Verfahren und Vorrichtung zur Manipulierung von Mikropartikeln in Fluidstromungen
Die Erfindung betrifft ein System zur Manipulierung von Mikropartikeln in Fluidstromungen, insbesondere ein Verfahren zur Bewegung von Mikropartikeln wie z. B. von biologischen Zellen zwischen verschiedenen Fluiden beispielsweise für Sortier-, Behandlungs- oder Halterungszwecke und eine mikrosystemtechni- sche Vorrichtung zur Implementierung des Verfahrens .
Für viele biologische, medizinische, pharmakologische aber auch nicht-biologische Anwendungen ist die präzise Beladung mit Substanzen und beruhrungslose Halterung mikroskopischer kleiner Teilchen, wie biologische Zellen oder Zellhaufen, Latexpartikeln oder andere Microbeads in freier Flüssigkeit von Bedeutung. Die häufigste Losung ist das Aufwachsen von Zellen auf einem festen Substrat, das dann mit der geforderten Genauigkeit mit einer Losung überspült wird bzw. die Halterung in einem Sieb oder an Kapillaroffnungen . Nachteilig an diesem Verfahren ist der mechanische Oberflachenkontakt und die Schwierigkeit, viele Objekte in gleicher Weise und nacheinander zu behandeln. Besondere Schwierigkeiten bereitet es, Mi- kroobjekte ohne Oberflachenberuhrung für sehr kurze und einstellbare Zeiten einer anderen Losung auszusetzen und sie dann in das ursprungliche Medium ruckzufuhren. Bisher wird das durch aufwendige Wasch- und Zentrifugierschritte erreicht.
Ebenfalls benutzt werden sogenannte "Laserstrahl-Tweezers" , mit denen es gelingt, Partikel in freier Losung an einer mikrometergenauen Position zu halten oder definiert zu verschieben [siehe A. Ashkin et al . in "Optics Lett.", Bd. 11, S. 288 (1986)]. Nachteilig ist, daß dieses Prinzip einen betrachtli-
- 2 - chen externen Apparateaufwand erfordert, der den Vorteilen der
Miniaturisierung von Systemen entgegensteht und kostenintensiv ist. Hinzu kommt die Belastung des Objektes im Fokusbereich.
Eine Alternative stellen elektrische Mikrofeldkafige dar, in denen Mikropartikeln und Zellen über Polarisationskrafte analog zu den "Laser-Tweezers" gehalten werden können [G. Fuhr ei al. m "Naturwiss. ", Bd. 81, S. 528 (1994)]. Bei derartigen Systemen befindet sich jedoch nur eine Losung m dem System, so daß eine Überführung der Mikropartikel in ein anderes Medium nur durch Flussigkeitsaustausch erfolgen kann, was längere Zeiten bis zur nächsten Benutzung und ggf. gesonderte Reinigungsschritte erfordert. Das Halten eines Partikels in einer Halterungs- oder Parkposition laßt sich zwar mit einer Laser- Pinzette bewerkstelligen, ist jedoch für mehrere Teilchen technisch nicht sinnvoll realisierbar. Zudem befindet sich das Objekt wahrend der Parkzeit unter einer permanenten Strahlenbelastung .
In Mikrosystemen wurden magnetisch geladene Teilchen über rechtwinklig zu den Kanälen wirkende Magnetfelder oder Ultraschallquellen von einer Losung in eine andere berfuhrt [siehe G. Blankenstem m "Scientific and Clinical Applications of Magnetic Carriers", Hrsg. Hafeli et al . , Plenum Press New York 1997 (Kap. 16, S. 233 ff.)] . Beide Techniken eigenen sich jedoch nur sehr bedingt zur Miniaturisierung, erlauben keine Fo- kussierung der Kraftwirkung auf die Teilchen und lassen sich schwer m integrierter Form mit den Techniken der Halbleiter- strukturierungsverfahren umsetzen. Ferner ist diese Technik an eine für biologische Objekte ggf. physiologisch störende Beladung mit magnetischen Teilchen gebunden.
