Verfahren zur Plasmabehandlung einer Oberfläche
Die Erfindung betrifft ein Verfahren, mit welchem die Oberflachenenergie einer Festkörperoberfläche reversibel zwischen zwei Zuständen - einem hoch- und einem niederenergetischen - variierbar ist. Dadurch kann der Kontaktwinkel von Flüssigkeiten, welche einen polaren Anteil an ihrer Oberflächenspannung besitzen und welche auf der Festkörperoberfläche adsorbiert sind, in einem großen Bereich variiert und somit die Benetzbarkeit der Festkörperoberfläche mit dieser Flüssigkeit kontrolliert werden.
Bei der Festkörperoberfläche handelt es sich vorzugsweise um die Oberfläche einer dünnen Schicht, welche auf einem Substrat aufgebracht ist. Die Schicht kann mit der Dicke von wenigen Nanometern bis zu einer Dicke von einigen Mikrometern vorliegen.
Stand der Technik
Aus R. ang et al., Nature 388 (1997) 431 ist die photoinduzierte Hydrophilie der Oberfläche von Titandioxid bekannt. Seitdem wurden die Untersuchungen auf eine Vielzahl weiterer Verbindungen ausgeweitet. Prominente Vertreter dieser Mate- rialklasse sind z.B. Zr02, SrTiO, Sn02, Ce02, Fe203 oder ZnO, wobei diese Stoffe auch mit anderen Elementen dotiert sein können. Auch die Mischung bzw. Legierung dieser Materialien kann eine photoinduzierte Hydrophilie zeigen.
Die in dieser Weise photoaktivierbaren Halbleitermaterialien besitzen die Eigenschaft, durch die Bestrahlung mit elektromagnetischer Strahlung, welche eine Energie besitzt, die mindestens der der optischen Bandlücke des Materials ent- spricht, eine starke Erhöhung der Oberflachenenergie zu zeigen.
Durch diese Erhöhung der Oberflachenenergie wird die Abnahme des Kontaktwinkels θ von Flüssigkeiten mit einen polaren Anteil an ihrer Oberflächenspannung, wie z.B. Wasser, in den Zustand der Superhydrophilie auf Randwinkel nahe bei θ = 0° bewirkt. Nicht benetzende Ausgangswerte für den Kontaktwinkel von Wasser auf Oxiden liegen typischerweise im Bereich von θ > 60° bis 120°. Unter normalen Umgebungsbedingungen hält der hydrophile Zustand an und baut sich in Abwesenheit der aktivierenden Strahlung im Zeitrahmen von einigen Tagen bis hin zu Wochen bei Vorhandensein von Sauerstoff sukzessive wieder ab.
Die technische Nutzung der photoinduzierten Hydrophilie ist nach dem Stand der Technik jedoch dadurch eingeschränkt, dass bisher kein Verfahren bekannt ist, welches die photoaktivierte Oberfläche in kurzer Zeit in den Ausgangszustand zurückversetzt .
Aus K.H. Ko, H.Y. Lee, Y.H. Park, Correlation between Surface Morphology and Hydrophilie /Hydrophobie Conversion of M0CVD- Ti02 Films, Langmuir 16 (2000) 7289-7293 sowie N. Sa- kai, R. Wang, A. Fujishima, T. Watanabe, K. Hashimoto, Ef- fect of ul trasonic treatment on highly hydrophobic Ti02 sur- faces, Langmuir 14(20) (1998) 5918-5920 ist eine Ultraschallbehandlung der Schichten mit dem Ziel der Erniedrigung der Oberflachenenergie bekannt. Allerdings zeigte sich, dass der Hub des Kontaktwinkels von Wasser auf lediglich wenige Grad in Richtung schlechterer Benetzbarkeit beschränkt ist.
Zudem kann die Ultraschallbehandlung nur im flüssigen Kom- partiment, z.B. Wasser, durchgeführt werden. Dazu muss gleichzeitig die gesamte Oberfläche für einige Minuten eingetaucht und behandelt werden.
