Verfahren zum Stranggießen eines Metallstranges
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Stranggießen eines Metallstranges, insbesondere eines Stahlstranges, wobei ein Strang aus einer gekühlten Durchlaufkokille ausgezogen, in einer der Durchlaufkokille nachgeordneten Strangstützeinrichtung gestützt und mit Kühlmittel gekühlt sowie gegebenenfalls dickenreduziert wird, sowie eine Anlage zur Durchführung des Verfahrens.
Es ist eine beim Stranggießen bekannte Anforderung, die Kühlung eines kontinuierlich gegossenen Stranges derart einzustellen, daß die Strangoberflächentemperatur vorgegebenen Werten, die gegebenenfalls vom Alter eines Querschnittselementes des Stranges abhängen, möglichst nahekommt. Dies ist insbesondere bei Strangverzögerungen und oder Strangbeschleunigungen von besonderer Bedeutung.
Aus der AT-B - 300.238 ist ein Verfahren zum Kühlen eines aus einer Durchlaufkokille austretenden Stranges bekannt, wobei die Sollwerte der Kühlwassermenge in Abhängigkeit von der chemischen Zusammensetzung des Strangmaterials, der Erstarrungszeit und weiters in Abhängigkeit vom augenblicklichen Integralwert der Gießgeschwindigkeit während des Weges des Stranges bis zur jeweiligen Kühlzone eingestellt werden, so daß die Strangoberflächentemperatur vorbestimmbar bleibt.
Weiters ist es aus der DE-C - 25 42 290 bekannt, vor dem Gießen einen bestimmten Temperaturverlauf entsprechend einer optimalen Gießgeschwindigkeit, für welche die Kühlmittelmengen für die Kühlung des Stranges eingestellt werden, vorzugeben und während des Gießens die gemessene wirkliche Gießgeschwindigkeit mit der optimalen Gießgeschwindigkeit zu vergleichen und aus Abweichungen der tatsächlichen Gießgeschwindigkeit von der optimalen Gießgeschwindigkeit eine Nachsteuerung für die Kühlmittelmengen vorzunehmen.
Aus der DE-A - 2 344 438 ist es bekannt, während des Gießens durch Integrieren der Geschwindigkeit einzelner Strangabschnitte über die Laufzeit und durch gleichzeitiges Festhalten der von einem Strangabschnitt im Kühlbereich verbrachten Zeit die auf einen einzelnen Abschnitt aufgebrachte Kühlmittelmenge zu ermitteln und mit einer Sollmenge zu vergleichen, auf diese Weise sogenannte "Rest-Kühlmittelmengen" zu bestimmen und aus ieser Bestimmung heraus die Verweilzeit einzelner Strangabschnitte im gesamten Kühlbereich konstant zu halten.
Diese bekannten Verfahren ermöglichen Korrekturen der Kühlmittelmengen, die in erster Linie von der Gießgeschwindigkeit abhängen, also gießgeschwindigkeitsabhängige Regelungen, wobei jedoch die tatsächlichen thermodynamischen Zustandsänderungen des Stranges unberücksichtigt bleiben. Der Stand der Technik berücksichtigt also nur - kommt es zu einem Abweichen der tatsächlichen Gießgeschwindigkeit von der Gießgeschwindigkeit, für die die Strangkühlung eingestellt ist - Tendenzen, ohne jedoch den tatsächlichen Verhältnissen gerecht zu werden.
Gemäß der DE-A - 44 17 808 werden in Weiterentwicklung zu obigen Verfahren thermodynamische Zustandsänderungen des Stranges mit großer Genauigkeit berücksichtigt, so daß durch solche thermodynamische Zustandsänderungen verursachte Nachteile, die z.B. für Innenrisse oder Kantenrisse verantwortlich sind, zuverlässig vermieden werden.
Hierzu werden thermodynamische Zustandsänderungen des gesamten Stranges, wie Änderungen der Oberflächentemperatur, der Mittentemperatur, der Schalenstärke, und auch der mechanische Zustand, wie das Verformungsverhalten, etc., in einem mathematischen Simulationsmodell durch Lösen der Wärmeleitungsgleichung ständig mitgerechnet und es wird die Kühlung des Stranges in Abhängigkeit des errechneten Wertes mindestens einer der thermodynamischen Zustandsgrößen eingestellt, wobei für die Simulation die Strangdicke und die chemische Analyse des Metalles sowie die ständig gemessene Gießgeschwindigkeit berücksichtigt werden.
