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Die Erfindung betrifft eine Retentionsanordnung für den Rückhalt von Niederschlagswasser, insbesondere bei Starkregenereignissen in urbanen, stark verdichteten Bebauungsgebieten. Darüber hinaus betrifft die vorliegende Erfindung ein Bauwerk, wie Wohn- oder Geschäftsgebäude, eine Industriehalle, eine Schallschutzwand, eine Brücke oder dergleichen, mit wenigstens einer mit dem Bauwerk verbundenen oder freistehenden Retentionsanordnung.
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Das technische Anwendungsgebiet der Erfindung liegt in der Bautechnik, speziell im Bereich der Fassadenflächen von Bauwerken, wobei der Begriff "Bauwerk" im Sinne der Erfindung breit auszulegen ist und unter den Begriff insbesondere Wohn- oder Geschäftsgebäude, Industriehallen, Schallschutzwände, Brücken oder dergleichen verstanden werden.
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Maßnahmen zur Rückhaltung von Regenwasser und Schutz vor Überschwemmungen rücken vermerkt ins Blickfeld von Architektur, Stadtplanung und Bauenden, da Extremereignisse - wie Starkregen und Überflutung - in der Folge des Klimawandels häufiger auftreten.
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Besonders die Städte sind hierbei von zentraler Bedeutung. Durch die zunehmende Urbanisierung sind diese durch eine hohe bauliche Dichte und einen hohen Versiegelungsgrad gekennzeichnet. Der hohe Versiegelungsgrad, das geringe Versickerungspotenzial und die zunehmende Bodenverdichtung verstärken die Folgen von Starkregenereignissen.
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Im Bereich der Regenwasserrückhaltung existieren aus dem Stand der Technik verschiedene Maßnahmen. Zum einen betrifft dies die Entsiegelung von Flächen, oberirdische oder unterirdische Versickerungsmaßnahmen, oberirdische Rückhaltung (in offenen Wasserflächen, Gräben, Rückhaltebecken, auf Dächern etc.), unterirdische Rückhaltung (in Zisternen, Rigolen etc.) oder auch temporärer Rückhalt auf Verkehrsflächen, auf Grünflächen und durch Dachbegrünung und Baumpflanzungen. Hinzu kommen direkte Gebäudeschutzmaßnahmen, wie ein Kanalrücklaufschutz oder Abdichtungen. Auf diese Weise werden unterschiedliche Wirkungen erzielt. Zum einen wird Wassereintritt vermieden. Zum anderen wird das Versickern von Wasser vereinfacht, Wasser verzögert eingeleitet oder Wasser umgelenkt.
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Dachbegrünungen und Retentionsdächer werden im urbanen Raum vermehrt eingesetzt, letztere sind dabei vorrangig auf den Rückhalt von Regenwasser ausgerichtet. Beim zu erzielenden Wasserrückhalt bilden Substrattiefe sowie die Ausprägung der Dränageschicht von Retentionsdächern einflussreiche Faktoren. So kann das Wasser auf langen Wegen umgeleitet und eine Verzögerung des Abflusses erreicht werden. Viele Bestandsgebäude sind aufgrund statischer Anforderungen nicht für eine Retentionsdach geeignet, denn mit steigender Wasserspeicherkapazität steigt auch das Gesamtgewicht. Als grobe Näherung liegt das Gesamtgewicht extensiver Gründächer bei ca. 50 bis 70 kg/m2, intensivbegrünte Dachgärten können über 1.000 kg/m2 erreichen. Bei Starkregenereignissen sind Gründächer in Bezug auf das Rückhaltevermögen ein Baustein eines optimierten urbanen Regenwassermanagementsystems, können aber an ihre Grenzen stoßen, da die prozentuale Regenrückhaltung mit zunehmender Niederschlagsintensität abnimmt und der zusätzliche Niederschlag in der Folge direkt und ohne Verzögerung weitergeleitet wird.
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Im Bereich der Stadtplanung und -entwicklung werden weltweit innovative Entwässerungskonzepte entwickelt. Bei diesen Konzepten steht die Versickerung und Ableitung von Niederschlagswasser im Zentrum der Maßnahmen. Spiel-, Sport- und andere öffentliche Plätze werden als höhengestaffelte Flächen geplant. Indem die Flächen tiefer gelegt und das Gefälle angepasst werden, dienen sie als temporäre Wasserbecken.
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Solche Maßnahmen erfordern meist komplexe und aufwendige Baumaßnahmen. Größere Flächen müssen umgestaltet und Straßen einbezogen werden. Der Handlungsspielraum bezieht sich dabei meist auf öffentliche Flächen, der private Grund kann bei den Maßnahmen kaum in die Planungen integriert werden.
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Maßnahmen zum Regenwasserrückhalt an Fassadenflächen können auch in vertikalen Begrünungskonzepten gesehen werden, da Pflanzen und Substrate Regenwasser aufnehmen und/oder für die Bewässerung nutzen. Bei diesen vertikal installierten Gärten findet ein Regenwasserrückhalt jedoch nur begleitend und in untergeordnetem Umfang statt. Großflächige Fassadengärten sind aufgrund des hohen Installations- und Pflegeaufwands zudem nur vereinzelt zu finden und sind dann aufgrund ihres hohen Eigengewichts zum Regenwasserrückhalt nicht geeignet.
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Solche vertikalen Gärten werden meist nur in Form von Einzelprojekten als Kunst- oder Werbeobjekt installiert.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine Retentionsanordnung und ein Bauwerk, insbesondere ein Gebäude, mit einer solchen Retentionsanordnung zur Verfügung zu stellen, die in konstruktiv einfacher Weise und bei geringen Kosten dazu beitragen können, die Folgen von Starkregenereignissen durch Wasseraufnahme und -speicherung abzuschwächen, wobei, vorzugsweise, die Retentionsanordnung das Potenzial für ökonomische Massenfertigung bieten und in unterschiedlichen bautechnischen Bereichen einsetzbar sein soll. Die Retentionsstruktur soll insbesondere für eine industrielle Umsetzung der Nutzung von Fassadenflächen von Gebäuden und anderen Bauwerken zum Regenwasserrückhalt einsetzbar und geeignet sein. Wasseraufnahme und -speicherung sollen vorzugsweise ohne weitere Zusatzeinrichtungen, umgebende Abdichtungen oder Einhausungen realisierbar sein. Zudem soll die Retentionsanordnung neben der Wasseraufnahme und -speicherung gegebenenfalls auch zur Wassergewinnung und/oder Wasserableitung ausgestaltet und einsetzbar sein. Durch den Einsatz der erfindungsgemäßen Retentionsanordnung soll sich vorzugsweise das Mikroklima von Bauwerken positiv beeinflussen lassen, wobei insbesondere eine Befeuchtung und Kühlung der Bauwerke in einfacher Weise möglich sein sollen.
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Die vorgenannten Aufgaben werden erfindungsgemäß durch eine Retentionsanordnung mit den Merkmalen von Anspruch 1 und durch ein Bauwerk mit den Merkmalen von Anspruch 14 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Die erfindungsgemäße Retentionsanordnung weist ein poröses und saugfähiges und/oder quellfähiges Wasserspeichermaterial auf, wobei die Retentionsanordnung eine insbesondere vertikale Retentionsfassade und/oder eine insbesondere vertikale Retentionswand eines Bauwerks, wie eines Wohn- oder Geschäftsgebäudes, einer Industriehalle oder Schallschutzwand oder Brücke oder dergleichen, bildet oder als freistehendes im wesentlichen vertikales Retentionsbauwerk ausgebildet ist, beispielsweise in der Art eines (skulpturalen) Wasserturms, insbesondere mit einem Verhältnis von umhüllender Oberfläche zu Volumen von kleiner als 5,0, vorzugsweise von kleiner als 2,5.
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Die Retentionsanordnung ist erfindungsgemäß an eine Gebäudeanordnung angeschlossen zur Ableitung von Niederschlagswassern von wenigstens einer Dach- und/oder Fassadenfläche der Gebäudeanordnung zur Retentionsanordnung und zur zumindest temporären Speicherung von abgeleiteten Niederschlagswasser in der Retentionsanordnung. Hierbei kann die Retentionsanordnung eine Retentionsfassade des Bauwerks bilden, von dessen Dach- und/oder Fassadenfläche Niederschlagswasser zur Retentionsanordnung geleitet wird. Es ist aber auch möglich, dass die Retentionsanordnung Niederschlagswasser von anderen benachbarten Bauwerken, wie Wohn- oder Geschäftsgebäuden, Industriehallen, Schallschutzwänden oder Brücken oder dergleichen, über eine entsprechende Leitungsführung empfängt. Die Retentionsanordnung ist dazu fluidisch mit der Gebäudeanordnung verbunden, insbesondere über entsprechende wasserführende Zu- und/oder Ableitungen.