Aus DE-OS 41 43 573 ist eine Vorrichtung zur Trennung von Gemischen mikroskopisch kleiner Teilchen in einer Flüssigkeit bekannt, bei der die Teilchen elektrischen Wanderfeldern aus-
- 3 - gesetzt werden, unter deren Wirkung die Teilchen aus einer
Strömung der Flüssigkeit ausgekoppelt werden. Diese Vorrichtung besitzt die folgenden Nachteile. Zur Erzeugung der Wanderwellen ist eine Vielzahl von Mikroelektroden erforderlich, so daß sich mit den jeweiligen separaten Ansteuerungen ein komplexer Aufbau ergibt. Die Mikroelektroden sind m einem Bereich angeordnet, der wesentlich großer als die auszukoppeln-- den Teilchen ist. Die Wanderwellen verursachen m der Flüssigkeit Temperaturgradienten, durch die störende Querstromungen entstehen. Durch diese Querstromungen und ggf. vorhandene weitere Stromungensmhomogemtaten bewegen sich die Teilchen nicht auf definierten Bahnen. Zur Kompensation dieser ortlich Undefinierten Auskopplung muß diese sich über einen relativ weiten Bereich m Stromungsrichtung erstrecken. Dadurch wiederum werden ganze Teilchengruppen ausgekoppelt, oder die Teilchen müssen sich mit großen Abstanden durch das Mikro- system bewegen, so daß die Verarbeitung großer Teilchenzahlen verzögert wird.
Mit den bekannten Techniken ist es somit bisher nicht oder nur beschrankt möglich, Mikroteilchen von einer Flüssigkeit m eine oder mehrere andere und zurück zu überfuhren oder eine beruhrungsfreie Zwischenlagerung in einem Mikrosystem vorzunehmen .
Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein verbessertes Verfahren zur Manipulierung von Mikropartikeln m Fluidstromungen anzugeben, das einen erweiterten Einsatzbereich besitzt und insbesondere mit hoher Geschwindigkeit seriell und parallel einsetzbar ist sowie elektrisch steuerbare Verfahren zur beruh- rungsfreien Halterung und zur Überführung von Mikropartikeln m verschiedene Medien ermöglicht. Aufgabe der Erfindung ist es auch, eine Vorrichtung zur Durchfuhrung des Verfahrens bereitzustellen, die einen vereinfachten Aufbau und eine vereinfachte und zuverlässige Ansteuerung besitzt und zur Ausbildung
- 4 - definierter Bewegungsbahnen der zu manipulierenden Mikropartikel eingerichtet ist.
Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen gemäß Patentanspruch 1 und eine Vorrichtung mit den Merkmalen gemäß Patentanspruch 9 gelost. Vorteilhafte Ausfuhrungsformen der Erfindung ergeben sich aus den abhangigen Ansprüchen. _
Der Erfindung liegt die Idee zugrunde, Mikropartikel in einem stromenden Fluid elektrischen Feldkraften auszusetzen. Die elektrischen Feldkrafte werden durch mindestens eine elektrische Feldbarriere ausgeübt, gegen die die Mikropartikel mit dem stromenden Fluid bewegt werden und die eine Bewegungsanderung der Mikropartikel mit einer von der Stromungsrichtung abweichenden Richtung bewirkt. Die elektrische Feldbarriere wird z.B. mit mindestens einem Paar bandförmiger Mikroelektroden erzeugt, das an gegenüberliegenden Begrenzungen des stromenden Fluids angeordnet ist und mit einer hochfrequenten Wechselspannung beaufschlagt wird. Die Amplitude der Wechselspannung bzw. die Feldbarriere ist so hoch gewählt, daß Mikropartikel, die abgelenkt werden sollen, nicht zwischen die Elektroden gelangen können. Das Fluid mit den darin suspendierten Mikropartikeln strömt durch einen Kanal mit mindestens einer seitlichen Öffnung, zu der mindestens ein Mikropartikel entlang der elektrischen Feldbarriere bewegt wird. An die Öffnung grenzt ein weiterer Kanal mit einem stromenden Fluid oder ein schleifenformiger Abzweig (sog. Parkschleife) des ersten Kanals. An der Öffnung berühren sich die Fluidstromungen der jeweiligen Kanäle. Bei Realisierung des Fluidstromungssystems mit laminaren Strömungen findet jedoch keine Durchmischung der Fluide statt. Die laminaren Strömungen werden vorzugsweise in Mikrosystemen oder mit kapillarformigen Kanälen realisiert. Ein besonderer Vorteil der Erfindung besteht darin, daß die stromenden Fluide an den Offnungen zwischen den Kanälen Grenz-
- 5 - flachen ausbilden, die von den zu manipulierenden Mikropartikeln durchlaufen werden können.
