Verwendung von Acrmatin zur topischen Applikation
Diese Erfindung betrifft Agmatin und/oder dessen Derivate und/oder Salze enthaltende pharmazeutische und/oder kosmetische Zubereitungen zur topischen Ap- plikation für die Therapie und Prophylaxe krankhafter
Veränderungen der Haut, insbesondere der Neurodermi- tis (atopische Dermatitis) und der Schuppenflechte
(Psoriasis) und/oder zur kosmetischen Anwendung, die
Verwendung dieser Zubereitungen und Verfahren zur Herstellung derartiger Zubereitungen.
Bei der Decarboxylierung von Arginin durch di Argi- nindecarboxylase entsteht Agmatin (N- (4-Amino- butyl) guanidin; Guanidinobutylamin) . Agmatin wird durch das Enzym Agmatinase (Agmatin-uryl-hydrolase) zu Harnstoff und Putrescin metabolisiert . Die Existenz von Agmatin ist bereits seit langem, insbesondere bei verschiedenen Bakterien, Pflanzen und wirbellosen Tieren bekannt. Es wurde als Vorläufer im Putrescin-Metabolismus aufgefaßt und als Substrat für
die Polyaminsynthese (Spermidin, Spermin) funktio- nell-biochemisch verstanden. Mitte der 90er Jahre wurde Agmatin auch in Säugetierzellen nachgewiesen. Bei Säugern reguliert Agmatin neben der intrazellulä- ren Polyaminkonzentration die Aktivität der NO-
Synthase. Darüber hinaus wird Agmatin eine Bedeutung als Neurotransmitter und bei der Regulation der Opi- oid-Rezeptor-vermittelten Analgesie zugeschrieben.
Es ist bekannt, dass Störungen bzw. krankhafte Veränderungen der Haut und alternder Haut häufig mit Störungen der Barrierefunktion der Haut einhergehen. Dies äußert sich dadurch, dass die Haut übermäßig Wasser verliert, schädlichen Einflüssen unterstützt ausgesetzt ist und hierauf häufig mit einer Entzündung (Ekzem) reagiert. Eine häufig vorkommende chronische Hauterkrankung, unter der ca. 2-5% der Bevölkerung leidet, ist die Neurodermitis (atopisches Der- matitis) . Die Haut eines Neurodermitikers weist im wesentlichen folgende Symptome auf: Trockenheit, erniedrigter Wasser- und Harnstoffgehalt, unzureichende Fettung, verminderte Hautdurchblutung, verminderte Abwehr gegen infektiöse Erreger, Störungen der Schweißsekretion, erhöhte Empfindlichkeit gegen un- spezifischen mechanischen und chemischen Reizen, wie Staub, Seife, Kleidung und dem eigenen Schweiß, Witterungsanfälligkeit. Die Haut weist weiterhin Entzündungen auf und es tritt ein quälender Juckreiz auf.
Zur Behandlung bzw. Therapie des atopischen Ekzems werden verschiedene Methoden eingesetzt. Dazu gehören der Einsatz von Corticoiden, weiteren Immunsuppressi- va, Antihistaminika, der externe Einsatz (topische Applikation) von Harnstoff, Omega-Fettsäuren, Foto- therapie und der Einsatz von Gam a-Linolensäure (z.B. enthalten in Nachtkerzensamen-Öl, Schwarzkü melöl) .
Die oben erwähnten Substanzen weisen verschiedene Nachteile auf. Die Cortison-Anwendung ist zwar für eine Akuttherapie geeignet, eine Langzeit-Anwendung ist jedoch mit Nebenwirkungen, beispielsweise einer Verdünnung der Haut (Atropie) verbunden. Der Einsatz von Harnstoff zur Behandlung trockener Haut oder Neu- rodermitis führt zwar zu einer Verbesserung der Wasserbindungskapazität der Hornschicht, allerdings be- sitzt Harnstoff häufig eine Reizwirkung (irritativer Effekt), insbesondere auf vorgeschädigter Haut. Anti- histaminika sind zur topischen Applikation nicht geeignet, da sie nur geringe Wirkung entfalten. Anti- histaminika werden daher gewöhnlich als Tabletten, Tropfen oder Sirup verabreicht. Ein weiterer Nachteil von Antihistaminika ist, daß bei einer Einnahme über einen längeren Zeitraum die Wirksamkeit abnimmt. Die Wirkung von Nachtkerzensamenöl ist umstritten. Es e- xisitieren Studien, bei denen vergichen mit Placebo kein positiver Effekt nachgewiesen werden konnte.
