Struktur eines Geschosses
Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf eine Struktur eines Geschosses nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1.
In Geschossen mit Hohlladungen und Mehrfachsprengköpfen treten beim und nach dem Aufprall im Ziel hohe Schockenergien auf, welche die Wirkladung stören, deren Leistung vermindern oder sogar ausser Funktion setzen.
Es ist u.a. allgemein bekannt, dass in sogenannten Tandem- Hohlladungen sowohl der Aufprallschock, als auch die Zündung der Vorladung die Ausbildung eines hochenergetischen Strahls verhindern können.
Es ist daher Aufgabe der Erfindung eine schockabsorbierende Struktur für ein Geschoss zu schaffen, welche dessen Sy- stemsicherheit erhöht und insbesondere eine vorzeitige Initiierung der Hauptladung verhindert.
Die im Ziel auftretenden Störungen sollen minimiert werden; Einflüsse von aktiven Panzerungen (Explosive Reactive Armor = ERA) auf die Wirkleistung des Geschosses sollen dabei ebenfalls reduziert werden. .
Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst .
Die im Patentanspruch erwähnten Ladungen sind meist Hohlladungen und bilden somit eine Tandem-Hohlladung. Es sind aber auch andere geformte Ladungen und Kombinationen davon denkbar, wie beispielsweise eine vordere Projektil-Ladung
und eine hintere konventionelle Ladung (u.a. nach EP -Bl- 0 955 517. Ebenso lassen sich Mehrfachsprengköpfe nach dem gleichen Grundprinzip realisieren.
Der Erfindungsgegenstand geht von der Erkenntnis aus, dass die Geschosshülle im Bereich ihrer vorderen (ersten) Ladung dünnwandig sein kann, wenn auf äussere massive Strukturen verzichtet wird, welche den Gasschlag der ersten Ladung umlenken. Ebenfalls ist das Distanzrohr dünnwandig und verhindert durch eine kontinuierliche Vergrösserung seines Durchmessers eine direkte Weiterleitung des Aufprallschocks auf das Zentrum der zweiten Ladung. Der am Ziel entstehende hohe Innendruck lässt das Distanzrohr bersten, die einzelnen Fragmente fliegen in radialer Richtung weg, ohne die zweite Ladung zu behindern.
Die zweite Ladung weist gegenüber der ersten Ladung ein um wenigstens den Faktor 2 grösseres Kaliber auf; dementsprechend steigt auch der Durchmesser des Distanzrohrs an. Die Länge des Distanzrohrs, d.h. der Abstand zwischen den beiden Ladungen beträgt wenigstens das Zweifache des zweiten Kalibers.
Die ebenfalls erwähnten ringförmigen Flansche wirken als Schockbarrieren und reduzieren die mechanische Belastung der Zündsysteme und der Ladungen.
Beschleunigungsmessungen an Geschossen mit Tandem-Hohladun- gen, die eine nach den Merkmalen des Patentanspruchs gestaltete Struktur aufweisen zeigen am Ort der Hauptladung relativ kleine g-Werte (9,81 ms-2). Ebenfalls sind die den Wirkstrahl besonders störenden Vibrationen minimal. Belegt
ist dies bei abgefeuerten Geschossen durch die im Ziel erreichte hohe Bohrleistung des Hohladungsstrahls.
In abhängigen Ansprüchen sind vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung aufgezeigt.
Die Teilung des Distanzrohrs gemäss Anspruch 2 hat fertigungstechnische und kinematische Vorteile.
Die Ausführungsform nach Anspruch 3 ist sehr platzsparend und nimmt in idealer Weise den Aufschlagimpuls zur Inbetriebsetzung der Zündvorrichtung auf.
Durch eine metallische Kalotte lassen sich die beim Aufprall und der Zündung der Vorladung entstehenden Schockwellen auf den Gehäusemantel umleiten; Anspruch 4.
Vorteilhaft ist nach Anspruch 5 eine Vergrösserung der freien Weglänge des durch eine hintere Hohlladung gebilde- ten Stössels.
Ein direktes Aufsetzen der Kalotte entsprechend dem Anspruch 6 reduziert die freie Weglänge des Stössels, erhöht aber die Wirkung Umlenkung der Schockwellen.
Eine seitliche Lagerung des Dämpfungsmaterials in einem elastischen Ring reduziert die Übertragung von Vibration auf die nachfolgende Struktur.
Besonders bewährt hat sich eine Gewindeverbindung gemäss Anspruch 8, da sie einen Teil der Schockwelle auffängt.
Die Ausführungsform nach Anspruch 9 erhöht die Schockab- sorbtion und reduziert die Übertragung von Vibrationen auf die empfindliche zweite Ladung.