Ein anderes Verfahren zur Rückschaltung in den hydrophoben Zustand findet sich in M. Miyauchi et.al., Reversible wetta- bili ty control of Ti02 surface by light irradiation, Surf. Sei. 511 (2002) 401-407. Auch dieses Verfahren nimmt jedoch mehrere Minuten in Anspruch. Nach der Lehre dieser Druck- schrift wird eine Ti02-Schicht mit dem Licht einer 150 W Xenon-Lampe bestrahlt. Durch einen UV-Kantenfilter wird zur Bestrahlung nur der Infrarote- bis sichtbare Spektralbereich ausgewählt. Dies führt zur Erwärmung der Ti02-Schicht und nachfolgend zum Verlust der photoinduzierten Hydrophilie. Der gleiche Effekt kann auch durch die zeitintensive Erhitzung der Schicht auf Werte von 100°C über eine direkte Wär- meankopplung erzielt werden.
Ein ähnliches Verfahren wird in der EP 0 911 154 für eine Druckrolle beschrieben. Hierbei wird die lokale Benetzbar- keit mit der Druckerschwärze (= hydrophober Zustand) nach der ganzflächigen Aktivierung mit Licht durch eine lokale Wärmebehandlung erreicht. Die Wärmebehandlung kann dabei mit einem Thermoaufzeichnungskopf oder per Laser geschehen.
In M. Kamei, T. Mitsuhashi, Hydrophobie drawings on hydrophilie surfaces of Single crystalline ti tanium dioxide : surface wettabili ty control by mechanoche ical treatment, Surf. Sei. 463 (2000) L609-L612 wird von der Hydrophobisie- rung durch eine mechanische Oberflächenbehandlung nach erfolgter Photoaktivierung der Benetzbarkeit berichtet. Die lokale Behandlung geschieht dabei durch eine aufwändige manuelle Reibbehandlung der Oberfläche mit Hilfe von feuchtem Papier, Metall oder Glas und dauert jeweils eine Minute.
Den Verfahren nach dem Stand der Technik ist demnach gemein, dass die Schaltung in den hydrophilen Zustand durch Beleuchtung zwar möglich ist, jedoch ist eine unmittelbare Rückschaltung in den hydrophoben Zustand innerhalb von wenigen Sekunden nicht gewährleistet.
Demnach besteht die Aufgabe der vorliegenden Erfindung darin, ein Verfahren anzugeben, mit welchem die photoinduzierte Hydrophilie innerhalb kurzer Zeit und mit geringem Aufwand verändert werden kann. Weiterhin besteht die Aufgabe darin, ein Verfahren anzugeben, welches eine möglichst große Variabilität der Oberflachenenergie und der damit verbundenen Benetzbarkeit der Oberfläche aufweist.
Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zur Veränderung der Oberflachenenergie einer Oberfläche, de- ren Oberflachenenergie photoinduziert erhöhbar ist, bei welchem die Oberflachenenergie durch eine Plasmabehandlung verändert wird.
Als Zustand hoher Oberflachenenergie wird ein Zustand bezeichnet, in welchem die Oberfläche mit polaren Flüssigkei- ten benetzbar ist, d.h. ein auf die Oberfläche aufgebrachter Flüssigkeitstropfen weist einen Randwinkel kleiner 25° auf. Der Zustand niedriger Oberflachenenergie ist dementsprechend dadurch gekennzeichnet, dass ein Tropfen einer polaren Flüssigkeit einen Kontaktwinkel von mehr als 25° aufweist.
Die Oberfläche ist dabei die Grenzfläche des photoaktivier- baren Materials gegen Flüssigkeiten und Gase. Das photoakti- vierbare Material selbst ist in der Regel ein Festkörper. Die photoaktivierbaren Materialien können vorzugsweise in Form einer dünnen Schicht mit einer Dicke von nur wenigen Nanometern bis hin zu Dickfilmen im Dickenbereich von mehreren Millimetern auf alle Arten von Bauteilen aufgebracht sein. Der bevorzugte Dickenbereich liegt unter 1000 nm, der
besonders bevorzugte Dickenbereich liegt zwischen 10 und 500 nm.
