Nitril
Von V.J. Harding und W.N. Haworth wird in J.Chem.Soc. (1910), 486-498 das Cyclohex-1-en-yl-phenylacetonitril CβHsCHtCJND-CβHg als Produkt der alkalischen Kondensation von Phenylacetonitril und Cyclohexanon beschrieben.
Es hat sich später aber herausgestellt, dass sich bei dem Reaktionsprodukt in Tat und Wahrheit um das Cyclohexyliden- phenylacetonitril C6H5C(CN)=C6Hιo (I) handelt, D.E. Whyte, A. Cope, JACS ßδ (1943), 1999-2000 und S.F. Birch, G.A.R. Kon, J. Chem. Soc.123. (1923), 2442-2446.
Harding und Haworth beschreiben das von ihnen erhaltene Produkt bloss als farbloses Oel mit angenehmem etherischen Geruch. Die späteren Autoren machen hierüber überhaupt keine Angaben.
Dass sich hinter dieser kursorischen, zudem äusserst ungenauen, unspezifischen Geruchsbeschreibung ein Riechstoff mit äusserst wertvollen Eigenschaften und - wie unten ausgeführt - mannigfaltigen Einsatzmoglichkeiten versteckte, ist überraschend.
Die Erfindung betrifft demgemäss die Verbindung I als Riechstoff, Riechstoffkompositionen mit einem Gehalt an I und die Verwendung von I als Riechstoff.
Der Geruch von I kann als blumig-rosig, grün, metallisch, an Geranium erinnernd, charakterisiert werden.
Aufgrund olfaktorischer Untersuchungen hat sich ferner ergeben, dass sich I, insbesondere aufgrund seiner Rosen- und Geraniumnoten überraschenderweise ausgezeichnet als Ersatz für
Rosacetol eignet.
Rosacetol (Trichlor-methyl-phenyl-carbinyl-acetat) ist ein aufgrund seiner Rosen- und Geraniumnoten sehr geschätzter Riechstoff, dessen Verwendung in letzter Zeit aus ökologischen Gründen (Chlorgehalt) aber mehr und mehr zurückgeht.
Es hat sich ferner herausgestellt, dass (I) ausserordentlich säure- und alkalistabil ist, und dass sich (I) durch ausgezeichnete Substantivität auszeichnet. Bezüglich Substantivität ist I dem Rosacetol sogar ganz deutüch überlegen. Dasselbe gilt für die Langlebigkeit.
Unter Substantivität wird die Haftung eines Riechstoffs, z.B. auf Textilien, Haut und Haar nach dem Waschvorgang verstanden.
Demzufolge eignet sich I hervorragend für die Verwendung in der Waschmittelindustrie, z.B. als Riechstoff in Detergentien, Weichspülern, zsw., aber auch als Riechstoff in der Kosmetik, z.B. in Shampoos, Seifen, usw., insbesondere als Ersatz für Rosacetol.
