Beschreibung
Verfahren und Vorrichtung zur Steuerung von Kraftfahrzeugin¬ sassen-Schutzsystemen
Gebiet der Erfindung
Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Steuerung von Fahrzeuginsassen-Schutzsystemen, insbesondere zur Steuerung von Airbags und Gurtstraffern. Derartige Ver¬ fahren und Vorrichtungen dienen vorwiegend zur Optimierung der Rückhaltekraft verschiedener Fahrzeuginsassen- Rückhaltesysteme sowie der zeitlichen Optimierung der Auslö¬ sung dieser Fahrzeuginsassen-Rückhaltesysteme.
Stand der Technik
Verletzungen von Fahrzeuginsassen bei Unfällen resultieren in der Regel daher, dass die freie Masse der Fahrzeuginsassen weitgehend frei beweglich relativ zum Schwerpunkt des Fahr¬ zeuges ist. Wird bei einem Unfall, insbesondere bei einem Aufprall auf ein Hindernis, das Fahrzeug abrupt abgebremst, so prallt, sofern keine Rückhaltesysteme eingesetzt werden, der sich noch weitgehend mit der ursprünglichen Geschwindig- keit des Fahrzeuges bewegende Körper eines Fahrzeuginsassen auf eine Innenfläche des Fahrzeugs, beispielsweise das Arma¬ turenbrett oder das Lenkrad, auf.
Moderne Fahrzeuginsassen-Rückhaltesysteme haben die Aufgabe, mittels geeigneter Sensoren derartige Unfälle zu erkennen und die Bewegung der Fahrzeuginsassen möglichst sanft, d. h. un¬ ter Minimierung der auftretenden Kräfte auf den menschlichen Körper, abzubremsen. Neben den "traditionellen" Sicherheits¬ gurten, welche zur Minimierung der wirkenden Spitzenkräfte bei einem Unfall zumeist mit Gurtstraffern ausgestattet sind, sind Airbags in ihren verschiedenen Ausgestaltungen (bei¬ spielsweise Frontairbags, Seitenairbags oder Kopfairbags)
heute die wichtigsten Rückhaltesysteme. Airbags bestehen i. d. R. aus dünnem Nylongewebe und werden im Falle eines ent¬ sprechenden Aufpralls mittels eines Gasgenerators innerhalb einer Zeit von ca. 10 bis 40 ms (verglichen mit einer typi- sehen Aufpralldauer von ca. 150 ms) zu einem Luftkissen auf¬ geblasen, welches den Aufprall des Körpers eines Fahrzeugin¬ sassen dämpfen soll. Je nach Airbagtyp entweicht während oder nach dem Aufprall des Fahrzeuginsassen auf den Airbag die Gasfüllung über sogenannte "Vent Holes" (Lüftungslöcher) oder auch (in moderneren Airbags) über Ventile.
Bislang werden als Gasgeneratoren für Airbags sogenannte Zündpillen verwendet, welche nach einem ähnlichen Prinzip wie Feststoffraketen funktionieren und mittels einer chemischen Reaktion (beispielsweise der Reaktion von Natriumazid mit Ka¬ liumnitrat) Gas (z. B. Stickstoff) freisetzen.
Modernere Gasgeneratoren und Airbags sind so ausgestaltet, dass mehrere "Zündstufen" gezündet werden können. So kann beispielsweise bei einem Aufprall mit relativ niedriger Ge¬ schwindigkeit lediglich die erste Stufe eines Airbags gezün¬ det werden, wobei der Airbag zu einem kleinen, festen Luft¬ kissen aufgeblasen wird. Bei einem schwereren Unfall wird (zusätzlich) die zweite Stufe mit einem größeren Airbagvolu- men gezündet.
Diese "stufenweise" Zündung des Airbags wird jedoch in der nahen Zukunft ersetzt durch eine stufenlose Anpassung der Airbagfüllung an die Aufprallgeschwindigkeit. Zu diesem Zweck werden derzeit analoge, stufenlos regelbare Gasgeneratoren entwickelt .
Die bei einem Unfall auf einen Insassen einwirkenden Kräfte bzw. die Beschleunigung der freien Masse des Insassen können nur schwer direkt gemessen werden. Daher sind modernere Kraftfahrzeuge mit einer Reihe von Sensoren, insbesondere Be- wegungs- und Beschleunigungssensoren, ausgestattet. So ist
beispielsweise in das zentrale Airbagsteuergerät (Electronic Control Unit, ECU) ein Beschleunigungssensor integriert. Oft sind weitere Sensoren integriert im Frontbereich oder in den Seitenteilen des Fahrzeugs für die Messung der Beschleunigung in Fahrtrichtung oder auch quer zur Fahrtrichtung.
Die verschiedenen Rückhaltesysteme werden i. d. R. mittels geeigneter Computersysteme, zumeist so genannter eingebette¬ ter Systeme (Echtzeitsysteme) , welche meist einen Mikrocompu- ter enthalten, gesteuert. Diese Steuerungen (welche im fol¬ genden vereinfacht als Airbag-Steuerung bezeichnet werden) verarbeiten die Signale der verschiedenen Sensoren und ent¬ scheiden danach mittels verschiedener bekannter Algorithmen (im einfachsten Fall durch Vergleich der Sensorsignale mit vorgegebenen Grenzwerten) , ob bestimmte Fahrzeuginsassen- Rückhaltesysteme ausgelöst werden sollen oder nicht. Weiter¬ hin kann der optimale Zeitpunkt der Auslösung berechnet wer¬ den sowie, im Falle von stufenweise funktionierenden Rückhal¬ tesystemen, welche Stufe jeweils ausgelöst werden soll.
An diese Airbag-Steuerungen werden extreme Anforderungen be¬ züglich der Geschwindigkeit der Rechenoperationen gestellt. So müssen typischerweise innerhalb von weniger als 30 Mikro- sekunden nach Beginn eines Aufpralls die entsprechenden Ent- Scheidungen getroffen worden sein. Die in typischen Echtzeit¬ systemen für Airbag-Steuerungen zur Verfügung stehenden Hard¬ wareressourcen sind jedoch vergleichsweise gering: Typischer¬ weise werden beispielsweise 32 bit-Prozessoren mit einer Taktfrequenz von 32 MHz und einem Arbeitsspeicher von 4-6 kByte eingesetzt. Aufgrund der enormen Echtzeitanforderungen kommt daher einer Optimierung der entsprechenden Algorithmen bei der Airbag-Steuerung eine besondere Bedeutung zu.
In der EP 0 675 819 B2 wird ein Verfahren zur Steuerung eines Fahrzeuginsassen-Schutzsystems beschrieben, welches bei einem genügend starken Unfall das Schutzsystem auslöst. Eine Steu¬ ereinheit enthält mehrere Sensoren sowie eine Recheneinheit,
welche während eines Unfalles anhand der Sensorsignale einen oder mehrere, den Unfallverlauf charakterisierende ISTwerte berechnet. Durch Vergleich der ISTwerte mit zugeordneten Aus- löseschwellwerten wird entschieden, welche Fahrzeuginsassen- Schutzsysteme wie angesteuert werden. Dabei sind die Auslöse- schwellwerte selbst vom Momentanwert der ISTwerte abhängig und werden ständig neu berechnet. Als charakteristische IST¬ werte werden verschiedene Kenngrößen verwendet, wie bei¬ spielsweise ein aktueller Verzögerungsmittelwert oder ein partieller Geschwindigkeitsverlust.
