System zum Absenken des Vorderwagens eines Kraftfahrzeugs zum Schutz von Fußgängern beim Aufprall, sowie Verfahren hierfür
B e s c h r e i b u n g
Die vorliegende Erfindung betrifft ein System zum Absenken des Vorderwagens eines Kraftfahrzeuges, mit einem aktiven Frontfahrwerk mit einer auf das Frontfahrwerk einwir¬ kenden elektronischen Fahrwerkskontrolle mit einer Steue¬ rungseinheit sowie einem mit der elektronischen Fahrwerkskon¬ trolle verbundenen Fußgänger-Crashsensor, nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Die Erfindung betrifft ferner ein Verfahren zum Absenken des Vorderwagens eines Kraftfahrzeuges nach dem O- berbegriff des Anspruchs 4.
Die Hersteller von Kraftfahrzeugen entwickeln laufend sicherere Kraftfahrzeuge, um die Folgeschäden bei einem un- vermeidbaren Aufprall eines Fußgängers mit einem Kraftfahrzeug soweit als möglich zu reduzieren. Dementsprechend sollen un¬ terschiedliche, konstruktive Maßnahmen dazu führen, dass im Falle eines Aufpralls der Fußgänger möglichst auf die Motorhaube aufgekippt wird. Damit lässt sich das Verletzungsrisiko eines Fußgängers bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug wesentlich reduzieren.
Zur Unterstützung dieses Aufkippens des Fußgängers auf die Motorhaube wurde beispielsweise bereits vor Jahrzehnten in der DE°30o03°5β8oOS darüber diskutiert, dass bei einer damals bekannten Stoßschutzvorrichtung der Fußgängerschutzteil als gepolsterter Querbalken ausgebildet sein soll, der tiefer als der eigentliche Stoßfänger und noch vor diesem angeordnet ist. Durch diesen unteren Querbalken sollte ein mit dem Fahrzeug kolli¬ dierender Fußgänger so tief erfasst werden, dass er nicht umgestoßen und anschließend überfahren, sondern auf den relativ weichen, verformbaren Fahrzeugbug aufgekippt wird, wodurch die Verletzungsgefahr oder zumindest die Schwere der Verletzungen wesentlich reduziert werden kann.
Ende der 90er Jahre wurde zusammen mit der europäischen Automobilindustrie über eine internationale Regelung zum fahrzeugseitigen Fußgängerschutz diskutiert. Es sollten Tests entwickelt werden, mit denen eine Kraftfahrzeug-Frontpartie nach folgenden Kriterien qualitativ beurteilt werden kann: a) Aufprall mit einem Unterschenkel, b) Aufprall mit einem O- berschenkel, c) Aufprall mit der Hüfte, und d) Aufprall mit dem Kopf auf einer Fronthaube eines Kraftfahrzeugs.
Diese Bemühungen der europäischen Automobilindustrie und des Gesetzgebers mündeten schließlich in der Richtlinie 2003/102/EG zum Schutz von Fußgängern und anderen ungeschützten Verkehrsteilnehmern vor und bei Kollisionen mit Kraftfahrzeugen.
Ein Teil der Kriterien zur Bewertung der Qualität von Kraftfahrzeug-Frontpartien gilt den Anforderungen bei einem Aufprall des Kopfes auf der Motorhaube. Dabei sollen für den Standard ACEA Phase 2 bei einem Unfall mit einem Fußgänger oder Radfahrer beim Kopfaufprall auf die Motorhaube ein Grenzwert von HIC 1.000 nicht überschritten werden.
Bei Anwendung des Standards ACEA Phase 2 wird, wie schon heute unter Anwendung des Standards NCAP, mit zwei un¬ terschiedlichen Impaktoren getestet. Mit einem sogenannten Kinderkopf-Impaktor wird der entsprechende Kinderkopfauf- prallbereich zwischen der Abwicklungslänge 1.000 mm und 1.500 mm überprüft. Dementsprechend wird mit einem sogenannten Er- wachsenen-Impaktor die dahinter liegende Aufprallzone mit einer Abwicklungslänge über 1.500 mm überprüft. Die sogenannten Abwicklungslängen leiten sich aus den jeweils angenommenen Standardkörpergrößen für Kinder und Erwachsene ab.
Bei der bisherigen Entwicklung hat sich jedoch ge¬ zeigt, dass die Einhaltung der Belastungsgrenzwerte an der vorderen Impaktbereichsgrenze für den Kinderkopfbereich kri- tisch ist. Insbesondere das Motorhaubenschloss, ■ der Motorhau¬ benpuffer, die Scheinwerfer und die obere Front der Kraft¬ fahrzeugnase liegen sehr nahe am Kinderkopf-Impaktbereich, wobei erschwerend hinzu kommt, dass dort häufig aufgrund von Package-- und/oder Styling-Anforderungen zusätzliche harte bzw. massive Komponenten (z.B. Kühler, etc.) untergebracht werden müssen, die eine mögliche Deformation der Haube in diesem Bereich zusätzlich stark einschränken.
