Eichfähiges Wägesystem und Verfahren zur Ermittlung eich- pflichtiger Meßwertdaten
Die Erfindung betrifft ein eichfähiges Wägesystem gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 sowie ein Verfahren zur Ermittlung eichpflichtiger Meßwertdaten nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 8.
Die Ermittlung und Verarbeitung der meist analogen Signale aus einer Wägezelle wird heute fast ausschließlich in einem Verstärker, A/D-Wandler und Mikroprozessorsystem vorgenommen. Liegt das Wägezellensignal in digitaler Form vor, kann es z. B. über einen I/O-Port direkt vom Mikroprozessorsystem verarbeitet werden. Dabei übernimmt der Mikroprozessor nicht nur die Umrechnung auf Meßeinheiten, Korrektur von Einflußgrößen, Überprüfung des richtigen Funktionsablaufs der gesamten Waage, sondern auch nicht wägespezifische Aufgaben wie Stückzahlermittlung, Bedienerführung, Umsatzstatistik usw. Die heute verfügbaren Mikroprozessorsysteme verarbeiten das Zählerergebnis (z. B. vom A/D-Wandler) zum Meßwert unter Berücksichtigung von Nullpunkt, Tarawert, vorgewähltem Höchstlastbereich, Grenzwer- ten usw. Bei der Verwendung von Waagen im eichpflichtigen Verkehr gewährleistet der Mikroprozessor ohne besonderen Aufwand die in einigen Ländern geforderte metrologische Sicherheit durch Oberprüfung auf richtige Funktion interner und externer Baugruppen mit dem Ziel, die Ausgabe nicht erkannter, fehler- hafter Meßwerte zu verhindern.
Aus dem Kochsiek, Handbuch des Wagens, 2. Auflage, Braunschweig/Wiesbaden, 1989, Seiten 567 und 568 ist ein eichfähiges Wägesystem bekannt, das aus einer analogen Waage besteht, die nicht lösbar mit einer digitalen Auswertevorrichtung ver-
bunden ist, an die zur weiteren Wägedatenbearbeitung eine programmgesteuerte Datenverarbeitungsvorrichtung in Form eines Personalcomputers mit Monitor und Drucker lösbar angeschlossen ist. Die Auswertevorrichtung besteht dabei aus einer Verstär- kerschaltung, einem Analog-Digital-Wandler, einer Mikroprozessorschaltung, an die ein eichfähiger Zwischenspeicher, eine Gewichtsanzeige und eine Schnittstellenschaltung fest angeschlossen sind. Da diese mikroprozessorgesteuerte Auswertevorrichtung (Wägeindikator) von der programmgesteuerten Datenver- arbeitungsvorrichtung nicht steuerbar ist, wird gewährleistet, daß die im Zwischenspeicher abgelegten eichpflichtigen Wägedaten un anipulierbar sind oder alle äußeren Eingriffe und Änderungen bei jedem Eichyorgang erkannt werden. Dieses eichfähige Wägesystem hat den Nachteil, daß in jedem Fall zwischen dem wägedatenverarbeitenden Personalcomputer noch ein zusätzlicher mikroprozessorgesteuerter eichfähiger Wägeindikator vorhanden sein muß, durch den die eichpflichtigen Meßwerte dokumentiert, und/oder archiviert werden.
Aus der DE 195 09 775 AI ist ein eichfähiges Wägesystem bekannt, bei dem eine spezielle eichfähige Wägedatenverarbei- tungsvorrichtung vorgesehen ist. An diese eichfähige Datenverarbeitungsvorrichtung sind mehrere Meßwertdatenermittlungsein- richtungen anschließbar. Die eichfähige Wägedatenverarbei- tungsvorrichtung besteht mindestens aus einem Rechner mit
Speichereinheit, aus einer Bedieneinheit und aus einem Bildschirm, wobei der Rechner u. a. zwei serielle Schnittstellen für zwei spezielle Treiber und eine spezielle Speicherschaltung aufweist. Die Speicherschaltung enthält nichtflüchtige Speicher in Form einer eigens entwickelten EEPROM-Karte, auf der die eichfähigen Daten zwischengespeichert werden und auf die der Zugriff von der Betriebssystemsebene des Personalcomputers offensichtlich ausgeschlossen ist. Da dieser als Wäge- datenverarbeitungsvorrichtung ausgebildete Personalcomputer spezielle unmanipulierbare Speicherelemente und spezielle
Treiber besitzt, muß diese programmgesteuerte Datenverarbeitungsvorrichtung mit speziellen Speicherelementen ausgestattet sein und im eichpflichtigen Betrieb auch von der Eichbehörde gesondert zugelassen werden .
Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, ein eichfähiges Wägesystem zu schaffen, bei dem zur Bearbeitung eich- pflichtiger und nicht eichpflichtiger Wägedaten auch handelsübliche programmgesteuerte Datenverarbeitungsanlagen verwend- bar sind.
Diese Aufgabe wird durch die in Patentanspruch 1 und Patentanspruch 8 angegebene Erfindung gelöst. Weiterbildungen und vorteilhafte Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in den Un- teransprüchen angegeben.
Die Erfindung hat den Vorteil, daß durch die Abspeicherung systemrelevanter Parameter der Waage oder daraus gebildete Kodierungen auf den Speicherelementen der digitalen Wägezelle auch eichpflichtige Meßwertdaten mit handelsüblichen Personalcomputern ohne Zwischenschaltung geeichter Auswertevorrichtungen möglich sind. Dabei kann der Personalcomputer auch lösbar beispielsweise über Steckverbindungen mit der Waage oder den einzelnen digitalen Wägezellen verbunden werden, ohne daß dies die Eichfähigkeit berühren würde. Dadurch kann vorteilhafterweise der Personalcomputer als Auswertevorrichtung jederzeit ausgetauscht oder an andere eichpflichtige Waagen angeschlossen werden, ohne daß er danach einer eichtechnischen Überprüf ng unterzogen werden muß .
Die Erfindung hat weiterhin den Vorteil, daß durch die nachträgliche Eingabemöglichkeit der Systemparameter der Waage in einen handelsüblichen Personalcomputer oder eine andere Wäge- datenverarbeitungsvorrichtung auf einfachste Weise die unter- schiedlichsten eichpflichtigen Waagen anschließbar sind. So
sind an derartigen Wägedatenverarbeitungsvorrichtungen jederzeit auch zusätzliche eichpflichtige Waagen anschließbar und dies ohne eichtechnische Zulassung der verwendeten Wägedaten- verarbeitungsvorrichtung oder des verwendeten Personalcompu- ters.
Da das eichfähige Wägesystem mit nahezu jeder programmgesteuerten Datenverarbeitungsvorrichtung betreibbar ist, kann jede eichpflichtige Waage vorteilhafterweise auch an bereits vor- handene Personalcomputer oder Wägedatenverarbeitungsvorrich- tungen oder andere programmgesteuerte Datenverarbeitungsvorrichtungen angeschlossen werden.
Die Erfindung hat weiterhin den Vorteil, daß der Eichvorgang eines eichpflichtigen Wägesystems erheblich verringert wird, da lediglich die eichpflichtige Waage eichtechnisch zugelassen sein muß, ohne daß die Auswertevorrichtungen bzw. die Datenverarbeitungsvorrichtungen von der Eichbehörde zwecks Zulassung überprüft werden müßten.
Die Erfindung wird anhand eines Ausführungsbeispiels, das in der Zeichnung dargestellt ist, näher erläutert. In der Zeichnung ist ein eichfähiges digitales Wägesystem schematisch dargestellt, das im wesentlichen aus in einer Waage 1 eingebauten digitalen Wägezellen 2, 3, 4, 5 mit elektronischen Speicherelementen 12, 13, 14, 15 und einer programmgesteuerten Datenverarbeitungsvorrichtung 7 besteht.
Bei den digitalen Wägezellen 2, 3, 4, 5 handelt es sich bei- spielsweise um herkömmliche analoge Biegering- oder Biegebal- kenwägezellen, die mit Analog/Digital-Wandlerschaltungen, Zählerschaltungen und Speicherelementen 12, 13, 14, 15 verbunden sind. Diese Wägezellen 2, 3, 4, 5 können in unterschiedlichen Waagen wie beispielsweise Fahrzeug- oder Plattformwaagen ein- gebaut werden und liefern dann umgewandelte Digitalsignale,
die der Gewichtsbelastung der jeweiligen Wägezelle 2, 3, 4, 5 proportional sind. Auf den Speicherelementen 12, 13, 14, 15 werden die relevanten Wägezellenparameter gespeichert, die den Zusammenhang zwischen der Wägezellenbelastung und den gelie- ferten Ausgangssignalen bestimmen. Diese Wägezellenparameter werden beispielsweise während eines Belastungsverfahrens mit verschiedenen bekannten Belastungen unter unterschiedlichen Belastungsbedingungen ermittelt und in den Speicherelementen 12, 13, 14, 15 abgelegt. Bei diesen Wägezellenparametern han- delt es sich unter anderem um Parameter, die beispielsweise eine Wägezellenerkennung, das Temperaturverhalten, die Wägezellenempfindlichkeit und den Lastbereich beschreiben.