In der DE 199 09 538 Al wird ein Verfahren zur Steuerung der Auslösung eines Kraftfahrzeug-Insassenschutzsystems beschrie¬ ben sowie ein hieran angepasstes Insassenschutzsystem. Bei dem Verfahren wird bei einem Unfall die Unfallart bestimmt, also z. B. ob es sich um einen Frontalaufprall auf eine star¬ re Wand, ein Aufprall auf ein starres Hindernis mit Teilüber¬ deckung, um einen Aufprall in einem spitzen Winkel oder einen Aufprall auf ein deformierbares Hindernis mit Teilüberdeckung ("Offset Deformable Barrier", ODB) handelt. Sofern aus den Signalverläufen der Sensorsignale nicht eindeutig auf eine bestimmte Unfallart geschlossen werden kann, wird ein Wahr¬ scheinlichkeitswert gebildet, der die Wahrscheinlichkeit wi¬ derspiegelt, mit der ein Unfall zu einem bestimmten Unfalltyp gehört. Der Auslösealgorithmus für die Auslösung des Kraft¬ fahrzeug-Insassenschutzsystems wird entsprechend dem erkann¬ ten Unfalltyp angepasst.
Die DE 100 59 426 Al schlägt ein Verfahren zur Auslösung von Rückhaltemitteln in einem Kraftfahrzeug vor, bei welchem un¬ abhängig voneinander die Ermittlung einer Unfallschwere und eine Insassenklassifikation durchgeführt wird. Durch eine Verknüpfung der Unfallschwere mit der Insassenklassifizierung werden die für den Fahrzeuginsassen notwendigen Rückhaltemit- tel ausgelöst. Die Unfallschwere wird nach den Auslöseereig¬ nissen Frontaufprall, Seitenaufprall, Heckaufprall oder Fahr¬ zeugüberschlag eingeteilt.
Die in der DE 101 07 272 Al beschriebene Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung von Fahrzeuginsassenrückhaltesys- temen, bei dem mittels einer Auswerteeinheit aus den von Sen- soren erfassten Daten der Abstand und die Relativgeschwindig¬ keit eines Hindernisses in Bezug auf das eigene Fahrzeug er¬ mittelt wird und bei Unterschreitung eines Grenzwertes, bei dem ein Aufprall des Fahrzeuges auf das Hindernis als unver¬ meidlich erkannt wird, die Fahrzeuginsassenrückhaltesysteme aktiviert werden. Dabei können die Fahrzeuginsassenrückhalte- systeme in Abhängigkeit von einem vorausermittelten Unfall¬ schweregrad mit unterschiedlichen Größen derart aktiviert werden, dass die auf die Fahrzeuginsassen einwirkenden Rück¬ haltekräfte entsprechend dem ermittelten Unfallschweregrad eingestellt werden.
In der DE 198 16 989 Al wird ein Verfahren zur Auslösung ei¬ nes zweistufigen Airbag-Gasgenerators in einem Kraftfahrzeug beschrieben, bei welchem ein Beschleunigungssignal gemessen, aufbereitet und hinsichtlich der Unfallschwere gemäß eines ersten Bewertungsverfahrens bewertet wird. Dabei wird in Ab¬ hängigkeit von der ermittelten Unfallschwere eine Auslöseent¬ scheidung für die Auslösung einer ersten Stufe des Gasgenera¬ tors getroffen. In Abhängigkeit von der ermittelten Unfall- schwere kann durch ein zweites Bewertungsverfahren entschie¬ den werden, dass auf der Grundlage vorgegebener Auslösebedin¬ gungen eine Auslöseentscheidung zur Zündung der zweiten Stufe des Gasgenerators getroffen wird.
Die in der DE 102 12 963 beschriebene Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Anordnung zur Ansteuerung von insbesondere reversibel ansteuerbaren Rückhaltemitteln für Personen in ei¬ nem Sitz in einem Fahrzeug bei der Erfassung einer Situation, bei der mit einer Kollision zwischen dem Fahrzeug und einem Objekt zu rechnen ist. Um bei einfachem Aufbau eine sichere, d. h. rechtzeitige und weitgehend fehlerfreie, Ansteuerung sowohl der reversibel als auch der irreversibel ansteuerbaren
Rückhaltemittel zu ermöglichen, wird der Abstand des Fahrzeu¬ ges von dem Objekt kontinuierlich erfasst. Der erfasste Ab¬ stand und die statistisch ermittelten und hinsichtlich der jeweiligen Unfallschwere klassifizierten entsprechenden Un- falldaten werden miteinander verglichen, sodass abhängig von dem Vergleichsergebnis auf die Unfallschwere einer möglichen bevorstehenden Kollision zwischen dem Fahrzeug und dem Objekt geschlossen wird.
Die in der DE 101 23 921 Cl beschriebene Erfindung betrifft ein Insassenrückhaltesystem in einem Kraftfahrzeug, mit einem Sicherheitsgurt und einer Gurtkraftbegrenzungsvorrichtung, bei welcher das Rückhaltekraftniveau durch ein Steuersignal veränderbar ist. Die Gurtkraftbegrenzungsvorrichtung wird durch ein Steuersignal dann von einem niedrigeren Rückhalte¬ kraftniveau auf ein höheres Rückhaltekraftniveau geschaltet, wenn von einer Gefährdungsermittlungsstufe ermittelt wird, dass eine Gefährdung des Insassen in Gestalt eines möglichen Aufpralls des Insassen auf ein vor ihm befindliches Fahrzeu- ginnenraumbauteil vorliegt.
Die bekannten und die beschriebenen Verfahren und Algorithmen zur Steuerung von Insassenschutzsystemen weisen verschiedene Nachteile auf.
Viele dieser Verfahren basieren auf einer Art Mustererken¬ nung, wobei für den Unfall charakteristische Kenngrößen in ihrem Verlauf analysiert werden und dann aufgrund ihrer "Ähn¬ lichkeit" mit vorgegebenen Verläufen die entsprechenden Fahr¬ zeuginsassen-Schutzsysteme gesteuert werden. Derartige Algo- rithmen erfordern enormen Speicher- und Zeitaufwand und sind in typischen Echtzeitsystemen daher häufig nicht praktikabel.
Weiterhin müssen bei den bekannten Verfahren die Auslösealgo¬ rithmen jeweils stark an das jeweilige Kraftfahrzeug und an die darin vorhandenen Sensortypen angepasst werden. Dies er¬ fordert zahlreiche Neuentwicklungen für neue Kraftfahrzeugty¬ pen. Vorteilhaft wäre hingegen ein generischer Algorithmus,
an den neue Sensor- und Fahrzeugtypen leicht und ohne größere Modifikation von Algorithmen oder Parametern integriert wer¬ den können.
Zudem generieren die bekannten Algorithmen meist nur digitale Entscheidungen, also Entscheidungen darüber, ob (und ggf. wann) bestimmte Schutzsysteme ausgelöst werden sollen. Für die Steuerung analoger Schutzsysteme, bei denen die Schutz¬ wirkung stufenlos eingestellt werden kann, sind derartige Al- gorithmen nicht geeignet.
Aufgabe
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, ein Verfah¬ ren und eine Vorrichtung zur Steuerung von Kraftfahrzeugin¬ sassen-Schutzsystemen anzugeben, welche leicht den Bedingun¬ gen am und im Kraftfahrzeug angepasst werden sollen. Weiter¬ hin soll auch die Steuerung analoger Schutzsysteme ermöglicht werden.
Lösung
Diese Aufgabe wird durch die Erfindungen mit den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Weiterbildun¬ gen der Erfindungen sind in den Unteransprüchen gekennzeich¬ net .
