Beschreibung
Elektrochemischer DNA-Sensor, Verfahren zur Herstellung und Betrieb eines solchen DNA-Sensors
Die Erfindung bezieht sich auf einen elektrochemischen DNA- Sensor mit einer Anordnung aus zwei Kammelektroden auf einer Silizium-Chip-Oberfläche, wobei die Kammelektrodenanordnung Interdigitalstrukturen mit ineinandergreifenden Elektroden- fingern bildet. Daneben bezieht sich die Erfindung auf ein
Herstellungsverfahren und auf ein zugehöriges Betriebsverfahren eines solchen DNA-Sensors.
Für die DNA-Analyse werden elektrochemische Sensoren verwen- det, die beispielsweise ein mikrostrukturiertes Elektrodenar- ray haben, für die das sogenannte Redox-Cycling Basis ist. Dabei wird eine Interdigitalstruktur mit Gold als Elektrodenmaterial verwendet. Üblicherweise werden dabei auf der Elektrodenfläche Thiol-Verbindungen, beispielsweise Thiol-Alkan- modifizierte Oligonucleotide (sog. Thiol-ONTs oder kurz Thiole) , angelagert, die als langkettige Moleküle mit ihrer Schwefelkomponente auf der Goldoberfläche verankert werden und am Kopf sogenannte Oligos als Sonde tragen.
Verfahren und zugehörige Anordnungen letzterer Art sind in den älteren, nicht vorveröffentlichten deutschen Patentanmeldungen DE 100 58 394 AI und DE 100 58 397 AI beschrieben. Im vorbeschriebenen Fall kann es vorkommen, dass die Thiole bei einer vollständigen Bedeckung die Elektrodenoberflächen blo- ckieren und dadurch die für den DNA-Sensor notwendigen elektrochemischen Reaktionen verhindern.
Aufgabe der Erfindung ist es, hier für Verbesserungen zu sorgen und einen DNA-Sensor zu schaffen, der obige Nachteile nicht aufweist. Gleichermaßen soll ein Herstellungsverfahren eines solchen DNA-Sensors und ein zugehöriges Betriebsverfahren des DNA-Sensors angegeben werden.
Die Aufgabe ist bei einem DNA-Sensor der eingangs genannten Art erfindungsgemäß durch die Gesamtheit der Merkmale des Patentanspruches 1 gelöst. Das zugehörige Herstellungsverfahren ist Gegenstand des Patentanspruches 12 und ein zugehöriges Betriebsverfahren Gegenstand des Patentanspruches 17. Jeweils vorteilhafte Weiterbildungen sind in den auf die unabhängigen Hauptansprüche zurückbezogenen abhängigen Ansprüchen angegeben.
Der Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass in kammartigen Strukturen die Lücken zwischen den Elektrodenfingern zusätzlich mit Goldflächen versehen werden können, wobei diese Bereiche die Immobilisierung-Basis für die Thiole (Thiol- ONTs) sind. Aus der DE 196 10 115 AI ist zwar ein Verfahren zur Detektion von Molekülen und Molekülkomplexen bekannt, bei dem Gebrauch von Interdigitalstrukturen mit nahe beieinander liegenden Elektrodenfingern gemacht wird und bei dem auch Moleküle in den Elektrodenzwischenräumen durch physikalische und/oder chemische Bindungen fixiert und gemessen werden sollen. Damit sind aber keine Thiole immobilisierbar.
Da bei der Erfindung der Sensor in bekannter Weise Kammelektroden mit einer Interdigitalstruktur aufweist, muss bei der Herstellung des Sensors die Interdigitalstruktur während der Adsorption der Thiole abgedeckt werden. Beispielsweise kann vor der Adsorption auf der Goldoberfläche eine „Schutz* - Metallschicht aus einem unedleren Metall als Gold elektrochemisch abgeschieden werden. Hierfür ist in besonderem Maße Kupfer geeignet, ggf. kommt aber auch Silber infrage.
