Verfahren zur Herstellung von Bauteilen
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Bauteilen auf der Basis von Calcium-Silikat-Hydraten, die auch als C-S-H-Phasen bezeichnet werden.
Die Herstellung von Bauteilen (Forrαteilen) , in denen Zementstein, dessen wesentliche Bestandteile ebenfalls C-S-H-Phasen umfassen, die Funktion eines Bindemittels übernimmt, erfolgt üblicherweise in drei Schritten:
1. Die Ausgangsstoffe Zement, Zuschläge und Wasser werden vermischt
(so genanntes Anmachen) .
2. Diese Mischung, die als Zementleim, Frischmörtel oder Frischbeton bezeichnet wird, wird in eine Form vergossen und zumeist mecha¬ nisch durch Rütteln verdichtet.
3. Das Bauteil härtet über längere Zeit aus, bis die umgebende Form entfernt werden kann.
Hierbei ist entscheidend, dass die Mischung so zusammengesetzt ist, dass eine geeignete Konsistenz während der Verarbeitung und eine genügend lange Verarbeitbarkeit gewährleistet sind. Ebenso muss die Mischung so zusammengesetzt sein oder derart nachbehandelt werden, dass nach Ablauf der Reaktion mit Wasser die erforderliche Endfestigkeit erreicht wird.
Die drei genannten Schritte werden in zementhaltigen Systemen durch abgestimmte Reaktion der Bestandteile des Zements ausgeführt. CEM I (Portlandzement) umfasst eine Mischung aus zwei Gruppen von Minera¬ lien, die jeweils eine Funktion wahrnehmen:
1. Calciumsilikate, deren Hydratationsprodukte für die Endfestigkeit des Formteils verantwortlich sind und
2. Calciumaluminate, Calciumaluminatferrate und Calciumsulfate, die die Verarbeitbarkeit und Frühfestigkeit steuern.
Zusätzlich können weitere anorganische und organische Stoffe zugege¬ ben werden, die z. B. das Gefüge verdichten, die Verarbeitbarkeit
verbessern oder die Festigkeit steigern.
Das beschriebene Vorgehen besitzt die folgenden Nachteile:
- Die Herstellung zementhaltiger Bindemittel erfordert hohe Temperaturen (z.B. für CEM I 14500C), was hohe Energiekosten bedingt.
- Nur ein Teil der das Bindemittel aufbauenden Phasen (z.B. für CEM I ca. 50%) trägt zur Endfestigkeit des Bauteils bei.
- Etwa 50% des zur Herstellung von CEM I eingesetzten Calciumcarbonats werden unter hohem Energieaufwand entsäuert, ohne später im Bauteil zur Festigkeit beizutragen. Dies belastet die Umwelt mit C02-Emissionen.
- Um die erforderliche Reaktivität des Produkts zu erreichen, erfolgt nach dem Brennen von Zement ein energetisch aufwändiger Mahlprozess.
- Der Entwurf von Mischungen ist ein aufwändiger, auf Erfahrung beruhender Prozess. Variable Rohstoffqualitäten erfordern eine ständige Anpassung des Mischungsentwurfs.
- Spezielle Zusätze, die in Mischungen eingesetzt werden, sind teuer .
- Für die Verarbeitung steht nur ein genau definierter Zeitraum zur Verfügung. Eine Unterbrechung der Verarbeitung ist nur sehr eingeschränkt möglich.
- Die Festigkeit der Mischung nimmt nach der Verarbeitung erst über einen langen Zeitraum zu.
- Die chemischen Eigenschaften der bei der Mischung entstehenden Phasen sind unterschiedlich und lassen sich damit nicht optimal an die eingesetzten Zuschläge anpassen.
- Die Endfestigkeit wird oft erst nach Monaten erreicht.
- Die Endfestigkeit verringert sich durch hohe Porosität, geringe Partikelbindung und reduzierten Anteil an die Festigkeit bestim¬ menden Phasen.
- Die Stabilität der Formteile gegen äußeren chemischen Angriff z. B. durch Säuren, CO2 oder Sulfate ist begrenzt.