Beim Direktverbund einer Stranggießanlage mit einem Walzwerk hängen Ausscheidungsbildung und Phasenumwandlungen im Gußprodukt von der Kühlrate, dem Temperaturniveau und von der Deformationskinetik ab. Es wurde beispielsweise beobachtet, daß im Falle eines zeitlich verzögerten Chargierens von Brammen in einen Ofen, z.B. infolge langer Transportzeit, Oberflächenrisse (Netzrisse) am Walzprodukt entstehen, welche auf eine Schädigung entlang der Korngrenzen zurückzuführen sind. Insbesondere trifft dies auf Aluminiumnitridausscheidungen zu, welche sich verstärkt an den Korngrenzen ausscheiden und dort die Mobilität der Körner zueinander behindern. Bei einer Warmumformung entstehen an den Korngrenzen hohe Spannungen, welche im Falle solcher Ausscheidungen in Rissen nach dem Walzen enden. Die Ausscheidung von A1N im stabilen γ-Bereich ist von der Temperatur-Zeitgeschichte abhängig. Durch die Phasenumwandlung von γ in α, bei Temperaturen zwischen 900°C und 720°C, kommt es zur annähernd spontanen Ausscheidung der sich nicht im Gleichgewicht befindlichen Aluminiumnitride.
Zur Vermeidung der mit A1N- Ausscheidungen verbundenen Nachteile ist es bekannt (EP-A - 0 650 790), den durcherstarrten Strang (Bramme, Vorblock, Knüppel) in oder nach der Stranggießanlage in solcher Art mit einem Kühlmedium zu kühlen, daß die Oberflächentemperatur einen bestimmten Wert von ca. 500 bis 550°C erreicht. Anschließend wird die Kühlung gestoppt und der gekühlte Abschnitt erwärmt sich von innen auf einen sich ergebenden Wert.
Eine andere Ursache von Oberflächenrissen sind Seigerungen von Spurenelementen, wie S, Sn, Cu etc., an den Korngrenzen. Diese Seigerungen resultieren in Heißbrüchigkeit des Walzproduktes nach dem Walzen. Die Rissintensität steht in einem direkten Zusammenhang mit der Ausgangskorngröße, d.h. je größer das Korn ist, umso höher wird die Rissintensität sein. In einem Direktverbundsystem ist die Ausgangskorngröße im allgemeinen größer als bei kalt chargierten Brammen, welche eine vollständige Umwandlung von γ in α erfahren.
Auch dieser Effekt kann durch eine gezielte Temperatur-Zeitsteuerung positiv beeinflußt werden, wobei insbesondere eine rasche Abkühlung auf ca. 500°C die Ausscheidungsvorgänge günstig beeinflußt. D.h. eine konzentrierte Ausscheidung von Nitriden an den Austenitkorngrenzen wird unterdrückt und durch eine über das Volumen gleichmäßige Verteilung ersetzt. Je nach Stahlanalyse und Zeit der Temperaturbehandlung entsteht eine fein perlitische oder bainitische Gefügestruktur. Trotz einer geringen globalen Festigkeitseinbuße erhöht sich damit die Materialzähigkeit. Lokale Entfestigung an den primären Austenitkorngrenzen werden vermieden und folglich wird die Rißbildung unterdrückt. Der Effekt gilt sowohl für A1N- Ausscheidungen als auch für Spurenelemente, welche Heißbrüchigkeit hervorrufen.
Die Temperatursteuerung erfolgt gemäß dem Stand der Technik üblicherweise entsprechend theoretischer Vorhersagen und Berechnungen. Die Wassermengen werden so gesteuert, daß bei unterschiedlichen Gießgeschwindigkeiten in etwa gleiche Oberflächentemperaturen am Strang erreicht werden. Üblicherweise wird dazu als Rückkoppelung eine Temperaturmeßeinrichtung verwendet, welche die Oberflächentemperatur des Gußproduktes vor und nach der intensiven Wasserbeaufschlagung mißt. Diese Werte werden mit berechneten verglichen und daraus nach entsprechenden Versuchen die optimale Wassermenge bestimmt.