Bei der Erfindung können die Thiole auch auf der „Schutz* - Metallschicht teilweise adsorbieren, während die reaktiven Goldflächen der Elektroden vollständig geschützt sind. Nach Erreichen der vollständigen Bedeckung wird das Lösungsmittel, das die Thiole enthält, entfernt und der Reaktionsraum gespült. Anschließend wird der Reaktionsraum mit einem Elektro-
lyten gefüllt, in dem das „Schutz*-Metall, das die Goldelektroden bedeckt, elektrochemisch oxidiert und gelöst wird.
Der DNA-Sensor gemäß der Erfindung wird dadurch in besonders einfacher Weise hergestellt, dass die Elektrodenoberfläche temporär abgedeckt wird, dieser Prozess durch Metallabschei- dung realisiert wird und ein geeignetes Material, beispielsweise Kupfer darauf aufgebracht wird. Durch die Kupferab- scheidung und spätere Auflösung wird die Oberfläche der Elektrode wieder in den Ausgangszustand versetzt. Da im wäss- rigen Elektrolyten die gebundenen Thiole nicht löslich sind, können sie aufgrund ihrer Bindung die Oberfläche nicht mehr erreichen, bzw. dort adsorbieren.
Beim erfindungsgemäßen Herstellungsverfahren lässt man die Thiole aus einer Lösung geringer Konzentration auf der Oberfläche des Substrates adsorbieren, wobei eine nur teilweise Bedeckung durch Abbruch des Adsorptionsvorganges erreicht werden kann. Dies führt dazu, dass es zu keinem vollständigen sog. Self-Assembling der Moleküle kommt, so dass in jedem
Fall, abhängig vom Bedeckungsgrad die katalytische Aktivität der Elektrode reduziert und die Effektivität des Sensors beschnitten wird. Trotzdem sind aber die Voraussetzungen für eine Messung gegeben.
Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der Figurenbeschreibung von Ausführungsbeispielen anhand der Zeichnung in Verbindung mit den Patentansprüchen. Es zeigen
Figur 1 die Messmethodik beim neuem DNA-Sensor,
Figur 2 eine Anordnung für eine oxidationsbestim te Messung und Figuren 2 bis 4 drei Alternativen für Interdigitalstrukturen mit zusätzlicher Immobilisierungsfläche zur Anlagerung der Thiole.
Mit einem Silizium-Chip-Sensor kann in der Bioanalytik erreicht werden, dass mit Hilfe elektrochemischer Verfahrensschritte der Sensor zur Messung von DNA (Desoxiribonuclein- säuren) , bei dem die Signale elektrisch auslesbar sind, ein- setzbar wird. Dieses Verfahren beruht darauf, dass man kammartige Elektrodenstrukturen, die auch als Interdigitalelek- troden bezeichnet werden und ineinander greifende Elektrodenfinger oder -zungen aufweisen und aus Gold (Au) oder einem anderen Edelmetall bestehen, auf einem Silizium-Chip anord- net, wobei anschließend auf den Elektrodenfingern oder Elektrodenzungen Thiole verankert werden, die später einen Marker tragen können.
Es ist bekannt, dass Thiole mit ihrer Schwefelgruppe fest auf einer Elektrodenoberfläche aus Edelmetall gebunden sind und dass sie nachfolgende Elektrodenreaktionen in ihrer Geschwindigkeit senken. Dadurch tritt bei der vorgesehenen Redox- Reaktion anstelle einer Diffusionshemmung eine Durchtrittshemmung auf.
Bekannt sind weiterhin beispielsweise DNA-Sensoren für optische Ausleseverfahren, wobei die Reaktionsblockierung nicht in das Verfahren eingreift. Das Auslesen und Verarbeiten der optischen Signale kann aber nur mit hohem Aufwand erfolgen.
In der Figur 1 ist eine Messanordnung mit zwei Elektroden 2 und 3 dargestellt, bei der zusätzlich eine Goldfläche 5 vorhanden ist. Diese Goldfläche 5 ist Immobilisierungs-Basis für die Thiole.
