibt sich eine besonders verlässliche Prognose für die Seitenwindverhältnisse, die das Schienenfahrzeug in Kürze erfahren wird.
Neben dem aktuell gewonnenen Seitenwind-Profil oder auch früher ermittelten Seitenwind-Profilen für die betreffende Baureihe des Schienenfahrzeugs und eine bestimmte
Gleisstrecke können in Schritt g) weitere Funktionen berücksichtigt werden. Diese sind bevorzugt aus der Gruppe ausgewählt, die einen Plausibilitätscheck zwischen den Daten der beiden Schienenfahrzeuge, eine Datenredundanz und eine Abfrage zusätzlicher Winddaten von vorbestimmten Punkten der Gleisstrecke umfasst. Diese Funktionen sind teilweise auf die Ausführungsform der Erfindung beschränkt, bei der aktuell von einem weiteren Schienenfahrzeug Messdaten gesammelt werden.
Die Schritte g) bis i) oder Teile von ihnen oder die weiteren Funktionen können in einem ortsfesten Zentralrechner realisiert werden, der über Kommunikationsverbindungen zu den Schienenfahrzeugen verfügt. Es ist jedoch ebenfalls möglich, dass die Funktionen unmittelbar auf einem der beteiligten Schienenfahrzeuge verwirklicht sind und lediglich eine direkte Kommunikationsverbindung zwischen den Schienenfahrzeugen erforderlich sein muss.
Im Zuge der Weiterentwicklung des Verfahrens besteht der nächste Schritt nach der Erstellung der Prognose gemäß Schritt B) darin, in einem Schritt C) das Ergebnis des Schrittes B) hinsichtlich der Prognose der Seitenwindverhältnisse in einen Eingriff in eine
Geschwindigkeitssteuerung des Schienenfahrzeugs umzusetzen. Dies bedeutet nichts anderes, dass in die Zugsteuerung eingegriffen werden kann, sofern die prognostizierten Seitenwindverhältnisse dies erfordern. Dabei kann der Eingriff in die Zusteuerung manuell erfolgen, wobei ein Prognoseergebnis beispielsweise einer Bedienungsperson visualisiert wird, die daraufhin den Eingriff in die Zugsteuerung vornimmt. Es ist jedoch ebenfalls möglich, dass das Prognoseergebnis in ein geeignetes Steuersignal umgeformt wird, welches dann automatisch in die Zugsteuerung eingehen kann .
Die oben angegebene Aufgabe wird ebenso gelöst durch einen
Endwagen eines Schienenfahrzeugs mit einer Erfassungseinrichtung für Seitenwind-Messdaten an wenigstens einem erstem seitlichen Oberflächenabschnitt des
Endwagens, einer Erfassungseinrichtung für eine Geschwindigkeit des
Schienenfahrzeugs und einer Messdatenerfassungs- und -Verarbeitungseinrichtung zum
Zugreifen auf eine Verweistabelle, welche Zusammenhänge zwischen erfassbaren Seitenwind-Messdaten und zugehörigen absoluten Seitenwinddrücken enthält, und zum Berechnen von
Betrag und Richtung des Seitenwinds an dem Oberflächenabschnitt aufgrund der Seitenwind-Messdaten, der
Geschwindigkeit des Schienfahrzeugs und der Verweistabelle.
Weiterentwicklungen dieses Endwagens finden sich in den abhängigen Patentansprüchen 20 bis 26 und betreffen in erster Linie technische Ausstattungselemente, wie aerodynamische
Sensoren, welche die Durchführung der Verfahrensschritte, wie vorstehend erläutert, gestatten.
Ausführungsbeispiele der Erfindung werden nachfolgend anhand der Zeichnung näher erläutert. Es zeigen:
Figur 1 eine Blockdiagrammdarstellung eines Systems zum
Berücksichtigen von Seitenwindbelastungen bei der Steuerung eines Schienenfahrzeugs,
Figur 2 eine Blockdiagrammdarstellung eines Systems zum
Berücksichtigen von Seitenwindbelastungen bei einem Schienenfahrzeug in einer zweiten Ausführungsform, bei der Seitenwind-Messdaten von einem weiteren Schienenfahrzeug empfangen werden und
Figur 3 eine Blockdiagrammdarstellung eines Systems zum Berücksichtigen von Seitenwindbelastungen eines Schienenfahrzeugs gemäß einer dritten Ausführungsform, bei dem auf Daten eines ortsfesten Zentralrechners einer Streckenzentrale zurückgegriffen wird.