Als photoaktivierbare Materialien eignen sich Materialien, welche ein binäres, ternäres oder quaternäres Oxid enthal- ten.
Vorzugsweise werden als Oxide TiOx und/oder ZnOx und/oder WOx und/oder SrTi04 und/oder FeOx und/oder NbOx und/oder ZrOx und/oder HfOx und/oder Sn02 und/oder CeOx und/oder A10X und/oder SiOx und/oder BiOx verwendet. Dabei können die ge- nannten Verbindungen als Reinstoff oder aber als Gemische bzw. Legierung eingesetzt werden. Dem Fachmann ist dabei selbstverständlich, dass auch in einem Reinstoff weitere E- lemente und/oder Verbindungen in Form von Verunreinigungen oder Dotierstoffen enthalten sein können.
Besonders bevorzugt ist ein photoaktivierbares Material, welches zusätzlich eines oder mehrere chemische Elemente enthält, ausgewählt unter Mo und/oder Ca und/oder B und/oder N und/oder Si und/oder AI und/oder V und/oder Cr und/oder Sn und/oder Ag und/oder Ta und/oder Os und/oder C und/oder Pt und/oder P und/oder Cu und/oder Y und/oder Nb. Dadurch bilden sich entweder flache oder tiefe Störstellen im Material, welche den Effekt der photoinduzierbaren Hydrophilie verstärken können.
Die Herstellung dieser photoaktivierbaren Oberflächen ge- schieht in an sich bekannter Weise durch nasschemische Verfahren oder durch chemische oder physikalische Gasphasenab- scheidung („Chemical Vapour Deposition" oder „Physical Va- pour Deposition") . Die CVD- und PVD-Verfahren können auch unterstützt sein durch ein zusätzlich erzeugtes Plasma (PECVD - „Plasma-enhanced Chemical Vapour Deposition") , bei den PVD-Verfahren können Magnetronsputterverfahren, Io- nenstrahlsputterverfahren oder Ionen- oder Plasmaunterstütz-
te Aufdampfverfahren eingesetzt werden. Bevorzugt kann die Beschichtung auch mit nasschemischen Verfahren geschehen, z.B. dem Sol-Gel-Verfahren.
Darüber hinaus können die mit einer der oben aufgeführten Beschichtungsmethoden hergestellten Dünnschichten in ihrer Photoaktivierbarkeit auch optimiert werden, indem Sie einem nachträglichen Temperschritt unterworfen werden, um Kristallisationsvorgänge im Dünnschichtvolumen hervorzurufen. Dieser Temperschritt kann in verschiedenen Atmosphären erfol- gen, beispielsweise Luft, 02, N2, H2 oder andere. Die Temperatur für den Temperschritt sollte im Bereich von 200 bis 1000 °C liegen, je nach Aufweich- bzw. Schmelzpunkt des Substrates. Bevorzugt sollte sie im Bereich von 250 bis 800 °C liegen. Besonders bevorzugt ist der Temperaturbereich von 300 bis 600 °C. Die Dauer des Temperschrittes bei der gewählten Temperatur sollte mindestens 1 Minute betragen. Bevorzugt ist eine Dauer von mindestens 1 Stunde zu wählen, besonders bevorzugt wäre eine Dauer von mehr als 3 Stunden.
Als Substrat sind alle Unterlagen denkbar, die eine gute Haftung des Dünnfilmes gewährleisten, beispielsweise Glas, Metall, Keramik, Kunststoffe, Papier oder Leder. Fallweise kann die Haftung durch einen Haftvermittler zwischen Schicht und Substrat erhöht werden, welcher auch eine die photoinduzierte Hydrophilie zerstörende Ionendiffusion in die Schicht verhindern kann.
Erfindungsgemäß geschieht die Erhöhung der Oberflachenenergie der Materialien, welche eine photoinduzierbare Hydrophilie aufweisen, bevorzugt durch die Beleuchtung mit elektromagnetischer Strahlung. Die elektromagnetische Strahlung muss in ihrem Energiespektrum Anteile besitzen, deren Energien mindestens so groß sind wie die optische Bandlücke des aktivierbaren Halbleitermaterials .
