Gusseisenwerkstoff für Kolbenringe
Die vorliegende Erfindung betrifft einen Gusseisenwerkstoff, insbesondere Kolbenringe, die als Grundkörper einen derartigen Gusseisenwerkstoff aufweisen. Die vorliegende Erfindung betrifft insbesondere einen neuen Gusseisenwerkstoff, der nadeligen Ferrit mit bestimmten Anteilen aus Austenit und/oder Martensit umfasst.
Gusseisenwerkstoffe können in verschiedenen Mikrostrukturen vorliegen, die durch Verwendung spezieller Zusammensetzung- und/oder Verfahrensparameter eingestellt werden können.
Ein Güsseisenwerkstoff, der ein bainitisches bis martensitisches Grundgefüge aufweist, das durch eine Wärmebehandlung erzeugt ist, wird beispielsweise in der DE 24 28 821 A beschrieben. In dem Grundgefüge sind lamellare bis knötchenförmige Graphitausscheidungen enthalten, um Notlaufeigenschaften zu gewährleisten.
Ein Verfahren zur Herstellung eines perlitischen und/oder ferritischen Gusseisens wird in der US 3,565,698 beschrieben. Hier wird das Ausgangsmaterial in der Schmelze mit Mischmetall versetzt und zu einem Rohling gegossen. Der Rohling wird nach dem Gießen bei einer Temperatur in einem Bereich von 900 0C und 1050 0C geglüht, um den Zementit in Lösung zu setzen, um den schwarzen Temperguss zu erzeugen. Wie in der US 3,000,770 beschrieben wird, kann die Glühzeit durch das Zugeben von Schwefel in einer bedeutenden Menge zu dem Ausgangsmaterial reduziert werden.
Gusseisenwerkstoffe bzw. Gusseisenlegierungen werden zur Herstellung hoch beanspruchter Teile von Verbrennungskraftmotoren, wie beispielsweise Kolbenringe, verwendet. Kolbenringe unterliegen in hochbeanspruchten Motoren einer zunehmenden Belastung, wie beispielsweise Kompressionsdruck, Verbrennungstemperatur, Schmierfilmreduzierung, die deren Funktionseigenschaften wie Verschleiß, Brandspurbeständigkeit, Microwelding, Korrosionsbeständigkeit maßgeblich beeinflussen.
Kolbenringe dichten den zwischen Kolbenkopf und Zylinderwand vorhandenen Spalt gegenüber dem Brennraum ab. Bei der Auf- und Abbewegung des Kolbens gleitet der Kolbenring einerseits mit seiner äußeren Umfangsfläche in ständiger federnder Anlage gegen die Zylinderwand, andererseits gleitet der Kolbenring, bedingt durch die Kippbewegungen des Kolbens, oszillierend
in seiner Kolbenringnut, wobei seine Flanken wechselnd an der oberen oder unteren Nutenilanke der Kolbenringnut anliegen. Bei den jeweils gegeneinander laufenden Gleitpartnern tritt in Abhängigkeit des Materials ein mehr oder weniger starker Verschleiß auf, der bei einem Trockenlauf zu sogenannten Fressern, Riefenbildung und schließlich zu einer Zerstörung des Motors führen kann. Um das Gleit- und Verschleißverhalten von Kolbenringen gegenüber der Zylinderwand zu verbessern, wurden diese an deren Umfangsfiäche mit Beschichtungen aus unterschiedlichen Materialien versehen.
Kompressionsringe in hoch beanspruchten Motoren, wie beispielsweise Dieselmotoren oder 2- Takt Dieselmotoren, werden beispielsweise bevorzugt als Gusskolbenringe mit einer Laufflächenbeschichtung, beispielsweise Chrom-Keramik-Beschichtung, PVD-Schicht, thermische Spritzschicht oder Einlaufschicht, ausgelegt.
Bei höheren mechanischen und dynamischen Beanspruchungen an Kolbenringen werden jedoch meist hochchromlegierte martensitische Stähle eingesetzt. Der Einsatz dieser Stähle weist aber den Nachteil auf, dass die Herstellungskosten im Vergleich zu Gusseisenbauteilen signifikant höher sind.
