Verfahren zur Primer-Herstellung und Template-Bank dafür.
Zur DNA-Sequenzierung werden heute überwiegend die Maxam- Gilbert-Technik und das Sanger-Verfahren angewendet. Bei diesem Sanger-Verfahren wird die zu sequenzierende einzelsträngige oder einzelsträngig gemachte DNA enzymatisch zum Doppelstrang auf- polymerisiert . Dazu muß die DNA zunächst in einem kurzen Bereich doppeisträngig gemacht werden, da DNA-Polymerasen einen kurzen Doppelstrangbereich mit einem freien 3 ' -Hydroxylende für den Einbau von Nukleotiden benötigen (Template/Primer-Abhängigkeit des enzymatisch katalysierten Einbaus von Nukleotiden) . Nach dem Shortmer-Konzept (EP-B-89.906 358.0) geht man zur Synthese des kurzen Doppelstrangbereichs so vor, daß man zwei oder mehr Shortmers in Nachbarschaft zueinander auf der zu sequenzierenden einzelsträngigen DNA als Template hybridisiert und die Shortmers danach miteinander zu einem Primer verbindet oder ligiert. Aus¬ gehend von dem kurzen Doppelstrangbereich wird der zu sequenzie¬ rende DNA-Strang dann mit DNA-Polymerase enzymatisch sukzessiv komplementiert. Sobald zur Auswertung der Analyse die Sequenz vollständig gelesen worden ist, wird für die nächste Sequenzie¬ rung auf dem 3 ' -Ende der soeben gelesenen DNA-Sequenz erneut eine Primer-Anheftungsstelle ausgewählt. Auf dieser Primer-An-
heftungsstelle werden erneut Shortmers hybridisiert und ligiert. Dieser neue Primer dient der folgenden Sequenzierung.
Einerseits ist man an möglichst langen Primern interessiert, um mit einem derartigen Primer einen zu sequenzierenden DNA-Strang individuell ansprechen zu können. Andererseits wächst der Umfang der für die Primerherstellung heranzuziehenden Shortmer-Banken mit größerer Primerlänge drastisch an. Es hat sich jedoch ge¬ zeigt, daß man mit Primern einer Länge von 12 bis 18 Nucleotiden befriedigend genau zu sequenzierende DNA-Stränge ansprechen kann.
Außerdem hat sich gezeigt, daß das klassische Shortmer-Konzept in folgender Hinsicht verbesserungsfähig ist. Hochwertige Sequenzierungsprotokolle gehen von einem Überschuß des Primers über den zu sequenzierenden DNA-Strang aus. Liegt der Primer in einem Verhältnis von 1:1 oder im Unterschuß zu dem zu sequen¬ zierenden DNA-Strang vor, so beobachtet man generell im Experi¬ ment kürzere Leseweiten, als man bei einem Primer-Überschuß er¬ warten könnte. Sofern man dementsprechend beim Shortmer-Konzept nur einmal hybridisiert und ligiert und nicht das Pri er-Liga- tionsprodukt abschmilzt, erneut hybridisiert und ligiert, läßt sich trotz eines Überschusses des eingesetzten Shortmers äußer¬ stenfalls eine 1 :1-Stöchiometrie von Primer zu dem zu sequenzie¬ renden DNA-Strang erreichen.
Dieser Stand der Technik läßt sich nun gemäß einer Ausführungs¬ form der Erfindung durch ein Verfahren zur Herstellung eines Primers für eine konsekutive DNA-Sequenzierung verbessern, bei dem man mindestens zwei Shortmers in Nachbarschaft zueinander mit einem Template hybridisiert und danach miteinander zum Pri¬ mer ligiert, wobei das Verfahren dadurch gekennzeichnet ist, daß man
(a) ein Template in Form eines Einzelstranges aus Nukleotiden verwendet, bei dem die Anzahl der Nukleotide mindestens 6 be¬ trägt und nicht größer als etwa das Doppelte der Gesamtzahl der Nukleotide aller eingesetzten Shortmers ist, und
(b) danach den gebildeten Primer von Template und von unumge- setzten Shortmers abtrennt und gewinnt .
Primer: Unter Primer wird im vorliegenden Zusammenhang ein kur¬ zer DNA-Strang verstanden, mit dessen Hilfe der zu sequenzie¬ rende DNA-Strang über einen entsprechend kurzen Bereich doppel- strängig gemacht wird.
Template: Im Unterschied zum zu sequenzierenden DNA-Strang wird unter Template im vorliegenden Zusammenhang ein Einzelstrang aus Nucleotiden verstanden, auf dem ein Primer hergestellt werden kann, der erst nach Abtrennung vom Template zur Sequenzierung eines DNA-Stranges eingesetzt wird.
