Beschreibung
Verfahren zur Prüfung der Haftfestigkeit zwischen einer pie- zokeramischen Schicht und einer Innenelektrode
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Prüfung und Charak¬ terisierung der Haftfestigkeit zwischen einer piezokerami- schen Schicht und einer Innenelektrode eines piezokeramischen Vielschichtaktors, der als Schichtstapel mit sich abwechseln- den piezokeramischen Schichten und Innenelektroden aufgebaut ist. Das Verfahren dient der Qualitätssicherung sowie der Optimierung von Produktionsbedingungen bei der Herstellung piezokeramischer Vielschichtaktoren.
Derartige Vielschichtaktoren kommen vorzugsweise in piezobe- triebenen Injektoren für Kraftstoff-Einspritzsysteme zum Ein¬ satz. Einspritzsysteme werden vor allem eingesetzt, um Verbrennungsmotoren leiser, sparsamer und umweltfreundlicher zu machen. Erfolgt die Einspritzung der während eines ein- zelnen Taktes benötigten Kraftstoffmenge in mehreren Teilen, lässt sich die Verbrennung besonders präzise steuern. Insbe¬ sondere Dieselmotoren mit einer so genannten Common-Rail- Einspritzung können dadurch leiser, sparsamer und leistungs¬ stärker werden.
Die sich daraus ergebenden Anforderungen an einen Injekto¬ rantrieb, der in Kraftstoff-Einspritzsystemen zum Einsatz kommen soll, betreffen in erster Linie eine zeitgenaue Aus¬ lenkung der Einspritznadel. Die Anforderungen an die Zeitge- nauigkeit leiten sich dabei häufig aus der Notwendigkeit ab, innerhalb einer von der Motordrehzahl bestimmten Taktzeit mehrere Einspritzvorgänge exakt synchronisiert zu realisie¬ ren. Weiterhin muss häufig eine bezüglich der einzuspritzen¬ den KraftStoffmenge definierte Öffnung des Injektors bewirkt werden, um eine technisch sinnvolle Aufteilung der pro Takt benötigten Kraftstoffmenge in mehrere Teilmengen zu ermögli-
chen. Diese definierte Öffnung muss gegebenenfalls gegen un¬ terschiedliche Drücke im Verbrennungsraum erfolgen.
Die in diesem Zusammenhang eingesetzten Vielschichtaktoren müssen also eine Auslenkung mit ausreichender Hublänge gegen unterschiedlich große Druckkräfte in sehr kurzer Zeit repro¬ duzierbar ermöglichen. Die erreichbare Hublänge hängt von der angelegten elektrischen Feldstärke und der Zahl der überein¬ ander liegenden piezokeramischen Schichten ab. Die aufge- brachten Kräfte während der Auslenkung des Vielschichtaktors hängen in erster Linie vom Querschnitt der aktiv auslenkbaren Schichtstapel ab. Daraus abzuleitende Anforderungen führen zu konstruktiven Randbedingungen, die bei der Ausführung piezo- keramischer Vielschichtaktoren beachtet werden müssen. Derar- tige Vielschichtaktoren sind als einzelne oder in Auslen¬ kungsrichtung nebeneinander angeordnete Schichtstapel mit sich abwechselnden piezokeramischen Schichten und Innenelekt¬ roden aufgebaut. Die Zahl der piezokeramischen Schichten kann pro Stapel über Einhundert betragen, wodurch typische Hublän- gen von etwa 40 μm erreicht werden können. Zwischen den ein¬ zelnen piezokeramischen Schichten sind jeweils Innenelektro¬ den angeordnet, die sich als Zwischenschichten zwischen zwei piezokeramischen Schichten befinden. Kommerzielle piezokera- mischer Vielschichtaktoren enthalten daher prinzipbedingt in der Regel Bereiche, die nicht angesteuert werden. In diesen piezoelektrisch inaktiven Bereichen treten häufig Zugspannun¬ gen auf, die in Zusammenhang mit häufigen Lastwechseln und damit verbundenen Verformungen der aktiv ausgelenkten piezo¬ keramischen Schichten zu Rissbildungen führen können.
