Pulvermetallurαisch hergestelltes Preß-Sinter-Formteil
Die Erfindung betrifft ein pulvermetallurgisch hergestelltes Preß-Sinter-Formteil mit hoher Temperatur- und Verschleißfestigkeit, insbesondere einen Nocken oder Tragring für Nockenwellen für Verbrennungsmotoren.
Nocken von Nockenwellen, die zur Betätigung von Ventilen von Verbrennungsmotoren dienen, müssen hohen Anforderungen an die Verschleißfestigkeit ge- nügen. Insbesondere bei hoch verdichteten modernen Motoren mit Mehrventiltechnik und elektronischer Steuerung ist es zunehmend zum Problem geworden, Materialien zu finden, die den an sie gestellten hohen Anforderungen auf Dauer gerecht werden.
Für die Fertigung von Nocken und anderen tribologisch belasteten Motorteilen sind verschiedentlich pulvermetallurgische Verfahren vorgeschlagen worden. Solche pulvermetallurgischen Verfahren haben beispielsweise in die Fertigung von Ventilsitzringen vielfach Eingang gefunden, sich aber bei Nocken oder Ventilen bislang nicht durchsetzen können. Gründe hierfür waren die nicht ausreichende Standfestigkeit der Materialien, aber auch die Schwierigkeit der Inte- gration der pulvermetallurgisch hergestellten Preß-Sinter-Formteile in die gesamte Baukomponente.
Bei einstückig hergestellten Nockenwellen, die beispielsweise als Schmiedestücke oder Gußstücke hergestellt sind, kann die Lauffläche der Nocken durch ein anschließendes Vergütungsverfahren, beispielsweise durch Umschmelz- härten mit Elektronenstrahlen, gehärtet und danach auf Fertigmaß bearbeitet
werden. Zur Verbesserung der Standfestigkeit ist es aber auch verbreitet, Nockenwellen aus Einzelteilen herzustellen. Die einzelnen Nocken können dabei auf die Welle aufgeschweißt oder aufgeschrumpft werden. Die Nocken können hierbei durch geeignete Materialauswahl und -behandlung an die an sie gestellten Anforderungen angepaßt werden, jedoch kommt es in der Regel durch die anschließenden Vergütungsschritte zu einer Beeinträchtigung der Materialeigenschaften der Nocken.
Zur Herstellung leichtgewichtiger Nockenwellen ist ein Verfahren vorgeschlagen worden, bei dem ein Rohr mit aufgeschobenen Nockenringen (Tragringen) in einer Form unter der Anwendung von Innendruck mit den Nockenringen zu der gewünschten Form "aufgeblasen" wird. Beim Aufblasen der Welle kommt es aber zu einer Ausdünnung der Nockenringe im Bereich der Flanken, was sich auf deren Lebensdauer negativ auswirkt. Weiterhin sind in dem zuletzt beschriebenen Verfahren Vergütungsschritte erforderlich, um die aus relativ weichen Materialien bestehenden Wellen zu härten. Da aber die an die Wellen gestellten Anforderungen andere sind als die Anforderungen an die Nockenringe, führt die Vergütung zu einem suboptimalen Kompromiß.
Angesichts der Besonderheiten der Nockenwellenfertigung hat bislang der Einsatz pulvermetallurgisch gefertigter Nocken und Nockenringe keinen Serien- Status erlangt. Andererseits haben aber pulvermetallurgisch hergestellte Teile material- und fertigungstechnische Vorteile, die ihnen das Potential für den Einsatz in den Nockenwellen gibt.
