Gebiet der Technik
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum kontinuierlichen Gießen eines Metallstranges mittels Eingießens von flüssigem Metall aus einem Verteiler in eine Durchlaufkokille, die mittels eines Oszillators oszilliert.
Stand der Technik
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Es ist bekannt, Metallstränge - beispielsweise Stahlstränge - mittels Stranggussverfahren herzustellen. Dabei wird flüssiges Metall kontinuierlich in die Durchlaufkokille eingegeben, durchläuft sie und bildet dabei infolge Kühlung am Rand eine dünne Strangschale, die einen flüssigen Kern des Metallstranges umgibt. Der Fluss des flüssigen Metalls aus dem Auslauf eines Verteilers wird über Schließorgane wie Stopfen oder Schieber gesteuert beziehungsweise geregelt. Der Metallstrang wird aus der Durchlaufkokille mit einer Strangabzugsgeschwindigkeit abgezogen. Nach dem Austritt aus der Durchlaufkokille wird der Metallstrang in der anschließenden Strangführung weiter gekühlt und bis zur vollständigen Erstarrung geführt. Um ein Festkleben der Strangschale an der Durchlaufkokille zu vermeiden, oszilliert die Durchlaufkokille dabei. Trotz dieser Maßnahme kann es zum Festkleben kommen; das wird auch als Sticker oder Schalenhänger bezeichnet. Ein dadurch verursachtes Aufreißen der Strangschale führt zur Erzeugung von Ausschuss und macht zur Behebung des Problems aufwändige Korrekturmaßnahmen beim Betrieb der Stranggussanlage notwendig.
Zusammenfassung der Erfindung
Technische Aufgabe
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Es ist daher eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zum kontinuierlichen Gießen eines Metallstranges bereitzustellen, bei dem Sticker vermieden werden und die Vermeidung des Problems mit geringem Aufwand möglich ist.
Technische Lösung
Diese Aufgabe wird gelöst durch ein
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Verfahren zum kontinuierlichen Gießen eines Metallstranges mittels Eingießens von flüssigem Metall aus einem Verteiler in eine Durchlaufkokille, die mittels eines Oszillators oszilliert,
- dadurch gekennzeichnet,
- dass während des Gießens zumindest alle 2 Sekunden eine Erfassung und Aufzeichnung von Parameter-Werten stattfindet,
- wobei diese Parameter-Werte zumindest umfassen
- aktuelle Temperatur-Werte eines mehrere Messpositionen umfassenden Temperatur-Überwachungssystems der Durchlaufkokille,
- aktuelle Schließorganbewegungsgeschwindigkeit,
- aktuelle Badspiegelvertikalgeschwindigkeit,
- aktuelle Strangabzugsgeschwindigkeit,
- und dass eine, bevorzugt periodische, Auswertung der aufgezeichneten Parameter-Werte erfolgt mittels eines datenbasierten Modells,
- welches anhand
- einer Mehrzahl von vergangenen Parameter-Werten, die bei aufgetretenen Sticker-Events vorgelegen sind,
- sowie
- einer Mehrzahl von vergangenen Parameter-Werten, die in vergangenen Zeitabschnitten des Gießens ohne aufgetretene Sticker-Events vorgelegen sind,
- erstellt wurde,
- wobei dem datenbasierten Modell während des Gießens als Eingangsgröße die aufgezeichneten Parameter-Werte übermittelt werden,
- und das datenbasierte Modell als Ausgangsgröße eine Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Sticker-Events in der Durchlaufkokille ausgibt,
- und bei Überschreitung eines Schwellenwertes für diese Wahrscheinlichkeit
- eine Absenkung der Strangabzugsgeschwindigkeit vAB auf eine Vorsorgegeschwindigkeit vLOW in Höhe von 100 - 130 % einer zulässigen Minimalbetriebsgeschwindigkeit vMIN, bevorzugt in Höhe von 100 - 120 % der zulässigen
- Minimalbetriebsgeschwindigkeit vMIN, erfolgt, wobei die gemittelte Verzögerung dabei zwischen 0,7 und 5 m/min2 liegt, bevorzugt zwischen 1,0 und 2,5 m/min2.