Die Elektrodenstruktur 2, 3 ist während der Adsorption der Thiole abgedeckt, wofür vor der Adsorption auf der Goldoberfläche 5 ein Metall elektrochemisch abgeschieden wird. Das Metall ist unedler als Gold und vorzugsweise Kupfer oder Sil- ber. Auf dem Kupfer oder Silber können dann auch teilweise die Thiole adsorbieren, wogegen aber die reaktiven Goldflächen der Messelektroden vollständig geschützt sind.
Die Thiole werden an den Metallflächen, und zwar insbesondere den Edelmetallflächen, angelagert. Als Thiole können 3 λ- oder 5 λ-thiolfunktionalisierte Oligonukleotide, die als langketti- ge Moleküle mit ihren Schwefelkomponenten auf der Edelmetallfläche verankert werden, dienen. Nach Erreichen einer vollständigen Bedeckung wird das Lösungsmittel, das die Thiole enthält, entfernt und der Reaktionsraum gespült. Im nächsten Schritt wird dann der gesamte Reaktionsraum mit einem Elek- trolyten gefüllt, in dem das Metall, das die Goldelektroden bedeckt, elektrochemisch oxidiert und gelöst wird. Für Kupfer als Metall wird beispielsweise Puffer pH < 7 als Elektrolyt verwendet .
Wird anschließend die Interdigitalstruktur 1 auf ein Potential positiver als das Bildungspotential des Kupfer-Ions gelegt, wird Kupfer als Kupfer-Ion im Elektrolyten gelöst. Der Strom geht gegen Null, wenn die Bedeckung der Goldelektroden 5 mit Kupfer vollständig abgebaut ist. Der Elektrolyt wird dann entfernt. Anschließend erfolgen die weiteren Schritte zum Aufbau des Sensorsystems für die DNA-Analyse.
In Figur 2 wird das Substrat 1 mit planarer Oberfläche beispielsweise durch die kristallographische Oberfläche eines Silizium-Chips gebildet. Auf dem Substrat 1 ist ein Array von optischen/elektrischen Detektoren, insbesondere den Elektroden 2, 2', ... und 3, 3' auf vorgegebenen Arraypositionen realisiert, mit denen bioanalytische Untersuchungen mit enzymgekoppelten Reaktionen vorgenommen werden. Im Einzelnen ist für die bioanalytischen Untersuchungen ein Fänger-Molekül mit
100, ein Analyt-Molekül mit 200 und ein sog. Enzym-Label mit 300 bezeichnet. Dabei reagieren das Fängermolekül 100 spezifisch mit einem komplementären Analytmolekül 200 und immobilisiert so array-positionsspezifisch einen Enzym-Label 300. Anschließend zugegebenes Enzym-Substrat 400 wird durch die katalytische Wirkung des Enzym-Labels 300, das als Marker dient, in ein Produkt 500 überführt.
Auf jeder Arrayposition kann mit Hilfe des dort lokalisierten optischen oder elektrischen Detektors die Abnahme/Zunahme von Substrat/Produkt gemessen werden.
In bestimmten Fällen ist das Redox-Verhalten diffusionsbestimmt. Als Beispiel für ein Redoxpaar sei p-Aminophenol/ Chinonimin genannt:
Am entsprechenden Redoxprozess sind 2 Elektronen sowie 2 H+- Ionen beteiligt.
Dieses System kommt z.B. bei Enzym-gekoppelten Nachweisreaktionen zum Einsatz. Dabei wird das Enzym „Alkalische Phosphatase* als Label- bzw. Verstärkungs-Substanz eingesetzt. Alkalische Phosphatase ist in der Lage, p-Aminophenyl-Phosphat in p-Aminophenol und Phosphat zu spalten:
O ,OH
Das entstehende p-Aminophenol wird am Elektroden-System oxi- diert bzw. das Redoxpaar p-Aminophenol/Chinonimin zyklisiert.