Da die Haftfestigkeit zwischen den Innenelektroden und den piezokeramischen Schichten bisher bei der Herstellung piezo- keramischer Vielschichtaktoren ein wenig beachteter Parameter war, existiert kein produktionsbegleitendes Prüfverfahren zur Analyse der Haftfestigkeit in derartigen Systemen.
Es sind jedoch zahlreiche Verfahren zur Untersuchung der me¬ chanischen Eigenschaften homogener WerkstoffStrukturen be¬ kannt, die das Bruchverhalten beziehungsweise die für eine Rissausbreitung erforderliche Energie zur Charakterisierung der untersuchten Materialien heranziehen. Die zu untersuchen¬ den Materialien werden dabei meist in Spannvorrichtungen ei¬ ner definierten Belastung unterzogen. Daraus folgende Struk¬ turveränderungen werden zu den aufgeprägten Kräften und ge¬ messenen Auflagerverschiebungen in Beziehung gesetzt. Zahl- reiche derartige Prüf- und Auswerteverfahren wurden bei¬ spielsweise zur Charakterisierung von Beton entwickelt. Exem¬ plarisch seien die Verfahren von Karihaloo für eine Drei¬ punktfixierung und von Reda Taha für eine Vierpunktfixierung der zu untersuchenden Materialproben genannt (B. L. Kariha- loo, P. Nallathambi, „An improved effective crack model fort he determination of fracture toughness in concrete", Cement and Concrete Research, 19:603-610 (1989), M. M. Reda Taha, X. Xiao, J. Yi, N. G. Shrive: „Evaluation of flextural fracture toughness or quasi-brittle structural materials using a simp- Ie test method", Can. J. Civ. Eng., 29: 567-575 (2002)) .
Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren anzugeben, das es gestattet, die Haftfestigkeit zwischen Innenelektroden und piezokeramischen Schichten in piezokeramischen Vielschichtak- toren zu bestimmen und diesen Parameter für eine technologi¬ sche Prozessoptimierung verfügbar zu machen.
Die Aufgabe wird erfüllt durch ein Verfahren mit den Merkma¬ len des Anspruchs 1. Vorteilhafte Ausgestaltungen des erfin- dungsgemäßen Verfahrens sind in den Unteransprüchen 2 bis 16 angegeben.
Risse im Schichtstapel des Vielschichtaktors breiten sich in der Regel senkrecht zur Auslenkungsrichtung des piezokerami- sehen Vielschichtaktors aus. Die einmal entstandenen Risse breiten sich unter Umständen während der Lebensdauer eines Vielschichtaktors entlang der Grenzschichten zwischen piezo-
keramischen Schichten und den Innenelektroden aus. Das Fort¬ schreiten derartiger Risse kann im Einzelfall bis zur voll¬ ständigen Ablösung der piezokeramischen Schichten von den In¬ nenelektroden führen. Da aktiv auslenkbare Bauteile aus Pie- zokeramik jedoch in der Regel permanent in einem Zustand me¬ chanischer Vorspannung gehalten werden, führt selbst eine vollständige Ablösung einer piezokeramischen Schicht von ei¬ ner benachbarten Innenelektrode nicht zu einem Funktionsaus¬ fall des betroffenen Vielschichtaktors. Die zur Vorspannung benötigten Kräfte pressen piezokeramische Schichten und In¬ nenelektroden mit großem Druck gegeneinander, wodurch einer¬ seits eine ortsfeste Fixierung der voneinander gelösten Schichten erfolgt und andererseits eine zur Ansteuerung der piezokeramischen Schichten ausreichend definierte Beaufschla- gung mit elektrischer Feldstärke möglich ist, selbst wenn keine feste Verbindung zwischen den als Innenelektroden wir¬ kenden Schichten und den piezokeramischen Schichten vorliegt. Die mechanische Vorspannung verhindert, dass sich die Abstän¬ de zwischen einzelnen parallel verlaufenden Innenelektroden in für die Ausbildung der zur Polarisation der Piezokeramik erforderlichen Feldstärken relevantem Maße verändern.