Verfahren zum Herstellen zumindest der Verschleißschicht hochbelasteter Sinterteile im Zusammenhang mit der Ventilsteuerung einer Verbrennungs- kraftmaschine sind aus der DE 41 04 909 A1 bekannt. Die dort pulvermetallurgisch hergestellten Sinterteile zeichnen sich durch einen hohen Chrom- und Kohlenstoffgehalt aus und werden für Nocken zur Ventilsteuerung eingesetzt. Die dort beschriebenen Materialien genügen jedoch nicht immer den im modernen Motorenbau gestellten Anforderungen.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, Nocken oder Tragringe für Nockenwellen von Verbrennungsmotoren pulvermetallurgisch aus einem dafür geeig-
neten Material herzustellen, insbesondere unter Berücksichtigung des Fertigungsaufwandes. Dabei sollen die Nocken beziehungsweise Tragringe optimal sowohl an ihren Einsatzzweck als auch an die Fertigungsverfahren, wie sie bei der Herstellung von Nockenwellen zum Einsatz kommen, angepaßt sein. Die Materialien sollen den Fertigungsbedingungen der Nockenwellen, insbesonde- ren den Bedingungen der Kaltumformung, standhalten, ohne bei der anschließenden Härtung der Welle ihre Eigenschaften einzubüßen.
Diese Aufgabe wird mit einem pulvermetallurgisch hergestellten Formteil der eingangs genannten Art gelöst, das die folgende Zusammensetzung nach Ge- wicht aufweist:
0,5 % - 2,0 % C; 5,0 % -16 % Mo; 0,2 % - 1 ,0 P; 0,1 % - 1 ,4 % Mn; 0,0 % - 5,0 % Cr; 0,0 % - 5,0 % S; 0,0 % - 7,0 % W; 0,0 % - 3,0 % V; < 2,0 % andere Elemente und Rest Fe.
Das erfindungsgemäß zum Einsatz kommende Metallpulver zeichnet sich ins- besondere durch einen recht hohen Kohlenstoff- Molybdän- und Phosphorgehalt aus.
Der Kohlenstoffgehalt bewirkt die Ausbildung von temperaturbeständigen und verschleißmindernden Carbidphasen, die dem Werkstoff die nötige Lebensdauer verleihen. Chrom, Vanadium und Wolfram können zur Verbesserung des Eigenschaftsspektrums hinzugesetzt werden, sind aber insbesondere zur Herstellung von Nocken und Tragringen nicht notwendig. Ein nennenswerter Schwefelgehalt kann, insbesondere bei Vorliegen von MoS2, als interner Schmierstoff dienen.
Die erfindungsgemäße pulvermetallurgisch hergestellten Formteile können nach herkömmlichen Preß-Sinter-Verfahren hergestellt werden. Dazu gehört auch das heiß-isostatische Pressen, obwohl dies nicht unbedingt erforderlich ist. Im allgemeinen ist eine Verdichtung auf 7,5 g/cm3 ausreichend, wenn auch für zahlreiche Zwecke eine höhere Dichte, insbesondere etwa 7,7 g/cm3 oder mehr sehr vorteilhaft ist. Durch eine Erhöhung der Dichte und die damit einhergehende Verminderung des Porenvolumens ergibt sich auch eine Verbesserung der
Wärmeleitfähigkeit und damit des Temperaturverhaltens. Insbesondere wird aber dadurch die Standfestigkeit erhöht.
Die erfindungsgemäßen Formteile können aus den entsprechenden Elementpulvern hergestellt werden. Zumeist ist es allerdings zweckmäßig, fertiglegierte Bestandteile für die Herstellung zu verwenden, beispielsweise eine fertiglegierte phosphorarme erste Stahlkomponente, einen Phosphor-Molybdänstahl als zweite Stahlkomponente, gegebenenfalls MoS2, und falls zusätzlich erforderlich, Graphit, jeweils in Pulverform.
Besonders bevorzugt ist der Einsatz von durch Atomisierungsverfahren herge- stellten Metalipulvern in unregelmäßiger Form, die dem daraus hergestellten Preßteil durch Verzahnung einen gewissen inneren Zusammenhang verleihen können.
Zur Verbesserung der Verarbeitbarkeit, Verminderung des Verschleißes in den Pressen und zur Verbesserung des Zusammenhaltes können übliche Hilfsstoffe zugesetzt werden, beispielsweise Wachs in einer Menge von bis zu einem Gewichtsprozent, bezogen auf die Legierungspulver.
Vorzugsweise werden spratzige beziehungsweise dentritische Pulver eines mittleren Durchmessers von weniger als 150μm eingesetzt, vorzugsweise weniger als 50μm. Kohlenstoff wird zweckmäßiger Weise als Graphit mit einer mittle- ren Korngröße von 10μm oder weniger zugemischt, wenn nicht bereits ausreichend im fertiglegierten Pulver vertreten. Das Phosphor-Molybdän-Stahlpulver, wie es hier als zweite Stahlkomponente beschrieben ist, ist in der WO-A-91/18123 beschrieben.