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Gemittelt wird dabei über den Zeitraum von Beginn der Verzögerung zur Absenkung bis zum Erreichen der Vorsorgegeschwindigkeit.
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Nach einer Ausführungsform handelt es sich bei dem Metallstrang um einen Stahlstrang.
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Bevorzugt handelt es sich um ein zumindest halbautomatisches Verfahren, besonders bevorzugt um ein automatisches Verfahren.
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Bezüglich des grundsätzlichen Ablaufs eines Stranggussverfahrens zur Herstellung eines Metallstranges wird auf die eingangs gemachten Erläuterungen zum Stand der Technik verwiesen.
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Ein Sticker, auch Schalenhänger genannt, ist ein lokales Phänomen der dünnen Strangschale, wenn sie örtlich und meist kleinräumig an der oszillierenden Kokillenwand vorübergehend hängen oder kleben bleibt, während benachbarte Bereiche mit dem Strangquerschnitt weiter nach unten abgezogen werden, sodass die Strangschale dort lokal aufreißt und heißes flüssiges Metall, beispielsweise Stahl, in die aufgerissenen Bereiche nachfließt. Das Auftreten eines Schalenhängers wird auch Sticker-Event genannt.
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Die Parameter-Werte können direkt selber gemessen sein, oder sie können errechnet sein auf Basis anderer Messsignale; Erfassung umfasst auch ein derartiges Errechnen.
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Aktuelle Parameter-Werte sind diejenigen Parameter-Werte, die während der letzten 2 Sekunden gemessen oder errechnet wurden.
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Erfassung und Aufzeichnung von Parameter-Werten sind dabei bevorzugt im Sinne einer einzigen Handlung zu verstehen, wobei Erfassung und Aufzeichnung also gemeinsam in einer Handlung erfolgen. Erfassung und Aufzeichnung finden zumindest alle zwei Sekunden statt - zwischen zwei Erfassungsbeziehungsweise Aufzeichnungsereignissen verstreichen also maximal zwei Sekunden.
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Erfassung und Auswertung erfolgen bevorzugt gleich periodisch. Die Periodendauer der Auswertung kann aber auch von der Periodendauer der Erfassung abweichen; sie beträgt dann höchstens das Doppelte.
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Während des Gießens findet zumindest alle 2 Sekunden Erfassung und Aufzeichnung von Parameter-Werten statt. Die Parameter-Werte werden als Time-series gemessen, also mit einem Takt kleiner/gleich 2 Sekunden.
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Die Parameter-Werte umfassen aktuelle Temperatur-Werte eines mehrere Messpositionen umfassenden Temperatur-Überwachungssystems der Durchlaufkokille; vorzugsweise alle thermischen Daten dieses Überwachungssystems. Die Temperatur-Werte des Überwachungssystems der Durchlaufkokille umfassen Temperaturen an mehreren Stellen der Kokillenwand mit einigen mm Abstand zur Strangschale, davon unabhängig kann auch die Verteilertemperatur des Flüssigstahls erfasst und aufgezeichnet werden.
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Die Parameter-Werte umfassen die aktuelle Schließorganbewegungsgeschwindigkeit. Bei dem Schließorgan kann es sich beispielsweise um einen Stopfen oder einen Schieber handeln.
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Die Parameter-Werte umfassen die aktuelle Badspiegelvertikalgeschwindigkeit, welche die Badspiegelbewegung betrifft.
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Die Parameter-Werte umfassen die aktuelle Strangabzugsgeschwindigkeit.
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Es erfolgt eine, bevorzugt periodische, Auswertung der aufgezeichneten Parameter-Werte mittels eines datenbasierten Modells.
Das datenbasierte Modell wird erstellt
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- a) anhand einer Mehrzahl von vergangenen Parameter-Werten, die bei aufgetretenen Sticker-Events vorgelegen sind - es werden also für mehrere in der Vergangenheit während des Gießens aufgetretene Sticker-Events die in Verbindung mit diesen Sticker-Events aufgetretenen Parameter-Werte genutzt, um das datenbasierte Modell zu erstellen; und
- b) anhand einer Mehrzahl von vergangenen Parameter-Werten, die in vergangenen Zeitabschnitten des Gießens ohne aufgetretene Sticker-Events vorgelegen sind - es werden also für mehrere Zeitabschnitte der Vergangenheit, in denen während des Gießens keine Sticker-Events aufgetreten sind, die in diesen Zeitabschnitten aufgetretenen Parameter-Werte genutzt, um das datenbasierte Modell zu erstellen.