Die Funktionsfähigkeit piezokeramischer Vielschichtaktoren bleibt jedoch nur erhalten, wenn die Innenelektroden vollflä- chig als Elektroden für die Ausbildung des elektrischen Fel¬ des zur Verfügung stehen und somit die gesamte Fläche der einzelnen piezokeramischen Schichten für die angestrebte Aus¬ lenkung polarisiert werden kann.
Liegen die auf den Vielschichtaktor einwirkenden Spannungen unterhalb der kritischen Haftfestigkeit zwischen Innenelekt¬ roden und piezokeramischen Schichten, so breiten sich im Fal¬ le einer starken Beanspruchung Risse stets bevorzugt so aus, dass es zu einer Aufhebung des Verbundes zwischen den benach- barten Schichten kommt. Liegen die Spannungen über der kriti¬ schen Haftfestigkeit, dann kann es neben Ablöseeffekten zwi¬ schen benachbarten Schichten auch zu Fraktionierungen zuvor
geschlossener Schichten kommen. Der Status der Rissausbrei¬ tung lässt sich beispielsweise mikroskopisch analysieren.
Um jedoch Vorhersagen treffen zu können, ob die unter Belas- tung erfolgende Rissausbreitung lediglich zu einer Ablösung benachbarter Schichten führen wird oder ob mit der Zerstörung einzelner Schichten, insbesondere Innenelektroden, zu rechnen ist, wird erfindungsgemäß die für ein Fortschreiten eines Risses erforderliche Energiefreisetzungsrate als Maß für die Haftfestigkeit im Bereich der Grenzschicht zwischen Innen¬ elektrode und piezokeramischer Schicht ermittelt und zum Punkt des Umschlagens von einer zweidimensionalen in eine dreidimensionale Rissausbreitung in Beziehung gesetzt. Die Durchführung entsprechender Messreihen gestattet eine genaue Ermittlung der kritischen Haftfestigkeit beziehungsweise der für ein zweidimensionales Fortschreiten eines Risses inner¬ halb der zu untersuchenden Grenzschicht maximal eintragbaren Energie pro abgelöster Flächeneinheit. Ist die für eine fort¬ gesetzte Rissausbreitung einzutragende Energie höher als die- ser kritische Maximalwert, so ist die Wahrscheinlichkeit ei¬ ner dreidimensionalen Verzweigung der sich bei Belastung aus¬ breitenden Risse groß und die Ausfallwahrscheinlichkeit der untersuchten piezokeramischen Schichtstapel hoch.
Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird durch ein geeignetes mechanisches Belastungsverfahren, beispiels¬ weise einen Zugversuch oder eine Dreipunkt- oder Vierpunkt¬ biegung, die Ausbreitung eines Risses in einer Grenzschicht zwischen einer Innenelektrode und einer piezokeramischen Schicht verursacht. Während des Versuches werden die von ei¬ ner Belastungseinrichtung aufgebrachten Kräfte, die Auflager¬ verschiebung und, wenn möglich, die zugehörige Rissverlänge¬ rung aufgezeichnet. Der Krafteintrag erfolgt vorzugsweise pa¬ rallel zu der zu untersuchenden Grenzschicht. Falls nur die von der Belastungseinrichtung aufgeprägten Kräfte und die Auflagerverschiebung gemessen werden, so kann über die Größe der Bruchfläche die gesamte bis zum Bruch aufgewandte Energie
in eine spezifische Ablöseenergie pro Grenzfläche umgerechnet werden und als Maß für die Grenzflächenhaftung zwischen der Innenelektrode und der piezokeramischen Schicht verwendet werden. Stehen zusätzlich Informationen über die Rissausbrei- tung zur Verfügung, so kann eine bruchmechanische Auswertung vorgenommen werden und unter Berücksichtigung der Geometrie des untersuchten Schichtstapels die spezifische Rissfort- schrittsenergie als Maß für die Haftfestigkeit zwischen be¬ nachbarten Schichten bestimmt werden.