Shortmer: Unter Shortmers werden Oligonucleotide verstanden, die sich zu einem Primer ligieren lassen; vgl. EP-B-89 906 358.0.
Erfindungsgemäß wird also das Verbinden bzw. die Ligation der Shortmers nach dem Shortmer-Konzept auf Te platen durchgeführt, wobei die Templates zu den eingesetzten Shortmers zumindest teilweise komplementär sind. Bei den Templaten kann es sich um kurze Stränge handeln, die synthetisch aus Nucleotiden hergestellt worden sind. Es ist selbstverständlich, daß für diese Synthesen nicht nur die vier Nucleotid-Bausteine für A, C, G und T herangezogen werden können, aus denen sich natürliche DNA aufbaut, sondern auch Derivate, sofern eine zumindest teilweise Komplementarität zu den Shortmers gegeben ist . Zum Stand der Technik sei verwiesen auf DE-A-3 501 306, FR-A-2 490 505, US-A-4 988 617, WO-A-86/06 413, WO-A-91/09 623 und WO-A- 91/17 239. Zur Herstellung eines derivatisierten oder degenerierten Templates kann man beispielsweise an die Verwendung von Inosin oder an eine Mischung der vier Nucleotid- Bausteine A, C, G und T zum Einbau an einundderselben Template- Position denken.
Entsprechend kann es sich bei den Shortmers um kurze Stränge handeln, die synthetisch aus Nucleotiden hergestellt worden sind. Wiederum ist es selbstverständlich, daß für diese Synthe¬ sen nicht nur die vier Nucleotid-Bausteine für A, C, G und T
herangezogen werden können, aus denen sich natürliche DNA auf¬ baut, sondern auch Derivate, sofern eine zumindest teilweise Komplementarität zum Template gegeben ist . Die vorstehend für Templates gemachten Ausführungen gelten entsprechend.
Erfindungsgemäß und entsprechend dem Stand der Technik kann einer der Nukleotid-Bausteine auch markiert sein, beispielsweise radioaktiv oder fluoreszierend, insbesondere für das 3 ' -Ende oder das 5 '-Ende.
Erfindungsgemäß kann einer der Nucleotid-Bausteine auch einen Rest zur erleichterten Template-Abtrennung tragen, z. B. einen Biotinrest .
Erfindungsgemäß kann ferner an mindesten einer Stelle eines Tem¬ plates ein modifizierter Nucleotid-Baustein mit ausschließlicher Komplementarität vorgesehen sein, um beispielsweise die Ab- schmelztemperatur gebildeter Primer zu erhöhen.
Erfindungsgemäß kann das erste Shortmer auch an fester Phase vorgegeben werden. Bei der vorstehend angesprochenen Stufe (b) werden dann das Template und der oder die weiteren Shortmers ab¬ getrennt, die nicht an fester Phase vorgegeben wurden.
Erfindungsgemäß kann die Anzahl der Nucleotide des Templates bis um etwa die Anzahl der Nucleotide eines der eingesetzten Short¬ mers kleiner oder bis um etwa die Anzahl der Nucleotide eines der eingesetzten Shortmers größer sein als die Gesamtzahl der Nucleotide aller eingesetzten Shortmers.
Erfindungsgemäß kann die Anzahl der Nucleotide des Templates etwa der Gesamtzahl der Nucleotide aller eingesetzten Shortmers entsprechen.
Erfindungsgemäß wird man vorzugsweise als Shortmers 6-mere, 7- mere, 8-mere und/oder 9-mere verwenden.
Vorzugsweise setzt man erfindungsgemäß zwei Shortmers ein, wobei die Anzahl der Nucleotide des Templates 8 bis 18 betragen kann.
Erfindungsgemäß kann man zwei Shortmers
(a) aus einer Bank von 6-meren und/oder 7-meren und/oder
(b) aus einer Bank von 8-meren und/oder 9-meren verwenden und bei (a) bzw. (b) ein 8-meres oder 9-meres aus einer Bank gemäß
(b) als Template einsetzen.
Sofern man ein 5-meres als Shortmer für die Primerbildung heran¬ zieht, ist es vorteilhaft, das 5-mere mit mindestens einem Shortmer aus der Gruppe der 7-mere, 8-mere oder 9-mere zu verwenden.
So bietet das erfindungsgemäße Verfahren den Vorteil, daß man in eine Sequenzierung so viel vom Ligationsprodukt einsetzen kann, daß sich ein günstiger Primerüberschuß ergibt, also ein Verhält¬ nis Primer: zu sequenzierender DNA-Strang ≥ 1:1.
Gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung wird eine Bank (Bibliothek) von Templates vorgesehen, die für die Herstel¬ lung von Primern für eine konsekutive DNA-Sequenzierung geeignet sind,
- wobei man zur Primer-Herstellung zwei, drei, vier oder mehr Shortmers in Nachbarschaft zueinander mit einem Template der Bank hybridisiert,
- danach die hybridisierten Shortmers zum Primer ligiert und
- danach den gebildeten Primer von Template und von unumgesetz- ten Shortmers abtrennt und gewinnt, wobei bei mindestens einem Template bis allen Templates der Bank mindestens ein bis maximal alle Nucleotide eine ähnliche Komple¬ mentarität für mindestens zwei der vier natürlichen Nucleotid- Basen besitzen, und zwar mit der Maßgabe, daß die Gesamtzahl aller denkbar bzw. theoretisch möglichen Templates der Bank die Gesamtzahl aller für die Primer-Herstellung denkbar möglichen Shortmers praktisch nicht übersteigt.
Um das Shortmer-Konzept nicht ad absurdum zu führen, soll erfin¬ dungsgemäß nicht für jedes Shortmer-Paar bzw. jede Shortmer-Kom- bination ein kurzes Template vorgesehen werden. Vielmehr wird die Komplexität der Herstellung kurzer Templates dadurch gemin¬ dert, daß bei einer erfindungsgemäßen Bank bei einem, mehreren oder allen Templates an jeweils einer Position oder an einzelnen ihrer Positionen Nucleotide eingebaut sind, die eine ähnliche Komplementarität zu mindestens zwei der vier natürlichen Basen besitzen. Gemäß einer speziellen Ausführungsform der Erfindung kann man dafür Inosin als Nucleotid mit einer ähnlichen Komple¬ mentarität für mindestens zwei der vier natürlichen Nucleotid- Basen vorsehen.
Eine erfindungsgemäße Bank kann bis zu 4J 10-, 11-, 12-, 13-, 14-, 15-, 16-, 17- oder 18-mere umfassen. Erfindungsgemäß zählen dazu auch solche Oligomere, die bis zu 18 Nukleotide umfassen, die Watson-Cricksche Basenpaare mit den Shortmers ausbilden kön¬ nen.
Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe wird ferner gemäß einer weiteren Ausführungsform durch eine Bank (Bibliothek) von Templates gelöst, die für die Herstellung von Primern für eine konsekutive DNA-Sequenzierung geeignet sind,
- wobei man zur Primer-Herstellung zwei, drei, vier oder mehr Shortmers in Nachbarschaft zueinander mit einem Template der Bank hybridisiert,
- danach die hybridisierten Shortmers zum Primer ligiert und
- danach den gebildeten Primer vom Template und von unumgesetz- ten Shortmers abtrennt und gewinnt, wobei die Bank ein Gemisch bis mehrere Gemische von Templates umfaßt, wobei an einer oder an mehreren Positionen der Templates eines Gemischs jeweils zwei bis vier verschiedene, zu den vier natürlichen Basen komplementäre Basen vorgesehen sind, und zwar mit der Maßgabe., daß die Gesamtzahl aller denkbar möglichen Tem¬ plate-Gemische einschließlich nicht im Gemisch vorliegender Tem¬ plates der Bank die Gesamtzahl aller für die Primer-Herstellung denkbar möglichen Shortmers praktisch nicht übersteigt.
Wiederum gilt, daß nicht für jedes Shortmer-Paar bzw. jede Shortmer-Kombination ein kurzes Template vorgesehen wird, so daß das Shortmer-Konzept nicht ad absurdum geführt wird. Vielmehr wird die Komplexität der Herstellung kurzer Templates bei dieser Ausführungsform dadurch reduziert, daß man bei einem Template einer vorgegebenen Länge bzw. Anzahl von Nukleotid-Bausteinen an einzelnen Template-Positionen mehr als ein Nucleotid einbaut.
So kann eine erfindungsgemäße Bank (Bibliothek) bis zu 49 Gemi¬ sche von 10-, 11-, 12-, 13-, 14-, 15-, 16-, 17- oder 18-meren einschließlich nicht im Gemisch vorliegender 10-, 11-, 12-, 13-, 14-, 15-, 16-, 17- bzw. 18-mere umfassen. Erfindungsgemäß zählen dazu auch solche Oligomere, die bis zu 18 Nukleotide umfassen, die Watson-Cricksche Basenpaare mit den Shortmers ausbilden kön¬ nen.