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Erfindungsgemäß ist die Retentionsanordnung eingerichtet und ausgebildet zur Einspeisung von Niederschlagswasser. Unter dem Begriff "eingerichtet und ausgebildet" ist insbesondere eine gerichtete und/oder erzwungene Zuleitung, vorzugsweise eine gesteuerte und/oder geregelte Zuleitung, von Niederschlagswasser zu verstehen. Es kann eine Steuer- und/oder Regelungseinrichtung zur gesteuerten und/oder geregelten automatischen Veränderung der Wassermenge vorgesehen sein, die bei Starkregenereignissen der Retentionsanordnung zugeleitet wird. Die erfindungsgemäße Retentionsanordnung ist damit zu unterscheiden von solchen vertikalen Anordnungen mit wasserspeicherndem Material, wie beispielsweise Wandbegrünungen, bei denen es zufällig zur Einlagerung von Regenwasser in die Anordnung kommen kann, diese Anordnungen aber vorrangig anderen Zwecken dienen, wie beispielsweise der Gebäudebegrünung. Für eine Zuleitung von Niederschlagswasser weist die erfindungsgemäße Retentionsanordnung wenigstens eine technische Einrichtung auf, die zur gerichteten und/oder erzwungenen und/oder gesteuerten und/oder geregelten Zufuhr von Niederschlagswasser an und/oder in die Retentionsanordnung ausgebildet ist.
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Erfindungswesentlich ist, dass die Retentionsanordnung zur Wasseraufnahme und Wasserspeicherung einer bestimmten Mindestwassermenge ausgebildet und eingerichtet ist. Da die Erfindung den Rückhalt von Niederschlagswasser bei Starkregenereignissen betrifft, muss die Retentionsanordnung eine ausreichend große Wassermenge aufnehmen können, und zwar bezogen auf eine bestimmte Dauer des Starkregenereignisses und eine bestimmte Grundfläche der Gebäudeanordnung, über deren Dach- und/oder Fassadenflächen Wasser bei einem Regenereignis an die Retentionsanordnung abgeleitet und von der Retentionsanordnung aufgenommen werden soll. Um Starkregenereignisse aufzufangen bzw. abzumildern, schlägt die Erfindung eine Retentionsanordnung zur Wasseraufnahme und Wasserspeicherung einer auf die Grundfläche der Gebäudeanordnung und eine Niederschlagsdauer bezogenen Mindestwassermenge von 10 l/(m2h) bis 50 l/(m2h), bevorzugt von 15 l/(m2h) bis 40 l/(m2h),vor, bei einer Grundfläche der Gebäudeanordnung von wenigstens 50 m2, insbesondere von wenigstens 100 m2, besonders bevorzugt von wenigstens 200 m2, und bei einer Niederschlagsdauer von wenigstens 0,25 h, weiter bevorzugt von wenigstens 0,5 h, besonders bevorzugt von 0,75 h. Beträgt die aufzunehmende Mindestwassermenge beispielsweise 10 l/(m2h), resultiert daraus bei einer Grundfläche der Gebäudeanordnung von 50 m2 und einer Niederschlagsdauer von 0,25 h eine absolute Wassermenge von 125 I. Die Retentionsanordnung muss bei dem zuletzt beschriebenen Beispiel also wenigstens dazu ausgebildet und eingerichtet sein, bei einer Regenmenge von 10 l/(m2h) für eine Gebäudeanordnung mit einer Grundfläche von 50 m2 eine Regenmenge von 125 I zu speichern. Bei einer größeren Grundfläche der Gebäudeanordnung ist entsprechend ein größeres Speichervolumen der Retentionsanordnung vorauszusetzen. Die erfindungsgemäß angegebene Mindestwassermenge ist somit stets bezogen auf eine Mindestgrundfläche der Gebäudeanordnung und eine Mindestniederschlagsdauer, um sicherzustellen, dass das Ziel der Abschwächung der Folge von Starkregenereignissen durch Wasseraufnahme- und -speicherung in der erfindungsgemäßen Retentionsanordnung erreicht werden kann.
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Unter der "Grundfläche" der Gebäudeanordnung ist die überbaute Fläche des Bodens, auf dem die Gebäudeanordnung steht, zu verstehen, und zwar in einer Ansicht von oben, was Dachüberstände, Vordächer oder dergleichen der Gebäudeanordnung einschließt. Die Grundfläche wird erfindungsgemäß durch die Konturlinie des Gebäudes in einer Draufsicht von oben begrenzt.
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Bei einem Gebäude mit einer Grundfläche von beispielweise 120 m2 kann damit das Mindestspeichervolumen der erfindungsgemäßen Retentionsanordnung beispielweise zwischen 300 I bis 3000 I, vorzugsweise zwischen 450 I bis 2400 I, betragen. Das Mindestspeichervolumen kann jedoch auch größer sein.
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Besonders bevorzugt ist die erfindungsgemäße Retentionsanordnung zur Wasseraufnahme und Wasserspeicherung eines Mehrfachen der Mindestspeichermenge ausgebildet.
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Weiter sieht die Erfindung vor, dass die Retentionsanordnung ausgebildet und eingerichtet ist zur Wasseraufnahme von 0,1 bis wenigstens 2,0 kg
Wasser/(kg
WSM,tr.min), vorzugsweise von 0,25 bis wenigstens 1,5 kg
Wasser/(kg
WSM,tr.min), besonders bevorzugt von 0,5 bis wenigstens 1,0 kg
Wasser/(kg
WSM,tr.min),
mit:
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Die Masse des trockenen Wasserspeichermaterials bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die Masse nach Trocknung des Wasserspeichermaterials bei 105 °C für 24 Stunden.
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Die Bestimmung der Wasseraufnahmekinetik (FSC-Wert, "Free Swelling Capacity") kann nach der Methode der Bestimmung der Wasseraufnahme bei freier Quellung im Flüssigkeitsüberschuss erfolgen. Hierbei kann eine Vorbehandlung des Wasserspeichermaterials durch Trocknung bei 105 °C für 24 Stunden vorgesehen sein. Eine definierte trockene Menge des Wasserspeichermaterials, beispielsweise 10 g, wird in einen verschweißbaren Teebeutel eingebracht. Die Probe wird in Wasser von 20 °C eingetaucht und nach definierten Zeiten, 1, 2, 5, 10, 30, 60 Minuten entnommen und das Probengewicht jeweils bestimmt. Die Wasseraufnahme wird angegeben als relative Massenzunahme korrigiert um das Gewicht des feuchten Teebeutels, wobei die relative Massenzunahme in [%] dem Verhältnis der Masse des Wasserspeichermaterials nach der Wasseraufnahme zur Masse des trockenen Wasserspeichermaterials in Prozent entspricht, d.h. eine relative Massenzunahme von 100 % entspricht einer Verdoppelung der trockenen Masse des Wasserspeichermaterials. Zur Ermittlung der Aufnahmekinetik wird im Bereich von 0 bis 5 Minuten die Aufnahme als linear angenommen.
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Die Kinetik der Wasseraufnahme bestimmt die Fähigkeit der Retentionsanordnung, in einem bestimmten Zeitraum eine ausreichend große Wassermenge aufzunehmen und einzuspeichern. Die erfindungsgemäße Retentionsanordnung ist dazu eingerichtet und ausgebildet, große Wassermengen schnell aufzunehmen und damit die Folgen von Starkregenereignissen zumindest abzuschwächen. Damit unterscheidet sich die erfindungsgemäße Retentionsanordnung von aus dem Stand der Technik bekannten Gebäudewänden und Fassaden, die beispielweise aus Kalksandsteinmaterialien bestehen und somit zwar grundsätzlich ein gewisses Wasserspeichervermögen aufweisen. Diese bekannten Gebäudewände und Fassaden sind jedoch nicht zur Aufnahme großer Wassermengen in kurzer Zeitdauer eingerichtet und ausgebildet, so dass es bei Starkregenereignissen zum Abfließen der Starkregenmengen von solchen Gebäudewänden und Fassaden kommt, ohne Starkregenereignisse abzumildern.
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Besonders bevorzugt kann die erfindungsgemäße Retentionsanordnung eingerichtet und ausgebildet sein zur Aufnahme und Speicherung einer Wassermenge von wenigstens 2 l/m2, vorzugsweise wenigstens 3 l/m2, weiter vorzugsweise wenigstens 4 l/m2, bezogen auf eine Dach- und/oder Bauwerksfläche des Bauwerks.
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Bezogen auf die Außenfläche bzw. Außenhaut der Retentionsanordnung kann das Wasserspeichervermögen der Retentionsanordnung wenigstens 8 l/m2, bevorzugt wenigstens 10 l/m2, besonders bevorzugt wenigstens 12 l/m2, betragen.
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Erfindungsgemäß kann an und/oder in der Retentionsanordnung wenigstens eine Einspeise- und/oder Austrittsöffnung, Kaverne, wasserleitende Struktur zur Einleitung, Wasserleitung und -verteilung und/oder Ausschleusung von Niederschlagswasser, insbesondere in einem dachflächennahen und/oder in einem bodennahen Bereich der Retentionsstruktur vorgesehen sein. Damit lässt sich die erfindungsgemäße Retentionsanordnung neben der Wasserspeicherung und dem Wasserrückhalt auch zur Gewinnung von Brauchwasser einsetzen und ist dann vorzugsweise an ein Leitungswassernetz und/oder einen Sammelbehälter angeschlossen bzw. anschließbar.
