VERFAHREN ZUM HERSTELLEN EINES GIEßFORMTEILS
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Gießformteils, das die Schritte Bereitstellen eines einen das herzustellende Gießformteil abbildenden Formhohlraum aufweisenden Formwerkzeugs, Füllen des Formhohlraums des Formwerkzeugs mit einem einen Formgrundstoff und einen anorganischen Binder aufweisenden Formstoff, Trocknen und Aushärten des Formstoffs in dem Formhohlraum zu dem Gießformteil über eine Trocknungs- und Aushärtezeit, und Entnehmen des Gießformteils aus dem Formwerkzeug umfasst.
Derartige Gießformteile werden für das Gießen von Metallschmelze eingesetzt. Üblicherweise wird aus mehreren Gießformteilen eine Gießform zusammengesetzt, die einen das herzustellende Metallgussstück abbildenden Formhohlraum aufweist. Die Gießformteile können dabei beispielsweise Gießkerne sein. Es ist natürlich auch möglich, dass die Gießform aus nur einem Gießformteil gebildet wird, das den Formhohlraum aufweist. Zur Herstellung eines Gussstücks wird Metallschmelze in den Formhohlraum abgegossen. Nach der Erstarrung der Metallschmelze zu dem Gussstück wird die Gießform von dem Gussstück beispielsweise durch eine Zerstörung der Gießform entfernt.
Die Gießformteile werden in Formwerkzeugen hergestellt, die einen das herzustellende Formteil abbildenden Formhohlraum aufweisen. Dazu wird ein Formstoff in den Formhohlraum des Formwerkzeugs eingefüllt. Der Formstoff weist üblicherweise einen Formgrundstoff, beispielsweise einen anorganischen, feuerfesten Formsand, und einen anorganischen Binder auf. Bei der Verwendung anorganischer Binder wird zum Aktivieren des Binders vor dem Einfüllen in das Formwerkzeug üblicherweise Wasser zu dem Gemisch aus Formgrundstoff und Binder gegeben.
Zum Befüllen mit Formstoff weist das Formwerkzeug üblicherweise eine mit Schussdüsen versehene Schießkopfplatte auf, über die der Formstoff mittels Druckbeaufschlagung in den Formhohlraum geschossen wird. Die in dem Formhohlraum enthaltene Luft wird dabei über Entlüftungsöffnungen aus dem Formwerkzeug herausgepresst. Anschließend wird der in den Formhohlraum des Formwerkzeugs gefüllte Formstoff über eine Trocknungs¬ und Aushärtezeit zu dem herzustellenden Gießformteil getrocknet und ausgehärtet. Nachdem das Formteil vollständig ausgehärtet ist, frühestens jedoch nachdem sich eine tragfähige Randschale an dem Formteil gebildet hat, wird das Formteil aus dem Formwerkzeug entnommen.
Um die erforderliche Endfestigkeit des zu erzeugenden Formteils herzustellen, besteht einerseits die Möglichkeit, durch Zugabe geeigneter Mittel eine chemische Reaktion katalytisch in dem Formstoff hervorzurufen. Bei diesem so genannten "Cold-Box- Verfahren" wird ein infolge der chemischen Reaktion ausgehärtetes Formteil erhalten. Dieses kann allerdings so nicht mehr in den Kreislauf der für die
Formteilherstellung verwendeten Werkstoffe zurückgeführt werden.
Alternativ kann die Aushärtung bei Verwendung geeigneter Binder durch Wärmezufuhr eingeleitet werden. Zur Durchführung dieses so genannten "Hot-Box-Verfahrens" sind bekannte Formschießmaschinen zum Herstellen von Formteilen mit Heizungen zum Erwärmen des Formwerkzeugs ausgestattet. Die Aushärtung des Formstoffs wird in diesem Fall durch die Wärmezufuhr im Formwerkzeug bewirkt.