Das erfindungsgemäße Verfahren besteht also in einer Prüfung und möglichen Charakterisierung der Haftfestigkeit zwischen einer piezokeramischen Schicht und einer Innenelektrode eines piezokeramischen Vielschichtaktors, der als SchichtStapel mit sich abwechselnden piezokeramischen Schichten und Innenelekt¬ roden aufgebaut ist, bei dem der Schichtstapel so belastet wird, dass sich ein Riss ausbreitet, wobei aus mechanischen Parametern während der Belastung des Schichtstapels die für eine Verlängerung des Risses aufzubringende Energiefreiset- zungsrate als Maß für die Haftfestigkeit zwischen der piezo¬ keramischen Schicht und der Innenelektrode bestimmt wird.
Vorteilhafterweise wird vor der Belastung des Schichtstapels eine Kerbe in den Schichtstapel eingebracht. Die anschließen- de Belastung des Schichtstapels wird so vorgenommen, dass sich bei Belastung des Schichtstapels der Riss von der Kerbe ausgehend ausbreitet. Die Kerbe kann prinzipiell mit ver¬ schiedensten scharfen Gegenständen, beispielsweise mit einer Rasierklinge, eingebracht werden. Aus verschiedenen Methoden zur Materialprüfung sind zahlreiche genormte Kerbverfahren bekannt. Die Anwendung eines solchen Kerbverfahrens ist be¬ sonders vorteilhaft, wenn definierte Anfangsbedingungen für eine weitere Rissausbreitung von Bedeutung sind. Das ist zu¬ mindest dann der Fall, wenn die gesamte Phase der Rissaus- breitung, also auch der unmittelbare Beginn der Rissausbrei¬ tung analytisch ausgewertet werden soll. Eine gute Auswert¬ barkeit der untersuchten Proben ergibt sich, wenn als Kerbe
oder Anfangsriss ein Vickers- oder Knoop-Eindruck erzeugt wird.
Besonders aussagekräftige Messwerte für die Haftfestigkeit zwischen einer piezokeramischen Schicht und einer Innenelekt¬ rode erhält man, wenn sich der untersuchte Riss von Anfang an in der Grenzschicht zwischen der piezokeramischen Schicht und der Innenelektrode ausbreitet. Dazu ist es vorteilhaft, die Kerbe im Bereich der Grenzschicht einzubringen. Dies ist nicht mit beliebiger Genauigkeit möglich. Es hat sich jedoch gezeigt, dass eine gute Auswertbarkeit immer dann gegeben ist, wenn die Kerbe so an einer Stelle zumindest in der Nähe der zu untersuchenden Grenzschicht zwischen piezokeramischer Schicht und Innenelektrode eingebracht wird, dass eine Kerb- flanke zumindest das Material der piezokeramischen Schicht zeigt und die andere Kerbflanke zumindest das Material der Innenelektrode zeigt. Vorteilhafterweise sollte die Kerbung parallel zur zu untersuchenden Grenzschicht zwischen piezoke¬ ramischer Schicht und Innenelektrode vorgenommen werden. Un- ter diesen Voraussetzungen wird sich der bei Belastung fort¬ schreitende Riss unterhalb der kritischen Schichthaftung nur in der Ebene der zu untersuchenden Grenzschicht ausbreiten. Verlässt der bei Belastung fortschreitende Riss unter den vorgenannten Voraussetzungen diese Ebene, ist die kritische Haftfestigkeit zwischen piezokeramischer Schicht und Innen¬ elektrode mit hoher Wahrscheinlichkeit überschritten.
