"Verfahren zur Herstellung radikalisch nachvernetzter Polymere unter Einsatz von reaktiven Anhydriden"
Gebiet der Erfindung
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung radikalisch nachvernetzter Polymere. Dabei werden in erster Sufe ein oder mehrere spezielle Acryl- bzw. Methacrylsäurederivate auf Basis natürlich vorkommender Öle mit aromatischen und/oder aliphatischen Isocyanaten umgesetzt und die so erhaltenen Polyurethane (a*) in zweiter Stufe anschließend einer radikalischen Nachvernetzung in Gegenwart eines Radikalinitiators (b) unterworfen. Dabei gilt die Maßgabe, daß man in der zweiten Stufe eine Kombination der Verbindungen (a*) mit ein oder mehreren Verbindungen (c) einsetzt, wobei die Verbindungen (c) ausgewählt sind aus der Gruppe der reaktiven Anhydride.
Stand der Technik
Der Einsatz der Strahlungshärtung in der Beschichtungsindustrie zur Erzeugung hochwertiger Beschichtungsmaterialien ist aus dem Stand der Technik bekannt. Hier werden olefϊnisch ungesättigte Verbindungen (Monomere, Oligomere, Polymere, Prepolymere), also Verbindungen, die als Strukturelemente C=C-Doppelbindungen enthalten, durch Einwirkung energiereicher Strahlung, beispielsweise UV-Licht oder Elektronenstrahlung, ausgehärtet. Gelegentlich wird vor dieser eigentlichen Strahlungshärtung auch eine physikalische Trocknung vorgenommen.
Es ist auch bekannt, daß bei der Strahlungshärtung dann besonders hochwertige Beschichtungen erhalten werden, wenn die eingesetzten olefϊnisch ungesättigten Ausgangsverbindungen als weitere Strukturelemente Polyurethangruppen enthalten. Ungesättigte strahlenhärtbare Urethanacrylate sind bekannt aus: Manfred Bock (Hrsg. Ulrich Zorll), "Polyurethane für Lacke und Beschichtungen" , Hannover 1999, Seite 73-74.
US-A-3,979,270 beschreibt ein Verfahren zur Aushärtung von Aminderivaten von Umsetzungsprodukten von acryliertem epoxidiertem Sojabohnenöl, wobei die Aushärtung durch energiereiche Strahlung erfolgt.
Beschreibung der Erfindung
Aufgabe der vorliegenden Erfindung war die Bereitstellung eines Verfahrens zur Herstellung von Polymeren mit exzellenten Eigenschaften, insbesondere im Hinblick auf Schlagzähigkeit, ferner Hydrophobie, chemische Stabilität und Wasser- bzw. Wasserdampfbeständigkeit. Darüber hinaus sollten sich diese Polymeren durch ihre speziellen anwendungstechnischen Eigenschaften als Matrixmaterialien für Verbundwerkstoffe eignen.
Diese Aufgabe wurde überraschenderweise gelöst durch ein Verfahren, bei dem man OH- funktionelle, fettchemische Verbindungen, die Umsetzungsprodukte von epoxidierten Fettsäurestern und/oder epoxidierten Triglyceriden mit Acrylsäure und/oder Methacryl- säure darstellen und die dementsprechend sowohl ein oder mehrere Hydroxylgruppen als auch ein oder mehrere C=C-Doppelbindungen pro Molekül enthalten, mit aliphatischen und/oder aromatischen Isocyanaten - worunter im Rahmen der vorliegenden Erfindung alle dem Fachmann einschlägig bekannten Isocyanate, also Verbindungen, die ein oder mehrere -N=C=0 - Gruppen enthalten, verstanden werden - umsetzt und anschließend eine radikalische Nachvernetzung der so erhaltenen Verbindungen - die im folgenden abkürzend als "Polyurethane" (a*) bezeichnet werden - in Gegenwart eines Radikalinitiators (b) durchführt. Dabei gilt die Maßgabe, daß man in der zweiten Stufe eine Kombination der Verbindungen (a*) mit ein oder mehreren Verbindungen (c) einsetzt, wobei die Verbindungen (c) ausgewählt sind aus der Gruppe der reaktiven Anhydride.
Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung radikalisch nachvernetzter Polymere, wobei man in erster Stufe ein oder mehrere Verbindungen (a), die Umsetzungsprodukte von epoxidierten Fettsäurestern und/oder epoxidierten Triglyce-
riden mit Acrylsäure und/oder Methacrylsäure sind, durch Umsetzung mit aliphatischen und oder aromatischen Isocyanaten in die entsprechenden Polyurethane (a*) überfuhrt und die so hergestellten Polyurethane (a*) anschließend in einer zweiten Stufe in Gegenwart mindestens eines Radikalinitiators (b) radikalisch nachvernetzt, mit der zusätzlichen Maßgabe, daß man in der zweiten Stufe eine Kombination der Verbindungen (a*) mit ein oder mehreren Verbindungen (c) einsetzt, wobei die Verbindungen (c) ausgewählt sind aus der Gruppe der reaktiven Anhydride.
Der Begriff „anschließend" bedeutet im Rahmen der vorliegenden Erfindung lediglich, das sich die zweite Stufe des erfϊndungsgemäßen Verfahrens an die erste Stufe anschließt. Mit diesem Begriff ist keine Einschränkung in zeitlicher Hinsicht verbunden. Die zweite Stufe des erfindungsgemäßen Verfahrens kann demnach sowohl unmittelbar im Anschluß an die erste Verfahrensstufe erfolgen, sie kann aber auch - abhängig von der gewünschten Anwendung - nach Lagerung des in der ersten Verfahrensstufe erhaltenen Zwischenproduktes (eines Polyurethans) erfolgen, wobei hinsichtlich der Lagerzeit keine prinzipiellen Einschränkungen bestehen.
Die Herstellung epoxidierter Fettsäurestern bzw. epoxidierten Triglyceride ist seit langem bekannt. Hierzu werden Ester von olefϊnisch ungesättigten Fettsäuren bzw. Triglyceri- den, die als Fettsäurebausteine olefinisch ungesättigte Fettsäuren enthalten, der Epoxida- tion unterworfen, wobei eine oder mehrere Doppelbindungen pro Molekül in Oxiran- gruppen überfuhrt werden.
Als Fettsäurebausteine der zu epoxidierenden Fettsäureester sind Carbonsäuren mit 12 bis 24 C-Atomen, die mindestens eine olefinische Doppelbindung im Molekül enthalten, bevorzugt. Bei den zu epoxidierenden Triglyceriden sind solche Triglyceride bevorzugt, bei denen mindestens ein Fettsäurebaustein pro Triglyceridmolekül mindestens eine olefinische Doppelbindung enthält.
Beispiele geeigneter epoxidierter Triglyceride sind die Epoxidationsprodukte folgender ungesättigter Öle: Sojaöl, Leinöl, Tallöl, Baumwollsaatöl, Erdnußöl, Palmöl, Sonnenblu-
menöl (alter und neuer Züchtung), Rüböl und Klauenöl. Die Herstellung geschieht insbesondere durch Umsetzung der genannten ungesättigten Öle mit Perameisen- oder Peressigsäure. Bevorzugt sind solche Triglyceride, die eine Jodzahl im Bereich von 50 bis 200 aufweisen, die bei weitgehender Epoxidation der olefinischen Doppelbindungen in Epoxide mit einem Gehalt von 3 bis 10 Gew.-% Epoxidsauerstoff überführt werden.
Besonders bevorzugte epoxidierte Triglyceride sind epoxidiertes Sojaöl (z.B. Handelsprodukt "Edenol D 81" der Cognis Deutschland GmbH - früher der Henkel KGaA) und epoxidiertes Leinöl (z.B. Handelsprodukt "Edenol B 316" der Cognis Deutschland GmbH - früher der Henkel KGaA).