Speziell für obigen Prozess ist also bei dem anhand der Figur 2 dargestellten Sensorsystem mit Elektroden 2, 2 ... und 3, 3λ, ... wesentlich, dass die zusätzliche Reaktionsfläche 5 aus Gold so platziert ist, dass eine günstige Lokalisierung in der Nähe der positiven Elektroden in den Fingerstrukturen der Kammelektroden vorliegt. Allgemein gilt, dass für einen oxidationsbestimmten Prozess die zusätzlichen Reaktionsflächen den Anoden-Elektrodenfingern einer Kammelektrode und für einen reduktionsbestimmten Prozess den Kathoden-Elektrodenfingern der Kammelektrode benachbart sind.
Im Einzelnen zeigen die Figuren 3 bis 5 entsprechende Alternativen anhand von Elektrodenanordnungen 30, 40 und 50.
In der ersten Ausführungsform gemäß Figur 3 zur Anwendung bei der Messanordnung gemäß Figur 2 haben die beiden Kammelektroden 31 und 33 unterschiedliche Periodizitäten. Beispielsweise hat die untere Kammelektrode 31 eine geringere Periodizität der Elektrodenfinger 32 λ, d.h. eine größere Anzahl von Fingern pro Flächeneinheit. Dies bedeutet, dass von den Elektrodenfingern 32 der oberen Kammelektrode 31 jeder Elektrodenfinger 32 von zwei Elektrodenfingern 32 der unteren Kammelektrode 33 benachbart ist. In den in größerem Abstand ge- bildeten Lücken sind dann die zusätzlichen Flächen 35 vorhanden.
Letztere Anordnung der Kammelektroden ist dann günstig, wenn die Reaktionshemmungen für den anodischen und für den katho- dischen Prozess unterschiedlich sind.
In Figur 4 besteht eine Elektrodenanordnung 40 aus zwei identischen Kammelektroden 41 bzw. 41 die mit ihren Elektrodenfingern 42 bzw. 42 x ineinander greifen und so die Interdigi- talstruktur bilden. Zwischen den benachbarten Elektrodenfingern 42 bzw. 42 ist jeweils eine zusätzliche Fläche 45 eingebracht, die entsprechend der Fläche 5 in den Figuren 1 und
2 die Thiole tragen. Wesentlich ist dabei, dass jede der zusätzliche Flächen 45 genau einen Elektrodenfinger 42 bzw. 42 x benachbart ist. Dabei ist wesentlich, dass die Dimensionierung der Elektrodenfinger 42 bzw. 42 λ und der zusätzlichen Fläche gleich sind, so dass sich in Längsrichtung hinsichtlich der Flächen eine vollständige Identität ergibt.
In Figur 5 ist bei einer Elektrodenanordnung 50 die Periodi- zität der beiden Kammelektroden 51, 51 λ mit Elektrodenfingern 52 52λ - wie in Figur 4 - ebenfalls gleich, jedoch der Periodenabstand größer. Dies bedeutet, dass die dazwischen liegenden Flächen in ihrer Breite größer ausgebildet sind und beispielsweise die dreifache Breite wie die Elektrodenfinger 52λ,52-λ aufweisen.
Die Herstellung der Elektrodenstrukturen entsprechend den Figuren 3 bis 5 erfolgt entsprechend der anhand Figur 1 beschriebenen Vorgehensweise. Die Kammstrukturen sind nach der beschriebenen Herstellung voll funktionsfähig und werden bei der Redox-Reaktion zur Identifikation der DNA-Fragmente wirksam. Die freien Flächen sind von den Thiolen bedeckt, wobei die Marker aus den Figuren 1 und 2 an den Kopfgruppen der Thiole verankert werden.
Wesentlich ist bei den beschriebenen Beispielen, dass die
Funktion der Kammstrukturen auf die elektrochemische Detek- tion beschränkt ist. Die Elektrodenfinger werden selbst also nicht für die Markerplatzierung genutzt. Stattdessen werden separate Reaktionsflächen zur Verfügung gestellt. Die konkre- te Ausbildung der Reaktionsflächen ergibt sich dabei anhand des Einzelfalls, je nachdem, ob eine Diffusionshemmung oder eine Durchtrittshemmung geschwindigkeitsbestimmend ist.