Neben der atopischen Dermatitis (Neuroder itis) ist auch bei vielen anderen Hautkrankheiten, beispielsweise allgemein bei chronisch entzündlichen Hauter- krankungen, eingeschließlich der Psoriasis vulgaris, der Ichthyosen, Altershaut sowie im kosmetischen Bereich die Dehydratation (trockene und alternde Haut) bzw. die gestört Barrierefunktion des Hornschicht ein großes Problem. Auch in diesen Bereichen wird Harn- stoff, aufgrund seiner Fähigkeit, die Wasserbindungskapazität der Hornschicht zu erhöhen und so die Barrierefunktion der Haut zu verbessern, eingesetzt, wobei aber, wie bereits erwähnt, eine Reizung der Haut als häufigste Nebenwirkung auftritt.
Ziel der vorliegenden Erfindung ist es, pharmazeutische und/oder kosmetische Zubereitungen bereitzustellen, die wirksam zur Therapie und Prophylaxe krankhafter Veränderungen der Haut, nämlich der oben erwähnten chronisch entzündlichen Hauterkrankungen, eingeschlossen der atopischen Dermatitis, der Psoria- sis vulgaris sowie der Ichthyosis und im kosmetischen Bereich verwendet werden können, ohne die Haut im wesentlichen zu reizen.
Die pharmazeutischen und/oder kosmetischen Zubereitungen sollen auch geeignet sein, wirksam zur Erhöhung der Wasserbindungskapazität der Haut und/oder zur Verbesserung der Barrierefunktion der Haut und/oder zur Verbesserung der elastomechanischen Eigenschaften der Haut verwendet zu werden, ohne die Haut im wesentlichen zu reizen.
Überraschenderweise wurde nun gefunden, daß diese Aufgabe erfindungsgemäß durch die Verwendung von Agmatin und/oder dessen Derivaten und/oder Salzen als Wirkstoff, zur topischen Applikation für die Therapie und Prophylaxe bei krankhaften Veränderungen der haut und/oder zur kosmetischen Anwendung gelöst wird (An- sprüche 1 bis 8) .
Erfindungsgemäß werden weiterhin pharmazeutische und/oder kosmetische Zubereitungen zur topischen Applikation bereitgestellt, die Agmatin und/oder dessen Derivate und/oder dessen Salze in pharmazeutisch und/oder kosmetisch wirksamen Mengen als Wirkstoff und weiterhin geeignete Träger- und Hilfsstoffe sowie wahlweise weitere Wirkstoffe als Rest enthalten (Ansprüche 9 bis 13) .
Die Herstellung der pharmazeutischen und/oder kosmetischen Zubereitung erfolgt wie im Stand der Technik von Zubereitung bekannt. Dabei wird Agmatin und/oder dessen Derivate und/oder Salze in pharmazeutisch und/oder kosmetisch wirksamen Mengen mit üblichen Trägerstoffen, Hilfsstoffen und wahlweise weitere Wirkstoffen vermischt, wodurch eine pharmazeutische und/oder kosmetische Zubereitung erhalten wird.
Erfindungsgemäß werden als bevorzugte Derivate von Agmatin Nitroderivate und/oder Methylester und/oder Methyl- und/oder Ethylderivate eingesetzt.
Bevorzugte erfindungsgemäße Verwendung obiger Wirk- Stoffe sind die Therapie und Prophylaxe chronisch entzündlicher Hauterkrankungen, wie beispielsweise Neurodermitis (atopische Dermatitis), Schuppenflechte (Psoriasis vulgaris) , exogene Ekzeme, wie allergische Kontaktekzeme oder toxisch-irritative Kontaktekzeme und dysregulativ-mikrobielle Ekzeme. Auch die Nachbehandlung dieser chronisch entzündlichen Hauterkrankung, die Therapie der Altershaut, die Prophylaxe alternder Haut und die Anwendung bei gereizter oder empfindlicher oder sonnenbelasteter Haut sind erfin- dungsgemäß vorteilhaft.
Bei der erfindungsgemäßen Verwendung kann weiterhin eine Erhöhung der Wasserbindungskapazität der haut und/oder Verbesserung der Barrierefunktion der haut und/oder Verbesserung der elastomechanischen Eigenschaften der Haut erzielt werden.
