Fahrzeugkopf
Die Erfindung bezieht sich auf einen Fahrzeugkopf an einem Wagenkasten, insbesondere für ein Hochgeschwindigkeits-Schienenfahrzeug mit einem zu einer Spitze des Fahrzeugkopfes hin im Wesentlichen verjüngend ausgebildeten Querschnitt.
Fahrzeugköpfe der genannten Art sind bspw. bekannt aus dem Tätigkeitsbericht 99, Deutsche Bahn AG, Forschungs- und Technologie-Zentrum, S. 79, wo ausgehend von einer
Grundkonfiguration (ICE 1 und ICE 2 als Referenzobjekt) der Einfluß verschiedener Parameter der Kopfgeometrie auf die Seitenwindempfindlichkeit generisch untersucht wird. Dabei werden als zu variierende Einflußgrößen die Dachwölbung, Länge und Breite des Kopfes, die Bodenfreiheit und die Fahrzeughöhe angesehen. Den bekannten Kopfformvarianten, unter denen sich sehr langgestreckte, entenschnabelförmige, bügeleisenförmige und einfach mehr oder weniger steil flach unten abgeschrägte Zugnasen befinden, ist gemein, daß deren Spitzen im Bodenbereich oder der unteren Hälfte bzw. dem unteren Drittel der Fahrzeugfront angeordnet sind. Bei diesen bekannten Fahrzeugköpfen ist zu beobachten, daß die nach unten gerichtete Anpreßkraft des Fahrzeug auf die Aufstandsebene mit wachsender Geschwindigkeit sinkt. Der Effekt des mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit sinkenden Abtriebs verursacht bspw. bei Schienenfahrzeugen des modernen Hochgeschwindigkeitsverkehrs, wie dem ICE3, dem TGV, dem Shinkansen oder dem Talgo, eine Sicherheitsbeeinträchtigende Seitenwindempfindlichkeit des voranfahrenden Wagens. Zur Gewährleistung der erforderlichen Fahrstabilität müssen daher aufwendige Maßnahmen getroffen werden, wie etwa das Vorsehen von Gewichtseinlagen von etwa 6 - 9 t Blei in den ersten Wagen (siehe ICE2-Steuerwagen) oder das streckenseitige Aufstellen von Windschutzzäunen in windgefährdeten Gebieten.
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, einen Fahrzeugkopf der eingangs genannten Art bereitzustellen, bei dem die Empfindlichkeit gegen Querbeschleunigungen bei hohen Fahrgeschwindigkeiten reduziert ist.
Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch einen Fahrzeugkopf gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 , bei dem die Spitze in der oberen Hälfte des Lichtraumprofils des Wagenkastens angeordnet ist. Der durch das Lichtraumprofil des Wagenkastens zu verdrängende Luftstrom-wird durch die Spitze als vordersten Punkt des Fahrzeugkopfes geteilt und entsprechend der nachfolgenden Form der Außenhaut des Wagenkastens verdrängt bis die Luftmasse aus dem Lichtraumprofil des Wagenkastens geschafft ist. Mit ihrer Verdrängung geht eine Beschleunigung der Luftmasse einher, die den auf die Außenhaut des Fahrzeugkopfes wirkenden Druck bestimmt. Indem die Spitze des erfindungsgemäßen Fahrzeugkopfes in der oberen Hälfte des Lichtraumsprofils angeordnet ist, ist die Strömungs unterhalb der Spitze beschleunigt, so daß dort der Druck sinkt, während oberhalb der Spitze die Strömung nur wenig beschleunigt wird, so daß dort quasi Atmosphärendruck herrscht. Mit steigender Geschwindigkeit wird daher die Spitze nach unten gedrückt, wodurch die vertikale Anpreßkraft in Richtung Schiene mit steigender Fahrgeschwindigkeit zunimmt und so auch die Stabilität gegen Querbeschleunigungen, die z.B. von Kurvenfahrten oder Seitenwindeinflüssen herrühren erhöht wird. Der erfindungsgemäße Fahrzeugkopf ist in vorteilhafter Weise auch für Magnet- und Magnetschwebebahnen sowie für Straßenfahrzeuge im Hochgeschwindigkeitsverkehr einsetzbar.