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Zur Ermittlung der Wahrscheinlichkeit für zukünftiges Auftreten von Sticker-Events in der Durchlaufkokille während des Gießens werden dem datenbasierten Modell während des Gießens als Eingangsgrößen die aufgezeichneten Parameter-Werte übermittelt.
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Das datenbasierte Modell gibt als Ausgangsgröße eine Wahrscheinlichkeit für zukünftiges Auftreten von Sticker-Events in der Durchlaufkokille während des Gießens aus.
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Mittels der Auswertung wird die Wahrscheinlichkeit eines Sticker-Events in der Durchlaufkokille ermittelt. Die Auswertung mittels des datenbasierten Modells beruht auf vergangenen Parameter Werten und dem Wissen darüber, in welchen Situationen in der Vergangenheit ein Sticker-Event aufgetreten ist.
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Die Auswertung erfolgt mittels Auswerteverfahren, das auf dem datenbasierten Modell als Auswertemodell basiert. Ein Schwellenwert für die Wahrscheinlichkeit von Sticker-Events wird vom Auswerteverfahren beziehungsweise seinem Auswertemodell gesetzt, welches bestimmt, was gerade noch akzeptabel ist - das wird in der Regel gegebenenfalls durch Hinzulernen des Auswertemodells angepasst.
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Die Strangabzugsgeschwindigkeit (üblicherweise in [m/min]) ist die Geschwindigkeit, mit der der Metallstrang die Durchlaufkokille verlässt. Im Normalbetrieb wird eine Normalstrangabzugsgeschwindigkeit vNORM verwendet. Dem Fachmann ist bekannt, dass sie je nach vergossenem Material und anderen Randbedingungen variieren kann.
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Die zulässige Minimalbetriebsgeschwindigkeit (üblicherweise in [m/min]) ist je nach chemischer Analyse des Metalls - beispielsweise des Stahls - und der Anlagenbauart und insbesondere in Abhängigkeit von Strangdicke und -breite verschieden; dem Fachmann ist bekannt, wie er die Minimalbetriebsgeschwindigkeit für ein bestimmtes Setup erhält; er hält sich dabei meist an die Vorgaben des Anlagenlieferanten. Ein Unterschreiten der zulässigen Minimalbetriebsgeschwindigkeit birgt Problempotential, beispielsweise aufgrund von Durcherstarrung zu nahe am Kokillenaustritt im Bogen- oder Richtbereich einer Stranggussanlage, beispielsweise aufgrund zu kühler Strangoberflächentemperatur im beziehungsweise hinter dem Richtbereich, beispielsweise steigt das Risiko von Brammenqualitätsfehlern wie etwa bezüglich Oberflächenrissigkeit oder Innenqualität.
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Bei herkömmlichen Verfahren zur Erkennung von Stickern beziehungsweise Vorhersage von Strangdurchbrüchen wird die Strangabzugsgeschwindigkeit auf eine unterhalb der zulässigen Minimalbetriebsgeschwindigkeit liegende Kriechgeschwindigkeit abgesenkt oder der Metallstrang sogar vorübergehend gestoppt. Das mindert die Produktivität in stärkerem Ausmaß als bei Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens und birgt das genannte Problempotential, insbesondere führt das zu abgewerteten Brammen oder sogar Ausschussbrammen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist bei einer Strangabzugsgeschwindigkeit, die bei der Überschreitung des Schwellenwertes für die Wahrscheinlichkeit von Sticker-Events oberhalb der zulässigen Minimalbetriebsgeschwindigkeit vMIN liegt, anwendbar.
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Erfindungsgemäß findet jedenfalls eine Absenkung der aktuell - also bei der Überschreitung des Schwellenwertes - gefahrenen Strangabzugsgeschwindigkeit statt. Diese Absenkung erfolgt mit der geforderten Verzögerung.
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Die Stärke der Verzögerung kann konstant sein oder sich während des Verzögerungsvorganges ändern.