Die elektrischen Feldkrafte werden allgemein durch 3-dιmen- sional angeordnete Elektrodeneinrichtungen über oder an den Offnungen zwischen den Kanälen zur Überführung der Objekte m einen oder mehrere Nachbarkanale oder Parkschleifen durch An-— legen von Hochfrequenzspannungen bei permanenter hydrodynamischer Durchstromung des Systems ausgeübt. Die Ansteuerung der als Ablenksysteme funktionierenden Elektrodeneinrichtungen kann computeroasiert erfolgen und erlaubt minimale Manipulationszeiten im ms-Bereich. Die Bewegung kann in freier Losung ausgeführt werden, ohne eine mechanische Berührung oder Fuhrung des Objektes. Das Verfahren arbeitet ohne Interferenz mit den üblichen optischen Meßmethoden und vermeidet daher Schaden an lebenden biologischen Objekte, wie z. B. Zellen. Die Aufenthaltsdauer der Teilchen in den Kompartimenten oder Kanalabschnitten laßt sich extern festigen. Typische Bahndurchmesser bzw. Auslenkungen liegen im Bereich von 50 nm und einigen 100 μm oder mehr. Es ist keine Feedback-Kontrolle oder Beobachtung der Objekte erforderlich (sie kann jedoch zusätzlich erfolgen. )
Besondere Vorteile der Erfindung bestehen darin, daß mit einem relativ einfachen Elektrodenaufbau (im einfachsten Fall: mit einem Paar von Elektrodenstreifen) eine zielgenaue, zuverlässige und schnelle Partikelmanipulierung erzielt wird. Störende Querstromungen werden vermieden. Die Elektroden können mit einer ausreichend hohen Wechselspannung beaufschlagt werden, so daß die Partikel sicher auf der stromaufwärts gelegenen Seite der Feldbarriere bleiben und zur seitlichen Öffnung gefuhrt werden. Die Elektroden besitzen charakteristische Dimensionen, die kleiner oder gleich der Dimensionen der zu manipulierenden Partikel sind. Die erfmdungsgemaße Partikelmanipulierung erlaubt eine Bewegung der Partikel m die und aus der
- 6 -
Strömung, also auch eine Partikelruckfuhrung aus einer benachbarten Strömung.
Weitere Vorteile und Einzelheiten der Erfindung werden im folgenden unter Bezug auf die beigefugten Zeichnungen beschrieben. Es zeigen:
Fig. 1: eine Perspektivansicht einer ersten Ausfuhrungsform eines erfmdungsgemaßen Fluidstromungssyste s ;
Fig. 2: eine Draufsicht auf ein Fluidstromungssystem gemäß Fig. 1 ;
Fign. 3 bis 5: Draufsichten auf Fluidstromungssysteme gemäß einer zweiten, dritten und vierten Ausfuhrungsform der Erfindung;
Fig. 6: eine Draufsicht auf ein Fluidstromungssystem gemäß einer Ausfuhrungsform mit einem schleifenformigen Abzweig; und
Fign. 7 und 8: Draufsichten auf Fluidstromungssysteme gemäß einer Ausfuhrungsform der Erfindung mit schleifenformigen Strömungen zwischen zwei Kanälen.
Bei den illustrierten Beispielen handelt es sich stets um dreidimensionale Anordnungen von Mikroelektroden, mit denen barriereartige elektrische Hochfrequenzfelder in Kanälen erzeugt werden. In der perspektivischen Darstellung ist ein derartiges System stellvertretend m Figur 1 dargestellt. Die Beispiele zeigen lediglich 1-, 2- oder 3-Kanalsysteme . Die Erfindung ist jedoch durch beliebige weitere Kombinationen erweiterbar. Die Erfindung wird am Beispiel strömender Flüssigkeiten erläutert, ist jedoch bei genügend starken Feldkraften auch mit anderen Fluiden realisierbar. Die Erfindung ist nicht
- 7 - auf die dargestellten ebenen Kanalwanden beschrankt, sondern auch mit Kanälen anderer, z. B. runder, Querschnitte realisierbar .