In der EP 1 384 794 Al ist ein Gusseisenwerkstoff für Kolbenringe beschrieben, der eine spezifische chemische Zusammensetzung aufweist und einer Wärmebehandlung unterworfen wird, die eine Austenisierungsbehandlung, gefolgt von einem isothermalen Härtungsverfahren, umfasst, um eine mechanische Eigenschaften zu erreichen, die zu denen von Stählen vergleichbar sind. Durch den Einsatz von Kugelgraphit-bildenden Zusätzen wird ein sphärolitischer Werkstoff erhalten. Bei Kolbenringen muss dieser Gusseisenwerkstoff eine Matrix aus Perlit mit geringen Anteilen von Ferrit aufweisen, um eine optimale Wärmebehandlung zu erfahren, durch die die mechanischen Eigenschaften des Gusseisenwerkstoffs verbessert werden. Durch die Wärmebehandlung wird ein bainitisch- austenistisches Matrixgefüge erzeugt, jedoch ergibt sich hier der Nachteil einer Entfestigung bei höheren Einsatztemperaturen, bei denen sich die bainitisch-austenitische Struktur in bainitisch- feinperlitisch Strukturen umwandelt. Dieser Effekt verhindert den Einsatz dieses Materials in Verbrennungsmotoren, da somit wesentliche Funktionseigenschaften wie die Tangentialkraft negativ beeinflusst werden.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, einen Gusseisenwerkstoff bereitzustellen, der eine erhöhte Verschleißbeständigkeit aufweist, ohne dass die Herstellungskosten erhöht sind sowie einen Kolbenring bereitzustellen, der ein vermindertes Bruchrisiko aufweist und bei gestiegener mechanisch-dynamischer Belastung das weitere Funktionsverhalten über lange Lebensdauern
garantiert.
Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch einen Gusseisenwerkstoff gemäß Anspruch 1 und einen Kolbenring gemäß Anspruch 12 gelöst.
In den Unteransprüchen sind vorteilhafte Ausführungsformen der Erfindung enthalten.
Erfindungsgemäß wird ein Gusseisenwerkstoff bereitgestellt, der eine Matrix mit Phasenanteilen aufweist, die im Matrixgefüge derart eingestellt sind, dass ein Phasengemisch nadeligen Ferrits mit Anteilen von Austenit und/oder Martensit umfasst und einer Wärmebehandlung unterzogen ist. Die Anteile der Phasen umfassen > 50 % nadeligen Ferrit mit < 30 % Austenit und < 50 % Martensit. Bei bevorzugten Ausfuhrungsformen ist ein Phasengemisch aus > 70 % nadeligen Ferrit mit < 30 % Austenit und < 30 % Martensit vorhanden. Bei besonders bevorzugten Ausführungsformen besteht das Phasengemisch aus > 80 % nadeligen Ferrit mit < 5 % Austenit und < 15 % Martensit. Bei dem Ferrit kann es sich dabei um zementitfreies Ferrit oder zementithaltiges Ferrit und deren Mischungen handeln. Insbesondere ist der Ferrit nadeliger zementitfreier Ferrit und/oder nadeliger zementitfreier Ferrit . Der Ferrit umfasst bevorzugt eine Mischung aus 50 % nadeligem zementitfreiem Ferrit und 50 % nadeligem zementitreichem Ferrit, bevorzugter eine Mischung aus > 70 % nadeligem zementitfreiem Ferrit und < 30 % nadeligem zementitreichem Ferrit, besonders bevorzugt > 85 % nadeligem zementitfreiem Ferrit und < 15 % nadeligem zementitreichem Ferrit.
In einer besonders bevorzugten Ausführungsform ist das Matrixgefüge des Gusseisenwerkstoffs derart eingestellt, dass das Phasengemisch > 70% nadeligen zementitreichen Ferrit, < 30 % nadeligen zementitfreien Ferrit, < 15 % Austenit und < 30 % Martensit umfasst. Der erfindungsgemäße Gusseisenwerkstoff zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass der Tangentialkraftverlust maximal 10 %, bevorzugt maximal 5 %, besonders bevorzugt max. 3 %, beträgt. Der Tangentialkraftverlust wird nach DIN ISO 6621, Teil 5 ermittelt.
Der erfindungsgemäße Gusseisenwerkstoff weist bevorzugt die folgende chemische
Zusammensetzung in Gew.-% auf: Kohlenstoff 3,0 bis 4,2; Silizium 2,0 bis 3,5; Mangan max. 1,0; Phosphor max. 0,4; Schwefel max. 0,05; Chrom max. 0,5; Kupfer max. 3,0; Magnesium max. 0,1; Zinn max. 0,3; Vanadium max. 1,0; Molybdän max. 1,0; Nickel max. 3,0; Rest Eisen und herstellungsbedingte Verunreinigungen. Dieser Gusseisenwerkstoff zeichnet sich insbesondere durch eine hohe Verschleißbeständigkeit und Biegebruchfestigkeit aus. Gleichzeitig verfügt der erfindungsgemäße Gusseisenwerkstoff über eine hervorragende Zähigkeit, was sich insbesondere positiv auf die Bruchneigung auswirkt.