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Mit der Erfindung werden erstmals Retentionsfassaden und/oder Retentionswände oder auch freistehende, beispielsweise skulptural ausgebildete, Raumgebilde als vertikale Wasserspeicher für Niederschlagswasser bei Starkregenereignissen, insbesondere in urbanen Räumen, vorgeschlagen. Die erfindungsgemäße Retentionsanordnung ermöglicht es, einen Wasserrückhalt an Fassadenflächen von Gebäuden oder auch angrenzend an solche Fassadenflächen zur Wasseraufnahme und Speicherung von Niederschlagswasser bei im Vergleich zur vertikalen Wasserrückhaltekonzepten, wie Dachbegrünungen, geringem Installations- und Pflegeaufwand sowie geringen Kosten zu realisieren.
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Mit der Erfindung erzeugte Verbesserungen und Vorteile gegenüber dem Stand der Technik betreffen insbesondere die Erschließung noch ungenutzter Flächen im Bereich der Regenwasserrückhaltung zur Reduzierung der Folgen von Starkregenereignissen, wie Überschwemmungen, Überlastung des Kanalsystems oder dergleichen. Zudem kann die erfindungsgemäße Lösung zur Entzerrung der innerstädtischen Konkurrenz bezüglich des Platzbedarfs zwischen Wohnungsbau und Klimaanpassungsmaßnahmen beitragen. Eine wirtschaftlich industrielle Herstellung der Retentionsanordnung ist grundsätzlich möglich. Die Retentionsanordnung lässt sich im Bereich von Neubaumaßnahmen und bei Bestandsänderungen anwenden. Bei geeigneter Ausgestaltung der Retentionsanordnung können gute statische Eigenschaften erreicht werden, die einen Aufbau der Retentionsanordnung in Modulbauweise, beispielsweise bei vorhängten Fassaden, oder in Form eigenständiger Wandkörper oder als freistehende Elemente bzw. Retentionsskulpturen zulassen. Durch Einsatz geeigneter Werkstoffe lässt sich vorteilhaft Einfluss auf das urbane Mikroklima nehmen und es wird zugleich die Möglichkeit einer extensiven Begrünung eröffnet. Gleichzeitig kann die Retentionsstruktur bautechnische und baurechtliche Anforderungen erfüllen.
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Insbesondere ermöglicht die Retentionsstruktur die Wasseraufnahme und -speicherung unabhängig von einer Wasserspeicherung in tankähnlichen Behältnissen innerhalb der Retentionswand, wobei das Wasseraufnahme und -speichervermögen der Retentionsstruktur zumindest im Wesentlichen oder auch vollständig von dem verwendeten Wasserspeichermaterial und dessen Mengenanteil an der Gesamtmenge der Retentionsstruktur abhängt. Eine Wasserspeicherung in tankähnlichen Behältnissen zusätzlich zur Wasseraufnahme und Speicherung im Wasserspeichermaterial der Retentionsstruktur ist aber nicht ausgeschlossen.
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Im Übrigen kann die Retentionsstruktur frei von Pflanzsubstraten und im Übrigen unbesetzt mit Pflanzen bzw. unbepflanzt sein. Wie oben dargelegt, ist die Verwendung der Retentionsstruktur aber auch als weitere nebengeordnete Funktionalität als insbesondere vertikales Begrünungskonzept möglich, wobei hierzu dann entsprechende Bereiche der Retentionsstruktur zur Aufnahme von Pflanzen und zur Nährstoffversorgung der Pflanzen vorgesehen sein können.
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Besonders bevorzugt sieht die Erfindung einen unmittelbaren oder mittelbaren Anschluss der erfindungsgemäßen Retentionsanordnung an ein Dach- und/oder Gebäudeentwässerungssystem mit entsprechenden Sammel- und Leitungseinrichtungen für Niederschlagswasser vor, so dass im Bereich des Gebäudedaches und/oder der Gebäudefassade anfallendes Niederschlagswasser erfasst und zur Retentionsanordnung abgeleitet werden kann.
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Es kann darüber hinaus und/oder alternativ auch ein mittelbarer Anschluss der erfindungsgemäßen Retentionsanordnung an einen Speicherbehälter vorgesehen sein, in dem Niederschlagswasser, das über Dach- und/oder Gebäudeflächen anfällt, gesammelt wird. Der Speicherbehälter ist dann mit dem Dach- und/oder Gebäudeentwässerungssystem verbunden und kann an beliebiger Stelle, auch beabstandet vom Gebäude, angeordnet sein. Eine Zuleitung von Niederschlagswasser aus dem Speicherbehälter zur erfindungsgemäßen Retentionsanordnung kann dann insbesondere über eine Pumpe oder auch über Dochtstrukturen mit Kapillarwirkung erfolgen.
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Auch ein Anschluss der erfindungsgemäßen Retentionsanordnung an ein Sammelbehältnis unter Normalniveau, beispielsweise an unterirdische Tanks oder an eine Sickergrube, oder auch an sonstige Niederschlagsrückhalte- und/oder - sammelbecken ist möglich. Auch eine Verwendung der Retentionsanordnung zum Hochwasserschutz ist nicht ausgeschlossen, wobei die Retentionsanordnung ausbildet und eingerichtet sein kann, um Wasser vom Untergrund anzusaugen und/oder Hochwasser zu speichern. Die Zuleitung von Hochwasser zur Retentionsanordnung kann beispielsweise über Pumpen und/oder Dochtstrukturen mit Kapillarwirkung erfolgen.
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Darüber hinaus kann die Retentionseinrichtung eingesetzt werden zur Wasserspeicherung in ariden Gebieten.
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Zudem kann die erfindungsgemäße Retentionsanordnung eingerichtet und ausgebildet sein zur Einspeisung von Leitungswasser aus einem Leitungswassernetz.
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Das erfindungsgemäße Bauwerk, wie Wohn- oder Geschäftsgebäude, Industriehalle, Schallschutzwand, Brücke oder dergleichen, weist wenigstens eine mit dem Bauwerk verbundene oder freistehende Retentionsanordnung der erfindungsgemäßen Art auf, wobei, vorzugsweise, die Retentionsanordnung an eine Niederschlagssammelfläche des Bauwerks, insbesondere an eine Dach- und/oder Gebäudeentwässerung des Bauwerks, und/oder an ein Leitungswassernetz angeschlossen und/oder anschließbar ist.
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Darüber hinaus ist es möglich, dass die Retentionsanordnung bzw. das Bauwerk an einen externen Wasserspeicher, d.h. einen vom Bauwerk getrennten Wasserspeicher, angeschlossen und/oder anschließbar ist.
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Weiter vorzugsweise ist die Retentionsanordnung fest mit dem Bauwerk verbunden und/oder bildet einen insbesondere tragenden Teil des Bauwerks.
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Die erfindungsgemäße Retentionsanordnung kann auf wenigstens einer Bauwerksseite, vorzugsweise auf wenigstens zwei gegenüberliegenden Bauwerksseiten, insbesondere bei im Bauwerkverband angeordneten Bauwerken, wie Reihenhäusern, weiter vorzugsweise auf allen Bauwerksseiten, insbesondere bei freistehenden Bauwerken, wie Einfamilienhäusern, vorgesehen sein.
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Bei einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird wenigstens ein Teil einer Bauwerksfassade durch die Retentionsanordnung gebildet. Die Retentionsanordnung kann einer Bauwerksfassade vorgehängt und/oder vorgelagert sein. Die Retentionsanordnung kann als vorgehängte Fassade, insbesondere in Modulbauweise, mit einer Gebäudewand eines Gebäudes verbunden sein. Damit kann die erfindungsgemäße Retentionsanordnung als so genannte "Retentionsfassade" wenigstens einen Teil der Außenhülle des Bauwerks, insbesondere den überwiegenden Teil, weiter insbesondere die gesamte Außenhülle, bilden. Bei einer "Fassade" im Sinne der Erfindung handelt es sich um die sichtbare Hülle (Gebäudehülle oder Außenhaut) des Bauwerks, wobei Dachflächen und Freiflächen sowie Fensterflächen, Türflächen, Zuleitungen, Ableitungen, Balkone oder dergleichen ausgenommen sind.
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Für eine erfindungsgemäße Retentionsfassade lässt sich ein Retentionsflächenfaktor einführen mit
mit
- m Wasser: zu speichernde Wassermenge [kg]
- F Total: totale (gesamte) Fassadenfläche des Gebäudes [m2]
- S: Stärke/Dicke [m] der Retentionsfassade
- p: Dichte [kg/m3] des trockenen Wasserspeichermaterials der Retentionsfassade
- W SK: Wasserspeicherkapazität [Gew.-%].
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Der Retentionsflächenfaktor gibt an, wieviel der totalen Fassadenfläche als Retentionsfassade ausgeführt sein kann, um einen ausreichenden Regenwasserrückhalt zu ermöglichen.
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Für unterschiedliche Szenarien an Regenmengenanfall, Wasserspeicherkapazität und Stärke der Retentionsfassade kann dann berechnet werden, wieviel Anteil der zur Verfügung stehenden Fassadenfläche als Retentionsfassade ausgeführt werden muss, um das anfallende Wasser komplett zu speichern.
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Die Kinetik ist dabei nicht berücksichtigt. Hier wird davon ausgegangen, dass bei bekannten Wasseraufnahmekoeffizienten des eingesetzten Wasserspeichermaterials und gerichteter und/oder erzwungener Zuleitung die anfallende Menge in der Fassade eingelagert werden kann.