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Bevorzugt erfolgt die Absenkung der Strangabzugsgeschwindigkeit zumindest halbautomatisch, besonders bevorzugt automatisch.
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Die Absenkung erfolgt in der Regel ausgehend von der gerade eingestellten Normalstrangabzugsgeschwindigkeit vNORM.
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Die gemittelte Verzögerung beträgt zumindest 0,7 m/min2, bevorzugt zumindest 1 m/min2. Sie beträgt bis zu 5 m/min2, bevorzugt bis zu 2,5 m/min2.
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Gemittelt wird dabei über den Zeitraum von Beginn der Verzögerung zur Absenkung bis zum Erreichen der Vorsorgegeschwindigkeit.
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Üblicherweise sind das die in der Steuerung/Regelung der Stranggußanlage vorzugebenden Sollwerte, die im Rahmen der nach dem Stand der Technik der betreffenden Anlage erreichbaren Genauigkeit eingestellt werden.
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Das Ausmaß der Verzögerung hat vor allem Einfluss auf transiente Strömungsphänomene in der Kokille - sowohl für den Flüssigstahl als auch für das Gießpulver, die Gießschlacke und die Meniskuslinie - , aber auch auf Wechselwirkungen mit beispielsweise der oszillierenden Kokille oder mit den Schließorganen.
Vorteilhafte Wirkungen der Erfindung
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Im Vergleich zu herkömmlicher Breakout-detection leitet die erfindungsgemäße Verfahrensweise wesentlich früher eine Absenkung der Strangabzugsgeschwindigkeit ein; 5 - 30 Sekunden früher sind erzielbar. Weil zu so einem frühen Zeitpunkt der Sticker sich noch nicht ausgebildet hat, reicht es zu seiner Vermeidung aus, eine im Vergleich zu herkömmlicher Breakout-detection geringere Verzögerung durchzuführen.
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Der Schwellenwert für ein Abweichen in einen überkritischen Bereich wird vom Auswertemodell des Auswerteverfahrens gesetzt, gegebenenfalls mit Anpassungsmöglichkeiten des Betreibers. Der Schwellenwert kann von der Art der betrachteten Anomalie abhängig sein. Vorzugsweise wird ein Schwellenwert so gesetzt, dass er schon überschritten wird, wenn ein Sticker für eine Position im Strang oder einen Strangquerschnitt vorhergesagt wird, an der zu diesem Zeitpunkt erst eine Dicke der Strangschale von 1 - 15 mm, bevorzugt zwischen 2 bis 8 mm, vorliegt. Infolgedessen lässt sich der Vorsorgeprozess zur Vermeidung des tatsächlichen Auftretens des - mit der den Schwellenwert überschreitenden Wahrscheinlichkeit - vorhergesagten Sticker-Events mit weniger drastischen Mitteln durchführen als bei Stickern, die erst bei höherer Dicke der Strangschalen vorhergesagt werden. Da der Basiskeim für Schalenhänger oftmals schon an der Meniskuslinie entsteht, kann es im Extremfall möglich sein, dass das erfindungsgemäße Verfahren sogar zu einem Zeitpunkt einen Anomalie-Alarm beziehungsweise Sticker-Alarm ausgibt und Verzögerung der Strangabzugsgeschwindigkeit vorschlägt beziehungsweise gegebenenfalls - beispielsweise halbautomatisch oder automatisch - einleitet, wo noch nicht einmal der Basiskeim entstand. Die Verzögerung und Durchsatzverringerung führt zu einer sehr frühzeitigen Beruhigung und Problemvermeidung.
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Für die Qualität des Strangs ergeben sich mehrere positive Effekte:
Zum einen wird kein Sticker entstehen, wenn er bei Überschreitung des Schwellenwertes noch nicht physisch aufgetreten ist; die Strangschale wird also keinen qualitätsmindernden Schalenhänger-Fehler aufweisen.
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Zum anderen wird auch bei Absenkung der Strangabzugsgeschwindigkeit noch ein Strang der gewünschten Qualität erzeugt, da die Absenkung sanft erfolgt und da die für diese Qualität relevante Minimalbetriebsgeschwindigkeit nicht unterschritten wird.