Es wird ein Verfahren zur Steuerung von Kraftfahrzeuginsas¬ sen-Schutzsystemen in einem Kraftfahrzeug bei einem Unfall vorgeschlagen. Weiterhin wird eine Anordnung vorgeschlagen, mit welcher das vorgeschlagene Verfahren in einer seiner be¬ schriebenen Varianten umgesetzt werden kann.
Bei dem vorgeschlagenen Verfahren erfassen ein oder mehrere Sensoren eine oder mehrere vorgegebene physikalische Messgrö-
ßen, insbesondere eine Beschleunigung parallel und/oder quer zu einer Fahrtrichtung des Kraftfahrzeugs und/oder ein Druck¬ signal und/oder Körperschall und/oder eine Deformation des Kraftfahrzeugs als Funktion einer ersten Fortschrittsvariab- len. Aus diesen physikalischen Messgrößen wird ein gemeinsa¬ mer Unfallschwerefaktor berechnet, welcher die bei dem Unfall auftretende Verletzungsschwere eines Kraftfahrzeuginsassen charakterisiert. Entsprechend dem Wert des gemeinsamen Un¬ fallschwerefaktors werden die Kraftfahrzeuginsassen- Schutzsysteme gesteuert.
In einer bevorzugten Ausgestaltung weist das Verfahren zu¬ sätzlich folgende Schritte auf, wobei die Schritte nicht not¬ wendig in der angegebenen Reihenfolge durchgeführt werden müssen und wobei auch zusätzliche Verfahrensschritte, die hier nicht genannt sind, durchgeführt werden können. Die Durchführung der angegebenen Verfahrensschritte kann zeitlich auch überlappen.
Zunächst werden aus der bzw. den physikalischen Messgrößen ein oder mehrere charakteristische Kriterien abgeleitet. Die¬ se charakteristischen Kriterien werden als Funktion einer zweiten Fortschrittsvariablen mit einem oder mehreren Schwellwerten als Funktion derselben zweiten Fortschrittsva- riablen verglichen. Die Differenz dieser beiden Funktionen wird über ein vorgegebenes Intervall der zweiten Fort¬ schrittsvariablen integriert, wobei die Ergebnisse dieser In¬ tegration unfalltypische Haupt- und Nebenterme bilden.
Mittels einer oder mehrerer logischen Verknüpfungen von Ne- bentermen werden eine oder mehrere unfallcharakteristische Bedingungen abgeleitet. Abhängig von den unfallcharakteristi¬ schen Bedingungen wird dann aus einem oder mehreren bekannten Zusammenhängen zwischen dem bzw. den Haupttermen und einer Verletzungsschwere für jeden Hauptterm ein Unfallschwerefak¬ tor abgeleitet .
Aus den ermittelten Unfallschwerefaktoren wird abhängig von den unfallcharakteristischen Bedingungen der gemeinsame Un¬ fallschwerefaktor als Funktion einer dritten Fortschrittsva¬ riablen ermittelt .
Bei den charakteristischen Kriterien kann es sich um eine Reihe verschiedener Kriterien handeln, welche teilweise eine anschauliche physikalische Bedeutung haben. Beispiele für derartige charakteristische Kriterien sind in der EP 0 675 819 B2 beschrieben. So kann beispielsweise aus einer über ei¬ nen gewissen Zeitverlauf hinweg gemessenen Beschleunigung durch Mittelung über eine vorgegebene Anzahl von Messwerten eine "aktuelle Verzögerungsmittelwert"-Funktion bestimmt wer¬ den. Auch eine seit dem Startzeitpunkt des Unfalls (welcher beispielsweise durch einen plötzlichen Anstieg einer gemesse¬ nen Verzögerung charakterisiert bzw. detektiert werden kann) eingetretene "aktuelle Geschwindigkeitsverlust"-Funktion kann durch Integration des gemessenen Beschleunigungssignals be¬ stimmt werden. Weiterhin kann auch über kürzere Zeiten integ- riert werden. Außerdem kann eine sogenannte "Acceleration Ri- se"-Funktion ermittelt werden, welche die zeitliche Änderung der Beschleunigung charakterisiert, sowie eine "Signaldyna- mik"-Funktion, welche beispielsweise Oszillationen der Be¬ schleunigung innerhalb eines bestimmten Spektralbereichs cha- rakterisiert . Hierbei kann, wo der Terminus "Zeit" verwendet wird, analog auch eine weitere Fortschrittsvariable verwendet werden.
Bei der bzw. den Fortschrittsvariablen handelt es sich i. d. R. um eine Zeitvariable, beispielsweise um die interne Zeit ("Clock") eines Mikrocomputers eines Airbag-Steuerungsgeräts . Auch andere periodische Signale, beispielsweise Signale, wel¬ che aus einem Signal der Kurbelwelle des Kraftfahrzeugs abge¬ leitet sind, lassen sich einsetzen. Es kann sich jedoch auch um andere Arten von Fortschrittsvariablen handeln, welche charakteristisch sind für das Stadium des Unfalls, in welchem sich das Kraftfahrzeug befindet. So kann beispielsweise auch
eine gemessene Deformation des Kraftfahrzeuges oder von Tei¬ len des selben als Fortschrittsvariable eingesetzt werden. Bei der erwähnten ersten, zweiten und dritten Fortschrittsva¬ riablen muss es sich nicht notwendigerweise um verschiedene Fortschrittsvariablen handeln, es kann beispielsweise auch in jedem Fall eine Zeit als Fortschrittsvariable eingesetzt wer¬ den.
Vor Ableitung der charakteristischen Kriterien ist es vor- teilhaft, die erfassten physikalischen Messgrößen einer Sig¬ nalverarbeitung zu unterziehen. Insbesondere bietet sich da¬ bei eine Frequenzfilterung an sowie eine Mittelwertbildung über jeweils mehrere Messwerte. So kann beispielsweise eine physikalische Messgröße mit einer Abtastrate von 4 kHz er- fasst und anschließend durch Frequenzfilterung in ein Signal mit einer Abtastrate von 1 kHz umgewandelt werden. Auch die Kombination mehrerer verschiedener Signalverarbeitungsschrit¬ te ist denkbar. Insbesondere bietet sich auch an, bei der Signalverarbeitung die Kenntnisse über strukturmechanische Größen des Kraftfahrzeugs einfließen zu lassen, beispielswei¬ se bekannte Eigenfrequenzen oder die Steifheit und Verform¬ barkeit des Kraftfahrzeugs in verschiedenen Raumrichtungen. So lassen sich beispielsweise Artefakte infolge von Eigen¬ schwingungen des Kraftfahrzeugs eliminieren oder verringern, indem z. B. die charakteristischen Eigenfrequenzen des Kraft¬ fahrzeugs durch Frequenzfilterung in den erfassten physikali¬ schen Messgrößen unterdrückt werden. Erst nach dieser "Berei¬ nigung" der physikalischen Messgrößen werden aus dem bzw. den bereinigten Signalen das bzw. die charakteristischen Krite- rien abgeleitet.