Bei der ersten Stahlkomponente handelt es sich zweckmäßigerweise um einen Schnellstahl. Die erste und die zweite Stahlkomponente werden im allgemeinen in einem Verhältnis von 70:30 bis 30:70, nach Gewicht, eingesetzt. Besonders bevorzugt sind etwa gleiche Mengen phosphorarmen Schnellstahls und Phosphor-Molybdänstahls, jeweils in Pulverform.
Besonders bevorzugt ist ein Schnellstahlpulver mit 0,05 bis 1.0 Gew.-% C, 5,0 bis 10 Gew.-% W, 3,0 bis 8,0 Gew.-% Mo; 1 ,0 bis 3,0 Gew.-% V; 2,0 bis 6,0 Gew.-% Cr und gegebenenfalls geringem Anteil Kobalt. Ein in Frage kommender Schnellstahl trägt beispielsweise die Bezeichnung AISIM 3/2 (DIN S65/3).
Es versteht sich, daß erfindungsgemäß auch Mischungen mehrerer Stahlpulver zum Einsatz kommen können. Dies betrifft sowohl das Phosphor-Molybdän- Stahlpulver, wo beispielsweise der Gehalt an Molybdän oder Phosphor variiert werden kann, wie auch den Schnellstahl. In jedem Fall handelt es sich bei den Stahlpulvern um fertiglegierte Pulver.
Besonders bevorzugt für die Herstellung von Nocken und Tragringen für Nokkenwellen ist eine Puiverzusammensetzung mit 0,5 bis 2,0 % Kohlenstoff; 5,0 bis 14 % Molybdän; 0,2 bis 1 ,0 Phosphor; 0,1 bis 2,1 % Mangan; maximal 0,5 % Chrom und maximal 0,40 % Schwefel. Andere Elemente sind in dem Fall mit weniger als 2 % vertreten, der Rest ist Eisen. Die Zusammensetzung bemißt sich nach Gew.-%, bezogen auf das Preß-Sinter-Formteil.
Es ist besonders bevorzugt, ein Flüssigphasen-Sinterverfahren anzuwenden. Der fertige Körper sollte vorzugsweise eine Dichte von 7,7 g/cm3 oder mehr aufweisen.
Gegenüber dem eingangs beschriebenen konventionellen Fertigungsverfahren mit vier Nocken ergibt sich für die erfindungsgemäßen pulvermetallurgisch hergestellten Formteile eine deutliche Verminderung der Verarbeitungsschritte. Bei der Herstellung eines erfindungsgemäßen Nockens oder Tragrings nach dem eingangs beschriebenen Aufblasverfahren stellen sich die Schritte wie folgt dar:
Zunächst Pressen, Sintern und Anlassen der Nocken und anschließend Richten, Drehen, Schleifen und Wärmebehandeln zum fertigen Produkt. Die Nocken bzw. Tragringe werden dann mit der Welle verbunden, wobei es beim Aufblasen eines Rohrs zur fertigen Nockenwelle nicht mehr zu einer weiteren Verformung der bereits an die endgültige Form angepaßten Tragringe für die Nockenwelle
kommt. Eine weitere Vergütung der Welle wirkt sich nicht mehr weiter auf die Eigenschaften der Nockentragringe aus.
Die erfindungsgemäßen Preß-Sinter-Formteile zeigen eine hohe Verschleißfestigkeit auch bei hohen Temperaturen und Belastungen, wie Sie bei tribologisch belasteten Teilen im Motorenbau auftreten.
Soweit die Erfindung Nocken oder Nockenringe betrifft, haben diese den Vorteil, daß sie aus einem einheitlichen Material bestehen, d. h. nicht an einer lokalen Modifizierung bedürfen, um sie den besonderen Gegebenheiten im Motorenbau anzupassen. Dies bringt neben produktionstechnischen Vorteilen eine geringere Stör- und Schadensanfälligkeit des Produkts sowohl in der Herstellung- als auch in der Betriebsphase. Nocken und Tragringe für Nockenwellen mit der erfindungsgemäßen Materiaizusammensetzung sind, wenn sie pulvermetallurgisch gefertigt und anschließend vergütet worden sind, ohne weitere Nachbehandlung mit den Nockenwellen einsetzbar.