Dämpfungsmaterialien und insbesondere Dämpfungsringe aus leicht verformbarem Material haben sich bewährt wie beispielsweise handelsüblicher Aluminiumschaum. Besonders vorteilhaft ist aber ein Material aus einem Kunststoff der mit eingelagerten Mikroballons versehen ist, wie in der CH -A5- 674077 beschrieben. Vgl. Anspruch 10.- Derartige Materia- lien sind heute handelsüblich und werden zur Detonations- wellen-Umlenkung in geformten Ladungen verwendet. Analog wirkende Werkstoffe auf Holzbasis (Zellulose) sind ebenfalls bekannt.
Die im Anspruch 11 erwähnten Materialverdickungen und Un- Stetigkeiten führen bei der Detonation der Vorladung an den beschleunigten Massenteilen (Fragmenten des Flansches) zu Geschwindigkeitskomponenten in radialer Richtung. Dies verhindert Kollisionen mit nachfolgenden Teilen und mit dem Strahl der Hauptladung. Gleichzeitig dient der ringförmige Flansch der Verdammung der Vorladung.
Praktische Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in Zeichnungen dargestellt.
Es zeigen:
Fig. 1 ein selbstangetriebenes Geschoss mit einer Tan- dem-Hohlladung,
Fig. 2 die Vorladung nach Fig. 1 mit einer vorderen Schockbarriere, in einer vergrösserten Teilschnittdarstellung mit weiteren Einzelheiten,
Fig. 3 eine Ausgestaltung und die Wirkung einer hinteren Schockbarriere,
Fig. 4 eine alternative Ausgestaltung einer weiteren Schockbarriere und
Fig. 5 die Lagerung der Hauptladung nach Fig. 1 in der Geschosshülle in Teilschnittdarstellung.
Das selbstangetriebene Geschoss mit einer Tandem-Hohlladung nach Fig. 1 ist axialsymmetrisch zu einer mit A bezeichneten Achse aufgebaut. Ein Kopf 1 besteht aus einer Spitze 2 mit eingelegten elastischen Ringen 3 und weist auf Grund seiner schlanken Form gute aerodynamische Eigenschaften. auf. Gegenüber dem eigentlichen Aufschlagteil, der Spitze 2, zurückversetzt befindet sich eine erste Hohlladung, bestehend aus einer Auskleidung 4 und einem Hochleistungssprengstoff, der Ladung 5. Beide bilden eine Vorladung und sind in einem zylindrischen Bereich 7a angeordnet, welcher heckseitig durch einen Flanschring 10a abgegrenzt ist. In diesen Flanschring 10a ist eine autonome Zündvorrichtung 6 eingesetzt, welche in ein Teil eines Distanzrohrs 7b hineinragt. Das Teil 7b ist über eine Passung einer Fügestelle 7d mit einem weiteren Teil 7b' des Distanzrohrs verbunden. Das Teil 7b' besitzt frontseitig einen Flanschring 10b mit einem offenen Durchlass 13, der durch eine Trägerkalotte 11' abgedeckt ist. Darüber ist ein Dämpfungsmaterial 9' aufgeklebt. Darunter befindet sich ein relativ grosser Hohlraum 8, der einen eventuellen Gasschlag der Vorladung
4,5 aufnehmen könnte und der dessen kinetische Energie in Verformungs- und Bruchenergie auf das Distanzrohr 7b, 7b' überträgt.
Eine weitere Fügestelle 12 verbindet das Distanzrohr 7b', überlappend, mit einem weiteren zylindrischen Bereich 7c der Geschosshülle 7a-7c. Hier befindet sich die Hauptladung 14,15 mit ihrer Auskleidung 14 und dem Sprengstoff 15. Diese Hohlladung 14,15 ist auf einem Heckteil 21 abgestützt, welches in einem Adapter 16 ein weiteres autonomes Zündsystem 17 aufnimmt und aus dem die Antriebsdüsen 18 eines an sich bekannten Feststoff-Antriebs 19 herausragen. Endseitig sind aufklappbare Flügel eines Leitwerks 20 ersichtlich.
In nachfolgenden Figuren sind gleiche Funktionsteile mit gleichen Bezugsziffern versehen.
In der vergrösserten •Schnittdarstellung Fig. 2 sieht man oberhalb des zylindrischen Bereichs der Geschosshülle 7a die Einschraubstelle für die Spitze 2 angedeutet. Die Auskleidung 4 endet in einer Gewindeverbindung 41. der Spreng- stoff 5 liegt formschlüssig am massiven Flanschring 10a an, welcher einstückig mit dem Teil 7a ausgebildet ist. Ferner ist zentral ein Zündvertärker 42 in einem Zentrierzapfen 44 eingesetzt, der seinerseits einen Dämpfungsring 43 aufnimmt, an dem das hier nicht gezeichnete Zündsystem 6 an- liegt. Das zylindrische Teil 7a endet passend im Hohlraum des Distanzrohrs 7b.