Die vorstehend zum Verfahren gemachten Ausführungen zu Templates mit derivatisierten, markierten oder Reste tragenden Bausteinen, die die Abtrennung erleichtern, gelten entsprechend. Sofern das erste Shortmer an fester Phase vorgegeben wird, gilt wiederum, daß bei der Trennung von Primer, Template und unumgesetzten Shortmers der oder die weiteren Shortmers abgetrennt werden, die nicht an fester Phase vorgegeben wurden.
Nachstehend wird die Erfindung durch ein Experiment mit 3 Anla¬ gen und 8 Figuren näher erläutert.
Shortmer-Experiment
Im Experiment verwendete Oligonucleotide (I = Inosin)
F-Oligo 5 ' F-AAAACGAC 3 ' P-Oligo 5' P-GGCCAGTG 3 • B-Oligo 5' B-IIIIGGCCGTCGIIII 3' K-Oligo 5' F-CGACGTTGTAAAACGACGGCCAGT 3'
In einem typischen Experiment wurden 2,2 μl (220 pMol) einer Lösung eines 5 ' -Fluorescein-markierten Oktanucleotids (F-Oligo) mit 4,1 μl (220 pMol) einer Lösung eines 5 ' -phosphorylierten Oligonucleotids (P-Oligo) und mit 1,5 μl (150 pMol) eines 5'- Biotin-markierten Oligonucleotids (B-Oligo) sowie mit 4,2 μl T4- DNA-Ligase-Puffer (Gibco) und mit 4 μl ATP-Lösung (10 mM) in einem 0,5 ml Reaktionsgefäß kombiniert. Das Gefäß mit dem ge¬ mischten Komponenten wurde in einem programmierbaren Temperier¬ block innerhalb von 2 min auf 80 °C erhitzt, für 2 min bei die¬ ser Temperatur gehalten und dann innerhalb von 20 min auf 10 °C abgekühlt. Zum Start der Ligationsreaktion wurde die Lösung mit 4 μl T4-DNA-Ligase (4 Einheiten; Gibco) versetzt und für weitere 2 h bei 10 °C gehalten. Danach wurde die Lösung mit 20 μl Stopp- Mix (Pharmacia) versetzt.
Zur analytischen Kontrolle wurden 3 μl einer wässrigen Verdün¬ nung (1 ad 1000) der obigen Endlösung mit 3 μl Stopp-Mix ver¬ setzt und einer Gelelektrophorese auf einem 18-proz. denaturie¬ renden Polyacrylamidgel in einem kommerziellen "DNA-Sequencer" (A.L.F.; Pharmacia) unterworfen (1500 V, 50 °C, 34 W, 38 mA, 180 min) . Die automatisch gesammelten Rohdaten wurden mit dem Pro¬ gramm "Fragment Manager" (Pharmacia) hinsichtlich der Ligations- ausbeute ausgewertet (Anlage 1) .
20 μl der obigen Ligationsendlösung wurden mit 5 μl Wasser und dann mit 100 μl einer frisch aufgewirbelten Suspension von
Dynabeads M-280 Streptavidin (Dynal) versetzt und für 15 min bei Raumtemperatur geschüttelt. Mit Hilfe eines Magneten wurden die Phasen getrennt. Die flüssige Phase wurde in ein anderes Reak¬ tionsgefäß überführt. Danach wurde die flüssige Phase wie oben beschrieben einer analytischen Kontrolle unterworfen (Anlage 2) . Die feste Phase wurde in 10 μl 0,1 N NaOH suspendiert und für 15 min bei Raumtemperatur geschüttelt. Die Phasen wurden mit Hilfe eines Magneten erneut getrennt. Die flüssige Phase wurde durch Zugabe von maximal 10 μl 0,1 N HCl neutralisiert. Die knapp 20 μl Lösung enthielten in mehreren Versuchen etwa 60 bis 90 % der theoretisch erreichbaren 75 pMol ligierten und 5' -Fluorescein- markierten Primers. Die Lösung wurde wie oben beschrieben einer analytischen Kontrolle unterworfen (Anlage 3) .
Der ligierte Primer wurde nach kommerziell erhältlichen Proto¬ kollen in DNA-Sequenzanalysen eingesetzt.
In einem Parallelexperiment wurde mit einem kommerziell erhält¬ lichem und um acht Basen längeren Primer (K-Oligo) gearbeitet. Die Leseweiten mit ligiertem Primer erreichten je nach Reinheit der eingesetzten Shortmers in mehreren Experimenten 80 bis 100 % der Leseweiten mit einem kommerziellen Primer (Figuren 1 bis 8) .