Vorteilhafterweise können für die Ermittlung der spezifischen Rissfortschrittsenergie als Maß für die Haftfestigkeit zwi- sehen benachbarten Schichten aus anderen Gebieten der Materi¬ alprüfung bekannte Verfahren Anwendung finden. Erstaunlicher¬ weise hat sich gezeigt, dass auch Verfahren, die eigentlich für eine Prüfung homogener Probekörper entwickelt wurden, auch bei der erfindungsgemäßen Analyse der Haftfestigkeit in vorliegenden Heterostrukturen zu guten Ergebnissen führen. Mit Vorteil lässt sich eine Belastung unter Nutzung einer Vorrichtung mit Dreipunktfixierung realisieren. Die Auswer-
tung der anfallenden Messwerte kann dabei nach dem Model von Karihaloo erfolgen.
In einer alternativen vorteilhaften Ausgestaltung des erfin- dungsgemäßen Verfahrens erfolgt eine Belastung unter Nutzung einer Vorrichtung mit Vierpunktfixierung und eine Auswertung der Messwerte nach dem Modell von Reda Taha.
Für einen Einsatz des erfindungsgemäßen Verfahrens zu Zwecken einer Qualitätssicherung kann es zweckmäßig sein, je nach Be- lastungs- und Auswerteverfahren mindestens einen mechanischen Parameter mit einem Sollwert zu vergleichen und den unter¬ suchten Schichtstapel zu verwerfen, wenn der Istwert außer¬ halb einer vorgegebenen Toleranz liegt. In einer bevorzugten Ausführungsform wird ein Schichtstapel als qualitativ schlechter bewertet und beispielsweise ausgesondert, wenn dessen Energiefreisetzungsrate außerhalb eines festgelegten Wertebereichs liegt. Versuche haben gezeigt, dass Schichtsta¬ pel mit einer zu großen oder zu niedrigen Energiefreiset¬ zungsrate, d. h. mit einer zu großen bzw. zu niedrigen Haft- festigkeit eine geringere Langzeitstabilität aufweisen. Für viele Anwendungen kann es genügen, den Sollwert aus experi¬ mentell ermittelten Grenzen abzuleiten. Bei der Produktion größerer Stückzahlen identischer Schichtstapel kann es vor¬ teilhaft sein, die Untersuchung der Schichtstapel stichpro- benartig vorzunehmen. Es kann auch vorteilhaft sein, das er¬ findungsgemäße Verfahren durch eine Analyse von Fertigungs¬ schwankungen zu ergänzen.
Da Spannungen im Innern eines piezokeramischen Vielschichtak- tors wesentlich davon abhängen, ob gerade eine Auslenkung durch eine Polarisierung der piezokeramischen Schichten er¬ folgt, oder nicht, kann es zweckmäßig sein, die erfindungsge¬ mäße Untersuchung des Schichtstapels in unpolarisiertem Zu¬ stand, aber auch in polarisiertem Zustand vorzunehmen. Das Auseinanderfallen von durch diese beiden Methoden ermittelten Grenzwerten verschiedener Parameter kann zu einer weiteren Erhöhung der prognostischen Sicherheit beitragen.
Eine besonders komfortable und genaue Möglichkeit der Auswer¬ tung der mit dem erfindungsgemäßen Verfahren gewonnenen Daten ergibt sich, wenn während der Untersuchung des Schichtstapels eine Überwachung sich ausbreitender Risse mit einer Kamera erfolgt.