Aus S. Goni, A. Guerrero, M. P. Luxan und A. Macias, Activation of
the fly ash pozzolanic reaction by hydro-thermal conditions, Cement and Concrete Research 33, S. 1399-1405, 2003 ist die Herstellung von calciumarmem Flugasche-Belit-Zement aus Flugaschen durch ein zweistufiges Verfahren bekannt. Hierzu erfolgen zunächst eine hydrothermale Behandlung der Flugaschen unter gesättigtem Wasserdampfpartialdruck bei 2000C und anschließend eine Röstung bei 700°C. Nach der Herstellung wird Flugasche-Belit-Zement konventionell mit Wasser angemacht und verarbeitet. Die Energiekosten verringern sich im Vergleich zur Herstellung von Portlandzement deutlich; allerdings muss ein höherer Anteil an CaCO3 entsäuert werden, als für die Herstellung der die Festigkeit bestimmenden Phase notwendig ist, wodurch die Umwelt zusätzlich mit CO2 belastet wird. Nur ein Teil der das Bindemittel aufbauenden Phasen trägt zur Endfestigkeit des Bauteils bei, da Flugasche-Belit-Zement genauso wie CEM I Calciumaluminate und -aluminium- ferrate enthält. Dagegen sind die Mahlkosten im Vergleich zu herkömmlichem CEM I geringer. Flugaschen sind nur begrenzt verfügbar und vergleichsweise teuer. Da Flugasche-Belit-Zement konventionell weiterverarbeitet wird, lassen sich damit die übrigen o. g. Nachteile nicht überwinden.
S. C. Mojumdar, B. Chowdhury, K. G. Varshnney und K. Mazanec, Synthe- sis, Moisture Resistance, Thermal r Chemical and SEM Analysis of Mac- ro-Defect-Free (MDF) Cements, Journal of Thermal Analysis and Calori- metry 78, S. 135-144, 2004, schlagen die Herstellung von Makro-Defekt freiem Zement (MDF) durch die Abmischung verschiedener Klinkermaterialien wie SAFB, CEM I oder Al2O3 mit weiteren anorganischen und organischen Additiven vor. MDF-Zemente werden konventionell, aber mit stark reduzierten Wasser-/Feststoffverhältnis angemacht und verarbei¬ tet.
Aus G. R. Gouda und D. M. Roy, Characterization of Hot-Pressed Cement Pastes, Journal of the American Ceramic Society 59, S. 412-414, 1976 sowie A.A. Paschenko, V. V. Chistyakov, E. A. Myasnikova und L. A. Kulik, Formation of the Structure of Hot-Pressed Cement Paste, Dopo- vidi Akademii Nauk Ukrainskoi RSR, Seriya B, Geologichni Khimichni ta
Biologichni Nauki 9, S. 41 (Abstract) , 1990, ist die Herstellung von
Hot-Pressed Cement Paste durch die Erhärtung konventionell mit Wasser angemachter und verarbeiteter Zementpasten bei erhöhtem Druck (3-5 kbar) und erhöhter Temperatur (150-2500C) bekannt.
Sowohl MDF-Zemente als auch Hot-Pressed Cement Pastes besitzen ein im Vergleich zu konventionellem CEM I dichteres Gefüge ohne Makroporen. Die primäre Porosität im Mikrometerbereich ist allerdings erheblich. Die Endfestigkeit wird erst nach Wasserlagerung erreicht und ist gegenüber CEM I vervielfacht (bis 700 N/mm2 bei Hot-Pressed Cement Pastes). Die Stabilität gegen einen äußeren chemischen Angriff z. B. durch Säuren, CO2 oder Sulfate ist gegenüber CEM I aufgrund des dichteren Gefüges verbessert. Allerdings besteht für diese Produkte die Gefahr des so genannten Swelling durch unreagierte Klinkerphasen. Weder MDF-Zemente noch Hot-Pressed Cement Pastes können die weiteren oben aufgeführten Nachteile überwinden.