Da die Verwendung von organischen Bindern zu erheblichen Arbeitsplatz- und Umweltbelastungen führen kann, ist man bestrebt, die bisher für die Herstellung von Gießformteilen, wie Gießkernen, verwendeten, organische Binder enthaltenden Formstoffe durch solche Formstoffe zu ersetzen, die durch anorganische Binder gebunden werden. Derartige anorganische Binder können durch Feuchtigkeitsentzug ausgehärtet werden, so dass es ebenfalls zu einer Aushärtung des Formstoffs zu dem Gießformteil kommt. Bei anorganischen Bindern stellt sich allerdings das Problem, dass die Aushärtung von derartige Binder aufweisendem Formstoff im Vergleich zu organische Binder aufweisenden Formstoffen langwierig und aufwändig ist.
Aus der WO 03/022488 Al ist ein Verfahren zum Herstellen von Formteilen, wie Gießkernen, für Gießformen zum Vergießen von Metallschmelze bekannt, das eine schnelle und gleichmäßige Durchhärtung des Gießformteils gewährleisten soll. Gemäß diesem Verfahren wird einem in ein Formwerkzeug eingefüllten, einen anorganischen Binder aufweisenden "Formstoff über eine Aushärtezeit Wärme
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zugeführt, um den Formstoff durch Entzug von Feuchtigkeit zu verfestigen. Dabei wird der Hohlraum des Formwerkzeugs im Verlauf der Aushärtezeit mindestens zeitweise von einem heißen Gas, beispielsweise heißer Luft, durchströmt, das trocken zugeführt und mit Feuchtigkeit beladen abgezogen wird.
Indem der Hohlraum des Formwerkzeugs gemäß dem aus der WO 03/022488 Al bekannten Verfahren von einem heißen Gas durchströmt wird, wird erreicht, dass neben der über das Formwerkzeug eingebrachten Wärmeenergie zusätzliche Wärmeenergie zum Entzug von Feuchtigkeit in das Innere des Gießformteils eingebracht wird. Auf diese Weise wird der Aushärtevorgang des Gießformteils durch den Entzug von Feuchtigkeit beschleunigt, da die Wärme durch den heißen Gasstrom direkt in das Innere des Formteils transportiert wird, und nicht lediglich über die Randschale des Formteils langsam in das Formteilinnere vordringt. Um eine ausreichende Trocknung des Formstoffs zu erreichen, werden in der Praxis Temperaturen des eingeleiteten heißen Gases von über 200 0C eingesetzt. Auf diese Weise wird bei Verwendung anorganische Binder aufweisender Formstoffe eine schnelle und gleichmäßige Formteilaushärtung auch bei schwankenden Dickenverläufen erreicht, indem dem einen anorganischen Binder aufweisenden Formstoff Feuchtigkeit entzogen wird.
In der praktischen Anwendung zeigt sich jedoch, dass es durch das in das Formwerkzeug eingeleitete heiße Gas zu einer übermäßigen Erwärmung des Formstoffs und damit zu einer Übertrocknung und Versprödung des Gießformteils kommt. Durch diese Versprödung steigt die Gefahr der Rissbildung in dem Gießformteil, so dass es zu erhöhtem Ausschuss in der Produktion solche'r Gießformteile "kommt.
Ausgehend von dem voranstehend erläuterten Stand der Technik lag der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Herstellen eines Gießformteils der eingangs genannten Art bereitzustellen, wobei eine schnelle und gleichmäßige Aushärtung von mit anorganischen Bindern gebundenen Gießformteilen bei gleichzeitig minimiertem Risiko von Ausschuss in der Produktion derartiger Gießformteile gewährleistet wird.
Zur Lösung der genannten Aufgabe wird ein Verfahren zum Herstellen eines Gießformteils vorgeschlagen, das folgende Schritte umfasst,
- Bereitstellen eines einen das herzustellende Gießformteil abbildenden Formhohlraum aufweisenden Formwerkzeugs,
- Füllen des Formhohlraums des Formwerkzeugs mit einem einen Formgrundstoff und einen anorganischen Binder aufweisenden Formstoff,
- Trocknen und Aushärten des Formstoffs in dem Formhohlraum zu dem Gießformteil über eine Trocknungs¬ und Aushärtezeit, und
- Entnehmen des Gießformteils aus dem Formwerkzeug,
wobei erfindungsgemäß der Formstoff in dem Formwerkzeug während der Trocknungs- und Aushärtezeit zumindest zeitweise von einem Gas durchströmt wird, dessen Temperatur in dem Bereich von der jeweiligen Siedetemperatur von Wasser bis 180 0C liegt.