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Wasseraufnahmekoeffizienten bekannter Wasserspeichermaterialien sind beispielsweise in der
EP 2 904 895 B1 beschrieben. Der Offenbarungsgehalt der
EP 2 904 895 B1 wird hiermit in den Offenbarungsgehalt der vorliegenden Erfindungsbeschreibung aufgenommen. Die erfindungsgemäße Lösung ist jedoch nicht auf die in der
EP 2 904 895 B1 beschriebenen Baustoffe und Wasseraufnahmekoeffizienten beschränkt.
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Bei der Berechnung von Szenarien konnte erfindungsgemäß festgestellt werden, dass auch Fassaden von wenigen Zentimeter Stärke geeignet sind, ausreichende Wassermengen aufzunehmen. Das grenzt sich von vertikalen Begrünungskonzepten ab, die eine deutlich größere Mindestdicke zur Aufnahme von Pflanzsubstraten erfordern.
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Die Dicke der Retentionsanordnung beträgt, insbesondere bei einer als Retentionsfassade oder Retentionswand ausgebildeten Retentionsanordnung, vorzugsweise weniger als 15 cm, vorzugsweise weniger als 10 cm, besonders bevorzugt zwischen 2 cm und 5 cm. Damit lässt sich ein ausreichend hohes Wasserspeichervermögen sicherstellen.
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Für einen ausreichenden Regenwasserrückhalt kann es bereits ausreichen, wenn der Flächenanteil der Retentionsfassade an der Gesamtfassadenfläche eines Bauwerks weniger als 15 %, vorzugsweise zwischen 2 % bis 10 %, besonders bevorzugt zwischen 5 % und 8 %, beträgt.
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Die erfindungsgemäße Retentionsanordnung kann selbsttragend sein und/oder als tragende, aussteifende oder nicht-tragende Wand oder als Stützwand eines Bauwerks ausgeführt sein.
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Die Retentionsanordnung kann durch ein oder mehrere Bauelemente gebildet werden oder diese aufweisen, die aus dem Wasserspeichermaterial bestehen und/oder dieses aufweisen können.
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Die Retentionsanordnung kann auch wenigstens ein monolithisches, insbesondere gegossenes, Bauteil aufweisen und/oder durch dieses gebildet sein.
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Die Retentionsanordnung kann weiter durch mehrere miteinander modulartig und vorzugsweise flächenbündig miteinander verbundene Bauelemente gebildet werden, wobei die Bauelemente monolithische Bauteile sein können.
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Besonders bevorzugt kann die erfindungsgemäße Retentionsanordnung als Mauerwerk, insbesondere als Massivwand, aus druckfesten Bauelementen, wie Formsteinen, ausgeführt sein, wobei, vorzugsweise, die Bauelemente aus dem Wasserspeichermedium bestehen und/oder daraus hergestellt sind und/oder dieses aufweisen. Die Dicke der Formsteine und/oder des Mauerwerks kann weniger als 15 cm, vorzugsweise weniger als 10 cm, besonders bevorzugt zwischen 2 cm und 5 cm, betragen. Damit werden eine ausreichend hohe mechanische Tragfähigkeit einerseits und ein ausreichend hohes Wasserspeichervermögen andererseits gewährleistet.
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Vorzugsweise werden Bauelemente aus saugfähigen und flüssigkeitsspeichernden Werkstoffen verwendet, weiter vorzugsweise auf Basis von mineralischen Werkstoffen, wie beispielsweise Kalksandstein. Grundsätzlich sind aber auch Werkstoffe wie Ziegel oder Porenbeton möglich, die dann entsprechend saugfähig und flüssigkeitsspeichernd ausgerüstet und selbsttragend sein sollten. Werden mineralische Werkstoffe, wie beispielsweise Kalksandstein, genutzt, kann durch Wahl einer geeigneten Werkzeuggeometrie, ohne Modifikation des etablierten Herstellungsverfahrens, die Serienfertigung von Bauelementen als Grundmodulen aus Kalksandstein erfolgen. Die einzelnen Kalksandsteine können anschließend in einfacher und bauprozessetablierter Weise zu Wänden und großflächigen Elementen verbaut werden.
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Wenigstens ein Bauteil oder Bauelement der erfindungsgemäßen Retentionsanordnung kann Aussparungen und/oder Lochungen aufweisen, wobei, vorzugsweise, Lochungen als Durchgangsöffnungen ausgebildet sind und sich über die gesamte Höhe oder Breite oder Länge des Bauelements erstrecken. Die Lochungen können der Wasserleitung innerhalb der Retentionsanordnung dienen und im Verbund der Bauteile/Bauelemente der Retentionsanordnung ein Leitungsnetz, insbesondere ein vaskuläres System, für den Wassertransport bilden.
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Der Anteil der Aussparungen, Hohlräume und Lochungen kann zwischen 2,5 Vol.-% und 75 Vol.-%, vorzugsweise zwischen 12,5 Vol.-% und 55 Vol.-%, betragen. Aussparungen, Hohlräume und Lochungen können senkrecht zur Auflagefläche verlaufen und/oder waagerecht zur Auflagefläche. Aussparungen, Hohlräume und Lochungen können rund, viereckig, spitzartig ausgebildet sein und/oder andere Querschnittsgeometrien aufweisen. Im Übrigen können Aussparungen, Hohlräume und Lochungen symmetrisch und/oder unterschiedlich auf der Oberfläche des Bauelements verteilt sein.
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Bei einer alternativen Ausgestaltungsform kann die erfindungsgemäße Retentionsstruktur auch als freistehendes Retentionsbauwerk ausgeführt sein. Ein vorzugsweise eigenständiger freistehender Retentionskörper kann ggf. vor einer Gebäudewand angeordnet sein und mit dieser verbunden oder als insbesondere skulpturales Raumgebilde weiter entfernt von einem Gebäude angeordnet sein und freistehendes Bauwerk bilden, das der Wasserspeicherung dient.
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Bezogen auf ein Bauwerk, über das Niederschlagswasser anfällt und zur erfindungsgemäßen Retentionsanordnung geleitet wird, kann sich die Retentionsanordnung über wenigstens eine Geschosshöhe des Bauwerks, vorzugsweise vom Boden aus nach oben über mehrere Geschosse erstrecken, weiter vorzugsweise über alle Geschosse.
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Das Wasserspeichervermögen der Retentionsanordnung kann pro Geschoss eines Bauwerks mit einer mittleren Geschosshöhe von 3 m dem Mehrfachen einer Niederschlagsmenge bei Starkregenereignissen entsprechen, so dass auch bei starkem Regen ein ausreichend großes Speichervermögen zur Vermeidung von Überschwemmungen und niederschlagsbedingten Schäden zur Verfügung gestellt wird. Beispielsweise kann das Wasserspeichervermögen der Retentionsanordnung pro Geschoss eines Bauwerks mit einer mittleren Geschosshöhe von 3 m dem Mehrfachen einer Niederschlagsmenge von 15 l/m2h bei einer Niederschlagsdauer von 0,25 h bis 0,5 h entspricht, insbesondere dem wenigstens 1-fachen bis 4-fachen, weiter insbesondere dem 1-fachen bis wenigstens 8-fachen. Bei einer Niederschlagsmenge von 40 l/m2h kann das Wasserspeichervermögen der Retentionsanordnung pro Geschoss des Bauwerks mit einer mittleren Geschosshöhe von 3 m dem 0,2-fachen bis wenigstens 4-fachen, vorzugsweise dem 0,4-fachen bis wenigstens 2-fachen, der Niederschlagsmenge bei einer Niederschlagsdauer von 0,25 h bis 0,5 h entsprechen.
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Je nach Ausbau und verwendetem Wasserspeichermaterial kann das maximale in der erfindungsgemäßen Retentionsanordnung speicherbare Wasservolumen wenigstes 25 %, vorzugsweise wenigstens 40 %, weiter vorzugsweise wenigstens 50 %, des Gesamtvolumens der Retentionsanordnung betragen und/oder das maximale in der Retentionsanordnung speicherbare Wasservolumen kann weniger als 90 %, vorzugsweise weniger als 80 %, weiter vorzugsweise weniger als 75 %, des Gesamtvolumens der Retentionsanordnung betragen. Besonders bevorzugt beträgt das maximale in der erfindungsgemäßen Retentionsanordnung speicherbare Wasservolumen zwischen 55 % und 65 % des Gesamtvolumens der Retentionsanordnung. Damit werden eine hohe Tragfähigkeit und mechanische Stabilität der Retentionsanordnung gewährleistet.
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Das Wasserspeichermaterial kann eine Porenstruktur zur Speicherung von Wasser und eine maximale Wasserspeicherkapazität WSK zwischen 1 Gew.-% bis 200 Gew.-%, vorzugsweise bis 150 Gew.-%, weiter vorzugsweise im Bereich zwischen 30 Gew.-% und 150 Gew.-%, aufweisen und/oder quellfähig sein und dann eine maximale Wasserspeicherkapazität zwischen 1 Gew.-% bis 20000 Gew.-%, vorzugsweise 30 Gew.-% bis 5000 Gew.-%, aufweisen, wobei die Wasserspeicherkapazität bezogen ist auf das Verhältnis der maximal in der Porenstruktur speicherbaren Wassermasse zur Masse des trockenen Wasserspeichermaterials, insbesondere bei einem Restfeuchtegehalt des Wasserspeichermaterials von kleiner 5 Gew.-%, vorzugsweise von 2 Gew.-% bis 3 Gew.-%.