Aus G. Mi, F. Saito und M. Hanada, Mechanochemical synthesis of to- bermorite by wet grinding in a planetary ball mill, Powder Technolo¬ gy, Band 93, Seite 77-81, 1997 ist die Herstellung der C-S-H-Phase Tobermorit mittels der so genannten mechanochemisehen Behandlung ei¬ ner wässrigen Suspension aus CaO und SiO2 in einer Achatkugelmühle bekannt .
Die DE 28 32 125 C2 beschreibt ein Verfahren, in dem CaO- und SiO2- haltige Materialen mit einem synthetischen Calciumsilikat, (CaO: SiO2- Verhältnis jeweils 0,8 bis 1,1) und Fasern mit Wasser gemischt werden. Nach einer Wartezeit von mindestens 5 Stunden („Vorreaktion") bildet sich, da die Sedimentationsneigung durch Rühren unterbunden wird, ein pumpfähiger Brei, der in plattenförmige Formen gegossen und unter Druck entwässert wird. Nach einer Autoklavenhärtung und einer Trocknung liegen „feuerbeständige maßgenaue Leichtbauplatten" vor. Das Calciumsilikat ist synthetischer Herkunft, das durch Autoklaven¬ härtung hergestellt wird.
Die DE 33 02 729 Al offenbart die Umsetzung von wässrig dispergierten
Ausgangsmaterialien unter Erhitzen und anschließendem Filterpressen (entwässernde Formgebung) , anschließender Dampfhärtung und anschlie- ^ ßender Trocknung. Die Umsetzung (das Erhitzen) erfolgt bei einer Temperatur von 80 bis 2300C innerhalb von 30 Minuten bis 10 Stunden.
Ausgehend hiervon ist es die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur Herstellung von Formteilen vorzuschlagen, das die genannten Nachteile und Einschränkungen nicht aufweist.
Diese Aufgabe wird durch die Verfahrensschritte des Patentanspruchs 1 gelöst. Die Unteransprüche beschreiben jeweils vorteilhafte Ausge¬ staltungen der Erfindung.
Die vorliegende Erfindung basiert auf der Synthese von Calcium- Silikat-Hydraten (C-S-H-Phasen) in wässriger Lösung oder Suspension mit einer Schichtstruktur. Dass das erfindungsgemäße Verfahren tatsächlich eine derartige Schichtstruktur erzeugt, lässt sich mittels Röntgenstrukturanalyse beobachten, da eine solche Struktur, sobald sie einen regelmäßigen Abstand aufweist, einen so genannten Basal- reflex im Röntgendiffraktogramm hinterlässt. Im Falle der vorliegenden C-S-H-Phasen bildet sich eine Linie im Bereich von 9 Ä bis 20 Ä aus, die auf die Entstehung dieser Schichtstruktur hinweist.
Die vorliegende Erfindung nutzt die Ausbildung einer elektrischen Doppelschicht an der Grenzfläche zwischen einer festen und einer flüssigen Phase. An der Oberfläche des Feststoffs entsteht eine star¬ re Schicht aus Ionen, hinter der sich eine diffuse Ladungswolke aus Ionen anlagert. Das elektrische Potential, das als Zeta- oder elek- trokinetisches Potential bezeichnet wird, fällt seinem Betrag nach innerhalb der starren Schicht zunächst stark ab, um in der hieran an¬ schließenden flüssigen Phase entweder weiterhin leicht abzufallen
(positives Zeta-Potential) oder leicht anzusteigen (negatives Zeta-
Potential) . Das Zeta-Potential, dessen Betrag durch die Beziehung
ζ = 4πηv/εr E
gegeben ist, wobei η die Viskosität der Flüssigkeit, v ihre Geschwindigkeit, εr ihre relative Permittivität und E das elektrische Feld bezeichnen, ist ein Maß für die Beweglichkeit der Ionen.
Die beschriebenen Verhältnisse sind für den Fall von Calcium-Silikat- Hydraten (C-S-H-Phasen) mit einem Verhältnis von CaO/ SiO2 > 1 und positivem Zeta-Potential in Fig. Ia) dargestellt.
