Stromabnehmer für ein elektrisches Triebfahrzeuq
Die Erfindung betrifft einen Stromabnehmer für ein elektrisches Triebfahrzeug gemäß den Merkmalen im Oberbegriff des Patentanspruchs 1.
Ein solcher Stromabnehmer zählt durch den Aufsatz - Hochgeschwindigkeitsstromabnehmer für den ICE - in "eb-elektrische Bahnen" 89 (1991) 11 , Seiten 436 bis 441 zum Stand der Technik. Er weist ein durch gelenkig miteinander verbundene Arme gebildetes Gestell und eine an das Gestell angelenkte Wippe mit zwei an einen Fahrdraht gedrückten Schleifleisten als Bestandteile von Schleifstücken auf. Das Gestell ist unter den Einfluss eines die Kontaktkraft zwischen den Schleifleisten und dem Fahrdraht erzeugenden pneumatisch beaufschlagbaren Hubantriebs gestellt.
Bei der Stromabnahme von einem Fahrdraht ist ein Stromabnehmer der beschriebenen Gattung sehr hohen dynamischen Belastungen ausgesetzt. Die Bestandteile von Schleifstücken bildenden Schleifleisten sind mehrachsig an Federn aufgehängt, womit bislang eine ausreichend gute Anpassung an einen
Fahrdraht auch bei sehr hohen Geschwindigkeiten gewährleistet werden kann. Mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit steigen jedoch die Anforderungen an die Kontaktstellen zwischen dem Fahrdraht und den Schleifleisten. Sowohl das System Fahrdraht als auch das System Stromabnehmer stellen eigenständige Schwingungssysteme dar, die durch aerodynamische Einflüsse und/oder gegenseitige Anregungen Kontaktabrisse der Schleifleisten vom Fahrdraht bewirken können. Die Kontaktunterbrechung und der damit verbundene Lichtbogen führen erstens zu einem Energieverlust aufgrund des größeren Kontaktwiderstands und zweitens zu einem erhöhten Verschleiß der beiden Reibpartner durch Abbrand. Auf der einen Seite vermindern höhere Kontaktkräfte zwar die Ablöserate, rufen auf der anderen Seite aber verstärkt Reibung hervor. Bei beiden Extrema verringert der erhöhte Verschleiß die Zuverlässigkeit des Systems Stromabnehmer und führt zu zusätzlichen Kosten für das notwendige Auswechseln der Verschleißteile.
Da folglich der Stromabnehmer als Energie übertragendes Element zwischen dem Fahrdraht und dem Triebfahrzeug eine der Schlüsselkomponenten im Hochgeschwindigkeitsverkehr darstellt, ist die Fachwelt zur Garantierung der Übertragungsqualität und zur Vermeidung von Funkenschlag bestrebt, über einen aus Verschleißgründen weitgehend konstant gehaltenen Kraftschluss einen ständigen Kontakt der Schleifleisten zum Fahrdraht sicherzustellen.
In diesem Zusammenhang schlägt die EP 0 932 518 B1 bei einer Wippe vor, eine Schleifleiste an einem Ende eines Hebelarms anzuordnen, an dessen anderem Ende eine Feder angreift. Die Feder soll es zum einen ermöglichen, die Schleifleiste gegen den Fahrdraht zu drücken, zum anderen einen Aktor unter Vorspannung zu setzen, der an einer ein Widerlager für die Feder bildenden Halterung festgelegt ist und auf den Hebelarm einwirkt. Die Halterung selber ist über Federn seismisch gegenüber dem Oberarm eines Stromabnehmers so abgestützt, dass Erschütterungen nur geringe Auswirkungen auf die Halterung für den die Schleifleiste tragenden Hebelarm ausüben sollen.
Der Aktor ist von einem adaptiv arbeitenden Regler beeinflusst. Die zusätzliche Aktorkraft ist abhängig vom Betriebsverlauf durch einen die Kontaktkraft erfassenden Sensor gesteuert und den Kontaktkraftschwankungen entgegen gerichtet. Bei dem Aktor handelt es sich um einen geschichteten piezoelektrischen Aktor, der unter einer mechanischen Vorspannung steht.
Die bekannte Anordnung zur Sicherstellung der Kontaktkraft zwischen Schleifleiste und Fahrdraht ist vergleichsweise aufwändig gestaltet. Sie benötigt einen gesonderten Aktor, einen seismisch gelagerten Halter, mehrere Federn sowie diverse Lagerelemente und insofern eine komplette Neukonstruktion der end- seitig des Oberarms des Stromabnehmers befindlichen Wippe. Der hiermit verbundene Aufwand ist hoch. Eine Integration in vorhandene Stromabnehmer ist gar nicht oder nur sehr bedingt möglich.
Da Kontaktkraftschwankungen über einen zwangsläufig Spieltoleranzen aufweisenden Hebel-Feder-Mechanismus indirekt zu nutzbaren piezoelektrischen Signalen umgewandelt werden, sind Zeitverzögerungen nicht auszuschließen.