Die Addition von Acryl- und/oder Methacrylsäure an die genannten epoxidierten Fettsäurester bzw. epoxidierten Triglyceride zu den Verbindungen (a) ist dem Fachmann an sich bekannt. Sie kann so erfolgen, daß die Oxiranringe ganz oder teilweise geöffnet werden. Bei teil weiser Ringöff ung ist es bevorzugt, daß man mindestens 50% der Oxiranringe öffnet. Besonders bevorzugt ist es jedoch, die Addition von Acryl- und/oder Methacrylsäure an die genannten epoxidierten Fettsäurester bzw. epoxidierten Triglyceride in der Weise durchzufuhren, daß mehr oder weniger alle Oxiranringe geöffnet und in HO-CH2- CH2-OR-Gruppen überführt werden, in denen R einen Acrylat- bzw. Methacrylatrest bedeutet.
In einer besonders bevorzugten Ausfuhrungsform der vorliegenden Erfindung setzt man als acryliertes Öl (a) das Ringöffnungsprodukt des epoxidierten Sojaöls mit Acrylsäure ein, welches eine Hydroxylzahl von etwa 158 mg KOH pro g Substanz hat. Zuerst erfolgt die Umsetzung dieses Acrylats mit aromatischen und/oder aliphatischen Isocyanaten, wobei bei den aliphatischen Isocyanaten vorzugsweise ein Katalysator eingesetzt wird, beispielsweise eine organische Zinnverbindung.
Ein oder mehrere (meth)acrylierte Verbindungen (a) werden gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren wie bereits gesagt einer 2-stufigen Behandlung unterworfen, nämlich • zunächst einer Umsetzung mit aliphatischen und/oder aromatischen Isocyanaten
• und anschließend einer radikalischen Nachvernetzung der dabei erhaltenen Polyurethane (a*) in Kombination mit den genannten Vebindungen (c) in Gegenwart mindestens eines Radikalinitiators (b).
Die Wahl der Isocyanate unterliegt an sich keinen besonderen Einschränkungen. Prinzipiell lassen sich somit alle dem Fachmann einschlägig bekannten Isocyanate, also Verbindungen, die ein oder mehrere -N=C=0 - Gruppen enthalten, einsetzen.
Vorzugsweise setzt man Diisocyanate, Oligo- bzw. Polyisocyanate, sowie Gemische dieser Verbindungen ein. Zu den Polyisocyanaten im Sinne der vorliegenden Erfindung gehören beispielsweise Addukte von Diisocyanaten an Trimethylolpropan, Biurete, Uret- dione (cyclodimerisierte Isocyanate), Isocyanurate (cyclotrimerisierte Isocyanate), Allo- phanate, Carbodiimid-basierte Isocyanate und dergleichen (lediglich beispielhaft sei im Hinblick auf das Wissen des Fachmanns bezüglich der Di- und Polyisocyanate verwiesen auf: Ulimanns Encyklopädie der technischen Chemie, Band 19, 4. Auflage, Weinheim 1980, Seiten 302-304 sowie auf Kirk-Othmer, Encyclopedia of Chemical Technology, 4th edition, New York 1995, Volume 14, Seiten 902-934) sowie schließlich auf Gerhard W.Becker [Hrsg.], Kunststoff-Handbuch, Band 7: „Polyurethane" [hrsg. Von Günter Oertel], 3. Aufl., München 1993, Seiten 11-21, 76-103). Besonders hingewiesen sei auf handelsübliche Polyisocyanate, beispielsweise Polymer-MDI und dergleichen, die in verschiedenen Polymerisationsgraden kommerziell erhältlich sind.
Bei den Diisocyanaten setzt man vorzugsweise Verbindungen der allgemeinen Struktur 0=C=-N-X-N=C=0 ein, wobei X ein aliphatischer, alicyclischer oder aromatischer Rest ist, vorzugsweise ein aliphatischer oder alicyclischer Rest mit 4 bis 18 C-Atomen.