Figur 1 zeigt eine perspektivische Ansicht (Ausschnitt) eines 2-Kanalsystems bestehend aus einem Bodensubstrat 11, auf dem in planarer Weise die Mikroelektroden oder Elektrodenabschmt— te 16a, 16b (mit geraden Zuleitungen gezeigt) angeordnet sind, dem die Kanalwande bildenden Spacer 12 und einem Decksubstrat 13 (transparent dargestellt, transparent oder nichttransparent realisierbar) , auf dessen zum Kanal weisenden Seite ebenfalls planar Mikroelektroden oder Elektrodenabschnitte 15a, 15b (mit geraden Zuleitungen gezeigt) angeordnet sind.
Der Spacer 12 bildet einen rechten (ersten) und einen linken (zweiten) Kanal. Die mittlere Trennwand besitzt Offnungen 17. Jeder Öffnung 17 ist eine Elektrodeneinrichtung bestehend aus den jeweiligen Elektrodenabschnitten 15a, 16a bzw. 15b, 16b zugeordnet. Die Elektrodenabschnitte erstrecken sich jeweils m einem Kanalabschnitt stromaufwärts von der jeweiligen Öffnung von einer der Öffnung gegenüberliegenden Wand bis zur Öffnung bzw. vorzugsweise durch diese hindurch bis m den benachbarten Kanal. Damit definieren die Elektrodenabschnitte eine Bezugsebene, die senkrecht auf der Flache des Bodensubstrats 11 und unter einem Winkel zur Kanallangsrichtung steht.
Zwischen den Elektrodenabschnitten 15a, 16a und 15b, 16b wird eine Wechselspannung (Frequenz: kHz bis MHz, Amplitude: 0.1 bis 50 V) angelegt. Die Frequenz wird in Abhängigkeit von den dielektrischen Eigenschaften der Mikropartikel oder Teilchen derart ausgewählt, daß diese eine negative Polarisation, d.h. negative Dielektrophorese, aufweisen, und vom Hochfrequenzfeld abgestoßen werden. Alternativ ist es auch möglich, die Frequenz so zu wählen, daß positive Dielektrophorese stattfindet (Anziehung) , wobei dann die zu einer Öffnung gehörenden Elek-
- 8 - trodenabschnitte stromaufwärts im jeweils anderen Kanal anzuordnen waren. Die negative Dielektrophorese besitzt jedoch entscheidende Vorteil bei der beruhrungsfreien Manipulierung der Mikropartikel.
Im Bereich der genannten Bezugsebene wird somit ein abstoßendes Feld als Barriere gebildet, das aufgrund der Neigung ge- _ genuber der Kanallangsπchtung im Zusammenwirken mit der Strömung eine Kraftwirkung auf die Teilchen hin zur Öffnung 17 verursacht .
Im vorliegenden Beispiel werden die Kanäle in gleicher Richtung (Pfeile) von verschiedenen Flüssigkeiten durchströmt, über den ersten Kanal werden suspendierte Teilchen (z.B. auch lebende Zellen) mit einer Tragerflussigkeit eingespult. Im zweiten Kanal strömt eine Behandlungsflussigkeit (z. B. ein Beladungsmedium mit einer gelosten Substanz, mit der die Teilchen beladen werden sollen) .
Ein Teilchen 14 bewegt sich auf der gestrichelt gezeichneten Bahn. Zur definierten Behandlung der Mikropartikel werden dese durch die erste Öffnung 17 in den zweiten Kanal bewegt. Über die Stromungsgeschwindigkeit und die Anordnung der ablenkenden Elektrodenabschnitte 15a, 16a bzw. 15b , 16b lassen sich die Partikel für eine definierte Zeit m das Beladungsmedium überfuhren. In der Regel erfolgt dieser Vorgang bei Stromungsgeschwindigkeiten von einigen bis zu einigen hundert μm/s. Die Verweildauer im Beladungsmedium liegt damit m Abhängigkeit vom Abstand der Ablenkelektroden im ms bis s-Bereich.
Die Rückführung vom zweiten Kanal m den ersten Kanal erfolgt analog an der zweiten Öffnung 17.