Die Wassersteuerung ist also rein mit der Gießgeschwindigkeit gekoppelt. Veränderungen, welche aufgrund von instationären Zuständen entstehen (kurze Geschwindigkeitsänderungen, Gießbeginn bei kalter Maschine, Gießende etc.), können
damit nicht beeinflußt werden, außer man bedient sich einer permanenten Temperaturmessung. Hierzu dienende Messinstrumente haben üblicherweise nur eine geringe Meßgenauigkeit und werden stark inbesondere durch Zunder, welcher sich auf der Oberfläche des Gußproduktes befindet, beeinflußt. Die Rückkoppelung ist ungenau, ein gleichmäßiges intensives Beaufschlagen mit Wasser ist daher nicht möglich.
Ein weiterer Nachteil betrifft den Umstand, daß sich bei stark veränderten Gießgeschwindigkeiten die optimale Länge der Strecke, in der der Strang intensiv zu kühlen ist, zur Erzielung einer bestimmten Tiefe des Einflusses der intensiven Kühlung verändern muß und es nicht ausreicht, nur die Wassermenge zu verändern. Hat man zur Vorgabe der optimalen Länge bzw. Tiefe des Einflußbereiches nur ungenaue Temperatursignale, erreicht man nie ein angestrebtes Optimum.
Der Aufsatz H.P. Hougrady et al; Möglichkeiten und Grenzen einer Simulation des Werkstoffverhaltens, Stahl und Eisen; Bd 116, Nr. 4 April 1996, Seiten 109 bis 113, gibt einen grundlegenden Überblick in Modelle, insbesondere physikalisch basierte Modelle, die zur Beschreibung von werkstoffkundlichen Vorgängen beim Verarbeiten von Metallen, insbesondere bei Walzprozessen, benutzt werden können. In diesem Dokument wird die Anwendbarkeit dieser Modelle zur Nachbildung von metallurgischen Vorgängen und deren Verifikation mit experimenteller Laborarbeit beschrieben. Hierdurch ist es möglich, sich grundlegend über physikalische Modelle zur Beschreibung von Phasenumwandlungen und Rekristallisation beim Walzumformen zu informieren. Ein Bezug auf eine Onlinemodellierung bzw. Regelung von Phasenumwandlungen des zu vergießenden Metalls in Stranggießanlagen ist in diesem Dokument nicht gegeben.
Das Dokument C. Biegus et al.; Ermittlung von Werkstoffdaten zur Gefugesimulation, Stahl und Eisen, Bd 116 Nr. 5, 1996, Seiten 43 bis 49 zeigt Methoden auf, die es erlauben, Werkstoffeigenschaften experimentell zu ermitteln, die zur physikalisch basierten Modellierung von Phasenumwandlungen bzw. Rekristallisation notwendig sind.
Die DE 196 12 420 AI beschreibt ein Verfahren zur Erzielung einer verbesserten Strangkühlung bei variierender Stranggeschwindigkeit, wobei für verschiedene Kühlmodelle Modellparameter, wie Kokillenlänge, Stranggeometrie, Stranggeschwindigkeit, Schmelztemperatur, Erstarrungsenthalpie und Kühlwasservolumen berücksichtig werden. Nach bevorzugten Ausführungsformen wird das thermische Modell mit der Funktionalität eines neuronalen Netzes zur Anpassung von Modellierparametern erweitert. Eine thermische
Modellierung des Gießprozesses gekoppelt mit einer metallurgischen Modellierung um damit online die Werkstoffeigenschaften zu beeinflussen, ist hier nicht angesprochen.
In der DE 197 17 615 AI wird ein Simulationsansatz zur Beschreibung der Temperaturverteilung während des Warmwalzens beschrieben; es handelt sich um die Anwendung eines rein thermischen Modells.
Gemäß der DE 195 08 476 AI ist eine pauschale Prozessautomatisierung für Bandgießverfahren ohne nähere Angaben über die Art der Prozessregelung beinhaltet. In . einer pauschalen Auflistung von Teilmodellen wird der Ausdruck Kornstruktur angesprochen, jedoch sind Angaben zu Modellierungsansätzen sowie zur Verwendung von diesem Teilmodell nicht enthalten. Es gibt keine Hinweise auf die Benutzung von Simulationtools um Phasenumwandlungen gezielt nach Produktanforderungen zu steuern.