Geeignete Diisocyanate sind beispielsweise: 1,5-Naphthylendiisocyanat, 4,4'- Diphenylmethandiisocyanat (= Methylen-diphenylen-diisocyanat, MDI), hydriertes MDI (H12MDI, eine cyloaliphatische Verbindung), Xylylendiisocyanat (XDI), Tetrame- thylxylylendiisocyanat (TMXDI), 4,4'-Diphenyldimethylmethan-diisocyanat, Di- und Tetraalkyldiphenylmethandiisocyanat, 4,4'-Dibenzyldiisocyanat, 1 ,3-Phenylendiisocyanat,
1,4-Phenylendiisocyanat, die Isomeren des Toluylendiisocyanats (TDI, insbesondere das technische Isomerengemisch aus im wesentlichen 2,4- und 2,6-Toluylen-diisocyanat), 1- Methyl-2,4-diisocyanato-cyclohexan, 1 ,6-Diisocyanato-2,2,4-trimethylhexan, 1 ,6- Diisocyanato-2,4,4-trimethylhexan, l-Isocyanatomethyl-3-isocyanato-l,5,5-trimethyl- cyclohexan (Isophorondiisocyanat = IPDI), chlorierte und bromierte Diisocyanate, phos- phorhaltige Diisocyanate, 4,4'-Diisocyanatophenylperfluorethan, Tetramethoxybutan-1,4- diisocyanat, Butan- 1,4-diisocyanat, Hexamethylendiisocyanat (HDI), Dicyclohexyl- methandiisocyanat, Cyclohexan-l,4-diisocyanat, Ethylen-diisocyanat, Phthalsäure-bis- isocyanatoethylester, ferner Diisocyanate mit reaktionsfähigen Halogenatomen, wie 1- Chlormethylphenyl-2,4-diisocyanat, 1 -Brommethylphenyl-2,6-diisocyanat, 3 ,3-Bis- chlormethylether-4,40diphenyldiisocyanat. Schwefelhaltige Polyisocyanate erhält man beispielsweise durch Umsetzung von 2 mol Hexamethylen-diisocyanat mit 1 mol Thio- diglykol oder Dihydroxydihexylsulfid. Weitere wichtige Diisocyanate sind Trimethyl- hexamethylendiisocyanat, 1,4-Diisocyanatobutan, 1,12-Diisocyanatododecan und Dimer- fettsäure-diisocyanat (Handelsprodukt "Sovermol DDI 1410" der Cognis Deutschland GmbH - früher der Henkel KgaA).
Besonders geeignete Diisocyanate sind: Tetramethylen-, Hexamethylen-, Undecan-, Do- decamethylen-, 2,2,4-Trimethylhexan-, 1,3-Cyclohexan-, 1,4-Cyclohexan-, 1,3- bzw. 1,4- Tetramethylxylol-, Isophoron-, 4,4-Dicyclohexylmethan- und Lysinester-Diisocyanat.
In einer Ausfuhrungsform der vorliegenden Erfindung setzt man höherfunktionelle Isocyanate ein, worunter solche Isocyanate verstanden werden, die eine mittlere NCO- Funktionalität von mindestens 2,0 aufweisen. Insbesondere sei hier auf alle handelsüblichen Polyisocyanate (beispielsweise Polymer-MDI und dergleichen sowie die in EP-A- 438 836 offenbarten Polyisocyanate der Formeln 1 bis 7) verwiesen, die eine NCO- Funktionalität oberhalb von 2,0 aufweisen. Wie dem Fachmann bekannt spricht man von mittlerer NCO-Funktionalität, weil die entsprechenden höherfunktionellen Isocyanate nicht zwingend in Form chemisch einheitlicher Individuen wie etwa cyclotrimerisierten Isocyanaten vorliegen müssen, sondern - insbesondere bei handelsüblichen technischen Produkten - häufig Gemische verschiedener chemischer Individuen darstellen, die jeweils definierte NCO-Funktionalitäten aufweisen.