Figur 2 zeigt eine Draufsicht auf das m Figur 1 beschriebene System. Die beiden Kanäle 21, 22 werden von links nach rechts
- 9 - durchströmt. Die Kanalwande bildet ein Spacer 27. Die Partikeln 23 werden bei angeschaltetem Feld der Bahn 28 erfolgen. Anderenfalls wechseln sie nicht m den Nachbarkanal über. Die Elektrodenabschnitte 25a, 26a und 25b, 26b (auch Ablenkelektrodenpaare genannt) sind hier schematisch dargestellt, d.h., die dünne Linie stellt die untere Elektrodenebene 26a, 26b dar und die dickere Linie die obere Elektrodenebene 25a, 25b. Dιe_ Breite der Elektroden kann im Bereich zwischen einigen 100 nm bis zu etwa 100 μm liegen (typischerweise 10 bis 20 μm) . Die Große der Partikeln 23 (nm bis mm) bestimmt die Hohe der Kanäle. Gunstige Werte sind etwa das 2- bis 20-fache des Partikeldurchmessers. Zur Minimierung von elektrischen Verlusten sind die Zufuhrung zu den Ablenkelektroden nicht untereinander, sondern möglichst weit seitlich versetzt anzuordnen. Wird die Ablenkemheit 25b, 26b abgeschaltet, so verbleiben die Partikeln in der Losung des Kanals 21. Über den Abstand der Offnungen 24a, 24b oder die Stromungsgeschwindigkeit kann die Ver- weilzeit m Kanal 21 festgelegt werden.
Die Kanäle besitzen Dimensionen, die m Abhängigkeit von der Fluidviskositat (Bereitstellung laminarer Strömungen) ausgewählt sein können. Bevorzugte charakteristische Dimensionen liegen im Bereich von Sub-μm bis mm, vorzugsweise einige μm bis 0.5 mm, z. B. 200 μm.
Die Elektrodenabschnitte sind bandförmig dargestellt, können aber auch jede andere Form haben, die die Kraftwirkung hm zu den Offnungen m der Kanalwand sicherstellt.
Figur 3 zeigt einen besonderen Vorteil der Erfindung. In Mi- krokanalen mit einem Durchmesser <l/2 mm findet nämlich keine gegenseitige Störung der Flussigkeitsstromungen statt (keine Vermischung) . Strömungen bleiben über große Strecken laminar. Im dargestellten Beispiel wird dieser Effekt genutzt, um die Partikeln aus Figur 1 und 2 temporar eine andere Losung zu
- 10 - überfuhren. Die Trennwand zwischen den Kanälen 31 und 32 bildet hier eine mehrere μm oder auch einige hundert μm lange Öffnung 35. Bei einer Durchstromung des Kanals in gleicher Richtung kommt es an dieser Berührungsfläche aus o.g. Gründen nicht zu einer Vermischung, über die Ablenkemheit 34a laßt sich ein Partikel 33 vom Kanal 32 den Kanal 31 überfuhren. Über die Ablenkemheiten 34b-e kann die Dauer der Verweilzeit— im Medium des Kanals 31 bestimmt werden. Die Teilchen bewegen sich auf den mit Pfeilen eingezeichneten Traj ektorien .
Figur 4 zeigt eine Anordnung, bei der die Überführung eines Partikels 43 von Kanal 42 Kanal 41 und zurück mehrfach erfolgen kann. Das System kann man auch weiter forgesetzt realisiert werden. Die Teilchen folgen der Bewegungsbahn 46. Im ersten Element 44a, 44b befindet sich eine Trennwand 45. Die zweite Ablenkvorrichtung 44c, 44c kommt ohne dieses Element aus . Je nach Abstand der Ablenksysteme kann auch beim ersten Übergangsbereich auf das Trennwandelement verzichtet werden.
Für biochemische und zellbiologisch-medizmische Aufgabenstellungen ist es häufig von Bedeutung, Objekte definiert und steuerbar kurzzeitig mehrere Flüssigkeiten zu überfuhren. Beispielhaft ist in Fig. 5 ein 3-Kanalsystem dargestellt. Alle Kanäle 51, 52, 53 werden von links nach rechts durchströmt. Die Partikel 54 können über das Ablenksystem 54a m den Kanal 52 und über 55b in den Kanal 53 überfuhrt werden. Über die Ab- lenk-emheit 55c laßt sich das Teilchen wieder m Kanal 52 zurückfuhren. Es folgt der Bewegungsbahn 56. Durch Anordnung einer weiteren Ablenkemheit und Öffnung zwischen den Kanälen 51 und 52 laßt sich das Teilchen auch wieder m den Kanal 51 zurückfuhren. Nach dem dargestellten Muster können sich weitaus höhere Kanalzahlen und Uberfuhrungselemente realisieren.