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Die Wasserspeicherkapazität kann sich auch auf die Masse des trockenen Wasserspeichermaterials, getrocknet bei 105 °C für 24 h, als Bezugsbasis beziehen.
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Die trockenmassebezogene Wasserspeicherkapazität W
SK ergibt sich hierbei aus nachfolgender Gleichung:
mit
- mWasser: maximale, im Gleichgewicht speicherbare Wassermenge
- mTR: trockene Masse des Wasserspeichermaterials (Restfeuchte 2 Gew.-% bis 5 Gew.- % und/oder getrocknet bei 105 °C für 24h).
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Typische Werte für die Wasserspeicherkapazität können beispielsweise im Bereich zwischen 2 Gew.-% bis 30 Gew.-% liegen, wenn beispielsweise Kalksandstein als Wasserspeichermaterial eingesetzt wird.
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Besonders bevorzugt kann das Wasserspeichermaterial ausgewählt sein aus der Gruppe der Granulate, insbesondere Bimsgranulate und/oder Lavagranulate. Die Korngröße der Granulate kann zwischen 0,5 bis 5 mm, vorzugsweise bis 2 mm, betragen. Die Schüttdichte der Granulate kann in Abhängigkeit von der Korngröße zwischen 700 und 1400 kg/m3, insbesondere zwischen 850 und 1250 kg/m3 betragen.
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Typische Werte für die Wasserspeicherkapazität können beispielsweise im Bereich zwischen 30 Gew.-% bis 150 Gew.-% liegen, wenn beispielsweise Bims- oder Lavagranulate als Wasserspeichermaterial eingesetzt werden.
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Bei einer Wasserspeicherung in einem porenförmigen Wasserspeichermaterial kann die Zeitdauer, bis die maximale Wassermasse in der Porenstruktur gespeichert ist, weniger als 1 h, vorzugweise weniger als 30 min, weiter vorzugsweise 15 min und/oder mehr als 10 min betragen.
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Ein Wasseraustritt aus der Retentionsanordnung kann bei einem porenförmigen Wasserspeichermaterial durch Schwerkraft erfolgen, wobei wenigstens 80 Gew.-%, vorzugsweise wenigstens 90 Gew.-%, weiter vorzugsweise wenigstens 95 Gew.-%, des in der Retentionsanordnung gespeicherten Wassers über eine Wasserrückhaltedauer von wenigstens 10 min, vorzugsweise von wenigstens 15 min, weiter vorzugsweise von wenigstens 20 min, besonders bevorzugt von wenigstens einer Stunde, in der Retentionsanordnung gespeichert werden.
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Ein Wasseraustritt aus der Retentionsanordnung kann bei einem porenförmigen Wasserspeichermaterial zum Großteil durch Verdunstung und/oder bei Überschreiten der Schalttemperatur eines gelförmigen Wasserspeichermaterials erfolgen, wobei die Schalttemperatur vorzugsweise im Bereich zwischen 20°C uns 40°C liegen kann.
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Der Restfeuchtegehalt der Retentionsanordnung nach einem Wasseraustritt kann weniger als 20 Gew.-%, vorzugsweise weniger als 15 Gew.-%, betragen.
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Die Retentionsanordnung kann zu wenigstens 50 Vol.-%, vorzugsweise zu mehr als 75 Vol.-%, weiter vorzugsweise zu mehr als 90 Vol.-%, aus dem Wasserspeichermaterial bestehen. Damit steht der überwiegende Anteil der Retentionsanordnung für die Wasserspeicherung zur Verfügung.
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Die statische Tragfähigkeit der Retentionsanordnung kann im Wesentlichen durch die mechanischen Eigenschaften des Wasserspeichermaterials bestimmt sein. Die Wasseraufnahme und Speicherung sind insbesondere ohne Bauteile oder Einrichtungen möglich, die die statische Tragfähigkeit der Retentionsanordnung vergrößern, insbesondere sind keine Bewehrungen aus Stahl oder sonstigen Werkstoffen vorgesehen.
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Eine Wasserspeicherung erfolgt vorzugsweise im Wesentlichen gleichverteilt innerhalb der erfindungsgemäßen Retentionsanordnung, insbesondere in gleichverteilt angeordneten makroskopischen Hohlräumen (Öffnungen) der Retentionsanordnung.
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Die Retentionsanordnung kann wenigstens ein vorzugsweise selbsttragendes Konstruktionselement, insbesondere ausgebildet als Schüttgut-Kassette oder Gitterträger, zur Aufnahme einer Schüttung des Wasserspeichermaterials aufweisen. Besonders bevorzugt kann das Konstruktionselement Öffnungen zur Belüftung, insbesondere zur Durchströmung der Schüttung mit Umgebungsluft, und/oder für ein Wasserdurchtritt in die Schüttung und/oder aus der Schüttung aufweisen. Über die Öffnungen kann auch flüssiges Wasser abließen oder abtropfen, wenn des Wasserspeichermaterial gesättigt ist.
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Mehrere Konstruktionselemente können zu einem Verbund zusammengeschlossen sein, insbesondere wobei die verbundenen Konstruktionselemente zur Wasserleitung und/oder zum Wassertransport über die Grenzen der Konstruktionselemente im Verbund hinaus eingerichtet und ausgebildet sind. Beispielsweise können Leitungen innerhalb der Konstruktionselemente vorgesehen sein, um eine Wasserverteilung in den einzelnen Konstruktionselementen und/oder zwischen den Konstruktionselementen zu ermöglichen.
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Besonders bevorzugt kann das Konstruktionselement als Schüttgut-Kassette ausgebildet und zur Aufnahme einer Schüttung des Wasserspeichermaterials vorgesehen sein. Die Schüttgut-Kassette kann vorzugsweise als Flachbauteil mit vorzugsweise eben ausgebildeten gegenüberliegenden Begrenzungs- und/oder Halteflächen und dazwischen gebildetem Aufnahmebereich für das Wasserspeichermaterial vorliegen. In wenigstens einer Begrenzungs- und/oder Haltefläche, vorzugsweise in mehreren gegenüberliegenden Begrenzungs- und/oder Halteflächen, können jeweils Öffnungen zur Durchströmung und/oder für ein Wasserdurchtritt vorgesehen sein.
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Eine Schüttgut-Kassette kann durch einen vorzugsweise umlaufenden Rahmen gebildet sein, der den Aufnahmebereich seitlich begrenzt. Im Rahmen können gegebenenfalls ebenfalls Öffnungen vorgesehen sein, für die Belüftung und/oder den Wasserdurchtritt. Hierdurch wird insbesondere die Entfeuchtung des Wasserspeichermaterials durch Verdunstung unterstützt.
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Begrenzungs- und/oder Halteflächen können gebildet werden durch Lochplatten bzw. -bleche oder Gitteranordnungen, die insbesondere an einem Rahmen der Schüttgut-Kassette gehalten bzw. befestigt sind.
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Mehrere Kassetten können über Rahmenkonstruktionen miteinander verbunden sein, beispielsweise miteinander verschraubt sein.
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Im Inneren der Kassetten kann eine Leitungsführung über die Rahmengrenzen hinweg vorgesehen sein, um einen Wassertransport in die Kassetten bzw. in das in den Kassetten enthaltene Wasserspeichermaterial hinein und aus den Kassetten bzw. dem Wasserspeichermaterial hinaus zu ermöglichen.
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Die Kassetten können aus Blech- oder Stahlwerkstoffen hergestellt sein oder gegebenenfalls auch aus Kunststoff.
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Alternativ kann ein Gitterelement zur Aufnahme einer Schüttung des Wasserspeichermaterials vorgesehen sein, wobei das Gitterelement wenigstens zwei gegenüberliegende Gitterbereiche aufweisen kann, zwischen denen ein Aufnahmebereich für das Wasserspeichermaterial gebildet wird. Das Wasserspeichermaterial liegt dann ebenfalls in Form einer Schüttung innerhalb eines Gitterträgers vor. Die Gitterbereiche können eine Verformbarkeit des Gitterträgers zur Anpassung an die Geometrie eines Bauwerksabschnitts zulassen, insbesondere durch eine geringe Biegesteifigkeit der Gitterstruktur.
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Die erfindungsgemäßen Retentionsanordnung kann wenigstens eine Aussparung, einen Hohlraum oder eine Lochung zur Aufnahme des Wasserspeichermaterials aufweisen, wobei, vorzugsweise, wenigstens ein quellfähiges Wasserspeichermaterial in die Aussparung, den Hohlraum und/oder die Lochung eingebracht ist und wobei, weiter vorzugsweise, das Wasserspeichermaterial im trockenen Zustand die Aussparung, den Hohlraum und/oder die Lochung lediglich bereichsweise ausfüllt (= nicht vollständig). Damit wird das Quellverhalten bei quellfähigen Speicherwerkstoffen berücksichtigt und es werden zu hohe mechanische Belastungen aufgrund des Quelldrucks verhindert.