Bei der Integration der Differenz der charakteristischen Kri¬ terien und der jeweiligen Schwellwertfunktionen über ein vor¬ gegebenes Intervall der zweiten Fortschrittsvariablen kann sinngemäß auch eine Integration über den Betrag dieser Diffe¬ renz durchgeführt werden oder eine bedingte Integration, bei der beispielsweise nur integriert wird, wenn die Schwellwert-
funktion oberhalb oder unterhalb des charakteristischen Kri¬ teriums verläuft. Das jeweilige Intervall der zweiten Fort¬ schrittsvariablen, über welches integriert werden soll, muss nicht fest vorgegeben sein, sondern kann auch der Unfallsitu- ation angepasst werden oder auch von anderen Kriterien abhän¬ gen. So kann beispielsweise ein charakteristisches Kriterium auch nur bis zu einem bestimmten Wert der zweiten Fort¬ schrittsvariablen berechnet werden, und die Integration er¬ folgt lediglich bis zu diesem Wert. Weiterhin kann dieses In- tervall auch beispielsweise genau eine Einheit betragen, was im Ergebnis zur Differenzbildung der charakteristischen Kri¬ terien und der jeweiligen Schwellwertfunktionen für einen be¬ stimmten Wert der zweiten Fortschrittsvariablen führt.
Ein wesentlicher Vorteil des Vergleichs zwischen den charak¬ teristischen Kriterien und den Schwellwertfunktionen in Form einer Integration der Differenz dieser Funktionen liegt dar¬ in, dass diese Art des Vergleichs wenig anfällig ist gegen¬ über statistischen Schwankungen (Rauschen) der charakteristi- sehen Kriterien sowie gegenüber Verschiebungen der zweiten Fortschrittsvariablen.
Die Klassifizierung der durch diese Integration ermittelten Terme in Haupt- und Nebenterme muss nicht notwendigerweise eindeutig sein. So kann ein bestimmter Term für eine logische Verknüpfung und die Prüfung auf Vorliegen einer ersten un¬ fallcharakteristischen Bedingung Nebenterm sein, für eine an¬ dere logische Verknüpfung und die Prüfung auf Vorliegen einer zweiten unfallcharakteristischen Bedingung (UB) jedoch Haupt- term.
So könnte eine einfache logische Verknüpfung beispielsweise lauten:
Wenn Terml + 2*Term2 < Term3, dann UBl = TRUE, Sonst: UBl = FALSE "
Nur wenn die unfallcharakteristische Bedingung UBl den Wert "TRUE" annimmt, wird dann aus dem bzw. den bekannten Zusam-
menhängen zwischen dem der unfallcharakteristischen Bedingung UBl zugeordneten Hauptterm und einer Verletzungsschwere ein Unfallschwerefaktor abgeleitet. Aus diesen Unfallschwerefak¬ toren kann dann beispielsweise durch Bildung eines gewichte- ten Mittelwertes ein gemeinsamer Unfallschwerefaktor abgelei¬ tet werden. Die Wichtungsfaktoren für diese Mittelwertbildung können beispielsweise wiederum aus bestimmten unfallcharakte¬ ristischen Bedingungen ermittelt werden.
Es bietet sich alternativ auch an, als unfallcharakteristi¬ sche Bedingungen keine einfachen "TRUE-FALSE-Bedingungen" einzusetzen, sondern "weiche" Bedingungen wie z. B. Fuzzy Lo¬ gic und/oder der Einsatz von neuronalen Netzen. Je nachdem, wie "gut" bestimmte Bedingungen erfüllt sind (z. B. "Bedin- gung UBl ist zu 90% erfüllt"), wird den zugeordneten Haupt- termen eine bestimmte Signifikanz zugewiesenen. Da nun nicht mehr "hart" zwischen "TRUE" und "FALSE" hin- und hergeschal¬ tet wird, lässt sich auf diese Weise insbesondere auch ein stetiger Verlauf des gemeinsamen Unfallschwerefaktors als Funktion einer dritten Fortschrittsvariablen sicherstellen.
Besonders vorteilhaft ist es, wenn als gemeinsamer Unfall¬ schwerefaktor der sogenannte Injury Severity Index (IrSiX) verwendet wird. Dieser stellt einen gewichteten Mittelwert der Verhältnisse der Belastungen vorgegebener Körperpartien ("Load Value") zu einer maximalen Belastung ("Load Limit") dieser Körperpartien dar:
Σ Load Value W1 --1000 1 Load LImIt1
Dabei wird die Summe über alle relevanten Körperpartien ge¬ bildet, welche jeweils unterschiedlich gewichtet werden (W1) . Die Tatsache, dass die jeweiligen Belastungen unter¬ schiedliche physikalische Einheiten haben (beispielsweise Kräfte und Momente, die auf den Hals wirken, Beschleunigung
des Kopfes etc.) wird durch Bezugnahme auf die jeweils zuläs¬ sigen maximalen Belastungen ausgeglichen.
Der IrSiX ist eine auch bei Crashtests häufig verwendete und experimentell ermittelbare Größe, so dass der durch den be¬ schriebenen Algorithmus ermittelte gemeinsame Unfallschwere¬ faktor experimentell überprüft werden kann. Auf diese Weise lässt sich durch entsprechende Änderung der Parametrisierung der Algorithmus kalibrieren und den tatsächlichen Gegebenhei- ten, also der Verletzungsschwere bei einem Unfall anpassen.
Entsprechend dem Wert des gemeinsamen Unfallschwerefaktors können auch Informationen über den Unfall an eine Notfall¬ zentrale übermittelt werden. So kann beispielsweise, falls der gemeinsame Unfallschwerefaktor einen bestimmten Wert ü- berschreitet, automatisch ein Funksignal an einen Rettungs¬ dienst abgeschickt werden, welches Informationen beispiels¬ weise über die Unfallschwere, den Ort des Unfalls (z. B. er¬ mittelt über ein GPS-Signal) und die Anzahl der betroffenen Kraftfahrzeuginsassen abschickt.
Der bzw. die Zusammenhänge zwischen dem bzw. den Haupttermen und der Unfallschwere lassen sich besonders vorteilhaft aus Simulationsrechnungen, insbesondere FE- oder Starrkörpersimu- lationen, ableiten. Vorteilhafterweise werden diese Zusammen¬ hänge in einer Matrix oder einer "Lookup-Table" hinterlegt. Dabei können die Zusammenhänge diskretisiert, d. h. in Werte¬ bereich-Intervalle eingeteilt werden. Diese Hinterlegung hat den Vorteil, dass keine erneuten Rechenoperationen durchge- führt werden müssen, was wiederum die knappen Ressourcen in Echtzeitsystemen schont und den Algorithmus erheblich be¬ schleunigt .
Der gemeinsame Unfallschwerefaktor wird zur Steuerung der vorhandenen Kraftfahrzeuginsassen-Schutzsysteme genutzt. Von besonderem Vorteil ist dabei, dass es sich bei dem gemeinsa¬ men Unfallschwerefaktor um eine "analoge" Größe, also eine
Funktion einer dritten Fortschrittsvariablen mit zumindest teilweise kontinuierlichem Wertebereich handelt. Dies erlaubt verschiedene Varianten der Steuerung der Kraftfahrzeuginsas¬ sen-Schutzsysteme. So können beispielsweise durch Vergleich mit vorgegebenen Schwellwertfunktionen (welche nicht notwen¬ dig konstant sein müssen, sondern auch mit dem Wert der drit¬ ten Fortschrittsvariablen variieren können) eine oder mehrere "digitale" Entscheidungen für jedes Kraftfahrzeuginsassen- Schutzsystem getroffen werden. Beispielsweise kann bei Über- schreiten eines ersten Schwellwertes die erste Stufe eines Airbags gezündet werden, bei Überschreiten eines zweiten Schwellwertes die zweite Stufe. Alternativ kann jedoch der gemeinsame Unfallschwerefaktor auch zur analogen Steuerung genutzt werden. So kann beispielsweise ein Gurtkraftbegrenzer auf die Unfallschwere eingestellt werden. Oder bei Airbags mit analogem Gasgenerator kann das Aufblasverhalten analog durch den gemeinsamen Unfallschwerefaktor gesteuert werden.