Ein bisher ungelöstes Problem Mikrofluidiksystemen mit zellbiologischer Anb dung stellen die kurzen Durchflußzeiten
- 1 1 - dar. Wird beispielsweise ein Partikel vermessen, so mußte bisher entweder die Strömung angehalten werden oder weitere im Kanalsystem befindliche Teilchen werden unwiederbringlich ausgespult. Wird die Strömung angehalten, besteht die Gefahr eines Oberflachenkontaktes und nachfolgende Adhäsion. Aus diesem Grunde ist es wünschenswert, bei permanenter Strömung Parkschleifen für Partikel zu realisieren. In Figur 6 ist ein der= artiges Grundelement dargestellt. Der Kanal 61 wird von links nach rechts durchströmt. In einer der Wände (67a) befindet sich ein Ringkanal 62, der durch einen Spacerabschnitt 66 gebildet wird. Der Spacer ragt an der hinteren Seite etwas in den Kanal 68 hinein, so daß ein Teil der Flüssigkeit im Kanal 62 zu zirkulieren beginnt. Ein Partikel 64 kann über die Ablenkelektrode 63a in diese Strömung hineinge ührt werden. Falls die Ablenk-elektrode 63b nicht angesteuert wird, verbleibt es in der Rmgstromung und bewegt sich auf einer schleifenformigen Parkbahn 65. Soll das Teilchen entnommen werden, so wird das Ablenksystem 63 angeschaltet und das Partikel verlaßt die Parkschleife .
Eine Kombination aus Partikelparkschleife und definierter Überführung m eine andere Losung erfolgt, wenn zwei Ablenksysteme 74a, 74b über Offnungen m der gemeinsamen Kanalwand den jeweils benachbarten Kanal 71, 72 hineinragen. Ein Teilchen 73 wurde sich bei entgegengesetzter Durchstromung der Kanäle 71, 72 in eine kreisförmige Bewegungsbahn 75 begeben, m der gleichzeitig auch mehrere Partikeln Platz fanden. Durch Abschalten der HF-Spannung an einer oder beiden Ablenksystemen kann das Partikel m den einen oder anderen Losungsstrom entlassen werden. Diese Anordnung besitzt gleichzeitig den Vorteil, daß m beiden Kanälen unterschiedlich zusammengesetzte Flüssigkeiten benutzt werden können. Über die Zahl der Umlaufe des Teilchens laßt sich die Zeit, die es der jeweiligen Substanz ausgesetzt sein soll, einstellen und meßbar reproduzieren. Über zusätzliche Detektionsmaßnahmen an einer oder mehre-
- 12 - ren Stellen kann die Umlaufzeit und die Zahl der gefangenen Partikeln bestimmt werden. Da kann optisch, aber auch über die Art eines "Coulter Counters" an den Offnungen 76a, 76b erfolgen. Das System kann man sich auch erweitert, bestehend aus einer Vielzahl solcher Elemente Serie als auch parallel vorstellen. Es ist damit geeignet, eine Vielzahl von Partikeln zu halten, ihren Aufenthaltsort zu erfassen und sie in ver- - gleichbarer Weise zu behandeln.
Von besonderem Interesse sind sehr kurze Aufenthaltszelten bzw. Parkschleifen, die in großer Zahl und jeweils nur von einem oder wenigen Partikeln gleichzeitig belegt waren können. Dazu sind die Ablenksysteme 84a, 84b möglichst nahe zueinander und einer Öffnung 86 zwischen den Kanälen 81, 82 zu plazieren. Werden nun beide Kanäle m entgegengesetzter Richtung durchströmt, so wird das Teilchen 83 der Trajektoπe 85 folgen. Der minimale Durchmesser der Bewegungsbahn liegt bei etwa dem Doppelten des Partikeldurchmessers. Geht man davon aus, daß auch Submikrometerteilchen wie Viren auf diese Weise gefangen und von einer Losung m eine andere periodisch überfuhrt werden können, so liegen die kürzesten Zeiten für einen Umlauf bei einigen ms.