Bei der Umsetzung der (meth)acrylierten Verbindungen (a) mit aliphatischen und/oder aromatischen Isocyanaten zu den Polyurethanen (a*) wählt man die Umsetzungsverhältnisse der Komponenten (a) und der Isocyanate so, daß das Äquivalentverhältnis NCO : OH im Bereich von 0,03 : 1 bis 1,2 : 1 liegt. Vorzugsweise arbeitet man im Bereich von etwa 0,4 : 1.
Die Verbindungen (c) werden wie bereits gesagt ausgewählt aus der Gruppe der reaktiven Anhydride, worunter Anhydride zu verstehen sind, die mindestens eine C=C- Doppelbindung pro Molekül enthalten. Dabei könne die einzelnen Mitglieder dieser Substanzklasse, entweder allein oder in Kombination untereinander eingesetzt werden. In der Regel setzt man die Substanzen (c) in technischer Qualität ein. Vorzugsweise setzt man als Verbindung (c) Maleinsäureanhydrid ein.
Entscheidend für das erfϊndungsgemäße Verfahren ist, daß die Verbindungen (c) in der zweiten Stufe des Verfahrens vorliegen. Damit dieses Kriterium erfüllt ist, können die Verbindungen (c) den Verbindungen (a*) eigens zudosiert werden; es kann aber auch gewünscht sein, die Verbindungen (c) bereits in der ersten Stufe in Mischung mit den Verbindungen (a) einzusetzen, da sie durch die Urethanisierungsreaktion praktisch nicht beeinträchtigt werden. Auch eine Kombination beider Möglichkeiten der Zudosierung der Verbindungen (c) ist möglich.
Die Nachvernetzung im zweiten Schritt des erfindungsgemäßen Verfahrens erfolgt in Gegenwart mindestens eines Radikalinitiators (b). Die Wahl dieses Initiators ist dabei an sich nicht kritisch. Vorzugsweise setzt man jedoch als Radikalinitiator ein organisches Peroxid ein. Solche organischen Peroxide sind in großer Zahl im Handel erhältlich. Beispielhaft sei hier auf die von der Firma Peroxid-Chemie GmbH vertriebenen Substanzen verwiesen, insbesondere Methyl-ethyl-keton-peroxid (MEKP), Acetyl-aceton-peroxid, Cyclohexanon-peroxid, Dibenzoyl-peroxid, tert.-Butylperoxybenzoat, Bis(4-tert.- butylcyclohexyl)peroxydicarbonat, Dimyristyl-peroxy-dicarbonat, 2,5-dimethyl-2,5-di(2- ethylhexanoyl-peroxy)hexan, tert.-Amylperoxy-2-ethylhexanoat, Methyl-isobutyl-keton-
peroxid, tert.-Butylperoxy-2-ethylhexanoat (TBPEH), Cumol-hydroperoxid, tert.- Butylperisononanoat (TBPIN), tert.-Butylperoxy-benzoat, tert.-Butylcumyl-peroxid. Dabei sind MEKP, TBPEH und TBPIN besonders bevorzugt.
In einer Ausführungsform wird die Nachvernetzung in Gegenwart von 0,1 bis 10 Gew.-% - bezogen auf das eingesetzte Polyurethan (a*) - eines oder mehrerer Radikalinitiatoren (b) durchgeführt. Die Nachvernetzung kann an sich nach allen einschlägigen dem Fachmann bekannten Methoden durchgeführt werden.