Die Oberfläche des Festkörpers besteht bevorzugt aus negativ geladenen 02~-lonen, so dass sich in der hierzu benachbarten Lösung eine starre Schicht aus Ca2+-Ionen ausbildet. Hier lagert sich eine diffuse Schicht aus 0H~- und Ca2+-Ionen an. Die oberflächenferne Lösung ist elektrisch neutral.
Unter Ausnutzung dieser Ladungsschichten können sich, wie in Fig. Ib) gezeigt, gleichartige Festkörper oder Oberflächen, insbesondere durch äußere Druckeinwirkung gefördert, einander annähern. Die diffusen Ladungsschichten werden hin zur oberflächenfernen Lösung verdrängt, während sich die starren Schichten zu einer verbindenden Schicht zwischen den sich nähernden Oberflächen umbilden. Der erforderliche Ladungsausgleich erfolgt dabei über leicht bewegliche Protonen gemäß der Gleichung
Geeignete Zusätze modifizieren die Grenzflächen oder -schichten, vor allem indem diese als Keime zur Selbstorganisation von Aggregaten im Größenbereich bis zu 1 μm mit steuerbaren Eigenschaften wirken. Dieser Vorgang wurde durch Oberflächenanalysen nachgewiesen.
Für das Verfahren zur Herstellung von erfindungsgemäßen Bauteilen
wird entsprechend Verfahrensschritt a) zunächst eine wässrige Lösung aus Calciumoxid CaO und Siliziumdioxid SiO2 bereitgestellt. Hierbei nimmt das Molverhältnis von Calcium zu Silizium (Ca: Si) ein Wert im Bereich zwischen 0,5:1,0 bis 2,5:1,0, vorzugsweise von 0,5:1,0 bis 1,0:1,0 an, wobei die Grenzen jeweils mit eingeschlossen sind. Bei einem Wert oberhalb von 1,3: 1,0 bildet sich im System CaO- SiO2-H2O gleichzeitig Calciumhydroxid Ca(OH)2 aus, wodurch ein ansonsten erfindungsgemäß hergestelltes Bauteil keine ausreichende Festigkeit mehr aufweist.
Das Wasser- zu Feststoffverhältnis bei der Herstellung der C-S-H-Phasen ist in weiten Grenzen frei wählbar. Vorzugsweise beträgt der Wasseranteil das 4-20fache, besonders bevorzugt annähernd das 10- fache der Gesamteinwaage der Feststoffe.
Zur Herstellung von Calciumsilikathydraten werden als Rohstoff bevorzugt Brandkalk CaO oder calciumhydroxidhaltige Schlämme eingesetzt. Als Silikatquelle dienen vorzugsweise Aerosil, Kieselsäure (pyrogen oder gefällt) , Kieselgur, Wasserglaslösungen, technische Nebenprodukte wie Microsilica aus der Ferrosilicumherstellung, Schlacken aus der MüllVerbrennung oder Hochofenprozessen, Hüttensand oder Flugaschen.
Die so bereitgestellte Lösung wird dann nach Verfahrensschritt b) gemischt und zur Reaktion gebracht. Hierbei ist entscheidend, dass keine Temperaturerhöhung über 1000C, vorzugsweise nicht über 80 0C erfolgt. Zur Verbesserung des Umsatzes oder zur Erzielung einer besseren Homogenität werden während der Synthese Mahlhilfsmittel oder Verfahren zur besseren Durchmischung (sog. mechanochemische Behandlung) eingesetzt. Eine Messung der Temperatur ist schwierig, da es sich um lokale, im Kontaktbereich Mahlbecher-Mahlhilfsmittel- Suspension auftretende Temperaturen handelt und erhebliche Tempera¬ turgradienten zu vermuten sind. In der Durchführung wird der Mahlvor¬ gang periodisch unterbrochen, um einen Temperaturausgleich bzw. gege¬ benenfalls eine Abkühlung zu ermöglichen. Die Synthese erfolgt vor¬ zugsweise bei Raumtemperatur. Zur Verkürzung der Synthesedauer, also
zur Reaktionsbeschleunigung, wird bei geringfügig erhöhten Temperaturen oder Drücken gearbeitet. Die Reaktion ist dann beendet, wenn sich nanokristallines Material gebildet hat, was sich an der Ausbil- Λ düng eines Basalreflexes im Röntgendiffraktogramm zeigt.