Besonders vorteilhaft ist die erfindungsgemäße Verwendung von Agmatin und/oder dessen Derivaten und/oder Salzen zur Behandlung von Neurodermitis (a- topische Dermatitis) .
Bevorzugt ist erfindungsgemäße eine pharmazeutische und/oder kosmetische Zubereitung, die 0,01-40 Gew.-%, bevorzugter 0,5 - 30 Gew.-%, noch bevorzugter 1-20 Gew.-% und weiterhin bevorzugt 3-15 Gew.-% Agmatin und/oder dessen Derivate und/oder Salze enthält.
Eine bevorzugte erfindungsgemäße pharmazeutische und/oder kosmetische Zubereitung enthält 0,01- 40 Gew.-%, bevorzugter 0,5 - 30 Gew.-%, noch bevorzugter 1-20 Gew.-% und weiterhin bevorzugt 3- 15 Gew.-% Agmatin und/oder Nitroderivate und/oder Methylester und/oder Methyl- und/oder Ethylderivate hiervon und/oder deren Salze sowie übliche Träger- und Hilfsstoffe, sowie wahlweise weitere Wirkstoffe als Rest.
Unter Träger- und Hilfsstoffen sind in dieser Erfindung beispielsweise zu verstehen: Verdünnungsmittel, Füllstoffe, Salze, Puffer, Stabilisatoren, Solubili- satoren, Duftstoffe sowie weitere übliche Bestandteile. Die Auswahl dieser Stoffe und eventuell weiterer Träger und Hilfsstoffe ist dem Fachmann geläufig. An sich übliche galenische Zubereitungen finden sich beispielsweise im DAß oder DAC.
Eine bevorzugte pharmazeutische und/oder kosmetische Zusammensetzung enthält Agmatin und/oder dessen Derivate und oder Salze.
Zu den weiteren bevorzugten Wirkstoffen, die zur erfindungsgemäßen pharmazeutischen Zubereitung zugegeben und mit den erfindungsgemäßen Wirkstoffen zusammen einsetzbar sind, gehören beispielsweise Corticoi- de und ihre Derivate.
Erfindungsgemäße pharmazeutische und/oder kosmetische Zubereitungen zur topischen Applikation sind vorzugsweise hydrophil, amphiphil oder lipophil.
Die erfindungsgemäßen pharmazeutischen Zubereitungen können als Vehikelsystem enthalten: Gel, Lotio, Creme, Fettcreme, Salbe, Paste, Tinktur, Lösung, liposo- male Zubereitung, Mikroemulsion, Nanopartikel, micel- lare Präparationen, DMS-Systeme.
Erfindungsgemäß können als Zusatzstoffe z.B. enthalten sein:
- konservierungsstoffe (z.B. Ethanol, Citronensäu- re, Ammoniaklösung)
Penetrationsverstärker (z.B. Glycerin, Harnstoff, DMSO) Duftstoffe (z.B. Moschus, Rosenöl, weitere Pflanzenöle, Ester)
Die oben beschriebenen pharmazeutischen und/oder kosmetischen Zubereitungen können bevorzugt zur Therapie und Prophylaxe der genannten Indikationsgebiete ver- wendet werden.
Die Verwendung von Agmatin und/oder dessen Derivaten und/oder Salzen als Wirkstoff oder Hilfsstoff zur topischen Applikation zur Behandlung von Hauterkrankun- gen oder zur kosmetischen Anwendung ist im Stand der Technik nicht beschrieben.
Agmatin wird in der Medizin bisher nicht verwendet.
Die im folgenden beschriebenen Versuche zeigen, dass bei topischer Applikation von Agmatin auf die Haut
gesunder Patienten eine sehr gute Verträglichkeit festgestellt wird und dass Agmatin eine Steigerung der Hydratation des Stratum corneums und damit eine Verbesserung der Barrierefunktion der Haut bewirkt.
Weiterhin zeigen die Versuche, dass bei der Behandlung von Neurodermitis-Patienten eine gute Wirksamkeit erzielt wird, ohne die im Fall von Harnstoff auftretenden Nebenwirkungen.
Die Erfindung wird nun durch die folgenden Beispiele erläutert, die den Umfang der Erfindung jedoch nicht beschränken sollen.