Neben der Entscheidung, ob ein bestimmtes Kraftfahrzeuginsas- sen-Schutzsystem bei dem jeweiligen Unfall eingesetzt wird, ist auch die Entscheidung über den jeweiligen optimalen Aus¬ lösezeitpunkt von entscheidender Bedeutung. Wiederum ist da¬ bei der Begriff "Zeitpunkt" nicht notwendigerweise wörtlich als "Zeit" zu verstehen, sondern es kann sich wiederum um ei- ne der oben beschriebenen Fortschrittsvariablen handeln.
Zum Zweck der Bestimmung des optimalen Auslösezeitpunkts kann der beschriebene Algorithmus erweitert werden durch Verfah¬ rensschritte, bei denen aus entsprechenden Sensorsignalen (beispielsweise der gemessenen Beschleunigung bzw. Verzöge¬ rung beim Unfall) die wahrscheinlichste Position eines Fahr¬ zeuginsassen als Funktion einer Fortschrittsvariablen für ei¬ ne vorgegebenes Intervall der Fortschrittsvariablen im Voraus berechnet wird. Dementsprechend kann dann vorhergesagt wer- den, zu welchem Zeitpunkt die Position eines Fahrzeuginsassen einen bestimmten vorgegebenen Schwellwert oder eine (nicht notwendigerweise konstante) Schwellwertfunktion erreicht oder
überschreitet. Daraus lässt sich für jedes Fahrzeuginsassen- Schutzsystem der optimale Zeitpunkt für die Auslösung berech¬ nen.
Der Zusatzalgorithmus zur Bestimmung der optimalen Auslöse¬ zeitpunkte lässt sich beispielsweise durch eine oder mehrere logische Verknüpfungen mit dem oben beschriebenen Algorithmus zur Beantwortung der Frage, ob die jeweiligen Fahrzeuginsas¬ sen-Schutzsysteme ausgelöst werden sollen, verknüpfen. So kann beispielsweise aus dem gemeinsamen Unfallschwerefaktor abgeleitet worden sein, dass die erste Stufe eines Airbags gezündet werden soll. Erst wenn der Zusatzalgorithmus zur Be¬ stimmung des optimalen Auslösezeitpunkts der ersten Stufe des Airbags meldet, dass der optimale Auslösezeitpunkt erreicht ist, wird diese erste Stufe dann tatsächlich gezündet (einfa¬ che logische "UND"-Verknüpfung) .
Neben dem Zusatzalgorithmus zur Bestimmung der optimalen Aus¬ lösezeitpunkte lassen sich auch noch weitere Zusatzalgorith- men mit dem oben beschriebenen Algorithmus verknüpfen. So kann beispielsweise zusätzlich ein "Safing/Plausibility"- Algorithmus logisch mit dem bzw. den beschriebenen Algorith¬ men verknüpft werden, welcher beispielsweise die physikali¬ schen Messgrößen, insbesondere die von einem oder mehreren Sensoren gemessene Beschleunigung, einer Plausibilitätsunter- suchung unterzieht, durch welche beispielsweise Fehlfunktio¬ nen des bzw. der Sensoren erkannt werden können. Auch Fehl¬ funktionen im Computersystem können (beispielsweise durch ei¬ ne parallele Vergleichsrechnung) erkannt werden. Wird eine derartige Fehlfunktion erkannt, so kann beispielsweise durch eine logische Verknüpfung mit den anderen Algorithmen eine Auslösung bestimmter Kraftfahrzeuginsassen-Schutzsysteme ver¬ hindert werden.
Weiterhin kann das Verfahren auch so modifiziert werden, dass beispielsweise das Gewicht und/oder die augenblickliche Posi¬ tion eines Fahrzeuginsassen berücksichtigt werden. Diese In-
formationen lassen sich in modernen Kraftfahrzeugen bei¬ spielsweise durch Auswertung von Sensoren im Sitz oder Aus¬ wertung von Innenraumkameras gewinnen. Befindet sich bei¬ spielsweise ein Fahrzeuginsasse zum Zeitpunkt eines Aufpralls dicht vor dem Armaturenbrett, so kann es Sinn machen, den entsprechenden Airbag gar nicht oder nur sehr schwach zu zün¬ den. Auch das Gewicht des Fahrzeuginsassen kann diese Ent¬ scheidung beeinflussen. Entsprechend haben Informationen über die Position und das Gewicht des Fahrzeuginsassen auch Ein- fluss auf die Berechnung des optimalen Auslösezeitpunkts ei¬ nes bestimmten Kraftfahrzeuginsassen-Schutzsystems.
Die genannten Informationen über die Position und das Gewicht eines Fahrzeuginsassen können auf verschiedene Weise in dem beschriebenen Verfahren berücksichtigt werden. So können die genannten Informationen beispielsweise in die Ableitung der unfallcharakteristischen Bedingungen aus den Nebentermen ein¬ fließen. Beispielsweise kann eine bestimmte unfallcharakte¬ ristische Bedingung, wenn sich ein Fahrzeuginsasse zu dicht vor dem Armaturenbrett befindet, automatisch auf "FALSE" ge¬ setzt werden.
Weiterhin können die genannten Informationen auch in die Zu¬ sammenhänge zwischen den Haupttermen und der Unfallschwere einfließen. So können die genannten Simulationsrechnungen beispielsweise für verschiedene Positionen und Insassenge¬ wichte durchgeführt werden. In diesem Fall werden die Zusam¬ menhänge zwischen den Haupttermen und der Unfallschwere bei¬ spielsweise in mehrdimensionalen Matrizen hinterlegt, wobei eine zusätzliche Dimension für das Insassengewicht und eine weitere zusätzliche Position für die Insassenposition einge¬ führt wird.
Als dritte Möglichkeit können die genannten Informationen auch direkt in die Art der Steuerung der Kraftfahrzeuginsas¬ sen-Schutzsysteme einfließen. So kann beispielsweise direkt
die Auslösung eines Airbags verhindert werden, wenn sich ein Insasse zu dicht vor dem Armaturenbrett befindet.
Das beschriebene Verfahren in einer seiner Varianten bietet gegenüber herkömmlichen Algorithmen zur Steuerung von Kraft¬ fahrzeuginsassen-Schutzsystemen zahlreiche Vorteile. So ba¬ siert das Verfahren auf messbaren physikalischen (mechani¬ schen) Größen und nicht, wie oben beschrieben, auf einer Mus¬ tererkennung. Dies spart kostbare Rechenzeit und Ressourcen. Zusätzliche Informationen, wie beispielsweise Insassengewicht oder Insassenposition, lassen sich leicht in den Algorithmus integrieren. Auch neue Sensorinformationen lassen sich leicht verarbeiten ohne dass der Algorithmus geändert werden muss. Dies erleichtert eine Anpassung auf verschiedene Fahrzeugty- pen.
Weiterhin wird sich, insbesondere in zukünftigen Fahrzeugin¬ sassen-Schutzsystemen, die analoge Natur des gemeinsamen Un¬ fallschwerefaktors bei der analogen Steuerung entsprechender Fahrzeuginsassen-Schutzsysteme positiv bemerkbar machen. Die analoge Natur verringert bereits jetzt den Rechenaufwand bei der Entscheidung über die Auslösung verschiedener Fahrzeugin¬ sassen-Schutzsysteme erheblich. Alle Entscheidungen basieren auf ein und demselben gemeinsamen Unfallschwerefaktor, wel- eher für die einzelnen Fahrzeuginsassen-Schutzsysteme ledig¬ lich mit verschiedenen Schwellwerten verglichen werden muss. Die Speicherung neuer Schwellwerte benötigt jedoch verschwin¬ dend geringe Ressourcen eines Mikrocomputers, so dass nun praktisch eine unbegrenzte Anzahl von Schwellwerten verwendet werden kann.