Die Oberfläche des photoaktivierbaren Materials kann vollständig oder nur teilweise bestrahlt werden Eine Teilbestrahlung erzielt man beispielsweise gezielt mit einem dünnen Beleuchtungsstrahl, z.B. aus einer Laserlichtquelle oder mittels eines kollimierten oder fokussierten Lichtstrahls. Alternativ kann eine Teilbestrahlung der Oberfläche auch durch die Beleuchtung durch eine Maske erzielt werden. In jedem Fall tritt die photoaktivierte Benetzung nur an den Oberflächenstellen auf, welche direkt der aktivierenden e- lektromagnetischen Strahlung ausgesetzt waren.
Als Lichtquellen können für die Photoaktivierung z.B. Fluoreszenzlampen eingesetzt werden. Bevorzugt können aber auch Laserquellen eingesetzt werden. Besonders bevorzugt können zur Beleuchtung Quecksilber- oder Xenon-Entladungslampen o- der auch Excimerlampen verwendet werden. Gegebenenfalls können aber auch, je nach optischer Bandlücke des verwendeten Materials, Lampen eingesetzt werden, die zu wesentlichen Anteilen sichtbares Licht ohne oder mit nur geringen UV- Anteilen emittieren, wie beispielsweise Halogen- oder Glüh- lampen. Auch Sonnenlicht kann die Aktivierung hervorrufen.
Für die Leistungsdichte der Strahlung reichen je nach Materialsystem wenige μW/cm2 aus. Zur Erzielung schnellerer Aktivierungszeiten kann bevorzugt aber auch eine höhere Bestrahlungsstärke verwendet werden, beispielsweise mit einer Leistungsdichte größer als 1 W/cm2. Die angegebenen Leistungsdichten beziehen sich integral auf die Anteile des E- nergiespektrums der verwendeten elektromagnetischen Strahlung, welche mindestens die Energie haben, die der optischen Bandlücke des aktivierten Materials entspricht.
Die Erhöhung der Oberflachenenergie lässt sich über die Abnahme des Randwinkels eines Tropfens einer Flüssigkeit nachweisen, welche einen polaren Anteil an ihrer Oberflächen-
Spannung besitzt. Die Abnahme kann vom Ausgangswert (abhängig von Material und Materialstruktur) auf Werte von θ < 10° abgesenkt werden. Die Flüssigkeit kann z.B. Wasser sein.
Erfindungsgemäß wurde erkannt, dass mittels einer Plasmabe- handlung die Oberflachenenergie des bestrahlten photoakti- vierbaren Materials verändert werden kann. In Abhängigkeit der Parameter wie Gasdruck, GasZusammensetzung und elektrische Parameter der Entladung kann die Oberflachenenergie entweder erhöht oder abgesenkt werden. Auch der Betrag der Veränderung der Oberflachenenergie kann durch Variation der o.g. Parameter in einem weiten Bereich eingestellt werden. Diese Veränderung der Oberflachenenergie stellt sich bereits nach kurzen Behandlungszeiten von wenigen Sekunden bis hinab zu Sekundenbruchteilen ein.
Bevorzugt ist eine Verfahrensführung, bei welcher die Oberflachenenergie durch die Plasmabehandlung abgesenkt wird. Eine Erhöhung der Ober lachenenergie ist dann wie vorstehend beschrieben durch elektromagnetische Strahlung möglich. Der Kontaktwinkel einer polaren Flüssigkeit wird dann durch die Bestrahlung verringert und steigt durch die Plasmabehandlung wieder an. Demnach wird der Kontaktwinkel nach der Bestrahlung zwischen 0° und 30° liegen und nach der Plasmabehandlung zwischen 31° und 180°.
Bevorzugt ist jedoch eine Verfahrensführung, welche Kontakt- winkel nach der Bestrahlung zwischen etwa 1° bis etwa 20° ermöglicht und nach der Plasmabehandlung zwischen etwa 25° bis etwa 130° .