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Nach einer bevorzugten Ausführungsform wird die Wahrscheinlichkeit von Sticker-Events im Auswerteverfahren mittels Abweichungsanalyse ermittelt unter Verwendung zumindest eines Mitglieds der Gruppe bestehend aus
- Machine Learning,
- Deep Learning.
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Unter Machine Learning ist zu verstehen die künstliche Generierung von Modell-Wissen aus Erfahrung und Daten: das künstliches System lernt aus Beispielen - Trainingsdaten - und kann diese verallgemeinern. Dazu bauen Algorithmen beim maschinellen Lernen ein Daten-Modell auf, das auf Trainingsdaten beruht. Bei den angewendeten Machine Learning Verfahren handelt es sich beispielsweise um Random Forest, Boosted Tree, Support Vector Machine, etc.
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Unter Deep Learning versteht man noch tiefergehende Methoden des maschinellen Lernens, die künstliche neuronale Netze KNN mit zahlreichen Zwischenschichten zwischen Eingabeschicht und Ausgabeschicht einsetzt und dadurch eine umfangreiche innere Struktur herausbildet. Das hier gegebenenfalls angewendete Deep Learning weist zumindest 4 Schichten auf. Bei dem angewendeten Deep Learning handelt es sich beispielsweise um Long-Short-Term-Memory LSTM.
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Bei einem Auswerteverfahren mittels Abweichungsanalyse auf Basis vergangener Daten - beispielsweise der Auswertung mittels Machine Learning und/oder Deep Learning - werden datenmodellbasiert Abweichungen zwischen Daten aus stickerfrei verlaufenen vergangenen Zeitabschnitten und stickerbehaftet verlaufenen vergangenen Zeitabschnitten analysiert, was zur Ermittlung der Wahrscheinlichkeit von Sticker-events herangezogen wird.
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Aktuelle Temperatur-Werte werden mittels eines mehrere Messpositionen umfassenden Temperatur-Überwachungssystems der Durchlaufkokille gewonnen; das Temperatur-Überwachungssystem weist mehrere Messpositionen entlang der Längserstreckung x der Durchlaufkokille - vom Ort des Eingießens von flüssigem Metall zum Ort des Austritts des Metallstranges aus der Durchlaufkokille - auf, und es weist an mehreren Stellen der Längserstreckung x auch mehrere Messpositionen nebeneinander auf.
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Nach einer Variante wird für jede der an einer Stelle der Längserstreckung x der Durchlaufkokille nebeneinander liegenden Messposition die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Sticker-Events errechnet. Überschreiten die Wahrscheinlichkeiten dreier an einer Stelle der Längserstreckung x einander benachbarter Messpositionen vordefinierte Schwellenwerte, wird als Gegenmaßnahme die erfindungsgemäße Absenkung der Strangabzugsgeschwindigkeit eingeleitet.
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Die Durchlaufkokille ist in der Regel so angeordnet, dass ihre Längserstreckung x vertikal ist; dann sind die drei an einer Stelle der Längserstreckung x einander benachbarten Messpositionen horizontal zueinander.
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Nach einer bevorzugten Ausführungsform erfolgt eine Absenkung der Strangabzugsgeschwindigkeit nur bei Überschreitung eines Schwellenwertes der Wahrscheinlichkeit in zumindest drei an einer Stelle der Längserstreckung x der Durchlaufkokille einander benachbarten Messpositionen des Temperatur-Überwachungssystems; bei vertikaler Längserstreckung x horizontal benachbart. Das vermindert das Risiko der Auslösung eines Fehlalarms und damit verbundener unnötiger Absenkung der Strangabzugsgeschwindigkeit. Wenn die Wahrscheinlichkeit in zumindest drei an einer Stelle der Längserstreckung x der Durchlaufkokille einander benachbarten Messpositionen den Schwellenwert überschreitet, dürfte der Überschreitung eine eher eine tatsächlich vorliegende und eine gewisse horizontale Ausdehnung aufweisende Störung zur Grunde liegen, als wenn nur an einer Messposition oder zwei benachbarten Messpositionen Schwellenwerte überschritten werden - das Auftreten horizontal derart begrenzter Störungen ist in der Regel weniger glaubwürdig als ein Fehlalarm.