Bei geringen bis mittleren Temperaturen im Bereich von etwa 20-100 °C und insbesondere 20 bis 70 °C wird die Nachvernetzung vorzugsweise in Gegenwart eines Katalysators (= eines Reaktionsbeschleunigers) durchgeführt. Vorzugsweise setzt man als Katalysatoren Übergangsmetallverbindungen (d) ein. Dabei beträgt die Menge der Übergangsmetall-Verbindung - Metallgehalt der Übergangsmetall- Verbindung bezogen auf das in der ersten Stufe des erfindungsgemäßen Verfahrens erhaltene Polyurethan - 0,01 bis 1000 ppm. Im Hinblick auf die Art der Übergangsmetall- Verbindung besteht an sich keine besondere Einschränkung. Demnach können im Rahmen der Lehre der vorliegenden Erfindung prinzipiell alle dem Fachmann bekannten Übergangsmetall- Verbindungen eingesetzt werden. In einer Ausführungsform setzt man als Ubergangsmetall-verbindungen Übergangsmetallsalze ein, vorzugsweise Salze auf Basis von organischen Säuren mit 6- 22 C- Atomen. In einer weiteren Ausführungsform setzt man solche Übergangsmetallverbindungen ein, deren Metalle ausgewählt sind aus der Gruppe Kobalt, Zirkon, Eisen, Blei, Mangan, Nickel, Chrom, Vanadin, Cer, Titan und Zinn. Besonders bevorzugt als Katalysator ist Cobalt-II-octoat, das insbesondere in Form einer Lösung, etwa in Phthalat, eingesetzt wird.
In einer weiteren Ausführungsform wird die Nachvernetzung in Abwesenheit eines Katalysators bei Temperaturen im Bereich von 60 bis 160 °C und insbesondere 120 bis 160 °C durchgeführt. Diese spezielle Art der Nachvernetzung ist als Warmhärtung anzusprechen. Von besonderem Vorteil ist die kurzfristige Erhitzung auf Temperaturen von etwa
150 °C; dabei werden typischerweise Reaktionszeiten im Bereich von nur wenigen Mi-
nuten benötigt. Ein besonderer Vorteil der Warmhärtung ist es, daß nachvernetzbare Harze, die die Komponenten (a*), (b) und (c) enthalten, wesentlich lagerstabiler sind, als Systeme, die darüber hinaus auch zusätzlich die Komponente (d) enthalten.
In einer Ausführungsform führt man die zweite Stufe des erfindungsgemäßen Verfahrens in Gegenwart ein oder mehrerer mit den ungesättigten Polyurethanen (a*) radikalisch copolymerisierbaren Verbindungen (e) durch. Als Verbindungen (e) eignen sich dabei insbesondere Substanzen mit einer C=C-Doppelbindung pro Molekül, vorzugsweise Acrolein, Acrylamid, Vinylacetat und Styrol, wobei diese Verbindungen allein oder im Gemisch untereinander eingesetzt werden können.
In einer Ausführungsform führt man das erfindungsgemäße Verfahren in erster und/ oder zweiter Stufe in Gegenwart von bis zu 20 Gew.-% - üblicher Kunststoffhilfsmittel durch - Gew.-% der Summe aller Kunststoffhilfsmittel bezogen auf die Gesamtmenge der eingesetzten Verbindungen (a). Solche Kunststoffhilfsmittel sind beispielsweise Verdickungs- mittel, Verlaufshilfsmittel, Entschäumer, Gleitmittel, Füllmittel, UV-Stabilisatoren. Solche Hilfsmittel sind dem Fachmann hinreichend aus der Lack- bzw. Beschichtungs- Technologie bekannt. Es ist darauf zu achten, daß die eingesetzten Kunststoffhilfsmittel im wesentlichen keine freien Hydroxylgruppen aufweisen, sofern sie in der ersten Stufe des erfϊndungsgemäßen Verfahrens eingesetzt werden, damit sie nicht mit den in dieser Stufe eingesetzten Isocyanaten abreagieren.