Gemäß dem Stand der Technik wird die Stahlqualität nicht berücksichtigt. Dies hat zur Folge, daß manche (empfindliche) Stahlgüten überkühlt und unnötig thermisch beansprucht werden. Andererseits wird bei manch anderer Stahlsorte der gewünschte Effekt der Phasenumwandlung nicht erreicht. Insbesondere ist es nicht möglich, Phasenanteile in einem gewünschten Ausmaß, wie z.B. für einen Stahlstrang Phasenanteile an Ferrit, Perlit, Baimit und Martensit, am Gußprodukt - vor oder nach einer Walzung - sicherzustellen.
Die Erfindung bezweckt die Vermeidung dieser Nachteile und Schwierigkeiten und stellt sich die Aufgabe, ein Stranggießverfahren der eingangs beschriebenen Art dahingehend weiterzuentwi ekeln, daß es möglich ist, als Zielvorgabe die Ausbildung eines gewünschten- Gefuges des Metalls vorgeben zu- können, u.zw. für Metalle, d.h. unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung beim Stahl-Stranggießen für sämtliche zu gießenden Stahlqualitäten bzw. Stahlgüten. Beim Stahl-Stranggießen soll es inbesondere möglich sein, eine bestimmte Ferrit-, Perlit-Struktur einzustellen und/oder Ausscheidungen, wie Aluminiumnitridausscheidungen, an den Korngrenzen zu vermeiden.
Diese Aufgabe wird bei einem Verfahren der eingangs beschriebenen Art dadurch gelöst, daß zur Ausbildung eines bestimmten Gefuges im gegossenen Strang das Stranggießen unter on-line-Berechnung unter Zugrundelegung eines die Ausbildung des bestimmten Gefuges des Metalles beschreibenden Rechenmodells durchgeführt wird, wobei die Gefügeausbildung beinflussende Variable des Stranggießverfahrens, wie zum Beispiel die zur Kühlung des Stranges vorgesehene spezifische Kühlmittelmenge, on-line-dynamisch, d.h. während des laufenden Gießens eingestellt werden.
Hierbei werden gemäß einer bevorzugten Ausfuhrungsform mit dem Rechenmodell thermodynamische Zustandsänderungen des gesamten Stranges, wie Änderungen der Oberflächentemperatur, der Mittentemperatur, der Schalenstärke durch Lösen der Wärmeleitungsgleichung und Lösen von einer die Phasen-Umwandlungskinetik beschreibenden Gleichung ständig mitgerechnet und wird die Kühlung des Stranges in Abhängigkeit des errechneten Wertes mindestens einer der thermodynamischen Zustandsgrößen eingestellt, wobei für die Simulation die Strangdicke und die chemische Analyse des Metalles sowie die ständig gemessene Gießgeschwindigkeit berücksichtigt werden.
Durch die erfϊndungsgemäße Koppelung der Berechnung der Temperatur des Stranges mit dem Rechenmodell, das die Ausbildung eines bestimmten zeit- und temperaturabhängigen Gefuges des Metalles beinhaltet, ist es möglich, die Variablen des Stranggießverfahrens, die die Gefügeausbildung beeinflussen, wie z.B. die auf die Strangoberfläche aufzubringende Kühlmittelmenge, der chemischen Analyse des Metalles, sowie der örtlichen Temperaturgeschichte des Stranges anzupassen. Hierdurch kann gezielt eine gewünschte Gefügestruktur im weitesten Sinn (Korngröße, Phasenausbildung, Ausscheidungen) im oberflächennahen Bereich des Stranges erreicht werden.
Vorzugsweise ist in das Rechenmodell ein kontinuierliches Phasen-Umwandlungsmodell des Metalles integriert, insbesondere nach Avrami.
Die Avrami-Gleichung beschreibt in ihrer allgemeinen Form alle diffusionsgesteuerten Umwandlungsvorgänge für die jeweilige Temperatur unter isothermen Bedingungen. Durch Berücksichtigung dieser Gleichung im Rechenmodell können ganz gezielt beim Stahl- Stranggießen Ferrit-, Perlit- und Bainit-Anteile eingestellt werden, u.zw. auch unter Berücksichtigung einer Haltezeit bei bestimmter Temperatur.