Die Blockdiagrammdarstellung von Figur 1 eines Systems zum Berücksichtigen von Seitenwindbelastungen eines Schienenfahrzeugs zeigt auf der linken Seite eine Anzahl
Messwertgeber, nämlich drei aerodynamische Drucksensoren DSl, DS2, DS 3, eine Erfassungseinrichtung GE für eine Geschwindigkeit des Schienenfahrzeugs sowie einen den Gleisstreckenabschnitt, beispielsweise in Form des Streckenkilometers, erfassenden Wegaufnehmer WA. Die aerodynamischen Sensoren DSl, DS2, DS3 liefern Daten, deren Werte zusammen mit den Werten der Erfassungseinrichtung GE und des Wegaufnehmers WA an eine Messdatenerfassungs- und -Verarbeitungseinrichtung MEV weitergegeben werden. Die aerodynamischen Drucksensoren DSl, DS2, DS3 sind günstiger Weise im Kopfbereich eines Endwagens oder eines Schienenfahrzeugs angebracht, und zwar DSl und DS2 auf dessen gegenüberliegenden Seiten sowie DS3 frontseitig in Nähe des Staupunkts des angeströmten Endwagens bzw. Schienenfahrzeugs. Die Messdatenerfassungs- und -Verarbeitungseinrichtung MEV berechnet den herrschenden Seitenwind und insbesondere die herrschende Seitenwindgeschwindigkeit aus den Messdaten der Erfassungseinrichtung GE für eine Geschwindigkeit des
Schienenfahrzeugs, aus den Messwerten der Drucksensoren DSl, DS2, DS3 und greift dafür auf eine Verweistabelle zu, in der die Messwerte der Drucksensoren DSl, DS2, DS3 dem Anströmungswinkel zugeordnet sind. Eine solche Verweistabelle lässt sich beispielsweise vorab im Rahmen von
Computersimulationsrechnungen, Versuchen im Windkanal oder im Fahrbetrieb aufstellen. Die Verweistabelle kann auch in Form eines mehrdimensionalen Kennfeldes vorliegen.
Aufgrund der ermittelten Seitenwinddaten und eines zugehörigen Streckenkilometerwerts und eines zugehörigen Datumsstempels erfolgt mit Hilfe der Messdatenerfassungs- und -Verarbeitungseinrichtung MEV ein Eintrag in einen Speicher SP, in dem fortlaufend Seitenwinddaten in Zuordnung zu Streckenkilometern als Ortskoordinaten gesammelt werden. Auf diese Weise „lernt" die in Figur 1 dargestellte Anordnung die Seitenwindverhältnisse beim Durchfahren einer vorbestimmten Gleisstrecke .
Eine Prognoseeinrichtung PE zum Prognostizieren der
Seitenwindverhältnisse für eine gerade voraus liegende Gleisstrecke von beispielsweise einigen Kilometern greift auf die Daten in dem Speicher SP zu und analysiert diese. Beispielsweise kann eine Korrelation zwischen den Seitenwinddaten der soeben zurückgelegten Streckenkilometer mit älteren Seitenwinddaten desselben Streckenabschnitts für die voraus liegenden Streckenkilometer eine Prognose liefern. Für diesen Zweck können in dem Speicher SP nicht nur die aktuell gewonnen Seitenwindmessdaten sondern auch für dieselbe Gleisstrecke früher gewonnene Seitenwind-Profile herangezogen werden. Gerade die früher gewonnenen Seitenwind- Profile können vorab auf stark seitenwind-gefährdete Abschnitte auf der Gleisstrecke oder hinsichtlich andere Aspekte analysiert worden sein, so dass die Ergebnisse solcher Analysen von der Prognoseeinrichtung PE berücksichtigt werden können.
Ein Ausgangssignal der Prognoseeinrichtung PE gibt dann für einen kommenden Gleisstreckenabschnitt zu erwartende Seitenwindbelastungen an und wird einer Geschwindigkeitssteuerung GS des Schienenfahrzeugs zugeleitet. Diese Geschwindigkeitssteuerung GS kann in einfacher Weise Warnsignale ausgeben, wenn Gefährdung bedeutende Seitenwinddruckbelastungen zu erwarten sind oder aber automatisch in eine Geschwindigkeitssteuerung des Schienenfahrzeugs selbst eingreifen. Ein solcher automatischer Eingriff kann in einer automatischen
Höchstgeschwindigkeitsbegrenzung des Schienenfahrzeugs bestehen. Die Geschwindigkeitssteuerung GS kann sich in der Streckenzentrale befinden und über eine Kommunikationsverbindung gegebenenfalls die Höchstgeschwindigkeit des entsprechenden Schienenfahrzeugs beeinflussen .
