Feste Trägersysteme zum homogenen Nachweis von Wechselwirkungen von Biomolekülen ohne Waschschritte Beschreibung
Gegenstand der Erfindung sind feste Materialien, beispielsweise Glas- oder Plastikplatten, multiwell Mikrotiterplatten, Mikroskopie-Träger, Teststreifen und andere, die mit Biomolekülen, insbesondere fluoreszent markierten, kovalent oder unkovalent beschickt sind. Diese ermöglichen es, komplementäre Biomoleküle über die Messung der Änderung der Fluoreszenzintensität, der Fluoreszenz-Abklingzeit („Lifetime" oder „Decay time"), einem Energietransfer oder einer Löschung von Luminophoren direkt und ohne Waschschritte an der Grenzfläche nachzuweisen. Weiterhin ist Gegenstand der Erfindung ein Verfahren, das auf festen Materialien, beispielsweise Glas- oder Plastikplatten, Cellulosen, oder silikatische Materialien, multiwell Mikrotiterplatten, Mikroskopie-Trägern, Teststreifen und anderen, beruht, welche mit Biomolekülen kovalent oder unkovalent beschickt wurden, und eine Wechselwirkung von Biomolekülen über eine Änderung der Fluoreszenz-Abklingzeit und eventuell über Änderungen der Fluoreszenzintensität anzeigt.
Fluoreszenz und Phosphoreszenz (allgemein: Lumineszenz) werden in der Bioanalytik eingesetzt, um Wechselwirkungen zwischen zwei Reaktionspartnern nachzuweisen. Wechselwirkungen treten beispielsweise auf, wenn
(a) ein Antigen mit einem Antikörper reagiert, was zu Zwecken der Immunanalytik und -diagnostik eingesetzt werden kann;
(b) ein Oligonucleotid mit seinem Gegenstrang eine Doppelhelix bildet, was zu Zwecken der Genanalytik und -diagnose eingesetzt werden kann;
(c) ein Rezeptor einen Liganden bindet, was pharmakologischen Studien über Wirkungsorte und Bindungsaffinitäten erlaubt, und
(d) im Drug-Screening, wenn ein so genanntes Prodrug an einen Rezeptor oder ein Enzym bindet, was zu Zwecken der schnellen Identifikation von potentiellen Medikamenten, unter anderem im high-throughput screening, eingesetzt werden kann.
Diese und andere Wechselwirkungen werden auch oft unter dem Begriff (bio)molekulare Affinität subsummiert.
Die erwähnten Lumineszenzmethoden werden deshalb gerne verwendet, weil sie
* eine hohe Empfindlichkeit besitzen (die der von radioanalytischen Verfahren nahe kommt),
* von den Nachteilen des Umganges mit radioanalytischen Materialien frei sind, und * instrumenteil vergleichsweise einfach durchzuführen sind.
Gegenstand der Erfindung ist mindestens ein oder mehrere gleiche oder verschiedene lumineszent markierte Biomoleküle, die sich auf einem festen Untergrund, beispielsweise Glas- oder Plastikplatten befinden und unkovalent oder kovalent fixiert sind. Diese haben die Eigenschaft, ein passendes Gegenstück (Analyt), beispielsweise einen passenden Antikörper, ein passendes Antigen, ein passendes Oligonucleotid, oder ein anderes Biomolekül, das einen Komplex mit dem oder den fixierten Biomolekülen eingeht, innerhalb eines zuvor definierten Konzentrationsbereiches eindeutig quantitativ mit Hilfe von Lumineszenzmessungen nachzuweisen. Neu ist dabei insbesondere, dass keine Waschschritte nötig sind, um übserschüssige Analyten zu entfernen, bevor die Messung durchgeführt werden kann. Neu ist auch, dass die Messung an der Grenzfläche des Trägers und nicht in der überstehenden Flüssigkeit stattfindet. Gegenstand der Erfindung ist auch ein Verfahren zur eindeutigen, quantitativen Bestimmung von Biomolekülen im homogenen Test.