Vorzugsweise ist das Verfahren dadurch gekennzeichnet, daß mit dem Rechenmodell thermische Zustandsänderungen des gesamten Stranges, wie Änderungen der Oberflächentemperatur, der Mittentemperatur, der Schalenstärke, durch Lösen der Wärmeleitungsgleichung und Lösen einer die Ausscheidungskinetik, insbesondere nichtmetallischer und intermetallischer Ausscheidungen, beschreibenden Gleichung ständig mitgerechnet werden und die Kühlung des Stranges in Abhängigkeit des errechneten Wertes mindestens einer der thermodynamischen Zustandsgrößen eingestellt wird, wobei für die Simulation die Strangdicke und die chemische Analyse des Metalles sowie die ständig
gemessene Gießgeschwindigkeit berücksichtigt werden, wobei vorteilhaft die Ausscheidungskinetik aufgrund freier Phasenenergie und Keimbildung und Verwendung thermodynamischer Grundgrößen, insbesondere der Gibb'schen Energie, und das Keimwachstum nach Zener in das Rechenmodell integriert ist.
Zweckmäßig werden auch Gefugemengenverhältnisse in Gleichgewichtszuständen gemäß Mehrstoffsystem-Diagrammen, insbesondere gemäß Fe-C-Diagramm, in das Rechenmodell integriert.
Vorzugsweise sind in das Rechenmodell Komwachstumseigenschaften, insbesondere unter Berücksichtigung von Rekristallisation des Metalles, integriert. Hierbei kann eine dynamische und/oder verzögerte und/oder eine post-Rekristallisation, d.h. eine Rekristallisation, die später in einem Ofen stattfindet, im Rechenmodell berücksichtigt werden.
Vorzugsweise wird als die Gefugeausbildung beeinflussende Variable des Stranggießens eine während des Ausforderns des Stranges stattfindende Dickenreduktion vor und/oder nach Durcherstarrung des Stranges zusätzlich zur den Strang beaufschlagenden spezifischen Kühlmittelmenge on-line eingestellt, so daß auch während des Stranggießens stattfindende thermodynamische Walzungen, beispielsweise Hochtemperatur-thermodynamische Walzungen bei einer Oberflächentemperatur größer Ac3 berücksichtigt werden können.
Weiters wird vorzugsweise mit dem Rechenmodell auch der mechanische Zustand, wie das Verformungsverhalten, durch Lösen weiterer Modellgleichungen, insbesondere durch Lösen der Wärmeleitgleichung ständig mitgerechnet.
Eine bevorzugte Ausführungsform ist dadurch gekennzeichnet, daß mengenmäßig definierte Phasenanteile durch Aufbringen on-line errechneter spezifischer Strang-Kühlmittelmengen vor und/oder nach der Durcherstarrung des Stranges eingestellt werden.
Weiters wird zweckmäßig ein definiertes Gefüge durch Aufbringen einer on-line errechneten Strangverformung vor und/oder nach der Durcherstarrung des Stranges, welche eine Rekristallisation des Gefuges bewirkt, eingestellt.
Eine vorteilhafte Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens ist dadurch gekennzeichnet, daß die zur das Stranggießen abschließende Phasenumwandlung mit Einstellung eines mengenmäßig definierten Phasenanteiles des Stranges errechnete spezifische Strang-
Kühlmittelmenge nach Durcherstarrung des Stranges im Endbereich einer Sekundärkühlzone in einer eine verstärkte Kühlung bewirkenden Kühlzone eingestellt wird.
Die Erfindung ist nachfolgend für das Stahlstranggießen näher erläutert. Eine Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens für andere Metalle kann analog zu den nachstehenden Ausführungen vorgenommen werden.
Das erfindungsgemäß zu verwendende Rechenmodell läßt aufgrund einer vorgegebenen chemischen Analyse des Stahls, der Austenitkorngröße und der Temperaturgeschichte des Stranges sämtliche Umwandlungstemperaturen und -daten, die zur Vorhersage und Beschreibung der Umwandlungsvorgänge für die Phasenanteile Ferrit, Perlit, Bainit und Martensit notwendig sind, berechnen.