In einer Ausführungsform zieht man eine Mischung der in der ersten Stufe des erfindungsgemäßen Verfahrens erhaltenen Polyurethane (a*) in Mischung mit den gewünschten Verbindungen (b) und (c) sowie gegebenenfalls zusätzlich den gewünschten Verbindungen (d) und (e) in der gewünschten Schichtstärke auf ein festes Substrat auf und führt anschließend - sofort oder nach Lagerung - die Nachvernetzung durch. Als feste Substrate eignen sich dabei insbesondere Holz, Papier, Kunststoffoberflächen, mineralische Baustoffe wie Zement-Formsteine oder Zementfaserplatten, ferner Metalle oder beschichtete Metalle. Der Vorgang der Nachvernetzung, der auch als Aushärtung bezeichnet werden kann, kann gewünschtenfalls ein- oder mehrfach wiederholt werden. Das
Aufbringen der Polyurethane (a*) in Mischung mit den gewünschten Verbindungen (b) und (c) und gegebenenfalls zusätzlich den gewünschten Verbindungen (d) und (e) auf das feste Substrat erfolgt in bekannter Weise, etwa durch Spritzen, Spachteln, Rakeln, Bürsten, Rollen oder Gießen. Die Beschichtungsstärke liegt in der Regel im Bereich von 3 bis 500 g/m und insbesondere 10 bis 200 g/m bzw. Naßfilmdicken von etwa 3 bis 500 μm und insbesondere 50 bis 200 μm . Das Aufbringen kann dabei sowohl bei Raumtemperatur als auch bei erhöhter Temperatur, insbesondere jedoch nicht oberhalb von 100 °C erfolgen.
In einer weiteren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens führt man den zweiten Verfahrensschritt in der Weise durch, dass man Kunst- und/oder Naturfasern mit einer Mischung der Komponenten (a*), (b) und (c) und gewünschtenfalls (e) und ge- wünschtenfalls Kunststoffhilfsmitteln imprägniert und anschließend die radikalische Vernetzung durchführt. Diese Vorgehensweise orientiert sich an der sogenannten prepreg- Technologie. Unter „prepreg" wird ein mit thermo- oder duroplastischem Material vorimprägniertes Halbzeug verstanden, welches in einem weiteren Verarbeitungsschritt zum Fertigteil weiterverarbeitet wird. Zur Herstellung von prepregs werden Fasern in geeigneten Anlagen üblicherweise mit einer Harzmatrix imprägniert. Die prepregs können dann entweder direkt nach ihrer Herstellung oder nach einer gewissen Zeit der Zwischenlagerung zu den gewünschten Fertigteilen verarbeitet werden. Die genannte Ausführungsform der Erfindung zielt also darauf ab, Faserverbundwerkstoffe aus Fasern und einem Matrixmaterial bereitzustellen, bei denen das Matrixmaterial ein nach dem erfindungsgemäßen Verfahren zugängliches radikalisch nachvernetztes Polymer ist.
In einer bevorzugten Ausfuhrungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens werden sowohl die erste als auch die zweite Stufe in Abwesenheit von Polyolestern, die zwei oder mehr C=C-Doppelbindungen pro Molekül enthalten sowie in Abwesenheit von Dial- lylphthalaten durchgeführt.
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist die Verwendung von Polymeren erhältlich nach dem erfindungsgemäßen Verfahren als Matrixmaterial für Verbundstoffe auf Basis von Kunst- und/oder Naturfasern.
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein Werkstoff auf Polymer- Basis, dadurch erhältlich, daß man in erster Stufe mindestens ein oder mehrere Verbindungen (a), die Umsetzungsprodukte von epoxidierten Fettsäurestern und/oder epoxidierten Triglyceriden mit Acrylsäure und/oder Methacrylsäure sind, durch Umsetzung mit aliphatischen und/oder aromatischen Isocyanaten in die entsprechenden Polyurethane (a*) überführt und die so hergestellten Polyurethane (a*) anschließend in einer zweiten Stufe in Gegenwart mindestens eines Radikalinitiators (b) radikalisch nachvernetzt, mit der zusätzlichen Maßgabe, daß man in der zweiten Stufe eine Kombination der Verbindungen (a*) mit ein oder mehreren Verbindungen (c) einsetzt, wobei die Verbindungen (c) ausgewählt sind aus der Gruppe der reaktiven Anhydride.
Bezüglich der einzelnen Parameter und der obligatorisch beziehungsweise fakultativ einzusetzenden Substanzen bei der Herstellung des erfindungsgemäßen Werkstoffes gilt das oben bezüglich des erfindungsgemäßen Verfahrens bereits Gesagte.