In einer bevorzugten Ausfuhrungsform weist der Gusseisenwerkstoff die folgende Zusammensetzung in Gew.-% auf: Kohlenstoff 3,0 bis 3,5; Silizium 2,5 bis 3,0; Mangan max. 1,0; Phosphor max. 0,3; Schwefel max. 0,05; Chrom max. 0,5; Kupfer 0,5 bis 3,0; Magnesium max. 0,08; Zinn max. 0,25; Vanadium max. 1,0; Molybdän max. 0,08; Nickel 1,0 bis 2,5; Rest Eisen und herstellungsbedingte Verunreinigungen.
Der Gusseisenwerkstoff weist bevorzugt eine sphärolitische bzw. „kugelförmige" Graphitausbildung aus. Derartige Gusseisenwerkstoffe werden auch als GJS bezeichnet. Bei diesem Werkstoff ist der Hauptanteil des Kohlenstoffs im Gusszustand in Form von Kugelgraphit ausgeschieden.
Ein sphärolitischer Gusseisenwerkstoff weist den Vorteil einer deutlich geminderten Kerbwirkung und deutlich höheren Zugfestigkeit und Duktilität im Vergleich zu einem vermiculargraphitischen oder lamellargraphitischen Gusseisenwerkstoff auf. Ein sphärolitischer Gusseisenwerkstoff kann beispielsweise durch Zusatz von Kugelgraphit-bildenden Zusätzen zu dem Gusseisenwerkstoff oder dessen Schmelze spezifisch erzeugt werden. Eine Möglichkeit zur Herstellung eines spärolitischen Gusseisenwerkstoffs ist eine Graphitüberführung ist beispielsweise durch eine Mg-Behandlung, wie aus dem Stand der Technik bekannt ist. Beispiele für Modifikationsverfahren sind GF(Georg-Fischer)-Konverter, Sandwich, Durchfluss, Fülldraht- Inj ektionsbehandlung.
Der Gusseisenwerkstoff kann weiterhin Elemente enthalten, die ausgewählt sind aus der Gruppe, bestehend aus Titan, Niob, Tantal, Wolfram, Bor, Tellur oder Bismut oder deren Kombinationen, insbesondere in einer Menge von bis zu 0,1 Gew.-%. Derartige Elemente bilden leicht Karbide und verbessern so die Verschleißbeständigkeit.
Weiterhin kann der Gusseisenwerkstoff einen Zusatzstoff enthalten, der ausgewählt ist aus der Gruppe, bestehend aus Kobalt, Antimon, Calcium, Strontium, Aluminium, Lanthan, Cer, Seltenerdmetallen oder deren Kombinationen, bevorzugt in einer Menge von bis zu 0, 1 Gew.-%. Seltenerdmetalle, die als Kugelgraphit-keimbildende Zusätze, wie auch NiMg, NiSiMg, FeMg oder FeSiMg, wirken, werden bevorzugt. Seltenerdmetalle umfassen Gemische aus Lanthanoiden mit Oxiden anderer Metalle. Diese Elemente und Zusatzstoffe können herstellungsbedingte Verunreinigungen sein oder während des Verfahrens zur Herstellung des erfindungsgemäßen Gusseisenwerkstoffs zu der Schmelze zugegeben werden.
Weiterhin kann der Gusseisenwerkstoff Blei, Zink, Stickstoff und weitere nicht explizit genannte
Inhaltsstoffe in einer Menge von bis zu 0,1 Gew.-% enthalten. Die Inhaltsstoffe sind derart enthalten, dass die Summe aller genannten oder nicht explizit genannten Ausgangsmaterialien, Bestandteile, Inhaltstoffe, Elemente, Zusatzstoffe in jedem Fall 100 Gew.-% ergeben. Der Anteil an Ausgangsmaterialien, Bestandteilen, Inhaltstoffen, Elementen, Zusatzstoffen kann durch verschiedene, dem Fachmann bekannte Verfahren eingestellt werden.
Im Unterschuss vorhandene Elemente (Spurenelemente), die beispielsweise in elementarer oder oxidischer Form vorliegen, können beispielsweise in geeigneten Mengen den Ausgangsmaterialien vor Gewinnung der Schmelze zugesetzt werden. Alternativ kann eine Anreicherung mit dem (oder den jeweiligen) im Unterschuss vorhandenen Element(en) auch nach Gewinnung der Schmelze erfolgen, wobei die jeweiligen Elemente oder Eisenlegierungen der jeweiligen Elemente der Schmelze in fester oder flüssiger Form zugesetzt werden.