Durch Einsatz eines aktiven Haubensystems mit an der
Motorhaubenhinterkante angeordneten Aktuatoren ist diese Problematik nur bedingt zu lösen. Bekannte Aktuatoren haben einen beschränkten Aktuatorweg. Die Haube lässt sich zwar an der Haubenhinterkante anheben, um einen erforderlichen Defor- mationsfreiraum zur Verfügung stellen zu können. Die Anhebung an der Haubenvorderkante ist jedoch durch den fixen Drehpunkt, den das Haubenschloss bildet begrenzt. Die Anhebung der Motorhaube dient zudem lediglich zur Bereitstellung von Deformationsraum.
Die Anhebung der Motorhaube hat jedoch keinen Einfluss auf den Start bzw. Beginn des Impaktbereiches, der nach wie vor nahe bei den harten Bauteilen in der Kraftfahrzeugnase beginnt.
Der geforderte Grenzwert gerade im vorderen Bereich des Kinderkopf-Aufprallfeldes ist wegen vorgenannter Gegeben¬ heiten und insbesondere mit Blick auf den begrenzten Deforma¬ tionsfreiraum und die Nähe von harten Bauteilen nicht oder nur bedingt zu erfüllen.
Demzufolge ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, unter Vermeidung der vorstehend diskutierten Nachteile, einen Lösungsweg aufzuzeigen, wie im Bereich des zu erwartenden Kinderkopf-Aufprallfeldes ein größerer Deformationsraum zur Verfügung gestellt werden kann.
Insbesondere ist es ein Aspekt der vorliegenden Er¬ findung, ein System hierfür anzugeben, das kostengünstig her¬ gestellt und zuverlässig betrieben werden kann. Ferner ist es ein Aspekt der Erfindung, ein Verfahren hierfür anzugeben.
Diese Aufgabe wird gelöst durch die Merkmale des Anspruchs 1, wie auch durch die Merkmale des Anspruchs 4.
Dabei wird erstmals ein System zum Absenken des
Vorderwagens eines Kraftfahrzeuges mit einem aktiven Front¬ fahrwerk mit einer auf das Frontfahrwerk einwirkenden, elekt¬ ronischen Fahrwerkskontrolle mit einer Steuerungseinheit sowie einem mit der elektronischen Fahrwerkskontrolle verbundenen Fußgänger-Crashsensor vorgeschlagen, wobei bei einem un¬ mittelbar bevorstehenden Aufprall eines Fußgängers auf den Kraftfahrzeugvorderwagen mittels eines vom Fußgänger-Crash¬ sensors erzeugbaren Signals, die elektronische Fahrwerkskon-
trolle derart aktivierbar ist, dass mittels des aktiven Frontfahrwerks eine Absenkung des Vorderwagens einleitbar ist.
Weiterhin wird erstmals ein Verfahren zum Absenken des Vorderwagens eines Kraftfahrzeuges mit einem aktiven Front¬ fahrwerk mit einer auf das Frontfahrwerk einwirkenden elekt¬ ronischen Fahrwerkskontrolle mit einer Steuerungseinheit, sowie einem mit der elektronischen Fahrwerkskontrolle verbundenen Fußgänger-Crashsensor, angegeben, wobei vom Fuß- gänger-Crashsensor aufgrund eines unmittelbar bevorstehenden Aufpralls eines Fußgängers auf den Kraftfahrzeugvorderwagen ein Signal erzeugt wird, das die Steuerungseinheit der elekt¬ ronischen Fahrwerkskontrolle empfängt, auswertet, und damit das aktive Frontfahrwerk derart aktiviert, dass eine Absenkung des Vorderwagens ausgeführt wird.
Beim Einsatz des vorgenannten Systems zur Absenkung des Vorderwagens wie auch bei der Ausführung des vorstehend ' diskutierten erfindungsgemäßen Verfahrens, wird der Vorderwagen unmittelbar vor demAufprall eines Fußgängers oder Radfahrers auf die Motorhaube durch gezielte Einflussnahme auf die Fahr- werkskomponenten in der Standhöhe reduziert. Dies bewirkt, dass der Kopf des Fußgängers oder Radfahrers in vorteilhafter Weise erst weiter hinten auf die Motorhaube auftreffen kann. Nach den Prüfverfahren verschiebt sich dementsprechend die vordere
Bereichsgrenze des Kinderkopf-Aufprallfeldes (Abwicklungslänge 1.000 mm) auf der Motorhaube in vorteilhafter Weise wesentlich weiter nach hinten. Dies hat einen positiven Einfluss auf die zu erwartenden Belastungswerte.
Erste interne Versuche der Anmelderin zeigen, dass sich damit die Grenzwerte in vorteilhafter Weise deutlich unter die HIC 1.000 bis zu HIC 800 und auch noch darunter drücken lassen.