Die Adaption des beschriebenen Algorithmus auf neue Fahrzeug¬ insassen-Schutzsysteme macht also i. d. R. lediglich eine Än¬ derung der beschriebenen Schwellwerte erforderlich. Ggf. ist zusätzlich auch der hinterlegte Zusammenhang zwischen den Haupttermen und der Unfallschwere (also beispielsweise eine einfache Matrix) anzupassen. Auch dies ist im Vergleich zu
der in früheren Algorithmen erforderlichen komplett neuen An¬ passung des Algorithmus ein verschwindend geringer Aufwand.
Auch die Tatsache, dass die optimalen Auslösezeitpunkte für die einzelnen Fahrzeuginsassen-Schutzsysteme unabhängig von der Berechnung des gemeinsamen Unfallschwerefaktors berechnet werden, macht sich positiv bemerkbar. Wiederum erleichtert dies eine Anpassung auf verschiedene Fahrzeugtypen sowie die Verarbeitung neuer zusätzliche Informationen, wie beispiels- weise Insassengewicht oder Insassenposition. Auch eine auf verschiedene Computersysteme verteilte Berechnung ist denk¬ bar.
Ferner gehört zum Umfang der Erfindung ein Computerprogramm, das bei Ablauf auf einem Computer oder Computer-Netzwerk das erfindungsgemäße Verfahren in einer seiner Ausgestaltungen ausführt .
Weiterhin gehört zum Umfang der Erfindung ein Computerpro¬ gramm mit Programmcode-Mitteln, um das erfindungsgemäße Ver¬ fahren in einer seiner Ausgestaltungen durchzuführen, wenn das Programm auf einem Computer oder Computer-Netzwerk ausge¬ führt wird. Insbesondere können die Programmcode-Mittel auf einem computerlesbaren Datenträger gespeichert sein.
Außerdem gehört zum Umfang der Erfindung ein Datenträger, auf dem eine Datenstruktur gespeichert ist, die nach einem Laden in einen Arbeits- und/oder Hauptspeicher eines Computers oder Computer-Netzwerkes das erfindungsgemäße Verfahren in einer seiner Ausgestaltungen ausführen kann.
Auch gehört zum Umfang der Erfindung ein Computerprogramm- Produkt mit auf einem maschinenlesbaren Träger gespeicherten Programmcode-Mitteln, um das erfindungsgemäße Verfahren in einer seiner Ausgestaltungen durchzuführen, wenn das Programm auf einem Computer oder Computer-Netzwerk ausgeführt wird.
Dabei wird unter einem Computer-Programmprodukt das Programm als handelbares Produkt verstanden. Es kann grundsätzlich in beliebiger Form vorliegen, so zum Beispiel auf Papier oder einem computerlesbaren Datenträger und kann insbesondere über ein Datenübertragungsnetz verteilt werden.
Schließlich gehört zum Umfang der Erfindung ein moduliertes Datensignal, welches von einem Computersystem oder Computer- netzwerk ausführbare Instruktionen zum Ausführen eines Ver¬ fahrens nach einem der vorhergehenden Verfahrensansprüche enthält .
Im Folgenden wird die Erfindung anhand von Ausführungsbei¬ spielen näher erläutert, die in den Figuren schematisch dar¬ gestellt sind. Die Erfindung ist jedoch nicht auf die Bei¬ spiele beschränkt. Gleiche Bezugsziffern in den einzelnen Fi¬ guren bezeichnen dabei gleiche oder funktionsgleiche bzw. hinsichtlich ihrer Funktionen einander entsprechende Elemen¬ te. Im Einzelnen zeigt:
Fig. 1 eine schematische Darstellung der Ermittlung charak¬ teristischer Kriterien aus physikalischen Messgrößen und die Bildung unfalltypischer Terme;
Fig. 2 eine schematische Darstellung einer Ableitung von Un¬ fallschwerefaktoren aus den unfalltypischen Termen sowie eine Ermittlung eines gemeinsamen Unfallschwe¬ refaktors und der Vergleich mit vorgegebenen Schwell- werten;
Fig. 3 eine schematische Darstellung eines Verfahrens zur Berechnung von Zusammenhängen zwischen unfalltypi¬ schen Termen und einer Verletzungsschwere;
Fig. 4 eine schematische Darstellung der logischen Verknüp- fung eines Verfahrens zur Steuerung von Kraftfahr¬ zeuginsassen-Schutzsystemen, eines Verfahrens zur Be-
rechnung optimaler Auslösezeitpunkte und eines Siche¬ rungsalgorithmus .
In Fig. 1 ist schematisch dargestellt, wie aus physikalischen Messgrößen 110 (welche hier als "Input Signals 4KHz" bezeich¬ net sind) in mehreren Schritten unfalltypische Terme 112 (in diesem Beispiel Term 1 bis Term 8) abgeleitet werden. Die da¬ zu erforderlichen Verfahrensschritte sind in die Abschnitte Signalverarbeitung 114 (hier "Input Data Filtering"), Krite- rienbildung 116 (hier "Calculation of Measures"), Kriterien¬ auswertung 118 (hier: "Evaluation of Measures") und Termbil- dung 120 (hier: "Terms") unterteilt.
Im ersten Verfahrensschritte 114 wird zunächst das bzw. die physikalischen Messgrößen 110 gefiltert. Es handelt sich in diesem einfachen Beispiel um das Signal eines Beschleuni¬ gungssensors. Bei der Signalverarbeitung 114 wird dieses Ein¬ gangssignal 110, welches mit einer Abtastrate von 4 kHz auf¬ genommen wird, durch Frequenzfilterung (Tiefpass) in ein auf- bereitetes Beschleunigungssignal 122 als Funktion der Zeit umgewandelt, welches eine Abtastrate von nur noch 1 kHz auf¬ weist .
Anschließend werden in Schritt 116 aus diesem aufbereiteten Beschleunigungssignal vier unfallcharakteristische Kriterien berechnet, nämlich die Fenstergeschwindigkeit 126 (hier: "Window Velocity"), die differentielle Geschwindigkeit 128 (hier: "Delta Velocity"), der Beschleunigungsanstieg 130 (hier: "Acceleration Rise") und die Signaldynamik 132 (hier: "Signal Dynamik") . Diese Größen sind hier jeweils als Funkti¬ on der Zeit (als Beispiel einer Fortschrittsvariablen) sche¬ matisch dargestellt.
Die Fenstergeschwindigkeit 126 ergibt sich durch Integration des aufbereiteten Beschleunigungssignals 122 über eine vorge¬ gebene Zeitspanne. Die differentielle Geschwindigkeit 128 be¬ rechnet sich ähnlich, jedoch durch Integration über eine im
Vergleich zur Berechnung der Fenstergeschwindigkeit 126 kür¬ zere vorgegebene Zeitspanne.
Der Beschleunigungsanstieg 130 stellt den Betrag der Ablei- tung des aufbereiteten Beschleunigungssignals 122 als Funkti¬ on der Zeit dar. Die Signaldynamik 132 ist das Ergebnis einer spektralen Zerlegung des aufbereiteten Beschleunigungssignals 122. Die Signaldynamik 132 ist proportional zur Oszillation¬ samplitude des aufbereiteten Beschleunigungssignals 122 in- nerhalb eines bestimmten, vorgegebenen Spektralbereichs.