Hieran anschließend wird die verbleibende wässrige Phase gemäß Verfahrensschritt c) abgetrennt (z. B. abfiltriert), wodurch nanokristallines Material zurückbleibt, das gemäß Verfahrensschritt d) entnommen und zu einem Pulver getrocknet wird. Das feste Produkt wird also vom Suspensionswasser abgetrennt und getrocknet, wodurch sich ein rieselfähiges, lagerungsbeständiges Pulver ergibt, das keiner weiteren Temperatur- oder Wasserdampfdruckbehandlung unterzogen wird.
Dieses trockene Pulver wird dann sofort oder nach zwischenzeitlicher Lagerung gemäß Verfahrensschritt e) in eine vorbereitete Form eingefüllt. Durch Beaufschlagen mit Druck, vorzugsweise zwischen 50 MPa und 500 MPa, besonders bevorzugt zwischen 100 MPa und 200 MPa, verdichtet sich das trockene Pulver zum einem festen Bauteil ohne nachfolgende Temperaturbehandlung. Dabei werden die nanokristallinen C-S- H-Phasen durch einen Selbstheilungsprozess miteinander verbunden. Gleichzeitig werden hierbei die Poren, die größer als ca. Iμm sind, geschlossen.
Zur Herstellung eines größeren Bauteils kann dieser Verfahrensschritt auch mehrfach ausgeführt werden. Hierzu ist es vorteilhaft, das trockene Pulver z. B. lagenweise in die bereitgestellte Form einzufüllen.
Nachdem das gesamte Bauteil vollständig erstellt wurde, wird die Form gemäß Verfahrensschritt f) entfernt. Das Bauteil verbleibt entweder am Ort oder wird ggf. für seine Verwendung an anderer Stelle entnom¬ men.
In einer bevorzugten Ausgestaltung wird die Lösung während oder nach Verfahrensschritt a) oder das Pulver nach Verfahrensschritt d) mit
verschiedenen Zusätzen und/oder Zuschlägen abgemischt und homogenisiert. Zusätze sind einerseits Mineralstoffe wie Calcit, Wollastontit oder Korund und Fasermaterialien. Diese mögliche Zugabe von Füllstoffen dient zur Optimierung der mechanischen Eigenschaften oder im Falle von wärmeisolierenden Materialien zur Beeinflussung der Dämmeigenschaften des Bauteils. Andererseits können auch organische und anorganische Zusätze eingesetzt werden, die die Oberflächenladung der beteiligten Phasen, insbesondere der C-S-H-Phasen verändern. Ein besonders geeigneter Zusatz ist Aluminiumhydroxid Al(OH)3, das im Über- schuss zugegeben werden kann und zur Selbstorganisation von C-S-H- Phasen mit negativem Zeta-Potential und Al(OH)3 (positives Zeta- Potential) führt. Weitere geeignete Zusätze sind schwefelhaltige Verbindungen wie CaS04-Modifikationen (Gips) oder Ettringit sowie Hydroxide wie Brucit oder Portlandit.
Das mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens hergestellte Bindemittel aus C-S-H-Phasen bzw. C-S-H-Phasen mit Zusätzen schließt die Zuschläge fest ein. Durch Wahl der chemischen Eigenschaften der nano- kristallinen C-S-H-Phasen und der Zuschläge wird eine feste Bindung des Bindemittels an die Zuschläge erreicht. Die Bindung zwischen Bindemittel und Zuschlägen lässt sich durch Anpassung der Oberflächenladung der Zuschläge z.B. durch vorherige chemische Behandlung z.B. mit Säure verbessern. Dieser Prozessschritt kann durch eine Temperaturbeaufschlagung ergänzt werden.