An einem Ausführungsbeispiel wird das erfindungsgemäße Ver¬ fahren anhand von Figuren näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 eine Anordnung zur Durchführung des erfindunsgemäßen Verfahrens, bei der ein zu untersuchender Schichtstapel in einer Prüfvorrichtung mit Vierpunktfixierung deformiert wer¬ den kann, Fig. 2 eine ausschnittsweise Darstellung eines zu untersu¬ chenden Schichtstapels im Bereich einer eingebrachten Kerbe, Fig. 3 ein AblaufSchema zur Bestimmung bruchmechanischer Parameter nach dem Verfahren von Reda Taha.
Zur Untersuchung der Haftfestigkeit zwischen piezokeramischen Schichten und Innenelektroden wird in Fig. 1 ein zu untersu¬ chender Schichtstapel 1 in eine Vorrichtung mit Vierpunktfi¬ xierung eingespannt. Dabei erfolgt eine Auflage auf zwei de¬ finiert beabstandete Rollen 2, 2' . Der Abstand Sa beträgt im vorliegenden Beispiel 9 mm. Auf der der Auflage gegenüberlie¬ genden Seite des Schichtstapels 1 werden symmetrisch zur Auf¬ lage zwei weitere Rollen 3, 3' mit dem Schichtstapel 1 in Kontakt gebracht, die für eine Beaufschlagung des Schichtsta¬ pels 1 mit einer definierten Kraft vorgesehen sind. Diese Rollen haben einen Abstand S von 27 mm. Zwischen S und Sa gilt S = 3Sa . Der Durchmesser der mit dem Schichtstapel 1 in Kontakt befindlichen Rollen 2, 2', 3, 3' beträgt einheitlich 3 mm. Vor Versuchsbeginn wird der Schichtstapel 1 parallel zum Verlauf der Grenzschichten 4 zwischen piezokeramischen Schichten und Innenelektroden mit einer Kerbe 5 versehen, die mittig zwischen den beiden Rollen 3, 3' mit dem größeren Ab¬ stand angeordnet ist. Dadurch ergibt sich bei Belastung des
Schichtstapels 1 in der Vorrichtung eine Aufweitung der Kerbe 5, von der sich bei Überschreiten einer kritischen Belastung ein Riss ausbreiten kann. Eine kritische Tiefe der Kerbung lässt sich beispielsweise nach dem Ansatz von Karihaloo in Vorversuchen ermitteln. Die beispielhaft eingebrachte Kerbe 5 weist eine Tiefe von 2 mm und eine Breite von 200-300 μm auf. Über die anliegenden Rollen werden langsam ansteigende Kräfte ausgeübt, die zu einer Deformation des Schichtstapels 1 füh¬ ren. Ab einer gewissen Deformation beginnt sich, ausgehend von der Kerbe 5, ein Riss auszubreiten. Die Deformation kann bis zu Bruch des Schichtstapels 1 fortgesetzt werden. Im ein¬ fachsten Fall werden nur die aufgeprägten Kräfte und die Auf¬ lagerverschiebung, also die Bewegung der Rollen 2, 2', 3, 3' gemessen. Dadurch kann über die Größe der Bruchfläche die ge- samte bis zum Bruch aufgewandte Energie in eine spezifische Ablöseenergie pro Grenzfläche umgerechnet werden und als Maß für die Grenzflächenhaftung zwischen der Innenelektrode und der piezokeramischen Schicht verwendet werden, wenn der Bruch entlang der Grenzfläche erfolgt.