Der erfindungsgemäße Gusseisenwerkstoff weist eine Härte im Bereich von 100 bis 150 HRB, bevorzugt 110 bis 125 HRB, auf. Die Biegebruchfestigkeit von Kolbenringen aus erfindungsgemäßen Gusseisenwerkstoff ist größer als 2000 MPa, bevorzugt größer als 3000 MPa.
Aufgrund des Tangentialkraftverlustes von maximal 10 % ist der Gusseisenwerkstoff gemäß der vorliegenden Erfindung insbesondere als Kolbenringwerkstoff geeignet. Der erfindungsgemäße Gusseisenwerkstoff ist insbesondere zur Herstellung von Kolbenringen, insbesondere Kompressionsringen geeignet. Zur Verbesserung der Verschleißfestigkeit können die Kolbenringe ebenfalls teil- oder ganzflächig, an ihren Laufflächen und/oder ihren Flankenflächen beschichtet sein.
Wie dem Fachmann klar sein wird, kann der erfindungsgemäße Gusseisenwerkstoff für ähnlich belastete Teile wie die Vorstehenden verwendet werden. Insbesondere wird der Gusseisenwerkstoff weiterhin zur Herstellung von belasteten Maschinenteilen von vor allem Verbrennungskraftmaschinen wie Zahnräder, Getrieberinge, Dichtungsringe generell und Packungsringe eingesetzt. Der erfindungsgemäße Werkstoff kann vor allem im Automotiven- und Schiffsdieselbereich eingesetzt werden.
Bei dem Verfahren zur Herstellung des erfindungsgemäßen Gusseisenwerkstoffs wird zuerst eine Schmelze hergestellt. Die Schmelze weist bevorzugt die folgende Zusammensetzung in Gew.-% auf: Kohlenstoff 3,0 bis 4,2; Silizium 2,0 bis 3,5; Mangan max. 1,0; Phosphor max. 0,4;
Schwefel max. 0,05; Chrom max. 0,5; Kupfer max. 3,0; Magnesium max. 0,1; Zinn max. 0,3; Molybdän max. 1,0; Nickel max. 3,0; Rest Eisen und herstellungsbedingte Verunreinigungen.
Anschließend wird ein Rohling unter Erstarrung der Schmelze hergestellt.
Der Rohling kann dabei mit im Stand der Technik bekannte Methoden gegossen werden, wie beispielsweise Schleuderguss, Strangguss, Stempelpressverfahren, Croning oder Grünsandformen als Einzel- oder Mehrfachrohling. Der Fachmann wird aufgrund der
Zweckbestimmung des Rohlings und unter Zuhilfenahme seines allgemeinen Fachwissens die geeignete Methode wählen.
Das Verfahren zur Herstellung des Gusseisenwerkstoffs umfasst weiterhin eine Wärmebehandlung, bestehend aus einer Austenitisierung mit nachfolgender isothermer oder kontinuierlicher Abkühlung und Anlassbehandlung bei max. 550 0C. Fig. 1 zeigt die Gussstruktur eines erfindungsgemäßen Gusseisenwerkstoffs in einer Vergrößerung von 1000:1 zeigt, der mitNital 2% geätzt worden ist.
Das folgende Beispiel erläutert die Erfindung ohne sie zu beschränken.
Beispiel
Aus emem Ausgangsmaterial mit der vorstehend angegeben chemischen Zusammensetzung wurde eine Schmelze hergestellt. Unter Erstarrung der Schmelze wurde ein Rohling hergestellt, das einer Wärmebehandlung unterzogen wurde.
Das Grundgefuge bzw. die Matrix des erhaltenen Rohlings besteht aus ca. 80 % nadeligem zementreichem Ferrit, ca. 7 % nadeligem zementitfreiem Ferrit, ca. 10 % Martensit und <3 % Austenit. Die mechanischen Eigenschaften des Kolbenrings sind wie folgt: Die Härte ist 113,1 HRB, die Biegebruchfestigkeit ist >1600 MPa und die Tangentialkraftverlust ist ca. 3%.
Der Tangentialkraftverlust wurde nach DIN ISO 6621, Teil 5 ermittelt.
Die Gussstruktur des in dem Beispiel aufgezeigten Gusswerkstoffs, der mit Nital 2% geätzt worden ist, ist in Fig. 1 in einer Vergrößerung von 1000:1 gezeigt.