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Vorzugsweise wird nach Erreichen der Vorsorgegeschwindigkeit vLOW die Strangabzugsgeschwindigkeit für eine Dauer von zumindest 50 %, bevorzugt zumindest 65 %, und bis zu 120 %, bevorzugt bis zu 100 %, eines Durchlaufkokillendurchlaufs mit vLow auf Vorsorgegeschwindigkeit vLOW gehalten, und danach mit einer gemittelten Beschleunigung von zumindest 0,2 m/min2, bevorzugt zumindest 0,5 m/min2, und bis zu 5 m/min2, vorzugsweise bis zu 2 m/min2, erhöht.
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Gemittelt wird dabei über den Zeitraum von Beginn der Beschleunigung bis Ende der Beschleunigung.
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Die Dauer des Haltens auf Vorsorgegeschwindigkeit vLow in Prozent der Dauer eines Durchlaufkokillendurchlaufes mit Vorsorgegeschwindigkeit vLow liegt bevorzugt
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innerhalb des prozentuellen Zeitintervalls, dessen Grenzwerte sich aus der Formel
wobei v
AB größer v
MIN ist,
- und wobei vAB größer vLow ist,
- und wobei vLow der - aus dem Verfahren definierte - Sollwert für die Vorsorgegeschwindigkeit ist,
- ergeben,
- wobei bei einem Ergebnis der Formel unter 50 die Untergrenze des Zeitintervalls bei 50 % der Dauer des Durchlaufkokillendurchlaufs gesetzt wird.
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Für einen gegebenenfalls gewünschten halbautomatischen oder automatischen Betrieb wird der tatsächlich zu wählende Wert für die Dauer des Haltens - also ein Sollwert für die Dauer des Haltens - beispielsweise durch den Anlagenbetreiber oder den Systemlieferanten innerhalb des aus der Formel resultierenden prozentualen Zeitintervalls vorgegeben.
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Der Einfachheit halber könnte der Anlagenbetreiber beispielsweise die Mitte des Zeitintervalls anstreben.
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Ergibt die Formel beispielsweise als Ergebnis die Grenzwerte 60 und 90, wird die Dauer des Haltens aus dem Intervall 60 % - 90 % der Dauer eines Durchlaufkokillendurchlaufes mit Vorsorgegeschwindigkeit vLow gewählt.
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Ergibt die Formel beispielsweise als Ergebnis die Grenzwerte 40 und 70, wird die Dauer des Haltens aus dem Intervall 50 % - 70 % der Dauer eines Durchlaufkokillendurchlaufes mit Vorsorgegeschwindigkeit vLow gewählt.
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Während des Haltens auf Vorsorgegeschwindigkeit ist ein Pendeln um bis zu +/- 15% um den Sollwert für die Vorsorgegeschwindigkeit vLOW herum zulässig - wobei die Minimalbetriebsgeschwindigkeit nicht zu unterschreiten ist. Bevorzugt ist es, die Vorsorgegeschwindigkeit im Wesentlichen konstant zu halten.
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Die Stärke der Beschleunigung kann konstant sein oder sich während des Beschleunigungsvorganges ändern.
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Nach einer Verfahrensvariante wird nach Erreichen der Vorsorgegeschwindigkeit vLOW die Strangabzugsgeschwindigkeit für eine Dauer von zumindest 50 %, bevorzugt zumindest 65 %, bis zu 120 %, bevorzugt bis zu 100 %, eines Durchlaufkokillendurchlaufs mit vLow auf einer Vorsorgegeschwindigkeit vLOW in Höhe von 100 - 130 % der zulässigen Minimalbetriebsgeschwindigkeit vMIN , bevorzugt in Höhe von 100 - 120 % der zulässigen Minimalbetriebsgeschwindigkeit vMIN, gehalten, und danach mit einer gemittelten Beschleunigung von zumindest 0,2 m/min2, bevorzugt zumindest 0,5 m/min2, und bis zu 5 m/min2 , vorzugsweise bis zu 2 m/min2 , erhöht.
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Gemittelt wird dabei über den Zeitraum von Beginn der Beschleunigung bis Ende der Beschleunigung.