Die Darstellung Fig. 3 zeigt die untere Schockbarriere, die in den Innenraum des Distanzrohrs 7b hineinragt. Hier lässt sich erkennen, dass die Fügestelle 7d mit einem vorstehen-
den Ring des unteren Teils 7b' passend ist und sich das Teil 7b dort abstützt. In einem ebenfalls massiven Flanschring 10b sind ein Dämpfungsring 9 und darin eingesetzt, eine Kalotte 11 aufgeklebt.
Die Figur 3 zeigt symbolisch durch Pfeile dargestellt, die Front einer Schockwelle, die von der Kalotte 9 abgeleitet wird. Im Innern der Bohrung 13 kann sich somit der Stössel J eines Hohlladungsstrahls ungestört ausbilden.
Eine analoge Lösung ist in Fig. 4 ersichtlich: Hier trifft die Schockwelle zuerst auf Dämpfungsmaterial 9' und dann erst auf eine in der Bohrung 13 zentrierte Träger-Kalotte 11'. Zudem ist das Dämpfungsmaterial 9' randseitig in einem weichen Dämpfungsring 45 gelagert.
Einzelheiten zum Zusammenbau der Hauptladung sind der Fig. 5 zu entnehmen:
Das Distanzrohr 7b' ist innenseitig in die zylindrische Geschosshülle 7c eingesetzt und bildet eine Fügestelle 12.
Die Auskleidung 14 liegt formschlüssig auf der geformten Ladung 15 auf und besitzt an ihrem grössten Durchmesser ei- nen Passring 14a, der durch eine Dämpfungshülse 46 und eine Gewindehülse 47 belastet ist. Die Gewindehülse 47 ist in ein Innengewinde 48 der zylindrischen Geschosshülle 7c eingeschraubt .
Eingezeichnet ist eine Hüllkurve G, welche den durch Stö- rungen weitgehend freien sensiblen Bereich der Hohlladung charakterisiert .
Bewährt hat sich eine Geschosshülle aus einer handelsüblichen Aluminiumlegierung. Diese lässt sich leicht mechanisch bearbeiten und zeigt inhärente Dämpfungseigenschaften, was insbesondere durch eine Reduktion der auf die Ladungen übertragenen Vibrationen gegenüber anderen metallischen Materialien positiv in Erscheinung tritt. Die Fügestellen sind in an sich bekannter Weise geschrumpft und geklebt.
Die typische Marschgeschwindigkeit des Geschosses liegt unterhalb von 300 m/s. Das Kaliber der Vorladung ist im Aus- führungsbeispiel 32 mm; dasjenige der Hauptladung 112 mm.
Als Zündsysteme haben sich handelsübliche "Impact shock, Piezo Fuze Systems" (PEPZ-05, Zaugg Elektronik AG, CH-4573 Lohn-Ammannsegg) mit einstellbaren Verzögerungszeiten für die Vorladung von < 25 μs und für die Hauptladung von zirka 370 μs als zweckmässig erwiesen.
B e z e i c h n u n g s l i s t e
Kopf eines Geschosses mit Tandemladung Spitze (Aufschlagteil) Elastische Ringe (O-Ringe) Auskleidung Vorladung (Precursor) Sprengstoff zu Vorladung 1. Zündsystem (Piezo-Zündsystem)a-7c Geschosshüllea, 7c zylindrische Bereiche der Geschosshülleb, 7b' Teile Distanzrohrd Fügestelle in Geschosshülle Hohlraum Distanzrohr, 9' Dämpfungsring, Dämpfungsmaterial0a, 10b Flanschringe (massiv)1,11' Kalotte; Träger-Kalotte2 hintere Fügestelle3 Durchlass / Bohrung4 Auskleidung Hauptladung4a Passring an 145 Sprengstoff zu Hauptladung6 Adapter Antrieb7 2. Zündvorrichtung (Piezo-Zündsystem)8 Antriebsdüsen9 Feststoff-Antrieb
20 Leitwerk (aufklappbar)
21 Heckteil
41 Gewindeverbindung von 4 42 Zündverstärker
43 Dämpfungsring (oben)
44 Zentrierzapfen
45 Dämpfungsring (unten) 46 Dämpfungshülse 47 Gewindehülse
48 Innengewinde in 7c
A Achse / Flugrichtung
J Stössel der Hohlladung (Jet) G Hüllkurve des sensiblen HL-Bereichs