Es ist das Ziel vieler Untersuchungen, den Nachweis von Biomolekülen so einfach und schnell wie möglich zu gestalten. Eine der am häufigsten angewandten Methoden ist es, zwei komplementäre (d.h. fähig, spezifisch aneinander zu binden) Biomoleküle, beispielsweise zwei gegensätzliche Antikörper oder zwei komplementäre Oligonucleotide, miteinander zu einem Komplex, beispielsweise einem Immunkomplex, oder einem Oligonucleotidhybridkomplex, reagieren zu lassen und den Komplex dann quantitativ nachzuweisen. Darauf beruht zum Beispiel der so genannte ELISA (Enzyme Linked Immunosorbent Assay). Dort wird ein Antikörper auf einer Grundlage fixiert. Anschließend wird das gesuchte Antigen oder der gesuchte Antikörper darauf inkubiert. Nach Waschschritten folgt die Inkubation mit einem weiteren Antikörper, der einen sogenannten „Sandwich" mit den besetzten Stellen herstellt und, nach weiteren Waschschritten, anschließend eine Farbreaktion vermittelt. Über die Farbreaktion wird die Menge des gesuchten Biomoleküls bestimmt. Nachteilig sind dabei die mehrfachen Waschschritte zur Entfernung überschüssiger Moleküle, die andernfalls eine Verfälschung des Ergebnisses erzeugen würden, sowie die unterschiedlichen Inkubationszeiten, die genau eingehalten werden müssen, und die Menge an verbrauchten Chemikalien insgesamt.
Die Immobilisierung von Biomolekülen zur Bestimmung komplementärer Analyten wird beispielsweise in EP 1 024 363 oder EP 0 955 377 beschrieben. In beiden Patenten wird jedoch explizit darauf hingewiesen, dass die Messung in der überstehenden Lösung über der Festphase vorgenommen werden muss. Deshalb ist insbesondere in EP 0 955 377 eine enzymatische Detektionsreaktion nötig, die durch Umsetzung von Substraten die Quantifizierung ermöglicht.
Bei bisher auf dem Untergrund fixierten Biomolekülen wurde außerdem häufig Verfahren eingesetzt, bei dem gebundene Analyte mit einer Lösung überspült wurden, die ein lumineszentes bindendes Biomolekül beinhaltete. Bei herkömmlicher Lumineszenzdetektion musste ein Überschuss von
ungebundenem lumineszentem Biomolekül erst entfernt werden, bevor die Konzentration des zu analysierenden Biomoleküls bestimmt werden konnte. Neu ist auch, dass dieses nicht mehr entfernt werden muss, da durch die Lumineszenz-Abklingzeitmessung gebundenes und ungebundenes Biomolekül voneinander unterschieden werden kann.
Bei Einsatz eines zeitauflösenden Messverfahrens gilt folgendes: Die Lumineszenz vieler Marker klingt im Nanosekundenbereich bis Millisekundenbereich ab (typischerweise 0,1 ns - 1 ms). Als Abklingzeit T bezeichnet man jene Zeit (Fig. 1), nach der die Lumineszenzintensität eines Luminophores (Ft) auf den Bruchteil 1/e der anfänglichen Fluoreszenzintensität (F0) gefallen ist; es gilt im einfachsten Fall die Beziehung Ft = F0-e_tτ. Gängige Verfahren zur Messung sind beispielsweise die Pulsfluorometrie oder die Phasenfluorometrie.
Neu ist eine Zubereitung, die bereits fertig präpariert auf einem Untergrund vorliegt, so dass der Anwender nur noch in einem Schritt den Analyten zugibt und dann - ohne zu waschen - qualitativ oder quantitativ die Konzentration bestimmt.
Neu ist außerdem, dass die quantitative Bestimmung des Analyten mit Hilfe eines einzigen luminophor-markierten Moleküls erfolgen kann, das an einen Untergrund fixiert ist.
Neu ist auch, dass die Messung Luminophore an der Oberfläche des Trägers, beziehungsweise an dessen Grenzfläche zur Lösung erfasst, und nicht in der überstehenden Lösung.
Mit Luminophor versehene Biomoleküle wurden in einer Mikrotiterplatte am Trägermaterial unkovalent fixiert. Es wurde überraschend festgestellt, dass sich bei Zugabe eines komplementären Biomoleküls dieses quantitativ aufgrund der Änderung der Lumineszenz-Abklingzeit (auch Lifetime oder Decay time genannt) im Mikro- oder Nanosekundenbereich nachweisen
lässt. Besonders erstaunlich war dabei, dass die Fixierung des markierten Biomoleküls am Untergrund die Abklingzeit, wie auch den Energietransfer oder die Löschung des Fluoreszenzfarbstoffes nicht so negativ beeinflusst hat, dass diese nicht mehr zum Nachweis der Komplexbildung herangezogen werden konnten. Vielmehr ließ sich eine eindeutige Konzentrationsabhängigkeit nachweisen. Der enorme Vorteil dieser Methode besteht darin, dass ohne Waschschritte und ohne häufige Inkubationsintervalle der quantitative Nachweis des Biomoleküls geführt werden kann.