Die so berechneten charakteristischen Kriterien werden dann in Schritt 118 mit vorgegebenen Schwellwertfunktionen vergli¬ chen. In Graph 134 ist dies als Beispiel für die Fensterge- schwindigkeit 126 dargestellt. In diesem Fall ist die Fens¬ tergeschwindigkeit 126 und die Schwellwertfunktion 136 wieder als Funktion der Zeit dargestellt. Es könnte jedoch analog (wie oben beschriebenen) auch eine andere Fortschrittsvariab¬ le verwendet werden.
Die Schwellwertfunktion 136 ist im vorgegebenen Beispiel nicht konstant, verläuft jedoch abschnittsweise linear. Dies erleichtert die Parametrisierung dieser Schwellwertfunktion erheblich, da nun beispielsweise bei einer Kalibrierung nur eine Konstante angepasst werden müsste.
In diesem Beispiel wird die Differenz zwischen Schwellwert¬ funktion 136 und Fenstergeschwindigkeit 126 integriert ab dem Zeitpunkt t*, in dem die Fenstergeschwindigkeit 126 die Schwellwertfunktion 136 unterschreitet. Die Integration wird durchgeführt bis zum Zeitpunkt T, in dem die Schwellwertfunk¬ tion 136 abbricht (d. h. in dem der Definitionsbereich en¬ det) . Das Integral dieser Differenz ist in Fig. 1 als schraf¬ fierte Fläche 138 symbolisch dargestellt.
Dieses Integral bildet den Term 1 der unfalltypischen Terme 112. Analog werden weitere unfalltypische Terme gebildet, wo-
bei die Anzahl der Terme nicht notwendigerweise der Anzahl der charakteristischen Kriterien (in diesem Beispiel 5) ent¬ sprechend muss. So können beispielsweise mehrere Schwellwert¬ funktionen mit den charakteristischen Kriterien verglichen werden.
In Fig. 2 ist dargestellt, wie aus den in Fig. 1 generierten Termen 112 auf einen gemeinsamen Unfallschwerefaktor 210 ge¬ schlossen wird. Die dafür erforderlichen Verfahrensschritte werden eingeteilt in einen Verfahrensschritt der Termauswer- tung 212 (hier: "Evaluation"), einen Abbildungsschritt 214 (hier: "Mapping Function") und eine Unfallschwereanalyse 216 (hier: "Crash Severity") .
Zunächst werden die Terme 112 in mehrere Cluster 218 einge¬ teilt, welche jeweils einen Hauptterm (im oberen dargestell¬ ten Cluster der Term 4, im unteren Cluster der Term 5) und mehrere Nebenterme enthalten. Einzelne Terme können dabei in mehreren Clustern gleichzeitig auftreten. Es kann auch ein Term in einem Cluster gleichzeitig als Haupt- und als Neben- term auftreten.
Jedem Cluster ist ein logischer Bedingungsblock 220, 222 ("Conditions") zugeordnet, in welchem die Nebenterme ausge- wertet und logisch verknüpft werden. Diese Auswertung und Verknüpfung ist Bestandteil des Auswertungsschritts 212. In Abhängigkeit von dem Ergebnis dieses Auswertungsschritts 212 wird entschieden, ob der jeweilige Hauptterm eines Clusters einem Abbildungsschritt 214 unterworfen wird oder nicht. In diesem einfachen Beispiel ist dies durch einen "Schalter" 224, 226 symbolisiert. Ein Schalter stellt ein Beispiel für eine digitale Logik dar, das heißt in Abhängigkeit von der Erfüllung bestimmter Bedingungen in den Bedingungsblöcken 220, 222 wird der jeweils zugehörige "Schalter" 224, 226 ent- weder geöffnet oder geschlossen. Dementsprechend wird dann für den jeweiligen Hauptterm der Abbildungsschritt 214 nicht durchgeführt oder durchgeführt.
Alternativ könnte, wie oben dargestellt, auch eine Fuzzy- Logik verwendet werden, bei welcher die Erfüllung bestimmter Bedingungen der Bedingungsblöcke 220, 222 nicht digital beur- teilt wird, sondern entsprechend einer Abweichung von der Er¬ füllung dieser Bedingungen den jeweiligen Haupttermen Rele¬ vanzfaktoren zugeordnet werden. Dabei könnte beispielsweise ein Relevanzfaktor von "1" (100%) einer vollständigen Erfül¬ lung der jeweiligen Bedingung entsprechen, ein Relevanzfaktor von "0" (0%) einer absoluten Nichterfüllung dieser Bedingung. Wie oben beschrieben ist diese "weiche Logik" zu bevorzugen, da auf diese Weise vergleichsweise einfach ein stetiger Ver¬ lauf des später zu ermittelnden gemeinsamen Unfallschwerefak¬ tors sichergestellt werden kann.
Entsprechend der Erfüllung der Bedingungen 220, 222 im Aus¬ wertungsschritt 212 wird dann in Abbildungsschritt 214 für jeden Hauptterm ein Unfallschwerefaktor abgeleitet. Dabei wird jeweils ein bekannter Zusammenhang zwischen dem jeweili- gen Hauptterm und der Unfallschwere ausgenutzt. Diese Zusam¬ menhänge sind in den Grafen 228, 230 symbolisch dargestellt. Jedem Wert eines Hauptterms wird ein bestimmter Wert eines Unfallschwerefaktors zugeordnet. Auf diese Weise wird aus je¬ dem Hauptterm ein separater Unfallschwerefaktor hergeleitet.
Diese separat ermittelten Unfallschwerefaktoren werden an¬ schließend zu einem gemeinsamen Unfallschwerefaktor kombi¬ niert (in Fig. 2 symbolisch dargestellt durch die Zusammenfü- gungspfeile 232) . Dabei werden in einer bevorzugten Ausfüh- rungsform die oben erwähnten Relevanzfaktoren mit eingerech¬ net. So könnte sich beispielsweise ergeben, dass der über den oberen der beiden dargestellten Termcluster 218 aus dem Zu¬ sammenhang 228 ermittelte Unfallschwerefaktor eine Relevanz von 90% hat, der aus dem unteren dargestellten Termcluster 218 aus dem Zusammenhang 230 ermittelte Unfallschwerefaktoren hingegen lediglich eine Relevanz von 20%. Dementsprechend kann nun durch eine gewichtete Mittelwertbildung oder durch
eine Maximalwertbildung aus diesen Unfallschwerefaktoren der gemeinsame Unfallschwerefaktor 210 berechnet werden.
Der so ermittelte gemeinsame Unfallschwerefaktor 210 ist im Grafen 234 als Funktion der Zeit (es könnte wiederum auch ei¬ ne andere Fortschrittsvariable verwendet werden) dargestellt und als "Crash Severity" bezeichnet. Anhand dieses gemeinsa¬ men Unfallschwerefaktors 210 wird nun in Schritt 216 die ei¬ gentliche Unfallschwereanalyse 216 durchgeführt und dement- sprechend eine Entscheidung über die Steuerung der Kraftfahr¬ zeuginsassen-Schutzsysteme getroffen.