Es versteht sich, daß die erfindungsgemäßen Preß-Sinter-Formkörper auch andere Formkörper als Nocken und Nockenringe sein können. Für Teile, die selbstschmierend ausgelegt sind, kann die zur Fertigung verwendete Pulverzusammensetzung einen Anteil an MoS2 enthalten, der dem Werkstoff bis zu 5 Gew.-% Schwefel zuführt. Insbesondere geeignet sind Schwefelgehalte von bis zum 3,0 Gew.-% des Werkstoffs.
Die erfindungsgemäßen Preß-Sinter-Formkörper werden aus dem vorgemischten, bzw. fertiglegierten Pulver wie folgt hergestellt. Zunächst wird der Rohling aus dem Pulver gegebenenfalls unter Zuhilfenahme eines üblichen Wachses als Gleitmittel unter üblichen Preßdrücken zu Formungen mit einer ausreichenden Dichte verpreßt. Der Preßdruck liegt dabei zweckmäßigerweise zwischen 500 und 900 MPa. Nach dem Pressen wird das Produkt gegebenenfalls unter einer Wasserstoff-Stickstoff-Schutzgasatmosphäre bei einer Temperatur von 500 bis 750°C entwachst und anschließend in einem Ofen bei einer Temperatur von mehr als 900°C, vorzugsweise mehr als 1000°C, bis zu 1150°C, gesintert. Drücke und Temperaturen hängen dabei im wesentlichen von der gewünschten Dichte des Formteils und von der Zusammensetzung des Metallpulvers ab.
Nach dem Abkühlen werden die Teile angelassen und den erforderlichen Nachbehaπdlungsschritten unterworfen.
Die Erfindung wird durch das nachfolgende Beispiel näher erläutert.
Beispiel:
Für einen erfindungsgemäßen Sinterkörper wurde die folgende Pulvermischung nach Gewicht hergestellt:
50 Gew.-% Phosphor-Molybdän-Stahlpulver, 46,76 Gew.-% Schnellstahlpulver, 3,0 Gew.-% MoS2 und 0,24 Gew.-% Kohlenstoff.
Das Phosphor-Molybdän-Stahlpulver hatte die Zusammensetzung 1 ,3 Gew.-% Kohlenstoff, 9,91 Gew.-% Molybdän; 0,59 Gew.-% Phosphor; Rest Eisen.
Das Schnellstahlpulver bestand aus 0,8 Gew.-% Kohlenstoff; 6,66 Gew.-% Wolfram; 5,4 Gew.-% Molybdän; 1 ,5 Gew.-% Vanadium; 4,49 Gew.-% Chrom; Rest Eisen. Andere Elemente: Unvermeidbare Verunreinigungen.
Die Mischung enthielt damit 1 ,26 Gew.-% Kohlenstoff; 3,1 1 Gew.-% Wolfram; 9,27 Gew.-% Molybdän; 0,91 Gew.-% Vanadium; 2,1 Gew.-% Chrom; 0,29 Gew.-% Phosphor und 1 ,2 Gew.-% Schwefel.
Der daraus erhaltene Sinterkörper hat eine Dichte von 7,15 g/cm3, die Härte betrug nach dem Sintern 370 bis 420 HB. Nach der Wärmebehandlung und der Endbearbeitung zeigten die so hergestellten Formteile ein exzellentes Temperatur- und Verschleißverhalten. Die Warmhärte des erfindungsgemäßen Materi- als zeigt im Bereich oberhalb von 300°C eine deutliche Verbesserung gegenüber der Verwendung des Schnellstahls allein und herkömmlichen kobalthaltigen pulvermetallurgischen Werkstoffen.
Der Formkörper zeigt im Gefüge feinverteilte verschiedene Carbide in einer angelassenen martensitischen Matrix mit eingelagertem Festschmierstoff.