Wird davon ausgegangen, dass die mechanischen Eigenschaften innerhalb einer Charge von Schichtstapeln nur geringen Schwankungen unterliegen, so kann in Vorversuchen die kriti¬ sche Kerbtiefe ermittelt werden. Vorzugsweise wird für jedes Experiment die kritische Kerbtiefe bestimmt. Diese wird dann zur Vermessung der zu untersuchenden Schichtstapel beibehal¬ ten. Anschließend erfolgt eine Berechnung entsprechender bruchmechanischer Konstanten, beispielsweise
und
die zur Quantifizierung der Haftfestigkeit zwischen den ein¬ zelnen Schichten des zu untersuchenden Schichtstapels geeig¬ net sind. Mit E ist das Elastizitätsmodul, mit σ die maxima¬ le Biegespannung, mit a
c die kritische Kerbtiefe und mit G
IC die kritische Energiefreisetzungsrate und mit K
IC die Bruch¬ zähigkeit bezeichnet. Dabei gilt
PS σ= d2b
wobei S der Abstand zwischen den Rollen 3 und 3', über die der Krafteintrag erfolgt, und P die insgesamt aufgebrachte Kraft ist, die je zur Hälfte über die Rollen 3 und 3' auf den Schichtstapel übertragen wird. Der Querschnitt des zu unter¬ suchenden Schichtstapels wird durch d und b beschrieben, wo- bei b die Breite und d die Dicke ist. Die kritische Kerbtiefe ac fließt über die Beziehung ac
in die Geometriefunktion
gi{a) = 1.122 -l,4α + 7,33α2 - 13,08α3 + 14.0α4
ein .
Zusätzlich zur Erfassung der Auflagerverschiebung und der aufgeprägten Kräfte kann die Ausbreitung des Risses mit einer Kamera erfolgen. Dadurch stehen zusätzlich Informationen über die Rissausbreitung zur Verfügung, und es kann eine bruchme¬ chanische Auswertung vorgenommen werden und unter Berücksich¬ tigung der Geometrie des untersuchten Schichtstapels 1 die spezifische Rissfortschrittsenergie als Maß für die Haftfes¬ tigkeit zwischen benachbarten Schichten bestimmt werden.
Soll der Einfluss einzelner prozesstechnischer Parameter auf diese spezifische Rissfortschrittsenergie untersucht werden, kann die vorbeschriebene Messung an mehreren Schichtstapeln durchgeführt werden, die unter Variation des jeweils interes-
sierenden prozesstechnischen Parameters hergestellt worden sind. Auf diese Weise lässt sich, wenn eine maximal zulässige Grenzflächenhaftung zwischen piezokeramischer Schicht und In¬ nenelektrode festgelegt wird, der bei der Herstellung der Schichtstapel einzuhaltende Bereich des prozesstechnischen Parameters ermitteln. Die Einhaltung dieses Bereiches lässt sich stichprobenartig durch Wiederholung der Messung nach dem erfindungsgemäßen Verfahren überprüfen. In gleicher Weise kann durch eine Auswertung der Streuung der ermittelten Werte für die Grenzflächenhaftung eine Analyse von Fertigungs¬ schwankungen vorgenommen werden. Alternativ kann eine Quali¬ tätskontrolle durch eine chargenweise Ermittlung der Grenz¬ flächenhaftung zwischen piezokeramischen Schichten und Innen¬ elektroden erfolgen, wenn pro Charge beispielsweise je fünf Schichtstapel erfindungsgemäß vermessen werden. Aus der er¬ mittelten maximal zulässigen Grenzflächenhaftung und der an einzelnen Schichtstapel tatsächlich ermittelten Haftung zwi¬ schen piezokeramischen Schichten und Innenelektroden lassen sich Qualitätsaussagen über die vermessenen Schichtstapel und Prognosen bezüglich ihrer zu erwartenden Lebensdauer ablei¬ ten. Werden Werte für die Grenzflächenhaftung festgestellt, die in einem unerwünschten Bereich liegen, so können diese als Ausschlusskriterium für untersuchte Proben herangezogen werden. Die vermessenen Schichtstapel sind in diesem Fall zu verwerfen.