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Bei dieser Variante wird während der gesamten Dauer eine Strangabzugsgeschwindigkeit in Höhe von 100 - 130 % der zulässigen Minimalbetriebsgeschwindigkeit vMIN , bevorzugt in Höhe von 100 - 120 % der zulässigen Minimalbetriebsgeschwindigkeit vMIN, vorliegen, allerdings verändert sie sich zumindest einmal sprunghaft, oder sie verändert sich - zumindest einmal - während zumindest eines Teiles dieser Dauer stetig. Sie kann sich auch während der gesamten Dauer verändern. Vor, während und nach der Veränderung befindet sich die Strangabzugsgeschwindigkeit im Bereich 100 - 130 % der zulässigen Minimalbetriebsgeschwindigkeit vMIN , bevorzugt in Höhe von 100 - 120 % der zulässigen Minimalbetriebsgeschwindigkeit vMIN.
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Die Stärke der Beschleunigung kann konstant sein oder sich während des Beschleunigungsvorganges ändern.
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Die Dauer des Durchlaufkokillendurchlaufs ergibt sich im erfindungsgemäßen Verfahren aus der Totallänge L [m] der betreffenden Durchlaufkokille und der Vorsorgegeschwindigkeit vLOW aus der Beziehung (L - 0,1 m)/vLOW .
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Im Vergleich zu herkömmlicher Breakout-detection leitet die erfindungsgemäße Verfahrensweise wesentlich früher eine Absenkung der Strangabzugsgeschwindigkeit ein; 5 - 30 Sekunden früher sind erzielbar. Weil zu so einem frühen Zeitpunkt der Sticker sich noch nicht ausgebildet hat, reicht es zu seiner Vermeidung aus, auf eine im Vergleich zu herkömmlicher Breakout-detection hohe Vorsorgegeschwindigkeit zu verzögern, und vergleichsweise kurz auf dieser Vorsorgegeschwindigkeit zu verbleiben. Da der Abstand der Vorsorgegeschwindigkeit zu der in der Regel angestrebten vor der Absenkung herrschenden Strangabzugsgeschwindigkeit gering ist, reicht danach eine im Vergleich zu herkömmlicher Breakout-detection geringe Beschleunigung aus.
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Eine Normalstrangabzugsgeschwindigkeit soll im Interesse hoher Produktionsraten dennoch schnell erreicht werden, mit zunehmender Beschleunigung steigt jedoch die Gefahr des Auftretens von Stickern erneut.
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Vorzugsweise wird die Strangabzugsgeschwindigkeit im Wesentlichen auf die vor der Absenkung herrschende Strangabzugsgeschwindigkeit erhöht. Unter im Wesentlichen ist in diesem Zusammenhang eine Abweichung von maximal +/- 15 % zu verstehen.
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Nach einer vorteilhaften Ausgestaltung umfassen die Parameter-Werte auch zumindest einen, bevorzugt zumindest zwei, besonders bevorzugt zumindest drei, weiteren aktuellen Parameter-Wert zumindest einer Art von Parameter-Werten aus der Gruppe bestehend aus
- Parameter-Werte Verteiler,
- nicht-thermische Parameter-Werte an der Durchlaufkokille,
- Parameter-Werte am Oszillator,
- Parameter-Werte der Bewegung des Metallstranges
- Parameter-Werte des Metallstranges;
- Parameter-Werte des Gießprozesses.
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Damit können Sticker noch genauer vorhergesagt beziehungsweise vermieden werden, herkömmlich gilt: je mehr Parameter-Werte verwendet werden, desto besser, weil sich damit die Modell-Bildung und damit die Vorhersagequalität verbessern.
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Bei der Art von Parameter-Wert "Parameter-Werte Verteiler" kann es sich beispielsweise um Parameter-Werte wie Inhalt/Volumen/Masse des flüssigen Metalls im Verteiler, aktuelle Verteilertemperatur und aktuelle Verteilerspiegelhöhe, aktuelle Schließorganposition, aktuelle Verteilerhöhenposition, aktuelle Verteilerhöhenbewegungsgeschwindigkeit handeln.