Besonders bevorzugt ist dabei eine Verfahrensführung, welche Kontaktwinkel nach der Bestrahlung zwischen etwa 1° bis etwa 15° erzielt und nach der Plasmabehandlung zwischen etwa 25° bis etwa 120°.
Die Wirkung eines sich auf eine Gasentladung stützenden Verfahrens liegt darin begründet, dass in der Entladung sehr reaktive Teilchen (energiereiche Elektronen, Ionen, Photonen, Atome, Radikale etc.) gebildet werden, die es erlauben, bei niedrigen Temperaturen Materialien und deren Oberflächen zu modifizieren. Die Plasmabehandlung kann in einem weiten Druckbereich zwischen etwa 100 mbar und etwa 1500 mbar ausgeführt werden. Bevorzugt ist die Plasmabehandlung eine At- mosphärendruckplasmabehandlung bei etwa 900 mbar bis etwa 1100 mbar. Dabei ist dem Fachmann geläufig, den Prozessdruck an die jeweils verwendete Vorrichtung und EntladungsSpannung anzupassen. Bei den oben genannten Atmosphärendruckverfahren können FunkenentladungsSysteme, Glimmentladungssysteme, Mikrowellen- oder Barrierentladungssysteme verwendet werden. Auch düsenförmige Strahlsysteme („ Plasmajet") , können verwendet werden.
Die Plasmabehandlung des vorher photoaktivierten Material kann bei Temperaturen von 0°C bis 300°C, bevorzugt von Raumtemperatur bis 200°C durchgeführt werden. Besonders bevor- zugt wird die Plasmabehandlung ohne zusätzliche Heizung der Oberfläche durchgeführt. In diesem Fall stellt sich die Temperatur der Oberfläche als Gleichgewichtstemperatur zwischen dem plasmainduzierten thermischen Energieeintrag und der Wärmeabfuhr durch Strahlung und Konvektion ein.
Die zur Plasmabehandlung verwendeten und dabei teilweise ionisierten Gase enthalten bevorzugt Stickstoff (N2) , Sauerstoff (02) , Wasserstoff (H2) , Argon (Ar) oder Helium (He) . Es können auch Mischungen der oben aufgeführten Gase verwendet werden.
Bevorzugt kann für die Verringerung der Oberflachenenergie eine Plasmabehandlung mit einem Gemisch aus 02 und N2 (synthetische Luft) verwendet werden. Das Mischungsverhältnis kann im Bereich von 1/100 bis 100/1 liegen. Besonders bevor-
zugt kann als Gas auch ein Gemisch aus Ar und 02 verwendet werden. Ganz besonders bevorzugt kann als Gas ein Gemisch aus Ar und H2 verwendet werden.
Überraschenderweise ist auch eine Erhöhung der Oberflächen- energie und damit eine Vergrößerung des Kontaktwinkels von Wasser durch die Plasmabehandlung mit oxidierenden Plasmen möglich (beispielweise N2/02 oder Ar/02) .
Die Anregung des Plasmas bei der Plasmabehandlung zur Änderung der Oberflachenenergie kann auf verschiedene Weise ge- schehen. Es können Gleichstrom-, Mittelfrequenz- oder Radiofrequenzplasmen eingesetzt werden. Mittelfrequenz (MF) bezeichnet dabei Anregungsfrequenzen von etwa 10 bis etwa 300 kHz, Radiofrequenz (RF) von etwa 13,56 MHz. Auch gepulste Plasmen oder Mikrowellenplasmen können zum Einsatz kom- men, wobei unter Mikrowellen elektromagnetische Wellen mit Frequenzen im GHz-Bereich verstanden werden.
Ganz besonders bevorzugt geschieht die Plasmabehandlung mittels Barrierenentladungen (auch Coronaentladungen genannt) . Eine Barrierenentladung findet zwischen zwei leitfähigen E- lektroden statt, wenn mindestens ein Isolator im Entladungs- spalt vorhanden ist. Ein Isolator kann insbesondere auch ein Dielektrikum sein.