Hierfür wird zunächst ein Kohlenstoffäquivalent für die einzelnen Legierungsbestandteile errechnet. Daraus ergeben sich analysenabhängige Starttemperaturen für die Ferritumwandlung, für die Perlitumwandlung, die Bainitbildung und die Martensitbildung (aufgrund des Eisen/Kohlenstoff-Diagramms).
Aufgrund der Avrami-Gleichung, die in ihrer allgemeinen Form alle diffusionsgesteuerten Umwandlungsvorgänge für die jeweilige Temperatur unter isothermen Bedingungen beschreibt, lassen sich Grundgleichungen für die Umwandlungskurven ermitteln.
X = 1 - exp(-b-tn)
worin X der Mengenanteil der umgewandelten Phase und b und n Parameter bedeuten, die abhängig sind von der Keimbildung und dem Wachstum der gebildeten Phase. Diese Parameter b und n sind analysenabhängig und können durch Dilatometer- Versuche bestimmt werden. Im Zusammenhang mit ZTU-Diagrammen lassen sich mit Hilfe der Avrami- Gleichung sowohl die Start- und die Endzeit als auch die Temperatur für die Ferrit-, Perlit- und Bainit-Umwandlung unter isothermischen Bedingungen berechnen.
Um nicht-isothermische Umwandlungen zu berücksichtigen, also die in der Stranggießanlage stattfindende - gegebenenfalls auch ungleichmäßig stattfindende - Kühlung des Stranges voll berücksichtigen zu können, wird aufgrund der im Rechner gespeicherten ZTU-Schaubilder und der Abhängigkeit der Temperatur als eine Funktion der Zeit der Anteil an umgewandeltem Material berechnet, u.zw. durch eine Integration der Avrami-Gleichung über die Kühlzeit des Stranges (vgl. T.T. Pham, E.B. Hawbolt, J.K. Brimacombe: "Preciding
the onset of transformation under non continuous cooling conditions. II Application to austenite - pearlite transformation", Met. Mat. Trans. A, 26A, pp. 1993-2000, 1995).
X(t) = l s(τ)[l-exp(-b-tπ)] -dt
wobei ts(T) eine virtuelle Beginnzeit der Umwandlung bei einer Temperatur T in Übereinstimmung zur tatsächlich umgewandelten Menge bedeutet.
Für diesen Berechnungsalgorithmus wird die Temperatur als Funktion der Zeit definiert. Da der berechnete Umwandlungs- bzw. Ausscheidungsanteil nach Avrami keine Auskunft über die tatsächlichen Gefüge/Mengen- Verhältnisse gibt, sondern lediglich erkennen läßt, ob und wie der Gleichgewichtszustand erreicht wird, werden zur Bestimmung des Gefügeanteils die Umwandlungsanteile auf die Gleichgewichtslinien aus dem Eisen/Kohlenstoff-Diagramm bezogen und ebenfalls im Rechenmodell berücksichtigt.
Keimbildungsvorgänge werden aufgrund der chemischen Gibb'schen Energie bzw. Phasenenergie im Rechenmodell berücksichtigt (nachstehend für Aluminiumnitride gezeigt).
ΔGchem = Δ G°A1N - R ■ T • (In XAI + In XN)
wobei G .0 AIN die Standard Gibb'sche Energie für die Bildung von AIN, XAI der Molanteil von Aluminium im Austenitvolumen und XN der Durchschnittsstickstoffgehalt bedeuten. Die Keimbildungsrate läßt sich wie folgt berechnen:
I = S • DAι • XAI • exp
worin S die Dichte der Keimbildung im Austenit bedeutet.
ΔGcrit =
gibt die Bedingung für die Keimbildung wieder. Hierin ist σ die Austenit/AIN- Grenzflächenenergie. kß ist die Boltzmannkonstante und DAι das Ausbreitungsvermögen von Aluminium in Austenit.
Das Keimwachstum wird nach Zener berücksichtigt (z.B. abgehandelt in J.S. Kirkaldy, "Diffusion in the Condensed State", The Universities Press, Belfast, 1985).
Das Rechenverfahren geht in zwei Hauptstufen vor sich. In der ersten Stufe wird die Anzahl der aktuell gebildeten Keime bestimmt und in der zweiten Stufe wird das Wachstum aller vorhergehend gebildeten Ausscheidungen berechnet.