Eine weitere relevante Eigenart der bekannten Anordnung besteht darin, dass eine unmittelbare ortsunabhängige Anpassung an Kontaktkraftschwankungen ohne Kenntnis des jeweiligen Fahrstreckenprofils nicht möglich ist. Es wird zwar ein quasi geschlossener Regelkreis mit Ist-Werten, Soll-Werten und Stellsignalen verwendet. Die Soll-Werte sind allerdings abhängig von Einflussgrößen, die bei unterschiedlichen Fahrgeschwindigkeiten auf unterschiedlichen Regelstrecken ermittelt worden sind. Das heißt, der Auf- und Abtrieb eines Stromabnehmers wird bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten gemessen. Diese Werte beeinflussen die Kontaktkraft.
Die Kontaktkraft zwischen den Schleifleisten und dem Fahrdraht wird unabhängig von einem Hubantrieb durch eine zusätzliche geregelte Anpresskraft über eine vergleichsweise komplizierte Bauteilanordnung aufgebracht.
Der Erfindung liegt - ausgehend vom Stand der Technik - die Aufgabe zugrunde, einen Stromabnehmer für ein elektrisches Triebfahrzeug zu schaffen, bei welchem mit Hilfe eines konstant gehaltenen Kraftschlusses und einfachen Bauteilen ein ständiger Kontakt zwischen zumindest einer Schleifleiste und einem Fahrdraht sichergestellt werden kann.
Diese Aufgabe wird mit den im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 1 angegebenen Merkmalen gelöst.
Dazu wird jetzt mindestens ein piezoelektrische Fasern sowie einen Ladungsverstärker aufweisender Sensor unmittelbar dem Schleifstück zugeordnet. Dieser Sensor wird dann zusammen mit dem Hubantrieb für den Stromabnehmer sowie einer Auswerte- und Regeleinheit in einen geschlossenen Regelkreis integriert.
Wieviele Sensoren einem Schleifstück zugeordnet werden und was die sinnvollste Sensorposition ist, kann für den jeweiligen Einsatzfall über eine FE- Rechnung ermittelt werden. Dies trifft auch auf die Frage zu, ob beiden Schleifstücken Sensoren zugeordnet werden sollten.
Ein besonderer Vorteil der Erfindung liegt darin, dass jeder Sensor problemlos in bestehende Bauarten von Stromabnehmern eingegliedert werden kann. Diese unmittelbare Eingliederung bedeutet in Verbindung mit der Integration in den Regelkreis, dass gleich welche Anregungsursachen aufgrund des dynamischen Systems Stromabnehmer einerseits und des dynamischen Systems Fahrdraht andererseits sowie unter Berücksichtigung aerodynamischer Einflüsse Kontaktkraftschwankungen sofort festgestellt und über den Regelkreis sowie die darin eingegliederte Auswerte- und Regeleinheit zu der jeweils gewünschten Reaktion des Hubantriebs führen, wodurch eine sofortige Anpassung erfolgt. Unabhängig davon, ob nun die Schleifleiste durch die ortsabhängige Steifigkeit des Kettenwerks (Fahrdraht, Hänger, Masten, usw.), durch die Reibung und Zick-Zack-Bewegung des Fahrdrahts auf einer Schleifleiste, durch Luftkräfte, durch Regulierungsungenauigkeiten im Kettenwerk, durch Fahr-
drahtschwingungen, durch Bewegungen des Wagenkastens des Triebfahrzeugs oder aufgrund von Kettenwerksschwingungen durch Reflexion an Verzweigungspunkten im Kettenwerk und am bewegten Stromabnehmer angeregt wird, führt dies zu mehr oder weniger starken Biegeverformungen der Schleifleiste, welche durch den Sensor im Prinzip unverzögert ermittelt und der Auswerte- und Regeleinheit zugeleitet werden, deren Ausgangssignal zu einer sofortigen Reaktion des Hubantriebs führt.
Die Erfindung schafft also einen geschlossenen Regelkreis, der unabhängig von Strecken, Geschwindigkeiten oder sonstigen Umgebungsbedingungen funktioniert. Das Piezosignal des Sensors dient unmittelbar als Stellgröße. Die Auswirkungen dieser Stellgröße werden mittels der Piezofasem überwacht und gegebenenfalls nachgeregelt.
Bei der Auswerte- und Regeleinheit kann es sich insbesondere um eine elektro- pneumatische Regeleinheit handeln.
Eine vorteilhafte Ausbildung besteht in den Merkmalen des Patentanspruchs 2, wonach der Sensor auf die Unterseite des Schleifstücks, insbesondere des Trägerprofils, geklebt wird. Für eine solche Verklebung können z.B. Epoxidharze herangezogen werden. Derartige Befestigungen haben keine negativen Auswirkungen auf den Sachverhalt, dass Sensorsignale ausgelesen werden müssen und von einem hohen Potential (25 kV) zum Potential nahe 0 V übertragen werden müssen. Dies kann telemetrisch oder optisch erfolgen. Aber auch eine direkte Übertragung der Sensorsignale ist denkbar.