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Die Wassereinspeisung kann zumindest periodisch auch unabhängig vom Regenwasseranschluss erfolgen, beispielsweise durch Anschluss an eine Leitungswassernetz oder durch Bewässerung über eine externe Wasserquelle mittels Schlauch, was eine aktive Kühlung der Umgebung bei erhöhten Temperaturen im Sommer ermöglicht.
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Eine Wassereinspeisung kann über Leitbleche erfolgen, die neben dem Wasser aus der Dachentwässerung auch Regenwasser direkt einleiten können, dass an die Retentionsanordnung gelangt.
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Die Wassereinspeisung kann direkt von der Dachfläche des Gebäudes ohne Regenrinne erfolgen.
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Die Wassereinspeisung kann durch Ablenkung und/oder Sammlung von Niederschlägen über Niederschlagssammelflächen von Markisen, Folien, Gewebestoffen, Photovoltaikelementen, Verschattungselementen, wie Fensterläden, Tücher oder ähnliches, Tau- und Nebelnetzen, über Trichterelemente und bewegliche Bauelemente (kinetische Architektur) und/oder über Leitbleiche erfolgen, die mit der erfindungsgemäßen Retentionsanordnung und/oder dem erfindungsgemäßen Bauwerk verbunden sind. Der Begriff "Niederschlagssammelfläche des Bauwerks" ist damit breit auszulegen und umfasst sämtliche Flächen des Bauwerks, die Niederschlägen ausgesetzt sind und von denen aus Regenwasser mittelbar oder unmittelbar an und/oder in die Retentionsstruktur geleitet wird.
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Die Wassereinspeisung in die Retentionsstruktur kann auch über eine zentrale Einspeisevorrichtung erfolgen, beispielsweise über ein Rohr oder ein Rohrleitungssystem. Rohre können zur Laufwegverlängerung des Regenwassers ausgestaltet sein, beispielsweise meanderförmig verlaufen und/oder Windungen aufweisen.
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Eine Wassereinspeisung in die Retentionsstruktur ist grundsätzlich auch aus dem Inneren des Hauses möglich.
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Die Wassereinspeisung in die Retentionsstruktur kann über mehrere, über die Außenfläche der Retentionsstruktur gleichmäßig und/oder ungleichmäßig verteilt angeordnete Einspeisevorrichtungen erfolgen.
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Die Wassereinspeisung kann auch durch Anbindung an ein Retentionsdachsystem oder eine Dachbegrünung erfolgen, um überschüssiges Wasser vollgelaufener Retentionsdächer abzuleiten und aufzunehmen.
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Die Wassereinspeisung kann auch von unten, beispielsweise aus einem Wasserbecken, durch Kapillarkräfte des Wasserspeichermaterials erfolgen.
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Im Übrigen ist eine Wassereinspeisung von unterhalb des Normalniveaus bzw. unterirdisch möglich, beispielsweise aus Sickergruben oder anderen unterirdischen Sammelbehältern.
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Einspeisevorrichtungen können Wasser von außen und/oder von innen flächig und/oder punktuell verteilt aufbringen, beispielsweise über Leitbleche oder Düsen, wie Sprüh- oder Breitschlitzdüsen. Einspeisevorrichtungen können auch an ein Kreislaufsystem/Pumpsystem angeschlossen sein.
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Eine Wasserverteilung durch von innen und/oder von außen in und/oder auf die Oberfläche der Retentionsanordnung ein- bzw. aufgebrachten Strukturierungen und/oder Kanäle, die auch miteinander verbunden sein können, ist von Vorteil. Strukturierungen der Außenflächen der Retentionsanordnung und/oder Kanäle können vertikal und/oder horizontal unterschiedliche Neigungswinkel aufweisen und dadurch unterschiedliche Wasserverteilungsgeschwindigkeiten erzeugen. Strukturierungen und/oder Kanäle können symmetrisch und/oder unsymmetrisch wellenförmig ausgeführt sein. Sie können Hinterschneidungen aufweisen, was ebenfalls Einfluss auf Wasserleitungsgeschwindigkeit und Wasseraufnahme hat.
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Der Ausgestaltung von wasserleitenden und/oder wasserverteilenden Strukturierungen und/oder Kanälen können bionische Methoden zugrunde liegen, beispielsweise zur Abbildung vaskulärer Systeme. Unter dem Begriff "vaskuläre Systeme" ist insbesondere ein System von wasserleitenden Kanälen zu verstehen, deren Querschnitte in einer gleichen Strömungsrichtung monoton abnehmen, beispielsweise von oben nach unten in der Retentionsanordnung bzw. in vertikaler Richtung, und/oder wobei eine bestimmte Wassermenge bei der Wasserleitung in einer Strömungsrichtung der Retentionsanordnung, beispielsweise von oben nach unten bzw. in vertikaler Richtung, zunächst auf eine geringere Anzahl von Strömungskanälen mit größerem Querschnitt und mit zunehmender Erstreckung der Retentionsanordnung in Strömungsrichtung auf eine größere Zahl von Strömungskanälen mit kleineren oder gleichen Strömungsquerschnitten verteilt wird. Mit anderen Worten ausgedrückt bedeutet dies beispielsweise, dass eine bestimmte der Retentionsanordnung zugeführte Wassermenge zunächst auf weniger Strömungskanäle und mit zunehmender Erstreckung der Retentionsanordnung in Strömungsrichtung auf mehr Strömungskanäle verteilt wird.
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Im Übrigen kann die Retentionsanordnung Zusatzelemente aufweisen, um eine Wasseraufnahme und/oder Wasserleitung zu fördern, weiter insbesondere durch Kapillarkräfte, wobei das Zusatzelement in der Art eines Dochts wirkt und dem wasserspeichernden Material das aufzunehmende Wasser zuführt. Als Docht können beispielsweise Gewebeelemente eingesetzt werden.
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Das Wasserspeichermaterial ist vorzugsweise ausgewählt aus der Gruppe der mineralischen Werkstoffe, insbesondere der Kalksandsteine, der Ziegelsteine oder der Porenbetone, und/oder ausgewählt aus der Gruppe der quellfähigen Werkstoffe. Die Retentionsstruktur kann aus dem Wasserspeichermaterial bestehen und/oder wenigstens ein solches Wasserspeichermaterial aufweisen. Auch eine Kombination unterschiedlicher Wasserspeichermaterialien ist möglich.
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Als quellfähige Substanzen eignen sich natürliche und/oder synthetische Polymere und/oder mineralische Substanzen.
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Als natürliche Substanzen können beispielsweise Polysaccharide ausgewählt aus Alginaten, Alginsäure, Amylose, Amylopektin, Callose, Carragenan, Cellulose, Chitin, Dextran, Guluronsäure, Inulin, Laminarin, Lichenin, Pullulan, Pustulan, Stärke, Stärkederivaten, Xanthan oder Mischungen derselben eingesetzt werden. Als synthetische Polymere können z. B. Materialien aus hochsaugaktivem synthetischen Polymer, ausgewählt aus Polymeren auf (Meth)acrylatbasis, Poly(meth)acrylsäure und deren Salzen, Polyacrylamid, Polyalkoholen und Copolymeren der genannten synthetischen Polymeren und weiteren Vernetzungs- und Verarbeitungshilfsmitteln und Eigenschaftsverbesserern eingesetzt werden. Als mineralische Substanzen können z. B. Tone, wie Bentonit oder Kalonit, verwendet werden. Die Substanzen werden als Pulver und/oder Granulate im Korngrößenbereich von vorzugsweise 60 bis 5000 µm eingesetzt. Vorzugsweise werden Pulver und/oder Granulate im Korngrößenbereich von 100 bis 400 µm verwendet.
Ausführungsbeispiel
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Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wurden Bimsgranulate und Lavagranulate als wasserspeichernde Materialien für eine erfindungsgemäße Retentionsanordnung untersucht. Ausgegangen wurde von minimalen Regenmengen und maximalen Regenmengen pro m2-Grundfläche einer Gebäudeanordnung bzw. eines Gebäudes. Es wurde die Kinetik der Wasseraufnahme der Granulate bestimmt nach der eingangs beschriebenen Methode zur Bestimmung der Wasseraufnahme bei freier Quellung im Flüssigkeitsüberschuss. Auf Grundlage der ermittelten Kinetik der Wasseraufnahme wurde unter Verwendung der Schüttdichte das jeweilige Volumen der Retentionsanordnung ermittelt, dass benötigt wird, um eine bestimmte pro Minute Regenereignis und m2-Grundfläche der Gebäudeanordnung anfallende Regenmenge aufzunehmen und zu speichern. Abschließend erfolgte eine Auslegungsberechnung, auf deren Grundlage eine Gebäudeplanung möglich ist.