Das erfindungsgemäße Verfahren besitzt die folgenden Vorteile:
- Einfache RohstoffZusammensetzung.
- Das Verfahren läuft bereits bei Raumtemperatur ab; höhere Temperaturen sind optional.
- Das gesamte Material und nicht nur ein Teil der das Bindemittel aufbauenden Phasen trägt zur Festigkeit bei.
- Die Formgebung erfolgt einfach durch Aufbringen eines äußeren Drucks .
- Die damit hergestellten Bauteile sind sofort fest und ermöglichen ein sofortiges Ausschalen.
- Die Dichte des erfindungsgemäß hergestellten Materials lässt sich durch Wahl der Stoffe nach Verfahrensschritt a) , der Trocknungsbedingungen nach Verfahrensschritt d) und der Höhe der Druckes, mit dem das Pulver während Verfahrensschritt e) beaufschlagt wird, einstellen.
- Die Spaltzugfestigkeit des mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Produkts entspricht bereits bei einer Dichte von 1,2 g/cm3 der Spaltzugfestigkeit von selbstverdichtendem Beton, der eine Dichte von 2,3 g/cm3 aufweist.
- Die Bedingungen bei der Herstellung des Pulvers (Zusammensetzung, Synthesebedingungen) können aufgrund von Anforderungen an das Bauteil wie z. B. an dessen chemische Beständigkeit und müssen nicht aufgrund der erforderlichen Reaktionsbedingungen festegelegt werden. Dieser Vorteil bewirkt eine erhebliche Materialersparnis.
- Die Bauteilform wird durch ihre Funktion und die Anforderungen an ihre Festigkeit bedingt und nicht durch Fließ- und Reaktionsbedingungen.
- Der Entwurf von Mischungen ist aufgrund der überschaubaren chemischen Abläufe wesentlich einfacher.
- Die Dichte des Materials kann auch durch Wahl geeigneter Zuschläge und/oder Zusätze eingestellt werden, so dass Werte zwischen 0,5 und 3,0 g/cm3 erreicht werden. Somit kann das Material auch als Leichtbaustoff eingesetzt werden.
Das erfindungsgemäße Verfahren dient der Synthese von nanokri- stallinen Zementhydratphasen oder Mischungen von nanokristallinen Zementhydratphasen mit abgestimmter Oberflächenladung, insbesondere mit positivem Zeta-Potential. Weiterhin wird dieses Verfahren zur Herstellung und zur Nutzung von vollständig hydratisierten C-S-H-Phasen mit definierter Zusammensetzung und Oberflächenladung als Grundstoff zur Bindemittelherstellung eingesetzt. Schließlich wird dieses Ver¬ fahren zur Herstellung und zur Nutzung von vollständig hydratisier¬ ten, getrockneten Zementhydraten als Ausgangsstoff zur Bindung eines zementgebundenen Bauteils verwendet.
Die Erfindung wird im Folgenden anhand von Ausführungsbeispielen erläutert.
Herstellung des pulverförmigen Produkts
Als Ausgangsmaterialien für das Grundsystem C-S-H dienten
- SiO2 in Form von Aerosil,
- CaO, frisch aus CaCO3 gebrannt, unter Schutzgas abgekühlt,
- H2O abgekocht, bidestilliert .
Teilweise wurden darüber hinaus als Zusätze eingesetzt:
- Al2O3 in Form von Aluminiumhydroxid Al (OH) 3,
- CaSθ4.