Indem der Formstoff in dem Formwerkzeug während der Trocknungs- und Aushärtezeit zumindest zeitweise von einem Gas durchströmt wird, dessen Temperatur in dem Bereich von der jeweiligen Siedetemperatur von Wasser bis 180 0C liegt, wird eine schnelle und gleichmäßige Trocknung und damit Aushärtung des Formstoffes zu dem Gießformteil erreicht, indem der warme Gasstrom direkt in das Innere des den Formstoff enthaltenen Formhohlraums des Formwerkzeugs transportiert wird. Der Erfindung liegt die überraschende Erkenntnis zugrunde, dass für eine schnelle und gleichmäßige Trocknung und Aushärtung des Formstoffs zu dem Gießformteil selbst bei Verwendung anorganischer Binder eine Temperatur des in das Formwerkzeug eingeleiteten Gases in dem Bereich von der jeweiligen Siedetemperatur von Wasser bis 180 0C ausreichend ist.
Durch das einströmende Gas kommt es zu einer Verdampfung des in dem Formstoff, insbesondere in dem anorganischen Binder enthaltenen Wassers. Auf diese Weise wird dem Binder Feuchtigkeit entzogen, so dass es zu einer Aushärtung des Binders und damit des Formstoffs kommt. Der entstehende Wasserdampf wird dabei durch den Gasstrom aus dem Formhohlraum heraus transportiert. Der Binder und damit der Formstoff härtet somit durch den Entzug des Wassers zu dem Gießformteil aus.
Die Erfindung basiert dabei auf der überraschenden Erkenntnis, dass für das Verdampfen des in dem Formstoff bzw. dem Binder enthaltenen Wassers bereits eine Gastemperatur ausreichend ist, die der jeweiligen, druckabhängigen Siedetemperatur des Wassers in dem Formstoff entspricht. Die Trocknung und Aushärtung des Fofmstbffes wird also schon" bei den erfindύngsgemäß
niedrigen Gastemperaturen schnell und gleichmäßig erreicht, indem dem Formstoff auf physikalischem Wege Feuchtigkeit entzogen wird.
Gleichzeitig wird durch die erfindungsgemäße Wahl einer Gastemperatur in dem Bereich bis maximal 180 0C eine Übertrocknung und damit Versprödung des Gießformteils sicher vermieden. Die Gefahr einer Rissbildung in dem Gießformteil und somit die Gefahr von Ausschuss in der Produktion der Gießformteile, wie sie beim Stand der Technik bestand, wird erfindungsgemäß minimiert.
Ein weiterer positiver Effekt des erfindungsgemäßen Verfahrens liegt darin, dass bei dem Herstellungsprozess in dem Formwerkzeug entstehende Dämpfe und Gase durch den induzierten Gasstrom ebenfalls aus dem Formwerkzeug heraus transportiert werden.
Als Gas kommt erfindungsgemäß bevorzugt Luft zum Einsatz. Es ist jedoch auch denkbar, Stickstoff oder andere hinsichtlich der Bestandteile des Formstoffs inerte Gase einzusetzen. Solche Gase können in produktionstechnisch einfacher und kostengünstiger Weise Gase sein, die bei anderen Fertigungsschritten der Gießformherstellung oder Gießerei, wie beispielsweise einer Inertisierung von Gießformen, anfallen.
Bevorzugt besitzt das Gas erfindungsgemäß eine Temperatur in dem Bereich von 120 0C bis 150 °C. In diesem Temperaturbereich kommt es zu einer besonders schnellen und sicheren Verdampfung des in dem Formstoff enthaltenen Wassers, wobei die Gefahr einer übermäßigen Erwärmung des Formstoffs und damit einer Übertrocknung des Gießformteils weiter minimiert ist. -Weiterhin lässt- sich
das eingesetzte Gas unter Verwendung von in der Produktionsanlage zur Verfügung stehender Prozesswärme in einfacher und kostengünstiger Weise auf diesen Temperaturbereich erwärmen.