Aufgrund der obenerwähnten wertvollen olfaktorischen
Eigenschaften eignet sich die Verbindung I als Riechstoff, und zwar insbesondere in Kombination mit der gängigen heutzutage zur Verfügung stehenden umfangreichen Palette von natürlichen und synthetischen Riechstoffen, zur Kreaktion von Parfum-Kompositionen, welche ihre Anwendung in allen üblichen Applikations-Segmenten finden können. Beispiele der zahlreichen bekannten Riechstoffingredientien natürlichen oder synthetischen Ursprungs, wobei die Palette der natürlichen Rohstoffe sowohl leicht- als auch mittel- und schwerflüchtige Komponenten, und diejenige der Synthetika Vertreter aus etlichen Stoffklassen umfassen kann, sind:
Naturprodukte, wie Baummoos-Absolue, Basilikumöl, Agrumenöle (wie Bergamotteöl, Mandarinenöl, usw.), Mastix- Absolue, Myrtenöl, Palmarosaöl, Patchouliöl, Petitgrainöl, Wermutöl, Lavendelöl, Rosenöl, Jasminöl, Ylang-Ylangöl, Sandelholzöl,
Alkohole, wie Farnesol, Geraniol, Linalool, Nerol, Phenyläthyl- lkohol, Rhodinol, Zimtalkohol, cis-3-Hexenol, Menthol, α- Terpineol, Sandela (3-Isocamphyl-(5)-cyclohexanol),
Aldehvde. wie Citral, α-Hexylzimtaldehyd, Hydroxy citronellal, LiUal® (p-tert.Butyl-α-methyl-dihydrozimtaldehyd), Methylnonylacetaldehyd, Phenylacetaldehyd, Anisaldehyd, Vanillin,
- Ketone. wie Allyljonon, α-Jonon, ß-Jonon, Isoraldein (Isomethyl- α-jonoή), Verbenone, Nootkaton, Geranylaceton,
Ester, wie Allyl-phenoxyacetat, Benzyl-salicylat, Cinnamylpropionat, Citronellyl-acetat, Decylacetat, Dimethylbenzylcarbinyl-acetat, Aethyl-acetoacetat, Aethyl- acetylacetat, cis-3-Hexenyl-isobutyrat, Linalylacetat, Methyl- dihydrojasmonat, Styrallylacetat, Vetiverylacetat, Benzylacetat, cis-3-Hexenylsalicylat, Geranylacetat, usw.
Lactone. wie γ-Undecalacton, δ-Decalacton, Pentadecan-15-olid,
verschiedene, in der Parfumerie oft benützte Komponenten, wie Indol, p-Menthan-8-thiol-3-on, Methyleugenol, Eugenol, Anethol, etc.
Die unter Verwendung von Verbindungen I hergestellten Riechstofϊkompositionen, insbesondere solcher blumiger, blumig¬ würziger, blumig-fruchtiger und blumig-orientalischer Richtung, bestechen besonders durch ihre Originalität.
Bei ihrer Verwendung als Riechstoff lässt sich die Verbindung I in weiten Grenzen einsetzen, die beispielsweise von ca. 0,1 (Detergentien) bis ca. 30 Gewichtsprozent (alkohoUsche Lösungen) in Kompositionen reichen können, ohne dass diese Werte jedoch Grenzwerte darstellen sollen, da der erfahrene Parfümeur auch mit noch geringeren Konzentrationen Effekte erzielen oder aber mit noch höheren Dosierungen neuartige Komplexe aufbauen kann. Die bevorzugten Konzentrationen bewegen sich zwischen ca. 1 und ca. 20 Gewichtsprozent. Die mit den Verbindungen I hergestellten Kompositionen lassen sich für alle Arten von parfümierten
Verbrauchsgütern einsetzen (Eaux de Cologne, Eaux de Toilette, Extraits, Lotionen, Cremes, Shampoos, Seifen, Salben, Puder, Desodorantien, Detergentien, Gewebeveredler, Bleichmittel, Weichspüler für Textilien, usw.
Die Verbindung I kann demgemäss bei der Herstellung von Kompositionen und - wie obige Zusammenstellung zeigt - unter Verwendung einer breiten Palette bekannter Riechstoffe bzw. Riechstoffgemische verwendet werden. Bei der Herstellung solcher Kompositionen können die oben aufgeführten bekannten Riechstoffe bzw. Riechstoffgemische nach (dem Parfümeur) bekannter Art und Weise verwendet werden, wie dies z.B. aus WA. Poucher, Perfumes, Cosmetics and Soaps 2_, 7. Auflage, Chapman und Hall, London, 1974 hervorgeht.