Die zur Barrieren-Plasmabehandlung verwendete Apparatur ist im Prinzip bekannt und ist z.B. in C.-P. Klages et al . , New Diamond and Frontier Carbon Technology, Vol. 13, No. 4, (2003), p.l75ff), beschrieben. Beispielsweise kann eine mit einem Isolator umhüllte stabförmige Elektrode wie ein Schreibstift über die Oberfläche geführt werden und so Teilbereiche der Oberfläche der Plasmabehandlung aussetzen. Al- ternativ kann mit flächigen Elektroden die gesarate Oberfläche behandelt werden.
Die Anregungsfrequenz einer Barrierenentladung liegt im Bereich von wenigen Hz bis zu einigen Hundert kHz. Bevorzugt liegt die Anregungsfrequenz zwischen 10 kHz und 100 kHz.
Eine Barrierenentladung liefert ein nicht-thermisches Plasma mit einem hohen Anteil an energiereichen Elektronen und reaktiven Teilchen. Die Ionenenergie ist bei dieser Art von Plasma gering.
Einsatzgebiete der Erfindung sind beispielsweise die Be- schichtungs- oder Drucktechnik, Substrate für Proteomic- Anwendungen (Biochip-Reader) oder Beschichtungen von Kondensatoren in Klimaanlagen. Des weiteren liegen weitere mögliche Anwendungen im Display- oder Automobilbereich, in denen zwischen einem glatten, benetzenden Flüssigkeitsfilm und dem Zustand der Tropfchenbildung hin- und hergeschaltet werden soll.
Nachfolgend soll die Erfindung anhand von Ausführungsbei- spielen und Zeichnungen näher erläutert werden.
Figur 1 zeigt den Einfluss eines N2/02-Atmosphärendruckplasmas auf die Hydrophilie von photoaktivierten und nicht- aktivierten Ti02-Schichten auf Glas.
Figur 2 zeigt den Einfluss eines Ar/H2-Atmosphärendruck- plasmas auf die Hydrophilie von photoaktivierten und nicht- aktivierten Ti02-Schichten auf Glas.
Die für die folgenden Ausführungsbeispiele hergestellten dünnen transparenten Ti02-schichten wurden mit einem reaktiven Mittelfrequenz-Magnetronsputterverfahren auf Glassubstraten dynamisch abgeschieden, d.h. der als Trommel aufgebaute Substrathalter rotierte kontinuierlich an den Sputter- quellen vorbei. Die Abscheidung erfolgte mittels metalli- scher Titansputtertargets in einer Sauerstoffatmosphare . Die so aufgebrachte Schichtdicke beträgt 950 nm. Im Anschluss
wurden die Proben bei einer Temperatur von 500 °C an Luft und Normaldruck für eine Stunde getempert. Dadurch nimmt die Kristallinität der Anatasphase zu und die photoinduzierbare Hydrophilierbarkeit der Schichten wird verbessert. Die Probe wird nachfolgend an einem dunklen Ort gelagert, um eine unkontrollierte Aktivierung zu vermeiden.
Der in diesem unaktivierten (= nicht beleuchteten) Zustand bestimmte Randwinkel von deionisiertem Wasser liegt im Bereich von 50 bis 65 °C.
Die Kontaktwinkel wurde mit einem Randwinkelmessgerät der Firma Dataphysics im dynamischen Modus bestimmt. Dabei wurde über eine dünne Pipette langsam Wasser auf die Probenoberfläche gegeben und der Randwinkel des kontinuierlich fortschreitenden Tropfens über eine Bildbearbeitungs-Routine kontinuierlich mathematisch ermittelt. Die Tropfenkontur wurde entweder über die Ellipsengleichung oder über die Kreisgleichung angepasst. Bei den sehr geringen Randwinkeln im Zustand erhöhter Oberflachenenergie wird mit der Kreis- gleichung ein genaueres Ergebnis erzielt. Zudem wurde der Randwinkel hierbei statisch bestimmt, d.h. im Zustand nicht nachströmenden Wassers .