Um einen ausreichenden Gasvolumendurchsatz durch den im Formhohlraum des Formwerkzeugs enthaltenen Formstoff zu gewährleisten, kann das Gas mit Überdruck in das Formwerkzeug geleitet werden. Zu diesem Zweck kann das Gas mit einem Druck in das Formwerkzeug einströmen,, der im Bereich von 2 bar bis 6 bar liegt, insbesondere 2,5 bar beträgt. Der Druck, mit dem das Gas in das Formwerkzeug geleitet wird, ist dabei bevorzugt geringer als der Druck, mit dem der Formstoff zuvor in das Formwerkzeug gefüllt worden ist, um eine unerwünschte ungleichförmige Verdichtung des Formstoffes im Formholraum sicher zu vermeiden.
Der Volumendurchsatz an heißem Gas durch den Formhohlraum kann zudem dadurch unterstützt werden, dass zumindest während der Trocknungs- und Aushärtezeit ein Unterdruck an das Formwerkzeug angelegt wird. Dieser Unterdruck kann beispielsweise im Bereich von 0,5 bar bis 1,0 bar unter Normaldruck an das Formwerkzeug angelegt werden.
Die Gleichmäßigkeit der Aushärtung kann zusätzlich dadurch unterstützt werden, dass das Formwerkzeug zumindest während der Trocknungs- und Aushärtezeit temperiert wird. Die Erwärmungstemperaturen können dazu im Bereich von 60 - 200 0C variiert werden, wobei Temperaturen im Bereich von 70 - 150 0C bevorzugt sind. Üblicherweise liegt die Formtemperatur im Bereich von 180 0C. Durch die Wahl der Formtemperatur kann gezielt der Gradient eingestellt werden, mit dem die Trocknung
des Kerns fortschreitet. Angestrebt werden Kerne, die möglichst gleichmäßig getrocknet sind. Daher ist die Temperatur der Form bezogen auf die Temperatur des eingeblasenen Gases bevorzugt niedrig einzustellen. Auf diese Weise wird erreicht, dass der Kern im Zentrum mindestens gleich schnell trocknet wie im Bereich seiner Randschale. Eine zu schnelle Trocknung der Randschale ist unerwünscht, weil bei einer solchen Trocknung die Gefahr des Zerrieselns der Randschale aufgrund von übermäßigem Feuchteentzug besteht.
Schließlich ist es auch möglich, die Trocknung des Kerns dadurch zu beschleunigen, dass der Formsand des Formstoffs vorgewärmt wird. Sandtemperaturen von 80 - 100 0C eignen sich für diesen Zweck. Durch die Vorwärmung des Sandes wird sichergestellt, dass die durch das eingeblasene Gas eingetragene Wärmeenergie im Wesentlichen vollständig zum Verdampfen und Abtransport des Wassers genutzt werden kann.
Ein besonderer Vorteil der voranstehend zusammengefassten Maßnahmen besteht darin, dass die Menge an im Formstoff eingesetztem Binder reduziert werden kann. Abhängig vom jeweils verwendeten Formsand ergeben sich so Binderanteile von 1,0 bis 2,4 Gew.-% des Formstoffs. Die besonders niedrigen Anteile sind dann ausreichend, wenn der verwendete Formsand mindestens teilweise, bevorzugt vollständig, aus synthetischem Mullit besteht. Formstoffe, die basierend auf handelsüblichen Mullit- oder Quarzsanden basieren, weisen erfahrungsgemäß bei Binder-Gehalten von mindestens 1,6 Gew.-% ausreichende Festigkeiten auf.
Als anorganischer Binder wird bevorzugt ein auf Basis von Wasserglas hergestellter Binder verwendet, der sich insbesondere bei erfindungsgemäßer Behandlung als besonders günstig sowohl in Bezug auf seine Bindungseigenschaften als auch in Bezug auf sein Verhalten beim nach dem Gießen erfolgenden Entkernen des erhaltenen Gussstückes erwiesen hat.