Gemäß Patentanspruch 3 kann der Sensor an der Unterseite des Schleifstücks lösbar befestigt sein. Hierfür können z.B. Schraubverbindungen eingesetzt werden. Bei einem Schleifleistenwechsel kann dann der Sensor wieder verwendet werden.
Auch eine Einbettung eines Sensors zwischen die Schleifleiste und ein Trägerprofil des Schleifstücks ist nach Patentanspruch 4 denkbar.
Wenn nach Patentanspruch 5 der Hubantrieb pneumatisch beaufschlagbar ist, kann hierfür das in der Regel bereits vorhandene Druckluftsystem eines Triebfahrzeugs genutzt werden.
Die Erfindung ist nachfolgend anhand eines in den Zeichnungen veranschaulichten Ausführungsbeispiels näher erläutert. Es zeigen:
Figur 1 in schematischer Seitenansicht einen Stromabnehmer für ein elektrisch betriebenes Triebfahrzeug in der Betriebsstellung und
Figur 2 eine Ansicht auf den Stromabnehmer der Figur 1 in Richtung des
Pfeils II gesehen, teilweise im Schnitt.
Mit 1 ist in den Figuren 1 und 2 ein Stromabnehmer in Form eines Einholmstromabnehmers für ein elektrisch betriebenes, ansonsten nicht näher veranschaulichtes Triebfahrzeug 2 bezeichnet.
Der Stromabnehmer 1 weist ein Gestell 3 auf, das sich im wesentlichen aus einem Unterarm 4, einem Oberarm 5, einer Lenkerstange 6, einer Wippenführung 7 sowie Spanndrähten 8 zusammensetzt. Am freien Ende des Oberarms 5 befindet sich eine Traverse 9, welche der begrenzt raumgelenkigen Lagerung einer Wippe 10 dient. Die Wippe 10 weist zwei Schleifstücke 11 mit Trägerprofilen 12 und Schleifleisten 13 auf, die an den Fahrdraht 14 andrückbar sind.
Der Unterarm 4 und die Lenkerstange 6 sind an einen Grundrahmen 15 angelenkt, der über Stützisolatoren 16 am Fahrzeugdach 17 des Triebfahrzeugs 2 befestigt ist.
Ein Hubantrieb 18 des Stromabnehmers 1 umfasst einen Pneumatikbalg, der über ein nur angedeutetes Gestänge 19 auf die Schwenkachse 20 des Unterarms 4 einwirkt.
An den Unterseiten 24 der Trägerprofile 12 der Schleifstücke 11 sind piezoelektrische Fasern sowie Ladungsverstärker aufweisende Sensoren 21 durch
Klebung befestigt. Die Sensoren 21 sind zusammen mit dem Hubantrieb 18 sowie einer Auswerte- und Regeleinheit 22 in Form einer elektro-pneumati- schen Regeleinheit in einen geschlossenen Regelkreis 23 integriert.
In den Figuren 1 und 2 sind mit ST die Stellen bezeichnet, an denen es durch diverse Anregungen aus dem System Stromabnehmer und/oder dem System Fahrdraht und/oder durch aerodynamische Einflüsse zu Kontaktkraftänderungen zwischen den Schleifleisten 13 und dem Fahrdraht 14 kommen kann. Diese Kontaktkraftänderungen erzeugen an den Sensoren 21 piezoelektrische Signale, die der Auswerte- und Regeleinheit 22 zugeleitet werden. Ein entsprechendes Ausgangssignal der Auswerte- und Regeleinheit 22 führt dann zu einer Aktivierung des Hubantriebs 18, welcher die Winkellage des Gestells 3 des Stromabnehmers 1 verändert und folglich als Stellgröße eine erneute Kontaktkraftaktivierung an den Stellen ST erzeugt.
Bezuαszeichenaufstellunα
1 - Stromabnehmer
2 - Triebfahrzeug
3 - Gestell v. 1
4 - Unterarm v. 3
5 - Oberarm v. 3
6 - Lenkerstange v. 3
7 - Wippenführung v. 3
8 - Spanndrähte v. 3
9 - Traverse an 3 10 - Wippe
11 - Schleifstücke
12 - Trägerprofile
13 - Schleifleisten
14 - Fahrdraht
15 - Grund rahmen
16 - Stützisolatoren
17 - Fahrzeugdach v. 2 18 - Hubantrieb
19 - Gestänge v. 18
20 - Schwenkachse v. 4
21 - Sensoren
22 - Auswerte- und Regeleinheit
23 - Regelkreis 24 - Unterseite v. 12
ST - Kontaktstellen