In einer weiteren Ausführungsform führt man die Herstellung des Werkstoffes auf Polymerbasis in zweiter Stufe im Sinne der oben genannten prepreg-Technologie in Gegenwart von Kunst- und/oder Naturfasern durch. Hinsichtlich der Fasern bestehen an sich keine speziellen Einschränkungen. So lassen sich sowohl synthetische Fasern, wie Glasfasern, Kohlenstofffasern, Metallfasern und dergleichen einsetzen, als auch natürliche Fasern. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung sind dabei solche Fasern bevorzugt, die zumindest teilweise, vorzugsweise aber vollständig, Naturfasern enthalten. Die Naturfasern können in Form von Kurzfasern, Garnen, Rovings oder vorzugsweise textilen Flächengebilden in Form von Vliesen, Nadelvlies, Wirrvliesen, Geweben, Gelegen oder Gewirken eingesetzt werden. Die Naturfasern werden erfindungsgemäß vorzugsweise ausgewählt aus Flachs-, Hanf-, Stroh-, Holzwolle-, Sisal-, Jute-, Kokos-, Ramie-, Bambus-, Bast-, Zellulose-, Baumwoll- oder Wollfasern, Tierhaaren oder Fasern auf Basis von
Chitin/Chitosan oder deren Kombination. Dabei sind solche Materialien bevorzugt, die vollständig oder teilweise Flachsfasern enthalten. In Bezug auf die prepregs beträgt der gewichtsmäßige Anteil an Fasermaterial - bezogen auf die Gesamtmenge der eingesetzten Verbindungen (a), (b) und (c) - zwischen 10 und 70 Gew.-%.
Die Fasern können mit allen dem Fachmann an sich bekannten Verfahren mit der Matrix in Kontakt gebracht werden, um auf diese Weise prepregs zu erhalten. Vorzugsweise werden die Fasern dabei in die Matrix getaucht, es sind aber auch Sprühverfahren möglich. Vorzugsweise setzt man solche Mischungen enthaltend (a*), (b) und (c) ein, die eine Brookfϊeld- Viskosität im Bereich von 600 bis 1400 mPas (gemessen mit Spindel 5 bei 10 Umdrehungen/min) aufweist. Die Viskositätswerte beziehen sich dabei jeweils auf die Auftragstemperatur. Die Matrix wird vorzugsweise bei Temperaturen im Bereich von 40- 80 °C auf die Fasern aufgebracht, wobei es besonders vorteilhaft ist, solche Matrices auszuwählen, die bei einer Temperatur von 65 °C eine Brookfield- Viskosität im Bereich von 600 bis 1200 mPas aufweisen. Dabei kommt es noch nicht zu einer vollständigen Aushärtung der Matrix, so dass man zunächst prepregs erhält, die noch fast beliebig formbar sind, was deren weitere Verarbeitung erleichtert. Hinzu kommt, dass diese prepregs bei Raumtemperatur und Luftzutritt nicht so schnell aushärten wie die aus dem Stand der Technik bekannten prepregs und somit eine deutlich erhöhte Lagerstabilität aufweisen.
Die wie gerade beschrieben zugänglichen Werkstoffe, bei denen man die Herstellung in zweiter Stufe in Gegenwart von Kunst- und/oder Naturfaser durchführt, können als Faserverbundwerkstoffe bezeichnet werden. Diese Faserverbundwerkstoffe besitzen aufgrund ihrer ausgezeichneten anwendungstechnischen Eigenschaften eine Reihe von Anwendungsfeldern. Dementsprechend ist ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung die Verwendung dieser Faserverbundwerkstoffe zur Herstellung von Bauteilen für den Fahrzeugbau, den Flugzeugbau, die Bauindustrie, den Fensterbau, die Möbelindustrie, die Elektroindustrie, Sportgeräte, Spielzeug, der Maschinen- und Apparatebau, die Verpackungsindustrie, die Landwirtschaft oder die Sicherheitstechnik.