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Es wurde von zwei Regenszenarien ausgegangen, nämlich von Szenario 1 mit 15 l/(m2/h) und Szenario 2 mit 40 l/(m2h). Untersucht wurde Bimsgranulat mit einer Korngröße von 0,5 bis 2 mm und einer relativen Massenzunahme im Gleichgewicht nach 24 Stunden von 145 Gew.-% und Bimsgranulat mit einer Korngröße von 1 bis 5 mm mit einer relativen Massenzunahme im Gleichgewicht nach 24 Stunden von 65 Gew.-%. Darüber hinaus wurde Lavagranulat mit einer Korngröße von 2 bis 5 mm und einer relativen Massenzunahme im Gleichgewicht nach 24 Stunden von 40 Gew.-% berücksichtigt. Die Kinetik der Wasseraufnahme (Absorptionmessung bei freier Quellung, 20 °C, Leitungswasser, Annahme linearer Aufnahmekinetik im Bereich von 0 bis 5 Minuten) führte zu Werten von 0,95 kgwasser pro kg trockenes Bimsgranulat (0,5 bis 2 mm) pro Minute; 0,57 kgwasser pro kg trockenes Bimsgranulat (1 bis 5 mm) pro Minute und 0,5 kgwasser pro kg trockenes Lavagranulat (2 bis 5 mm) pro Minute.
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Es wurden Schüttdichten des Bimsgranulats (0,5 bis 2 mm) von 950 kg/m3 und des Bimsgranulats (1 bis 5 mm) von 880 kg/m3 zugrunde gelegt. Die Schüttdichte des Lavagranulats (2 bis 5 mm) wurde mit 1200 kg/m3 berücksichtigt.
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Hieraus konnte beispielhaft ein Auslegungsszenario für einen Gebäudeplaner für ein Gebäude mit einer Grundfläche von 200 m2 und einer geschätzten Dauer eines Starkregenereignisses von 45 Minuten sowie einer Regenmenge für das Szenario 2 von 0,67 l/(m2h) ermittelt werden, dass zu einem zur Speicherung von Regen pro Minute und Quadratmeter erforderlichen Volumen des Bimsgranulats (0,5 bis 2 mm) von 6648 I, des Bimsgranulats (1 bis 5 mm) von 11962 I und des Lavagranulats (2 bis 5 mm) von 10000 I geführt hat.
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Es ist davon ausgegangen worden, dass die Retentionsanordnung bei der Auslegungsrechnung noch nicht zu 100 Prozent gefüllt worden ist. Die maximale Wasseraufnahmefähigkeit bestimmt sich dann durch die maximale Speicherfähigkeit der Granulate.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand der Zeichnung exemplarisch beschrieben. In der Zeichnung zeigen
- Fign. 1A-C
- eine Konzeptdarstellung, die die Auswirkung von Retentionsfassaden zur Verringerung des Überflutungsrisikos von urbanen, starkverdichteten Quartieren im Rahmen von Starkregenereignissen zeigt,
- Fig. 2
- eine schematische Darstellung der Verwendung von Retentionsfassaden an Gebäuden,
- Fign. 3-5
- verschiedene Ausführungsformen von gelochten Bauelementen zur Errichtung einer erfindungsgemäßen Retentionsanordnung,
- Fig. 6
- eine schematische Darstellung eines Bauelementes für eine erfindungsgemäße Retentionsanordnung mit einem Hohlraum zur Aufnahme eines quellfähigen wasserspeichernden Materials in waagerechter Ausführung im trockenen Zustand des quellfähigen Materials,
- Fig. 7
- das Bauelement aus Fig. 6 im aufgequollenen Zustand des wasserspeichernden Materials,
- Fig. 8
- eine schematische Darstellung eines Bauelementes für eine erfindungsgemäße Retentionsanordnung mit mehreren quer verlaufenden Hohlräumen mit quellungsfähigem Material in waagerechter Ausführung,
- Fig. 9
- ein Bauelement mit senkrecht verlaufenden Hohlräumen, in die ein quellungsfähiges wasserspeicherndes Material eingebracht ist, im nicht-gequollenen Zustand des wasserspeichernden Materials,
- Fig. 10
- das in Fig. 9 gezeigte Bauelement im aufgequollenen Zustand des wasserspeichernden Materials;
- Fig. 11
- ein Beispiel für die mit Retentionsfassaden erreichbaren Niederschlagsspeichermengen,
- Fig. 12
- eine schematische Darstellung eines Kassettenelements zur Aufnahme eines Wasserspeichermaterials für eine erfindungsgemäße Retentionsanordnung;
- Fig. 13
- eine schematische Darstellung mehrerer Kassettenelemente der in Fig. 12 gezeigten Art im Verbund und
- Fig. 14
- eine schematische Darstellung einer Gitterstruktur zur Aufnahme eines Wasserspeichermaterials zur Verwendung für eine erfindungsgemäße Retentionsanordnung.
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Anhand der Fig. 1A bis 1C werden schematisch Maßnahmen zum Regenwasserrückhalt bzw. zur Überflutungsvorsorge bei Starkregenereignissen gezeigt. Fig. 1A zeigt schematisch ein urbanes, stark verdichtetes Quartier mit verschiedenen Gebäuden 1. Durch ein hohen Versiegelungsgrad, ein geringeres Versickerungspotenzial und eine hohe Bodenverdichtung kann es insbesondere bei Starkregenereignissen zu erheblichen Problemen bei der Abfuhr von Niederschlagswasser verbunden mit der Gefahr von Überflutungen kommen. Dies ist in Fig. 1A durch eine schematisch dargestellte Überflutungshöhe X gekennzeichnet.
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Fig. 1B zeigt, dass im Bereich der Regenwasserrückhaltung Retentionsdächer 2 im urbanen Raum eingesetzt werden können, um Niederschlagswasser zurückzuhalten und das Risiko von Überflutungen zu verringern. Dies ist in Fig. 1B durch eine schematisch dargestellte geringere Überflutungshöhe X-Y im Fall von Starkregenereignissen gezeigt. Retentionsdächer 2 alleine sind allerdings aufgrund hoher Niederschlagsmengen bei Starkregenereignissen nicht geeignet, die Gefahr von Überflutungen vollständig zu beseitigen.
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Fig. 1C zeigt die Auswirkung von Retentionsfassaden 3 auf das Überflutungsrisiko von urbanen Quartieren im Rahmen von Starkregenereignissen. Bei Retentionsfassaden 3 handelt es sich um an der seitlichen Gebäudehülle oder seitlichen Außenhaut von Gebäuden 1 vorgesehene vertikale Retentionsanordnungen zum Wasserrückhalt durch Wasseraufnahme und Wasserspeicherung. Wie sich aus Fig. 1C ergibt, können solche Retentionsfassaden 3 bei geeigneter Ausgestaltung und durch Verwendung geeigneter Wasserspeichermaterialien ausreichend hohe Speicherkapazitäten pro Gebäude 1 aufweisen, um die bei Starkregen anfallenden Wassermengen sogar vollständig aufzunehmen und damit das Überflutungsrisiko auf Null zu senken. Hierbei kann die Speicherkapazität pro Gebäude für Niederschlagswasser bei geeigneter Ausgestaltung der Retentionsfassaden 3 im Wesentlichen linear mit wachsender Fassadenhöhe bzw. wachsender Geschosszahl des Gebäudes 1 ansteigen. Retentionsfassaden 3 können durch einer der Bauwerksfassade vorgelagerte und/oder vorgehängte Bauelemente, insbesondere in Modulbauweise, gebildet werden oder auch durch eigenständige Gebäudewände eines Gebäudes 1.
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Vorzugsweise werden Retentionsfassaden 3 gebildet durch selbsttragende Wand- oder Bauelement-Systeme, welche beispielsweise aus mineralischen Substraten bestehen können, aus denen komplette Wände errichtet werden können, die gleichzeitig statisch bemessen und inhärent wasserspeichernd sind.
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Das in der Retentionsfassade 3 eingelagerte Wasser kann den Gebäuden 1 wieder zur Nutzung zur Verfügung gestellt werden, entweder als Brauchwasser durch Ausschleusung aus dem Wasserspeichermedium oder auch indirekt durch Wasserverdampfung und damit einhergehende Kühlung mit einhergehender Mikroklimaverbesserung.
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Wie in Fig. 2 gezeigt, können Gebäude 1 je nach Bauart Retentionsfassaden 3 auf zwei gegenüberliegenden Gebäudeseiten (bei im Gebäudeverband angeordneten Gebäuden 1, wie bei Reihenhäusern, Fig. 2, unten) oder auf allen Gebäudeseiten (bei freistehend angeordneten Gebäuden 1, wie bei Einfamilienhäusern oder Hallen, Fig. 2, unten) aufweisen.
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Wie in den Fign. 3 bis 5 dargestellt, können Retentionsfassaden 3 durch freistehende, tragende oder nicht-tragende Retentionswände gebildet werden, die als Mauerwerk ausgeführt sein können. Solche Retentionswände bestehen aus oder weisen auf Bauelemente 4, die als Einzelsteine oder auch als Plansteine ausgeführt sein können. Zur Herstellung dieser Bauelemente 4 können grundsätzlich bekannte Produktionsverfahren zur Steinherstellung aus Kalksandstein oder zur Ziegelherstellung und damit etablierte Fertigungsprozesse eingesetzt werden. Die Wasserspeicherfähigkeit der eingesetzten Baustoffe kann durch Rezepturanpassung einstellbar sein und lässt sich daher in Bezug auf den Anwendungsfall optimieren. Typische Wasserspeicherkapazitäten, definiert als von dem Wasserspeichermaterial bzw. dem Bauelement aufgenommene Wassermasse bezogen auf die trockene Masse des Wasserspeichermaterials (bei einem Restfeuchtegehalt zwischen 2 % und 5 %) können im Bereich zwischen vorzugsweise 5 % bis 30 % liegen, beispielsweise bei 20 %, wobei die Zeitdauer bis zum Erreichen der maximalen Wasserspeicherkapazität weniger als 1 h, vorzugsweise weniger als 30 min, insbesondere 15 min oder weniger betragen kann.