Beispiel 1
Chvpre Komposition
Gewichtsteile
B enzylsalicylat 100
Ambrette-moschus 100
Hydroxycitronellal 100
Sandela® Givaudan 100
Vetivenylacetat 50
Patchouliöl 50
Ylang-Ylang-öl 40
Methylnonylacetaldehyd 10% in Propylenglykol 40
Galbanumöl 10% in Alkohol 40
Melissenöl 30
Eichenmoos löslich 30
Styrallylacetat 30
Zimtalkohol 20
Aldehyd C-ll (10-Undecenal) 10% in Propylenglykol 20
Vernaldehyd 20
Eugenol extra 20
Majoranöl 10
Weihrauch-resinoid 10 γ-Undecalakton 10% in Propylenglykol 10
Heliotropin 30
Rhodinol extra 5Q
900
Gibt man zu dieser etwas schweren Chypre-Komposition 100 Teile I, so wird diese sehr angenehm frisch in Richtung Citrus verändert. Die Komposition wirkt nun viel leichter und viel moderner.
Auch nach 24 Stunden ist die Komposition noch viel leichter, frischer; sie ist sehr geeignet für Herren-Colognes moderner Prägung.
Beispiel 2
Parfumerie-Komposition in Richtung Hvacinthe
Gew ichtsteil«
Phenyläthylalkohol 200
Hydroxy citronellal 100
Zimtalkohol 100
Phenyläthylisobutyrat 80
Phenylpropylalkohol 60
Benzylaetat 50
Baccartol® Givaudan (Rosenbase auf Basis Citronelle-öl/ aceton-kondensationsprodukt 40
Phenyläthylformiat 40
Citronellol 30
Eugenol 20
Galbanum-öl 20
Phenylacetaldehyd 10% in Propylenglykol 20
Maltol 1% in Propylenglykol 20
Dimethylacetat des Hydratropaldehyds 10
Geranylacetat
800
Gibt man zu dieser Hyacinthen-Base 200 Teile I, so wirkt sie alsbald viel typischer Richtung Hyacinthe. I verbindet sich vorteilhaft mit den Komponenten, welche die grüne Note bilden, indem sie diese wesentlich weicher erscheinen lässt.
Beispiel 3
Parfumerie-Komposition in Richtung Weissdorn
Gewichtsteile
Terpineol 250 α-Hexylzimtaldehyd 100
Phenyläthylalkohol 140
Hydroxycitronellal 100
Anisaldehyd ex Anethol Θ0
Heliotropin 50 Linalool 40
Benzylacetat 30
Geraniol 30
Bergamotte-öl 30 α-Jonon 20 Ambrette-moschus 20
Citronellol 10
Aethylen-brassylat 10
Methylacetophenon 10
Coumarin 10 Indol pur 5
Geranylacetat 5
Phenylacetaldehyd 5
Civette absolue 10% in Propylenglykol 5
Ylang-Ylang-öl 10 Isoeugenol 5
Phenylacetaldehyd-dimethylacetal 5_
950
Gibt man zu dieser blumig-süssen Komposition 50 Teile I, so wird deren pudrige Note sehr schön in eine blumig-rosigen Variante eingekleidet. Eine angenehm fliedrige Note tritt verstärkt hervor.
Ausserdem kommt eine Honig-note zur Geltung, welche der Base mehr Diffusion verleiht.
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Beispiel 4
Parfumerie-Komposition in Richtung Gardenia
Gewichtsteile
Hydroxy citronellal 120
Benzylacetat 100
Bergamotte-öl 100 α-Jonon 100
Neroli-öl 70
Styrallylacetat 70
Linalool 70
Heliotropin 50
Ylang-Ylang-Öl 50
Keton-moschus (4-tert.Butyl-3,5-dinitro-2,6- dimethyl-acetophenon) 50
Isoeugenol 30
Jasmin-öl 30 α-Hexylzimtaldehyd 30
Ambrette-moschus 30
Phenylacetaldehyd 50% in Propylenglykol 15
Civette absolue 10% in Propylenglykol 5
Aldehyd C-10 (n-Decyl-) 10% in Propylenglykol 5
Orangenöl kalifornisch fi
930
Gibt man zu dieser blumigen Base in Richtung Gardenia 70 Teile I, so erhält diese eine verstärkende Honig-Note, welche die Base viel abgerundeter erscheinen lässt. Durch I wirkt die Base viel harmonischer. I bildet einen ausgesprochen ausgleichenden Faktor in der Komposition.