Erfindungsgemäß lassen sich folgende Produkte und Verfahren beschreiben:
1. Ein Biomolekül wird entweder zuerst mit einem Luminophor kovalent markiert und danach kovalent oder unkovalent auf einem festen Träger fixiert. Alternativ wird das Biomolekül zuerst fixiert und dann markiert. Danach wird eine Lösung mit dem gesuchten, komplementären Biomolekül auf den Träger aufgegeben und inkubiert. Nach Messung der Lumineszenzintensität und/oder -Abklingzeit wird nach einer zuvor bestimmten Konzentrationsabhängigkeit die Menge des gebundenen Biomoleküls bestimmt. Ein oder mehrere weitere Biomoleküle können zur Signalverstärkung oder Absättigung hinzugefügt werden. 2. Ein Biomolekül wird kovalent oder unkovalent auf einem Träger fixiert. Eine definierte Menge komplementäres Biomolekül wird mit einem Luminophor kovalent markiert und zusammen mit einer Lösung mit dem komplementären Analyten auf den Träger aufgegeben und inkubiert. Nach Messung der Lumineszenzintensität und/oder -Abklingzeit wird nach einer zuvor bestimmten Konzentrationsabhängigkeit die Menge des gesuchten Biomoleküls bestimmt. Ein oder mehrere weitere Biomoleküle können zur Signalverstärkung oder Absättigung hinzugefügt werden.
3. Ein Biomolekül wird kovalent oder unkovalent auf einen Träger fixiert. Eine definierte Menge nicht-komplementäres Biomolekül, das die Möglichkeit hat, mit dem gesuchten Biomolekül in Wechselwirkung zu treten, wird mit einem Luminophor kovalent markiert und auf den Träger gegeben Danach wird eine Lösung mit dem gesuchten, mit beiden vorhandenen Biomolekülen komplementären Biomolekül auf den Träger aufgegeben und inkubiert. Nach Messung der Lumineszenzintensität und /oder -Abklingzeit wird nach einer zuvor bestimmten Konzentrationsabhängigkeit die Menge des gesuchten Biomoleküls bestimmt. Ein oder mehrere weitere Biomoleküle können zur Signalverstärkung oder Absättigung hinzugefügt werden.
Zusätzlich können weitere Farbstoff- oder Luminophor-Markierungen durchgeführt werden.
Figur 1 zeigt das Verfahren zur Bestimmung der Abklingzeit aus den Intensitäten der Messfenster Ai und A2 nach der angegebenen Gleichung.
Figur 2 zeigt, dass die Fluoreszenzabklingzeit mit zunehmender Menge an biotinyliertem BSA von 0,4 ns auf 2,3 ns ansteigt.
Beispiel: Im Folgenden ist ein typisches Beispiel beschrieben, bei dem biotinylierf.es Rinderserumalbumin (BSA) quantitativ in einer 96-well-Mikrotiterplatte bestimmt wurde, die mit fluoreszenz-markiertem Streptavidin belegt war.
Eine mit Streptavidin belegte 96-well Mikrotiterplatte wurde zweimal mit PBS, und einmal mit Carbonatpuffer gewaschen. Der aminoreaktive
Fluoreszenzfarbstoff 2-[3-(2,6-Dimethyl-pyran-4-ylidene)-propenyl]-1,3,3- trimethyl-3H-indolium tetrafluoroborate wurde zugegeben, und 2 Stunden
inkubiert. Nach dreimaligem Waschen mit PBS ist die Platte zur quantitativen Bestimmung von biotinyliertem BSA geeignet.
Lösungen von biotinyliertem BSA unterschiedlicher Konzentrationen (0-10"7 mol/L; 0-2-10"11 mol) wurden in die beschichteten Mikrotiterplatten pipettiert. Nach einer Inkubationszeit von 30 min bei Raumtemperatur wird die Fluoreszenzabklingzeit in Abhängigkeit von der Konzentration des biotinylierten BSA bestimmt. Die Auftragung der Fluoreszenzabklingzeit gegen die Konzentration des biotinylierten BSA ergibt die Bindungskurve, mit deren Hilfe unbekannte Konzentrationen von biotinyliertem BSA bestimmt werden können.
Die nachfolgende Graphik zeigt, dass die Fluoreszenzabklingzeit mit zunehmender Menge an biotinyliertem BSA von 0,4 ns auf 2,3 ns ansteigt. Siehe Figur 2.