Da die digitalen Wägezellen 2, 3, 4, 5 für ein eichfähiges Wä- gesystem vorgesehen sind, müssen deren Speicherelemente 2, 13, 14, 15 gegen Manipulation gesichert sein. Es könnten daher unveränderbare Speicherelemente vorgesehen werden. Es sind aber auch veränderbare Speicherelemente in Form von überschreibbaren EEPROM-Speichern zulässig, die aber mit unmanipulierbaren Zählern versehen sind, die bei jeder Änderung eine sogenannte „Audit-Trail-Zahl" angeben, die bei einer Eichung auf der Wägezelle oder an der Waage sichtbar vermerkt und bei jedem Wägevorgang angezeigt und protokolliert werden muß. Die beschriebenen digitalen Wägezellen 2, 3, 4, 5 enthalten überschreibbare Halbleiterspeicherelemente in Form eines
EEPROM mit unmanipulierbaren Zählerschaltungen, die bei jeder Speicheränderung die sogenannte Audit-Trail-Zahl um 1 erhöhen und abfragbar signalisieren.
Das dargestellte Wägesystem zeigt eine Waage 1 wie beispielsweise eine Fahrzeugwaage, die zur Gewichtsermittlung vier digitale Wägezellen 2, 3, 4, 5 enthält. Die Fahrzeugwaage 1 ist über ein herkömmliches BUS-System 6 mit einer Wägedatenverar- beitungsvorrichtung 7 verbunden, die Rechen- und Speicher- Schaltungen 8, 9, 10, 19 enthält, mit dessen Hilfe aus den di-
gitalen Wägezellendaten ein geeichtes Fahrzeuggewicht oder dessen Ladegewicht ermittelbar ist. Die Wägedatenverarbei- tungsvorrichtung ist als handelsübliche Datenverarbeitungsvorrichtung 7 ausgebildet, die programmgesteuerte handelsübliche Rechen- und Speicherschaltungen 8, 9 und eine Eingabeschaltung 10 zur Eingabe und Zwischenspeicherung von Wägesystemparame- tern und eine Kodierschaltung 19 zur Kodierung der Systemparameter enthält. Die Datenverarbeitungsvorrichtung kann auch aus einem herkömmlichen programmgesteuerten Personalcomputer 7 ge- bildet sein, der aus den übermittelten und gespeicherten eichfähigen Waagen- und Wägezellendaten eichfähige Gewichtswerte ermittelt, die in der Zeichnung als durchgehende Verbindungslinien dargestellt sind. Dazu müssen in der Datenverarbeitungsvorrichtung bzw. dem Personalcomputer 7 zusätzlich noch Systemparameter der angeschlossenen Waage 1 eingegeben oder ermittelt werden. Diese Systemparameter müssen zur Gewichtsermittlung auslesbar zur Verfügung stehen und werden deshalb in einer Speicherschaltung 9 oder auf einem Festplattenspeicher abgelegt. Diese Speicherschaltung 9 kann jederzeit überschreibbar sein und muß auch bei einem geeichten Wägesystem die Eichmaßnahme nicht an der Datenverarbeitungsvorrichtung 7 speziell gesichert sein.
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Bei den vorgegebenen und eingespeicherten Systemparametern muß beispielsweise die Art der Waage 1, wie Fahrzeugwaage oder
Plattformwaage mit dessen Nennlast und der Anzahl der Wägezellen über eine Eingabeschaltung 10 der Rechenschaltung 8 auslesbar zur Verfügung stehen. Als Systemparameter einer Waage 1 werden beispielsweise auch das Nullpunktverhalten, Stabili- tätskriterien, Minimal- und Höchstlastwerte als auch Waagen- kennlinienfaktoren eingegeben oder ermittelt. Die vorgegebenen Systemparameter können über eine Eingabetastatur 11 oder über andere Eingabemittel der Eingabeschaltung 10 übermittelt werden. Diese Systemparameter stehen der Rechen- und Speicher-
Schaltung 8 zur Gewichtsermittlung auslesbar aus der Eingabeschaltung 10 und/oder dem Speicher 9 zur Verfügung.
Hingegen wird die Waagenkennlinie bei Inbetriebnahme oder beim Eichvorgang mittels vorgegebener Referenzbelastungen ermittelt und als Systemparameter in der Eingabeschaltung 10 und/oder der Speicherschaltung 9 auslesbar abgelegt. Zur Erreichung der Eichfähigkeit können diese Systemparameter aber auch gleichzeitig in den Speicherelementen 12, 13, 14, 15 der Wägezelle 2, 3, 4, 5 gespeichert werden. Bei der Abspeicherung dieser Systemparameter in den Schaltungen 12, 13, 14, 15 der digitalen Wägezellen 2, 3, 4, 5 wird dabei gleichzeitig die sogenannte Audit-Trail-Zahl um 1 weitergesetzt, so daß jede Änderung nachvollziehbar dokumentiert wird. Zur Eichung der Waage 1 werden nun beim Eichvorgang nur die Audit-Trail-Zahl an der Waage 1 angebracht, so daß jede nachträgliche Änderung der Wägezellen- oder Systemparameter feststellbar ist.