Durch das Absenken des Vorderwagens kann der Beginn des Kopf-Aufprallbereiches zur Erhöhung des Fußgängerschutzes positiv in der Weise beeinflusst werden, dass dieser weiter hinten auf der Motorhaube zu liegen kommt. Denn durch die
Verringerung der Standhöhe an der Vorderachse wandert der Im- paktbereich auf der Haubenfläche weiter nach hinten. Damit kann in vorteilhafter Weise der vordere kritische Bereich mit den starren Hauben-/Packagekomponenten ausgespart werden. Eine zusätzliche Anhebung der Motorhaube im vorderen Bereich mittels aufwendiger Aktuatoren und eines komplexen neu zu entwickelnden Haubenschlosssystems, welches die Haube frei geben könnte, erübrigt sich somit. Dies bringt eine erhebliche Einsparung an Kosten und eine Reduzierung an Gewicht. Zudem wird die Gestaltung des vorderen Bereiches der Motorhaube weniger kritisch zu bewerten sein. Daraus ergibt sich in vorteilhafter Weise ein größerer Gestaltungsfreiraum für das Styling.
Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den Merkmalen der ünteransprüche.
So ist bei einer bevorzugten Ausführungsform des Systems zum Absenken des Vorderwagens eines Kraftfahrzeugs vorgesehen, dass mittels dem vom Fußgänger-Crashsensor erzeugten Signal eine Anhebung einer aktiven Motorhaube in deren in
Fahrzeuglängsrichtung hinteren Bereich einleitbar ist. Durch das zusätzliche Anheben einer aktiven Motorhaube im Bereich deren hinterer Kante lässt sich der zur Verfügung stehende Defor¬ mationsfreiraum nach hinten hin zusätzlich vergrößern. Auf diese Weise lässt sich nicht nur der Beginn des Aufprallbereiches eines Kinderkopfes in einen Bereich legen, der wesentlich unkritischer ist als beispielsweise der vordere Bug des Kraftfahrzeuges, sondern es ist zudem gewährleistet, dass auch besonders große
Personen, die beispielsweise größer sind als ein Stan¬ dard-Erwachsener dennoch eine ausreichende Deformationsfläche zur Verfügung haben, wenn diese versehentlich von einem Kraftfahrzeug erfasst werden. Gleichzeitig wird ein größerer Abstand zu den vorstehend erwähnten harten Bauteilen erzielt.
In einer weiter bevorzugten Ausführungsform ist vorgesehen, dass das aktive Frontfahrwerk regelbare Feder/ Dämpferelemente aufweist. Des weiteren kann der Fußgän- ger-Crashsensor beispielsweise als Wärmebildsensor, als Auf¬ prallsensor mit vorgegebenen Belastungsgrenzwerten, als op¬ tischer Sensor oder als Element zur Erfassung von Berührungen ausgebildet sein.
In weiter bevorzugten Ausführungsformen des Verfah¬ rens ist vorgesehen, dass das vom Fußgänger-Crashsensor erzeugte Signal von einer aktiven Motorhaube empfangen wird und eine Anhebung der aktiven Motorhaube beispielsweise durch geeignete Aktuatoren, in deren in Fahrzeuglängsrichtung hinteren Bereich einleitet. Ferner ist vorgesehen, dass die Höhe des Fahr¬ zeugvorderbaus durch Veränderung des Drucks in Fe¬ der-Dämpferelementen des Frontfahrwerks reguliert wird.
Dabei lässt sich das vorstehend diskutierte erfin- dungsgemäße System wie auch das Verfahren hierfür zur Absenkung des Vorderwagens besonders kostengünstig realisieren, wenn ein Kraftfahrzeug ohnehin eine aktive Motorhaube aufweist und schon standardmäßig über ein elektronisch geregeltes Fahrwerk verfügt. In diesem Fall können die bereits vorhandenen Komponenten sinnvoll zusätzlich genutzt und durch ein Zusammenführen ihrer Funktionen derart ergänzt werden, dass sich der Fußgän- ger-/Radfahrerschutz wesentlich erhöhen lässt.
So kann in einer beispielhaften Ausführungsform die Absenkung des Vorderwagens zum Fußgängerschutz beispielsweise durch zumindest an der Vorderachse angeordnete elektronisch geregelte Feder-/Dämpferelemente des Fahrwerks erzielt werden. Dabei kann der für ein aktives Motorhaubensystem vorhandene Crashsensor, der den Kontakt eines Fußgängers mit dem Kraft¬ fahrzeugvorderwagen erkennt bzw. vorhersieht, mit der Steue¬ rungseinheit der elektronischen Fahrwerkskontrolle gekoppelt werden. Diese regelt ihrerseits über Ventile den Druck in den Feder-/ Dämpfungselementen des Fahrwerks. Dabei kann die e- lektronische Fahrwerkskontrolle derart programmiert werden, dass bei einem Signal des Fußgänger-Crashsensors der Druck in den Feder-/Dämpferelementen an der Vorderachse herabgesetzt wird, so dass sich der Vorderwagen aufgrund des Eigengewichts absenkt. Dabei kann parallel ein Anheben der aktiven Motorhaube .im hinteren Bereich erfolgen, noch bevor der Fußgänger mit dem Kopf auf die Motorhaube auftrifft.