Es wurden jeweils 15 g nanaokristalline CSH-Phasen mit Zusammensetzungen, die Molverhältnisen CaO/SiO2 = 0,5, 0,66, 0,75, 1,0 o- der 1,5 entsprechen, hergestellt. Die Synthese erfolgte durch mecha- nochemische Behandlung einer wässrigen Suspension aus CaO und SiO2 in einer Achatkugelmühle. Die stöchiometrisch eingewogenen Oxide wurden in deionisiertem Wasser im Verhältnis Wasser/Feststoff = 10, wobei hierfür Werte zwischen ca. 4 und 12 ebenfalls geeignet sind, gemischt und 48 Stunden bei 600 Umdrehungen pro Minute gemahlen. Nach jeweils 30-minütigem Mahlen wurde die Mühle 15 Minuten angehalten, um eine zu hohe Erwärmung der Probe zu vermeiden. Die auf diese Weise herge¬ stellte Substanz (slurry) wurde 4 Tage bei 60 0C getrocknet. Falls erforderlich, kann der Trocknung ein Filtrationsschritt vorgeschaltet werden. Alle Verfahrensschritte, d.h. Wiegen, Mischen, Be- und Entla¬ den der Mühlen und Trocknen, erfolgten unter N2-Atmosphäre in einer sog. „Glove-Box", um kontrollierte Umgebungsbedingungen zu schaffen und insbesondere um CO2 auszuschließen.
Die nachfolgende Tabelle 1 zeigt zusammenfassend fünf Ansätze für das Grundsystem C-S-H (Verhältnis Wasser/Feststoff = 10) :
Die nachfolgende Tabelle 2 zeigt zusammenfassend drei Ansätze für das System C-A-S-H mit Al2O3 als Zusatz (Verhältnis SiO2/ Al2O3 = 5,93; Verhältnis Wasser/Feststoff = 10) :
AusgangsSubstanzen CaO SiO2 Al2O3
(M = 56, 08) (M = 60, 09) (M = 101 ,96)
Molverhältnis
Mol% Gew% Mol % Gew % Mol% Gew% CaO/ [SiO2 + Al2O3] Φ
1,50 62, 3 58, 3 32, 3 32, 4 5,4 9,2
1, 00 52, 4 48, 3 40, 8 40, 2 6,9 11,5
0, 66 42, 3 38, 4 49, 4 48, 0 8,3 13,7
Darüber hinaus lassen sich die Verhältnisse CaO/SiO2/
SiO2/ Al2O3 und Wasser/Feststoff ändern. Ebenso können weitere Zusätze wie z. B. Mg(OH)2 oder CaSO4 zugegeben werden.
Die Charakterisierung der Phasenzusammensetzung der Proben erfolgte an Hand der Konsistenz des Pulvermaterials, mittels Röntgenbeugung, mit der sich die qualitative und quantitative Zusammensetzung der Proben ermitteln lässt, sowie durch Thermogravimetrie zur Bestimmung des Wassergehalts der Proben.
Herstellung des Bauteils
Zu Testzwecken wurden aus den Pulvern anschließend Bauteile (Probenkörper) in Form von Tabletten mit einem Durchmesser von ca. 1,3 cm hergestellt. Für die Tabletten wurden Massen von 300 bis 500 mg eingewogen. Das Pulver wurde jeweils in einem Vakuumpresswerkzeug mit einer Kraft von 20 kN (Werte zwischen 10 kN und 120 kN sind möglich) beaufschlagt, was bei dem genannten Durchmesser einem Druck von ca. 140 MPa entspricht.
Die nachstehende Tabelle 3 zeigt die Daten von Serien von Presstabletten aus reinen C-S-H-Phasen mit unterschiedlichem CaO/SiO2- Verhältnis bzw. nach zusätzlicher Zugabe von Al(OH)3, was die Festigkeit deutlich erhöht:
Die Spaltzug-Festigkeit wurde mittels des so genannten Brazilian Disk TestSr d. h. an einer Scheibe gemessen. Bei Überschreiten der Materi-
alfestigkeit wird ein Versagen durch Rissbildung ausgelöst. Die
Spaltzugfestigkeit von Betonen liegt bei 4 bis 5 MPa (siehe z.B. selbstverdichtender Beton bei 3,98 MPa gemäß Taschenbuch für die Zementindustrie 2002, Seite 307) und damit deutlich niedriger als die Werte für Presslinge aus C-S-H-Phasen mit C/S bei 0,66 bis 1,0.