In bevorzugten Ausführungsformen der Erfindung ist die Spitze im oberen Drittel oder im oberen Viertel des Lichtraumprofils des Wagenkastens angeordnet. Dadurch kann der oben beschriebene Effekt der Abtriebserhöhung bei steigenden Fahrgeschwindigkeiten noch gesteigert werden.
In einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung ist durch geeignete Maßnahmen zur Ableitung des Luftstromes auf die Seite vorliegend zwischen mindestens zwei konkaven, möglichst unmittelbar unterhalb der Spitze beginnenden und nach unten an je eine Außenseite des Wagenkastens führenden Rinnen ein vertikaler Strömungsteiler angeordnet. Der Strömungsteiler separiert den unterhalb der Spitze verdrängten Luftstrom in wenigstens zwei Teilströme, die entlang der Rinnenseitenflächen seitlich in den Bodenbereich des Wagenkastens geführt werden.
Vorzugsweise geht der Strömungsteiler im Bodenbereich des Fahrzeugkopfes zumindest weitgehend in einen pflugförmigen Spoiler über. Der Spoiler bildet somit im seitlichen Endbereich der Rinnen deren untere Halbschale und trägt so zur Strömungsführung mit bei. Außerdem räumt der Spoiler streckenseitige Hindernisse auf die Seite und erhöht somit die Sicherheit beim Betrieb des Fahrzeugs.
Wenn es dabei zu Interaktionen mit fahrbahnseitigen Bauwerken, wie Tunnel oder Wänden, oder auch mit Gegenverkehr kommt, kann es von Vorteil sein, die Spitze des Fahrzeugkopfes geringfügig asymmetrisch zur senkrechten Fahrzeug-Längsmitteneben anzuordnen, und zwar vorzugsweise um Werte zwischen 2% und 25% der Fahrzeugbreite, insbesondere zwischen 2% und 10%.
In einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist der Fahrzeugkopf symmetrisch zur Fahrzeug- Längsmittenebene ausgebildet. Hierdurch wird vermieden, daß auf einseitigen Radlasten oder sonstigen Aufströmungseinflüsse beruhende ungleichmäßige Kräfteverteilungen auftreten.
Die Erfindung wird im Folgenden durch ein in den Zeichnungen dargestelltes Ausführungsbeispiel erläutert und zwar zeigt
Fig. 1 einen erfindungsgemäßen Fahrzeugkopf in Seitenansicht und Fig. 2 den Fahrzeugkopf aus Figur 1 in Frontansicht.
Gemäß Figur 1 ist ein aerodynamisch gestalteter Fahrzeugkopf 1 am vorderen Ende eines Wagenkastens 2 eines Schienenfahrzeugs, bspw. eines Hochgeschwindigkeitzuges, angeformt. Der Wagenkasten 2 ist auf mindestens einem Schienenräder 3 aufweisenden Fahrwerk 4 abgestützt. Das Fahrwerk 4 kann bspw. als angetriebenes Drehgestell ausgebildet sein, das eine Drehbewegung zwischen dem Wagenkasten 2 und dem spurgebundenen Fahrwerk 4 ermöglicht. Das Lichtraumprofil q als maximaler Querschnitt des Wagenkastens 2 erstreckt sich im Ausführungsbeispiel bis kurz vor das Fahrwerk 4, wo der sich verjüngende Fahrzeugkopf 1
anschließt bis zur aerodynamisch gerundeten Spitze 5 als vorderster Punkt des Wagenkastens 2, an dem der Querschnitt des Wagenkastens 2 völlig zusammenschnürt. Zur Verdeutlichung der Kopfform sind in Fig. 2 Konturlinien q, d, c, b, und a der Außenhaut des Wagenkastens 2 dargestellt, die den senkrechten, über die Länge des Fahrzeugkopfes verteilten Querschnittlinien Q-Q, D-D, C-C, B-B, A-A aus Figur 1 entsprechen. Zur weiteren Verdeutlichung der Raumform des Fahrzeugkopfes 1 sind Flächenbereiche E und F der Außenhaut des Wagenkastens 2 in Figur 1 