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Durch Einsatz von Kavernen, Hinterschneidungen, wasserleitenden Strukturen und/oder unterschiedlichen Einspeisestellen kann eine optimale, schnelle und effiziente Wasserverteilung in der Retentionswand begünstigt werden. Durch Anbindung an eine Dach- und/oder Gebäudeentwässerung eines Gebäudes 1 kann sichergestellt werden, dass neben der direkten Aufnahme von Regen, vorzugsweise im Wesentlichen das Gesamte am Gebäude 1 während eines Starkregenereignisses anfallende Wasser in die Retentionswand eingespeist wird.
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Bei Verwendung poröser Baustoffe ermöglicht das vorhandene Porensystem des Baustoffs auch eine schwerkraftbetriebene Wasserausschleusung aus den Bauelemente 4. Wird mehr Wasser eingeleitet, als über das Porensystem speicherbar ist, tritt das Wasser im unteren Bereich der Bauelemente 4 aus und kann so beispielsweise als Brauchwasser im Gebäude 1 oder zur Bewässerung von umgebenden Begrünungen eingesetzt werden.
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Fign. 3 bis 5 zeigen im Übrigen, dass die Bauelemente 4 gelocht sein können, wobei Lochungen 5 insbesondere senkrecht zur Auflagefläche verlaufen können, um eine Wasserleitung und -verteilung innerhalb der Bauelemente 4 zu begünstigen.
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An der Stelle von Lochungen 5 können auch andere Öffnungen in den Bauelementen 4 vorgesehen sein, um Hohlräume zu schaffen, in denen beispielsweise ein quellfähiges Wasserspeichermaterial 6 eingebracht ist. Das quellfähige Wasserspeichermaterial 6 kann zusätzlich zu dem Baustoff, aus dem die Bauelemente 4 bestehen, zur Wasserspeicherung dienen. Grundsätzlich ist es auch möglich, dass eine Wasserspeicherung lediglich über ein quellfähiges Wasserspeichermaterial 6 erreicht wird. Wie sich aus den Fign.6 und 7 ergibt, füllt dabei das quellfähige Wasserspeichermaterial 6 die im Bauelement 4 vorhandene Lochung 5 im trockenen, nicht gequollenen Zustand nur bereichsweise aus, so dass genügend Leervolumen verbleibt, um eine Quellung des Wasserspeichermaterials 6 zu ermöglichen. Im vollständig aufgequollenen Zustand kann dann das Wasserspeichermaterial 6 die Lochung 5 dann vollständig ausfüllen. Der Füllgrad der Lochung 5 mit dem Wasserspeichermaterial 6 ist dabei derart zu bemessen, dass es im gequollenen Zustand des Wasserspeichermaterials 6 zu keiner bauteilgefährdenden mechanischen Belastung aufgrund des Quelldrucks kommt.
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Fig. 8 zeigt, dass auch waagerecht verlaufende Hohlräume mit quellungsfähigem Material befüllt sein können, um eine ausreichend hohe Wasserspeicherkapazität bereitzustellen.
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Die Fign. 8 und 9, 10 zeigen Bauelemente 7 mit quellfähigem Wasserspeichermaterial 6 bei waagerechten (Fig. 8) und senkrechten (Fig. 9, 10) Öffnungen bzw. Lochungen 5, wobei bei senkrechten Lochungen 5 das quellungsfähige Wasserspeichermaterial 6 in einem trockenen Zustand im vertikal unten liegenden Bereich der Lochungen 5 angeordnet ist (Fig. 9) und sich beim Aufquellen nach oben ausdehnt, so dass im vollständig aufgequollenen Zustand die Hohlräume im Wesentlichen vollständig von dem Wasserspeichermaterial 6 ausgefüllt sind (Fig. 10).
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Die an den Gebäuden zur Verfügung stehenden vertikalen Flächen haben ein hohes Potenzial zur Wasserspeicherung. Fig. 11 zeigt ein Beispiel für das Wasserspeichervermögen bei vertikalen Retentionsfassaden 3. Es wird beispielhaft ein Gebäude mit einer Grundfläche (Dachfläche) von 120 m2 betrachtet, bei einer Gebäudebreite von 8 m und einer Gebäudelänge von 15 m. Bei unterschiedlichen Starkregenereignissen (15 und 40 l/m2h) fallen bei unterschiedlicher Starkregendauer (beispielsweise 0,25 h und 0,5 h) Gesamtwassermengen von 450 bis 2.400 I über die Dachfläche an.
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Abhängig von der Bausituation (freistehend oder im Verband), der Geschosshöhe (beispielhaft betrachtet: 3 und 6 Geschosse, bei einer Geschosshöhe von beispielsweise 3 m) und unter Berücksichtigung nicht nutzbarer Fensterflächen lassen sich bei einem Gebäude 1 unterschiedlich große Bereiche der Bauwerksfassade als Retentionsfassaden 3 ausbilden bzw. nutzen.
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Werden diese Parameter berücksichtigt und werden die Retentionsfassaden 3 durch beispielsweise 10 cm starke Retentionswände gebildet, beispielsweise auf Kalksandsteinbasis mit einer Wasserspeicherfähigkeit von 12 % bezogen auf die trockene Masse bei einer Wasseraufnahmedauer über 0,5 h, ergeben sich am Gebäude Speichermengen von 3.291 I bis 10.091 I Wasser, was bereits für den Fall, dass drei Geschosse vorgesehen sind und zwei Retentionsfassaden 3 (Gebäude im Verband), ca. 37 % über der maximal anfallenden Wassermenge von 2.400 I liegt.
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Wie sich aus Fig. 11 weiter ergibt, können bei freistehenden Gebäuden 1 an allen vier vertikalen Außenseiten des Gebäudes 1 Retentionsfassaden 3 durch entsprechende Retentionswände ausgebildet sein. Lediglich die Dachflächen sind nicht zur Wasseraufnahme und -speicherung ausgelegt. Durch entsprechende Dachbegrünung oder Dachretentionsflächen könnte die Speichermenge für Niederschlagswasser noch erhöht werden.
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Im Übrigen ist nicht ausgeschlossen, dass eine Wasserzufuhr zu den Retentionsfassaden 3 auch über Wasserleitungsnetze, gegebenenfalls auch durch Wassereinspeisung aus dem Inneren der Gebäude 1 oder von unten aus Wasserbecken oder Sickergruben erfolgen kann, beispielsweise, um das Mikroklima durch Verdunstung des eingelagerten Wassers und Verdunstungskühlung positiv zu beeinflussen.
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In Fig. 12 ist ein Kassettenelement 8 zur Aufnahme eines Wasserspeichermaterials zur Verwendung in einer Retentionsanordnung gezeigt. Das Kassettenelement 8 wird gebildet durch einen Rahmen 9 und zwei Lochbleche 10, wobei zwischen den Lochblechen 10 ein Aufnahmebereich zur Aufnahme des Wasserspeichermaterials gebildet ist. Die Lochbleche 10 weisen Öffnungen 11 auf, über die eine Entfeuchtung des Wasserspeichermaterials nach erfolgter Wasseraufnahme erfolgen kann. Die Entfeuchtung erfolgt vorzugsweise über beide Flachseiten des Kassettenelements 8. Über die Öffnungen 11 kann auch ein Abfluss von aufstauendem Niederschlagswasser aus dem Kassettenelement 8 erfolgen. Nicht dargestellt ist, dass die Zufuhr von Niederschlagswasser über Leitungen erfolgen kann, die in das Wärmespeichermaterial hineinführen.
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Fig. 13 zeigt schematisch die Anordnung mehrerer Kassettenelemente 8 aus Fig. 12 in einem Verbund. Durch die modulare Bauweise lassen sich unterschiedlich große Retentionsvolumina und -flächen in einfacher Weise herstellen.
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Fig. 14 zeigt eine Gitterstruktur 12 ausgebildet und eingerichtet zur Aufnahme eines Wasserspeichermaterials für die Verwendung in einer Retentionsanordnung zum Rückhalt von Niederschlagswasser. Die Gitterstruktur 12 kann, wie in Fig. 14 gezeigt, einen nicht-ebenen Oberflächenverlauf aufweisen, der an die Kontur bzw.-das Oberflächenprofil einer Gebäudestruktur, beispielsweise an die Kontur der Au-ßenfassade eines Gebäudes, angepasst ist.
Bezugszeichenliste:
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- 1
- Gebäude
- 2
- Retentionsdach
- 3
- Retentionsfassade
- 4
- Bauelement
- 5
- Lochung
- 6
- Wasserspeichermaterial
- 7
- Bauelement
- 8
- Kassettenelement
- 9
- Rahmen
- 10
- Lochblech
- 11
- Öffnung
- 12
- Gitterstruktur