In Fig. 2 ist in Vergrößerung der mit einer Kerbe versehene Bereich eines zur Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens vorbereiteten Schichtstapels dargestellt. Es hat sich ge- zeigt, dass das Verfahren zu besonders reproduzierbaren Mess¬ ergebnissen führt, wenn die Kerbe im Bereich der Grenzschicht zwischen einer piezokeramischen Schicht 6 und einer benach¬ barten Innenelektrode 7 eingebracht wird. Das sollte, wie in Fig. 2 dargestellt, so erfolgen, dass eine Kerbflanke 8 zu- mindest das Material der piezokeramischen Schicht zeigt und die andere Kerbflanke 9 zumindest das Material der Innen¬ elektrode zeigt.
In Fig. 3 ist ein AblaufSchema zur Bestimmung bruchmechani¬ scher Parameter nach dem Verfahren von Reda Taha dargestellt, bei dem die zu Fig. 1 erläuterten Formeln verwendet werden. Zudem wird eine Funktion F(Of1) verwendet, die folgendermaßen definiert ist:
F(a,)=Sagl(a)da
Das Elastizitätsmodul E bzw. E wird mit folgenden Formeln berechnet:
Mit Pe ist ein Belastungswert bezeichnet, der bei 50% bis 60% der maximalen Belastung vor dem Bruch der Probe liegt. Mit δe ist die zur Belastung Pe entsprechende Auslenkung bezeichnet. Mit w ist das Eigengewicht pro Längeeinheit der Probe be¬ zeichnet. Mit d ist die Dicke der Probe und mit b die Breite der Probe bezeichnet. Mit S ist der Abstand zwischen den Auf¬ lagepunkten bezeichnet.
Mit Pc ist die maximale Belastung beim Bruch und mit δc die der maximalen Belastung entsprechende Biegung bezeichnet.
Als Eingangsgrößen dienen die in Vorversuchen ermittelten De¬ formationen mit den zugehörigen Belastungen, die jeweils aus der elastischen Deformation eines ungekerbten Schichtstapels und einer Deformation eines Schichtstapels mit Kerbe unter maximaler Belastung gewonnen werden. Aus beiden Wertepaaren wird eine Berechnung des Elastizitätsmoduls E bzw. E1 nach den zu Fig. 1 erläuterten Formeln vorgenommen. Ausgehend von
einer Initialkerbtiefe wird die Kerbtiefe schrittweise er¬ höht, bis die Werte E und E1 gleich sind. An diesem Punkt ist die kritische Kerbtiefe ac ermittelt. Danach kann die Be¬ rechnung der bruchmechanischen Parameter in der vorbeschrie- benen Weise erfolgen.
Das Verfahren ist ausführlich in M. M. Reda Taha, X. Xiao, J. Yi, N. G. Shrive: „Evaluation of flextural fracture toughness or quasi-brittle structural materials using a simple test method", Can. J. Civ. Eng., 29: 567-575 (2002) beschrieben.
Die auf diese Weise berechnete kritische Energiefreisetzungs¬ rate, die proportional zur Haftfestigkeit der Innenelektrode an der piezokeramischen Schicht ist, wird mit einem vorgege- benen Vergleichswert, vorzugsweise mit einem vorgegebenen Vergleichsbereich verglichen. Der Vergleichsbereich ist in der Weise gewählt, dass die Stapel von Piezoaktoren, deren kritische Energiefreisetzungsraten im Vergleichsbereich lie¬ gen, eine erhöhte Langzeitstabilität aufweisen. Die Werte für den Vergleichsbereich werden vorzugsweise experimentell er¬ mittelt. Versuche haben gezeigt, dass eine zu niedrige Haft¬ festigkeit zu einer Vielzahl von Rissen in der Haftebene führt, die jedoch nicht die elektrische Funktion beeinträch¬ tigen, die jedoch langfristig negative Auswirkungen haben können. Eine zu große Haftfestigkeit führt dazu, dass die Wahrscheinlichkeit steigt, dass sich Risse, die in der Haft¬ fläche gebildet werden, senkrecht zur Haftfläche ausbreiten und somit die Funktionsfähigkeit des Vielschichtaktors beein¬ trächtigen.