Bei jedem nachfolgenden Wägevorgang werden nun die Wägezellen- parameter und digitalen Belastungswerte durch die Rechen- und Speicherschaltung 8 abgefragt und dort zwischengespeichert. Gleichzeitig werden durch die Rechen- und Speicherschaltung 8 auch die Systemparameter der Waage 1 ausgelesen und mit denen in der Eingabeschaltung 10 oder Speicherschaltung 9 abgelegten verglichen und jede Abweichung festgestellt und signalisiert. Bei einer Abweichung kann nun vorgesehen werden, daß der Wägevorgang abgebrochen wird oder mit dem Gewichtsergebnis angezeigt bzw. protokolliert wird. War hingegen keine Abweichung zwischen den in den Wägezellen 2, 3, 4, 5 gespeicherten und verwendeten Systemparametern feststellbar, kann die Gewichtsermittlung durch die Rechen- und Speicherschaltung 8 fortgesetzt werden.
Bei einer eichfähigen oder geeichten Waage 1 wird nun aus den abgefragten Belastungssignalen unter Berücksichtigung des Ta-
ragewichts und anderer Systemparameter wie beispielsweise den Höchstlastüberschreitungen und/oder vorgegebener Stabilitätskriterien durch Addition das Fahrzeuggewicht errechnet. Dieser Gewichtswert steht dann am Ausgang 16 die Rechen- und Spei- cherschaltung 8 auslesbar zur Verfügung und kann beispielsweise auf einem Display oder einem Monitor angezeigt und/oder auf einem Drucker protokolliert werden.
Bei einer eichfähigen Wägeeinrichtung 1 ist die Rechen- und Speicherschaltung 8 auch so ausgebildet, daß sie bei überschreibbaren Wägezellenspeichern 12, 13, 14, 15 immer auch die Audit-Trail-Zahl mit anzeigt und protokolliert, so daß daraus jede Manipulation an der Waage 1 oder den Wägezellen 2, 3, 4, 5 nachvollziehbar erkennbar ist.
Bei einer vorteilhaften Ausführungsart des Wägesystems könnte zur Einsparung von Speicherplatz auf den Wägezellenspeichere- lementen 12, 13, 14, 15 auch auf die vollständige Abspeicherung der Systemparameter verzichtet werden. Dazu ist dann in der Datenverarbeitungsvorrichtung 7 eine Kodierschaltung 19 vorgesehen, die aus den Systemparametern beispielsweise einen CRC-Code bildet. Diese gebildete Codezahl könnte dann neben den Wägezellenparametern in den Wägezellenspeicherelementen 12, 13, 14, 15 abgelegt werden,, deren Verbindungen in der Zeichnung durch die gepunkteten Linien dargestellt sind. Bei jedem Wägevorgang würde dann aus den relevanten Systemparametern ebenfalls der CRC-Code gebildet und mit den gespeicherten und aus den Wägezellenspeichern 12, 13, 14, 15 ausgelesenen Codezahlen verglichen. Bei Übereinstimmung wäre gewährleistet, daß die Systemparameter seit der Speicherung bzw. Eichung nicht verändert wurden.
Vorteilhafterweise kann bei einem derartigen eichfähigen digitalen Wägesystem die Datenverarbeitungsvorrichtung 7 jederzeit ausgetauscht werden, ohne daß das Wägesystem neu geeicht wer-
den müßte. So brauchten in die neue Datenverarbeitungsvorrichtung 7 lediglich die vorherigen Systemparameter wieder eingegeben werden, ohne daß dies zu einer Veränderung in den abgespeicherten Parametern bzw. der daraus gebildeten Codezahl in den Wägezellen 2, 3, 4, 5 führen würde und dann auch keine Abweichung feststellbar wäre. An eine derartige digitale Waage 1 wäre auch jederzeit ein handelsüblicher Personalcomputer anschließbar, dessen Rechner- und Speichereinheiten lediglich die vorgegebenen programmgesteuerten Signalverarbeitungs- schritte ausführen müßte, durch die die beschriebenen Schaltungen 8, 9, 10, 19 der Wägedatenverarbeitungsvorrichtung 7 das Gewichtsergebnis und andere Meßwertdaten ermitteln. Vorteilhafterweise sind derartige Signalverarbeitungsschritte der digitalen Wägesignale durch ein einspeicherbares Bearbeitungs- programm vorgebbar und können deshalb von jedem handelsüblichen Personalcomputer oder Datenverarbeitungsvorrichtung ausgeführt werden.