Die Ausführungsform einer Anordnung zum Berücksichtigen von Seitenwindbelastungen bei einem in Fahrt befindlichen Schienenfahrzeug nach Figur 2 unterscheidet sich in einem
Punkt von derjenigen, die anhand der Figur 1 erläutert worden ist. Die Prognoseeinrichtung PE ist mit einem Datenübertragungsempfänger DÜE verbunden. Hierüber empfängt das hier betrachtete Schienenfahrzeug Daten von einem weiteren Schienenfahrzeug, das sich vor dem hier betrachteten Schienenfahrzeug auf derselben Gleisstrecke befindet und in gleicher oder entgegen gesetzter Richtung fährt. Dieses weitere Schienenfahrzeug ist mit ähnlichen Messdatengebern wie den oben erläuterten und ebenfalls mit einer Messdatenerfassungs- und -Verarbeitungseinrichtung MEV ausgestattet. Aktuell ermittelte Datenpakete aus Seitenwinddaten, Streckenkilometerangaben und Zeitstempel, die von dem weiteren Schienenfahrzeug stammen, werden von dem Datenübertragungsempfänger DÜE an die Prognoseeinrichtung PE weitergeleitet, welche diese Messdaten in die Prognose einbezieht, die für die voraus liegenden Streckenkilometer des Schienenfahrzeugs maßgeblich sein soll. Das Schienenfahrzeug selbst kann mit einem
Datenübertragungssender DÜS verbunden ausgestattet sein, wie es in der Figur 2 dargestellt ist, so dass das hier betrachtete Schienenfahrzeug auch als weiteres Schienenfahrzeug, das Messdaten sendet, fungieren kann. Die Datenübertragung zwischen den Schienenfahrzeugen kann unter Nutzung bestehender Kommunikationsmedien erfolgen.
Die Anordnung nach Figur 3 hat gegenüber der Anordnung nach Figur 1 die Besonderheit, dass eine Datenkommunikation mit einem ortsfesten Zentralrechner ZR einer Streckenleitzentrale stattfindet. Typischerweise wird wiederum eine bestehendes und sicheres Kommunikationsmedium gewählt sein, um eine Datenkommunikation zwischen dem Schienenfahrzeug einerseits und dem ortsfesten Zentralrechner ZR andererseits zu ermöglichen, wobei in Figur 3 jedoch auf die Darstellung der zugehörigen Sende-/Empfangsgeräte verzichtet worden ist. Die zuggestützte Messdatenerfassungs- und -
Verarbeitungseinrichtung MEV sendet ihre Datenpakete aus Seitenwinddaten, Streckenkilometerangaben und Zeitstempel an den ortsfesten Zentralrechner ZR, so dass an dieser Stelle
Seitenwindprofile für die durchfahrene Gleisstrecke gewonnen werden. Eine Analyse auf stark seitenwind-gefährdete Abschnitte oder ähnliches findet ebenfalls an dem ortsfesten Zentralrechner ZR statt. Analyseergebnisse werden von dem ortsfesten Zentralrechner ZR an die Prognoseeinrichtung PE übertragen. Darüber hinaus liegen an dem ortfesten Zentralrechner ZR ergänzende Informationen vor, beispielsweise zusätzliche Winddaten von ausgewählten, repräsentativen oder exponierten Streckenpunkten der Gleisstrecke oder Informationen eines oder mehrerer qualifizierter Wetterdienste. Wird die Ausführungsform nach Figur 3 mit derjenigen nach Figur 2 kombiniert, d. h. weitere Seitenwindmessdaten werden von einem weiteren Schienenfahrzeug bereitgestellt, kann an dem ortsfesten Zentralrechner ZR auch beispielsweise ein Plausibilitätscheck oder ein Redundanzcheck vorgenommen werden. Auf diese Weise wird untersucht, ob die von den beiden beteiligten
Schienenfahrzeugen stammenden Seitenwinddaten nach Betrag und Richtung zueinander passen.
Die durch die Erfindung erzielbaren wesentlichen Vorteile sind nachstehend kurz zusammengefasst :
Das Schienenfahrzeug kann auch bei Auftreten von starkem Seitenwind sicher betrieben werden. Dabei wird eine für die Sicherheit erforderliche Reduktion der Geschwindigkeit grundsätzlich minimiert, d.h., die Höchstgeschwindigkeit wird nur im Falle prognostizierten gefährdenden Seitenwinds gesenkt. Dies kann vollkommen unabhängig von einem Wetterdienst geschehen durch signalisierte manuelle Eingriffe oder bevorzugt automatisch durch die Zugsteuerung. Eine für den Betreiber und speziell für die Fahrgäste erfreuliche Folge ist eine erhöhte Pünktlichkeit des Schienenfahrzeugs. Im übrigen ist es für den Betreiber des Schienenfahrzeugs günstig, dass hinsichtlich Erstellung und Instandhaltung kostspielige streckenbauliche Maßnahmen (z.B. Windschutzwände) ebenso entfallen können wie fahrzeugseitige Maßnahmen (z.B. eine Maximierung der RadaufStandskraft im führenden Drehgestell des Endwagens durch Ballast) .