Diese Entscheidung erfolgt in dem in Fig. 2 dargestellten einfachen Beispiel anhand von drei konstanten Schwellwerten 236, 238, 240. Dabei entspricht der Schwellwert 236 einer Auslösung eines Gurtstraffers ("BeIt Pretensioner") . Sobald der gemeinsame Unfallschwerefaktor 210 diesen Schwellwert 236 überschreitet, wird die Entscheidung getroffen, dass bei die¬ sem Unfall die Gurtstraffung ausgelöst werden soll. Analog wird bei einem Überschreiten der Schwellwerte 238 und 240 die erste bzw. zweite Stufe (Stage 1, Stage 2) eines Airbags ge¬ zündet .
In Fig. 3 ist symbolisch dargestellt, wie die in Fig. 2 dar- gestellten Zusammenhänge 228, 230 zwischen den Haupttermen und der Unfallschwere ermittelt werden. Dabei werden zunächst Bedingungen für einen bestimmten Unfall angenommen. Üblicher¬ weise werden dabei standardisierte Bedingungen gewählt, wel¬ che sich bei Crashtests international durchgesetzt haben. So sind typische Unfallbedingungen: ein Aufprall auf eine starre Wand in einem Winkel (Fahrtrichtung relativ zur Senkrechten zur Wand) von 0°, einen versetzter Aufprall auf einen bewegliches Hinder¬ nis mit Teilüberdeckung ("Offset Deformable Barrier", ODB - entspricht einem versetzen Frontalzusammenstoß), - Aufprall auf einen starren Pfosten (Pole) und
Aufprall auf eine starre Wand in einem Winkel von 30°.
Diese Unfallbedingungen, gemeinsam mit der Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs vor dem Aufprall, bilden die in Schritt
310 festzulegenden Unfallbedingungen ("Crash Configuration") . Aus diesen Unfallbedingungen wird der Impulsübertrag 312
(Crashpulse) auf das Kraftfahrzeug berechnet.
Aus diesen Eingangsgrößen wird dann in Schritt 314 das Ver¬ halten des Kraftfahrzeugs mitsamt einem oder mehreren Insas- sen simuliert. Für diese Simulationsrechnungen können in der Kraftfahrzeugentwicklung standardmäßig eingesetzte kommer¬ zielle Simulationsprogramme 316 verwendet werden. Dabei han¬ delt es sich üblicherweise um Starrkörpersimulationsprogramme oder Finite-Elemente-Simulationsprogramme, wie beispielsweise die Simulationssoftware "Madymo". Diese Simulationsprogramme berechnen das Verhalten eines Kraftfahrzeuginsassen ("Dum- my"), unter Einwirkung eines Airbags, der Sicherheitsgurte
("BeIt"), des Sitzes ("Seat"), des Armaturenbretts ("Dashbo- ard") und der Autoinnenverkleidung ("Car Interior") beim Auf- prall. Dabei werden verschiedene Randbedingungen, wie bei¬ spielsweise Materialdaten ("Material Data") berücksichtigt.
Aus diesem Simulationsmodell kann dann in Schritt 316 die Be¬ lastung eines Kraftfahrzeuginsassen bei diesem speziellen Un- fall abgeleitet werden. Dabei werden, wie oben beschrieben, die verschiedenen Körperpartien separat betrachtet und die jeweiligen Belastungen 318 dieser Körperpartien berechnet. So werden beispielsweise die Beschleunigung des Kopfes ("Head Acceleration") , sonstige Kopfbelastungen ("Head Injury Crite- ria", HIC), die Beschleunigung des Brustkorbes ("Chest Acce¬ leration"), die Verformung des Brustkorbes ("Chest Deflecti- on") , die Beckenbeschleunigung ("Pelvis Acceleration"), die Oberschenkelbelastung ("Femur Loads") und weitere, zumeist international bei Crashtests standardmäßig verwendete Belas- tungen von Körperpartien berechnet. Diese Belastungen werden jeweils mit Wichtungsfaktoren 320 ("Weighting Factors") ver¬ sehen und aufsummiert, so dass als gewichteter Mittelwert der
"Injury Severity Index" IrSiX 322 (siehe oben) entsteht. Al¬ ternativ könnten statt des Injury Severity Index auch andere, die Unfallschwere charakterisierende Größen verwendet werden.
Auf diese Weise wird nun für eine hohe Zahl von verschiedenen Unfällen (verschiedene Unfalltypen, verschiedene Geschwindig¬ keiten - siehe oben) der Unfallschwerefaktor IrSiX 322 be¬ rechnet und jeweils elektronisch in einer Tabelle (Lookup- Table) gespeichert. Die Terme 112 in Fig. 1 werden so ge- wählt, dass ein Hauptterm jeweils einem Unfalltyp entspricht, so dass durch Vergleich des Hauptterms mit den in der Lookup- Table hinterlegten Werten jeweils der Unfallschwerefaktor ab¬ gelesen werden kann.
In Fig. 4 ist schematisch dargestellt, wie drei Algorithmen kombiniert werden, um entsprechende Kraftfahrzeuginsassen- Schutzsysteme zu steuern. Im oberen Teil 410 wird, wie oben beschrieben, mittels der vorhergesagten Unfallschwere (Crash Severity Judgement) entschieden, ob bestimmte Kraftfahrzeug- insassen-Schutzsysteme ausgelöst werden sollen oder nicht. In diesem einfachen Beispiel handelt es sich um die erste und die zweite Stufe eines Airbags (Stage 1, Stage 2) und um ei¬ nen Gurtstraffer.
Analog wird im untersten schematisch abgebildeten Algorithmus 412 entsprechend dem oben beschriebenen Verfahren aus einer vorhergesagten Kraftfahrzeuginsassen-Bewegung ("Occupant Mo¬ vement", "Predicted Displacement") der optimale Auslösezeit¬ punkt für jedes Kraftfahrzeuginsassen-Schutzsystem berechnet.
Parallel zu diesen beiden beschriebenen Algorithmen wird in diesem Beispiel noch ein weiterer Sicherheitsalgorithmus 414 durchgeführt, welcher die Eingangssignale einer Plausibili- tätsbetrachtung ("Safing / Plausibility") unterzieht. Wie o- ben beschrieben, können mittels dieses Algorithmus beispiels¬ weise Fehlfunktionen der Sensorsysteme oder des Rechnersys-
tems erkannt und somit eine unerwünschtes Auslösen von Kraft¬ fahrzeuginsassen-Schutzsystemen verhindert werden.
Die Ergebnisse dieser drei Algorithmen 410, 412, 414 werden schließlich in Schritt 416 logisch miteinander verknüpft und daraus zu jedem Zeitpunkt entschieden, ob ein bestimmtes Kraftfahrzeuginsassen-Schutzsystem ausgelöst werden soll oder nicht ("Fire OR No Fire", 418) . Diese logische Verknüpfung ist in Fig. 4 symbolisch durch ein "&" dargestellt, wobei es sich jedoch auch häufig um komplexere logische Verknüpfungen als ein logisches UND handelt. Im einfachsten und hier darge¬ stellten Fall ist ein logisches UND jedoch ausreichend.
Erst wenn alle drei Algorithmen positive Ergebnisse liefern, wird ein bestimmtes Kraftfahrzeuginsassen-Schutzsystem ausge¬ löst. So erfolgt beispielsweise die Zündung der ersten Stufe eines Airbags erst, wenn in Algorithmus 410 entschieden wur¬ de, dass diese erste Stufe gezündet werden soll und wenn Al¬ gorithmus 412 das Ergebnis liefert, dass nun der optimale Zeitpunkt der Auslösung dieser ersten Stufe gekommen ist und wenn Algorithmus 414 eine Freigabe dahingehend liefert, dass keine Fehlfunktion vorliegt.