Beispiele
A. Objektivierung der Hautverträglichkeit einer topisch applizierten Agmatin-Creme
Es wurde eine Agmatin-Creme angefertigt, die 10 Gew.-% Agmatinsulfat, 5 Gew.-% Glycerin- onostearat, 40 Gew.-% Wollwachsalkoholsalbe und 45 Gew.-% gereinigtes Wasser enthielt.
Zur Testung der Hautverträglichkeit wurde die Creme unter okklusiven Bedingungen epikutan mittels einem Testpflaster über 72 Stunden 10 gesunden Testpersonen auf die volare Seite des rechten Unterarms appli- ziert. Alle Testpersonen von einem Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten untersucht und nach einem klinischen Score beurteilt. Bei keiner Testperson fanden sich Hinweise für eine irritative oder toxische Hautreaktion.
B. Wirkung von topisch appliziertem Agmatin auf die Barrierefunktion der Haut
Es wurde eine Agmatin-Creme angefertigt, die 10 Gew.-% Agmatinsulfat, 5 Gew.-% Glycerin- monostearat, 40 Gew.-% Wollwachsalkoholsalbe und 45 Gew.-% gereinigtes Wasser enthielt.
Zur Testung der Wirkung auf die Barrierefunktion der Haut wurde die Creme unter offenen Bedingungen epiku- tan 2x täglich über 20 Tage durch 10 gesunde Testpersonen auf die volare Seite des linken Unterarms ap- pliziert. Alle Testpersonen von einem Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten untersucht und die Hydratation der Hornschicht mittels Corneo etrie sowie die Wasserbindungskapazität der Hornschicht mittels Evaporimetrie beurteilt. Bei allen Testpersonen zeigte sich ein Anstieg der Hydratation und der Wasserbindungskapazität der Hornschicht (Fig. 1 A+B) .
C. Verwendung einer Agmatin-Creme zur Behandlung der Neurodermitis
Es wurde eine Agmatin-Creme angefertigt, die 10 Gew.-% Agmatinsulfat, 5 Gew.-% Glycerin- monostearat, 40 Gew.-% Wollwachsalkoholsalbe und 45 Gew.-% gereinigtes Wasser enthielt.
Zur Testung der Wirksamkeit zur Behandlung der Neuro- dermitis wurde die Creme unter offenen Bedingungen epikutan 2x täglich über 20 Tage bei 3 Neurodermi- tispatienten auf läsionale Haut appliziert. Alle Testpersonen wurden von einem Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten untersucht und die Wirksamkeit nach einem klinischen Score (lokaler SCORAD) beurteilt. Bei allen Patienten zeigte sich Verbesserung
des Hautzustandes (Fig. 2) .
D. Verwendung einer Agmatin-Creme zur Behandlung der Schuppenflechte
Es wurde eine Agmatin-Creme angefertigt, die 10 Gew.-% Agmatinsulfat, 5 Gew.-% Glycerin- monostearat, 40 Gew.-% Wollwachsalkoholsalbe und 45 Gew.-% gereinigtes Wasser enthielt.
Zur Testung der Wirksamkeit zur Behandlung der Schuppenflechte wurde die Creme unter offenen Bedingungen epikutan 2x täglich über 20 Tage bei 3 Schuppenflech- tenpatienten auf läsionale Haut appliziert. Alle Testpersonen wurden von einem Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten untersucht und die Wirksamkeit nach einem klinischen Score (PASI) beurteilt. Bei allen Patienten zeigte sich Verbesserung des Hautzustandes (Fig. 3) .
Die Ergebnisse zeigen, dass durch Steigerung der Wasserbindungskapazität und Sekung des transepidermalen Wasserverlustes die Hydratation der Hornschicht erhöht wird. Dies führt zur Verbesserung der Barriere- funktion der Haut.
Agmatin enthaltende Zubereitungen dieser Erfindung können daher überall dort eingesetzt werden, wo eine Verbesserung der Barrierefunktion erwünscht ist. Bei- spiele für die Anwendung sind u.a. die Behandlung trockener oder chronisch durch Feuchtigkeit oder Sonneneinstrahlung belastete Haut, die Pflegetherapie bei chronisch entzündlichen Hauterkrankungen, eine kosmetische Behandlung der gealterten Haut, zur Ver- besserung der Regeneration und zur Anregung von kuta- nen StoffWechselvorgängen.