Zur weiteren Erläuterung der Erfindung dient die beiliegende Figur.
Gemäß dieser wird ein Stahlstrang 1 aus einer Stahlschmelze 2 mit einer bestimmten chemischen Zusammensetzung durch Gießen in einer Durchlaufkokille 3 gebildet. Die Stahlschmelze 2 wird aus einer Gießpfanne 4 über ein Zwischengefäß 5 und ein vom Zwischengefäß 5 mittels eines unter den in der Durchlaufkokille 3 gebildeten Gießspiegel reichenden Gießrohres 6 in die Durchlaufkokille 3 gegossen. Unterhalb der Durchlaufkokille 3 sind Strangführungsrollen 7 zur Abstützung des Stahlstranges 1 vorgesehen, der noch einen flüssigen Kern 8 und zunächst eine nur sehr dünne Strangschale 9 aufweist.
Der aus der Durchlaufkokille mit gerader Achse austretende Stahlstrang 1 wird in einer Biegezone 10 in eine Kreisbogenbahn 11 umgelenkt und in dieser ebenfalls durch Strangführungsrollen 7 gestützt. In einer der Kreisbogenbahn 11 nachfolgenden Richtzone 12 wird der Stahlstrang 1 wiederum geradegerichtet und über einen Auslaufrollgang ausgefördert oder direkt on-line dickenreduziert, z.B. mittels eines on-line angeordneten Walzgerüstes 13.
Zur Kühlung des Stahlstranges 1 wird dieser direkt oder indirekt - über mit einer Innenkühlung versehene Strangführungsrollen 7 - gekühlt, wodurch an seiner Oberfläche bis in einen gewissen Tiefenbereich eine bestimmte Temperatur eingestellt werden kann.
Die Versorgung des Stahlstranges 1 mit der für das gewünschte Gefüge des Stahlstranges 1 notwendigen Kühlmittelmenge erfolgt über einen geschlossenen oder offenen Regelkreis mittels eines Rechners 14. In den Rechner 14 werden Maschinendaten m, das Format f des Stahlstranges 1, Materialdaten, wie die chemische Analyse StCh der Stahlschmelze 2, der Gießzustand z, die Gießgeschwindigkeit v, die Flüssigstahltemperatur tn, mit der die Stahlschmelze 2 in die Durchlaufkokille 3 eintritt, sowie das gewünschte Gefüge α/γ und gegebenenfalls eine Verformung w des Stahlstranges 1, die am Wege der Strangführung durchgeführt wird, eingegeben. Diese Verformung kann z.B. auch durch das Geraderichten des Stahlstranges 1 in der Richtzone 12 gegeben sein.
In dem Rechner 14 wird anhand eines metallurgischen Rechenmodells, das die Phasenumwandlungskinetik und Keimbildungskinetik gemäß der oben angegebenen Rechenmodelle berücksichtigt, und eines thermischen Rechenmodells, das die Temperaturanalyse aufgrund der Lösung der Wärmeleitungsgleichung ermöglicht, eine Soll- Wassermenge Qs errechnet, u.zw. aufgrund der aktuellen, bereits aufgebrachten Wassermenge QA, die ebenfalls in den Rechner eingegeben wird.
Eine Lösung der Wärmeleitungsgleichung mittels eines Prozeßrechners ist Stand der Technik und z.B. in der DE-C2 - 44 17 808 für das Stranggießen ausführlich abgehandelt. Als eine Möglichkeit zur Lösung der Wärmeleitungsgleichung ist das Finite Differenzen Verfahren mit Lagrangescher Beschreibungsweise angegeben.
Das metallurgische Rechenmodell berücksichtigt die aktuelle Stahlanalyse StC , um unterschiedlichen Werkstoffverhalten gerecht zu werden. Die durch das thermische Rechenmodell errechnete aktuelle Temperatur TA wird on-line dem metallurgischen Rechenmodell zugeführt und dieses errechnet laufend die gewünschte Soll-Temperatur Ts, aufgrund der das thermische Rechenmodell die Soll-Wassermenge Qs für die einzelnen Strangkühlungsabschnitte errechnet und automatisch einstellt.