Die in den folgenden Ausführungsbeispielen untersuchten Ti02-Schichten wurden verschiedenen Plasmabehandlungen unterzogen. Ein Teil der Proben war dabei im unaktivierten (= nicht beleuchteten) Zustand geringer Oberflachenenergie. Ein weiterer Teil der Proben befand sich im aktivierten Zustand hoher Oberflachenenergie. Die Aktivierung der Probe geschah dabei durch die Beleuchtung mit elektromagnetischer Strahlung, welche Spektralanteile besitzt, deren Energie größer als die Bandlücke des beleuchteten Titandioxids ist. Zur Beleuchtung wurde eine Xenon-Hochdruckentladungslampe eingesetzt und die Schicht im Abstand von 40 cm für 45 bis 60 Minuten bestrahlt.
Allgemeine Angaben zu den Messbedingungen T = 21 °C (Raumtemperatur) Atmosphärischer Druck = Normaldruck
Die Probe wurde während der Plasmabehandlung auf einem be- weglichen Tisch gelagert und mit einer kontinuierlichen Geschwindigkeit durch die Plasmazone bewegt. Dabei war die beschichtete Probenseite nach oben hin zum Plasma ausgerichtet. Der Abstand Probe-Elektrode (Entladungsspalt) betrug 1 mm. Es wurden zwei Elektroden mit einer Länge von 120 mm und jeweils einer Breite von 10 mm benutzt. Die Geschwindigkeit des Tisches und damit auch die Plasmakontaktzeit der Schicht ist in einem weiten Bereich einstellbar. Nachfolgend wurden 30 cm/s gewählt. Die Entladung wurde sowohl kontinuierlich (cw) als auch gepulst, mit einem Puls/Pause-Verhältnis von 1 ms/3 ms, betrieben. Die Anregungsfrequenz für diese Versuche betrug ca. 40°kHz. Die Entladung wurde bei einer konstanten Leistung von ca. 80 W betrieben.
Erstes Ausführungsbeispiel
Figur 1 zeigt den Einfluss eines N2/02-Atmosphären- druckplasmas auf die Hydrophilie von photoaktivierten und nicht-aktivierten Ti02-Schichten.
Der linke Datenpunkt in Figur 1 zeigt, dass nach der Bestrahlung mit der Xenonlampe ein Abfall des Kontaktwinkels von Wasser von 65° auf 10° gemessen wurde (Zustand A, akti- vierte Probe) . Durch die folgende Plasmabehandlung konnte die Oberflachenenergie der aktivierten und der nicht behandelten Probe stark verändert werden (Zustand B) .
In diesem Ausführungsbeispiel wurde die Plasmabehandlung in einem Gasgemisch aus Stickstoff und Sauerstoff durchgeführt. Es wurden gleichzeitig und kontinuierlich 80 slra Stickstoff
(slm: Standardliter pro Minute) und 20 slm Sauerstoff in den
Rezipienten gegeben. Ein Standardliter ist allgemein definiert als die bei 0°C und 1013 mbar in einem Liter enthaltene Gasmenge .
Die Plasmakontaktzeit der Schicht betrug dabei 67 ms (30 cm/s, cw) . Die Plasmabehandlung bewirkte auf der vormals hydrophilen Oberfläche eine starke Zunahme des Wasserkontaktwinkels (10° -^ 35°), wohingegen auf der nicht aktivierten Probe eine Abnahme des Kontaktwinkels von Wasser gemessen wurde (64° -> 43°) . Im folgenden Verlauf wurde die Probe im Dunkeln gelagert. Die Zustände C-E zeigen den weiteren zeitlichen Verlauf der Kontaktwinkel. Nach weiteren 2 Wochen wurde die vormals plasmabehandelte Probe erneut mit der Xenonlampe in den superhydrophilen Zustand aktiviert und damit eine prinzipielle Reversibilität des Effektes nachgewiesen (Zustand F) . Weitere Untersuchungen zeigten, dass sich der selbe Kurvenverlauf auch bei noch kürzeren PlasmakontaktZeiten ergibt, die beispielsweise dadurch realisiert werden können, dass das Plasma nicht kontinuierlich betrieben wird, sondern gepulst wird (Puls/Pause-Verhältnis : 1 ms/3 ms).