und entsprechend in Figur 2 schraffiert dargestellt. Dabei bezeichnet E einen Flächenbereich, der oberhalb der Spitze 5 beginnt, während F einen Flächenbereich unterhalb der Spitze 5 bezeichnet. Die Konturlinien q, d, c, b und a folgen im Wesentlichen kleiner werdenden ineinandergeschachtelten Halbkreisbögen mit unteren Sehnenlinien, die durch die Gestalt eines Strömungsteilers 6 etwa nierenförmig deformiert und in sich geschlossen sind. In horizontaler Projektion liegt die Spitze 5 in den einzelnen Halbkreisbögen, wobei in waagerechter Projektion die oberen Scheitelpunkte des Halbkreisbögen in vertikaler Richtung einen geringeren gegenseitigen Abstand von einander aufweisen als die unteren, in horizontaler Richtung verlaufenden nierenförmig deformierten Sehnenlinien der Halbkreisbögen. Der Strömungsteiler 6 ist längsmittig unterhalb der Spitze 5 angeordnet und weist längs einer vertikalen Linie eine konkave und längs einer horizontalen Linie eine konvexe Form auf. An dem Strömungsteiler 6 teilt sich der unterhalb der Spitze 5 gedrängte Luftstrom in zwei Teilströme, die entlang zweier konkaver Rinnen 7 schräg nach unten und hinten an je eine seitliche Außenseite 8 bzw. 8' des Wagenkastens 2 geführt werden. Die Strömungsrinnen 7 führen den Luftstrom je zu einer der Außenseiten 8, 8' und vermeiden damit, daß die Luft sich im unteren Bereich des Fahrzeugkopfes 1 staut und unter den Wagenkasten 2 gerät. Dazu trägt auch der pflugförmige Spoiler 9 im Bodenbereich des Fahrzeugkopfes 1 bei, der nach oben mittig in den Strömungsteiler 6 übergeht und seitlich die untere Halbschale der Strömungsrinnen 7 bildet. Der Spoiler 9 schält aus der vom Fahrzeug zu verdrängenden Luftmasse einen Teil möglichst knapp über dem Boden heraus und leitet die Luft seitlich über die Rinnen 7 ab. Neben der Strömungsführung übernimmt der pflugförmige Spoiler 9 auch das Wegräumen von auf der Strecke befindlichen Hindernissen, um bspw. ein Entgleisen zu verhindern. Der Fahrzeugkopf 1 ist symmetrisch zur vertikalen Fahrzeug- Längsmittenebene 10 und überwiegend konvex ausgebildet, wobei die paraboloidförmige Spitze 5 im oberen Fünftel des Lichtraumprofils q des Wagenkastens 2 angeordnet ist. Dadurch wird
erfindungsgemäß erreicht, daß der Luftstrom unterhalb der Spitze 5 insgesamt stärker beschleunigt wird als oberhalb der Spitze 5, wodurch auf die Spitze 5 ein mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit steigender, nach unten gerichteter Abtrieb wirkt. Hierdurch wird die Aufstandskraft der Schienenräder 3 auf die nicht dargestellten Schienen bei erhöhten Fahrgeschwindigkeiten gesteigert, so daß das Schienenfahrzeug insgesamt weniger seitenwindempfindlich und sicher gegen Entgleisen ist. Die Spitze 5 ist der am weitesten von der Wagenkastenmitte entfernte Punkt am freien Ende der Außenkontur des Wagenkastens 2.
Bezugszeichen-Liste
1 Fahrzeugkopf
2 Wagenkasten 3 Schienenrad
4 Fahrwerk
5 Spitze q Konturlinie des Lichtraumprofils a Konturlinie des Längsschnitts A-A b Konturlinie des Längsschnitts B-B c Konturlinie des Längsschnitts C-C d Konturlinie des Längsschnitts D-D
E Flächenbereich beginnend oberhalb 5
F Flächenbereich beginnend unterhalb 5 6 Strömungsteiler
7 Rinnen
8 Außenseite 8' Außenseite
9 Spoiler 10 Fahrzeug-Längsmittenebene