Zweites Ausführungsbeispiel
Figur 2 zeigt den Einfluss eines Ar/H2-Atmosphärendruckplasmas auf die Hydrophilie von photoaktivierten und nicht-aktivierten Ti02-Schichten. Es wurden gleichzeitig und kontinuierlich 9,5 slm Argon (slm: Standardliter pro Minute) und 0,5 slm Wasserstoff in den Rezipienten gegeben.
Man erkennt, dass nach der Bestrahlung mit der Xenonlampe ein Abfall des Kontaktwinkels von Wasser von 65° auf 13° geraessen wurde (Zustand A, mit Xenonlampe aktivierte Probe) . Durch die folgende Plasmabehandlung konnte die Oberflächen- energie der aktivierten und der nicht behandelten Probe stark verändert werden (Zustand B) . Die Plasmakontaktzeit der Schicht betrug dabei 67 ms (30 cm/s, cw) . Die Plasmabe-
handlung bewirkte auf der vormals hydrophilen Oberfläche eine starke Zunahme des Wasserkontaktwinkels (10° -> 48°), wohingegen auf der nicht aktivierten Probe keine Veränderung des Kontaktwinkels von Wasser gemessen wurde (65° - 65°). Im folgenden Verlauf wurde die Probe im Dunkeln gelagert. Zustand C-E zeigt den weiteren zeitlichen Verlauf der Kontaktwinkel. Weitere Untersuchungen zeigten, dass sich der selbe Kurvenverlauf sowohl bei noch kürzeren als auch bei längeren Plasmakontaktzeiten ergibt.
Drittes Ausführungsbeispiel
In einem weiteren Ausführungsbeispiel wurde die Plasmabehandlung in einem Gasgemisch aus Argon und Sauerstoff durchgeführt. Es wurden gleichzeitig und kontinuierlich 16 slm Argon (slm: Standardliter pro Minute) und 4 slm Sauerstoff in den Rezipienten gegeben.
Nach der Bestrahlung mit der Xenonlampe konnte auf der derart behandelten Probe ein Wasserkontaktwinkel von 0° gemessen werden. Durch die Behandlung im Plasma (Plasmakontakt- zeit: 312 ms) erhöhte sich der Kontaktwinkel auf 18°. 60 Stunden später betrug der Kontaktwinkel 60°.
Viertes Ausführungsbeispiel
In einem vierten Ausführungsbeispiel wurde die Plasmabehandlung in reinem Argon durchgeführt. Es wurden kontinuierlich 20 slm Argon (slm: Standardliter pro Minute) in den Rezi- pienten gegeben. Der Sauerstoffgehalt im Rezipienten betrug 150 ppm (ppm: Parts per Million) .
Nach der Bestrahlung mit der Xenonlampe konnte auf der derart behandelten Probe ein Wasserkontaktwinkel von 0° gemessen werden. Durch die Behandlung im Plasma (Plasmakontakt-
zeit: 312 ms) erhöhte sich der Kontaktwinkel auf 17°. 60 Stunden später betrug der Kontaktwinkel 41°.
Fünftes Ausführungsbeispiel
In einem fünften Ausführungsbeispiel wurde die Plasmabehand- lung in reinem Stickstoff durchgeführt. Es wurden kontinuierlich 20 slm Stickstoff (slm: Standardliter pro Minute) in den Rezipienten gegeben. Der Sauerstoffgehalt im Rezipienten betrug weniger als 20 ppm.
Nach der Bestrahlung mit der Xenonlampe konnte auf der der- art behandelten Probe ein Wasserkontaktwinkel von 0° gemessen werden. Durch die Behandlung im Plasma (Plasmakontakt- zeit: 312 ms) erhöhte sich der Kontaktwinkel auf 22°. 60 Stunden später betrug der Wasserkontaktwinkel 47°.