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Bei der Art von Parameter-Wert "nicht-thermische Parameter-Werte an der Durchlaufkokille" kann es sich beispielsweise um Parameter-Werte wie Badspiegel-Höhenposition - den Füllstand der Durchlaufkokille bezeichnend; auch genannt Meniskus-Höhenposition -, Welligkeit des Meniskus, Gießpulvermengenzugabe bezogen beispielsweise auf Zeiteinheit oder auf die Strangabzugsgeschwindigkeit, Gießpulverdicke auf dem Badspiegel, Gießpulverdickenverteilung über die Oberfläche des Badspiegels, handeln. Dabei ist unter der Gießpulverdicke auf dem Badspiegel die mittlere Schichthöhe des Gießpulvers auf der Oberfläche des Badspiegels zu verstehen, bestehend aus flüssigem Anteil nahe dem Badspiegel und festen Anteilen, die darüber liegen.
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Bei der Art von Parameter-Wert "Parameter-Werte am Oszillator" kann es sich beispielsweise um Werte von Oszillierparametern wie Frequenz, Hub, Sinusförmigkeit, oder um Parameter-Werte wie Hydraulikdruck, Oszillierkraft, Schrägstellung des Oszillators handeln.
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Bei der Art von Parameter-Wert "Parameter-Werte der Bewegung des Metallstranges" kann es sich beispielsweise um Ausziehkräfte an Strangführungssegmenten handeln.
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Es ist allgemein bekannt, dass zum kontinuierlichen Gießen eines Metallstranges eine Strangführung mit Strangführungssegmenten als anlagenbautechnisch aktueller Stand der Technik verwendet wird. Einzelne Rollen solcher Strangführungssegmente können angetrieben sein und Treibkräfte, sogenannte Ausziehkräfte auf den Metallstrang ausüben, die gemessen werden können.
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Bei der Art von Parameter-Wert "Parameter-Werte des Metallstranges" kann es sich beispielsweise um Strangreibungskraft, Strangreibungsenergie, Strangreibungsleistung handeln, beispielsweise pro Strang, pro Perimeterlängeneinheit, pro Strangführungsflächeneinheit in der Strangführungskokille.
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Bei der Art von Parameter-Wert "Parameter-Werte des Gießprozesses" handelt es sich beispielsweise um die Tauchrohr-Eintauchtiefe unter den Badspiegel, oder einen Kennwert der dynamischen Strangausbauchung - auch dynamic bulging genannt.
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Es kann sich auch um Parameter-Werte zur negative strip time oder zum negative strip handeln. Sie bezeichnen die Zeit beziehungsweise den während dieser Zeit zurückgelegten Weg der Durchlaufkokille, während der die Durchlaufkokille innerhalb eines Oszillierzyklus den Metallstrang überholt.
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Die voranstehend beschriebenen Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Verfahrens werden bevorzugt zumindest halbautomatisch, besonders bevorzugt automatisch, durchgeführt; bevorzugt werden zumindest die Verfahrensschritte im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 halbautomatisch, besonders bevorzugt automatisch, durchgeführt.
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Bevorzugt handelt es sich bei den erfindungsgemäßen Verfahren um computerimplementierte Verfahren, beispielsweise implementiert in der Anlagensteuerung beziehungsweise Anlagenregelung einer Stranggußanlage.
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Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Anmeldung ist ein Computer zur Ausführung eines erfindungsgemäßen computerimplementierten Verfahrens.
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Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Anmeldung ist eine Anlagensteuerung und/oder -regelung einer Stranggußanlage mit einem Computer zur Ausführung eines erfindungsgemäßen computerimplementierten Verfahrens.
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Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Anmeldung ist ein Computerprogrammprodukt, umfassend Befehle, die bei Ausführung des Computerprogramms durch einen Computer diesen veranlassen, die Schritte des erfindungsgemäßen Verfahrens auszuführen.
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Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Anmeldung ist ein computerlesbarer Datenträger, auf dem ein solches Computerprogrammprodukt gespeichert ist. Dabei ist Computerprogrammprodukt zu verstehen als ein auf einem Träger gespeichertes Computerprogramm.
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Ein erfindungsgemäßes Verfahren kann allein angewendet werden, oder es kann angewendet werden in Ergänzung zu herkömmlichen Verfahren zur Erkennung von Stickern beziehungsweise Vorhersage von Strangdurchbrüchen. Es ist einfach nachrüstbar und resultiert in gesteigerter Produktivität. Wenn es zusätzlich zu herkömmlichen Verfahren zur Erkennung von Stickern beziehungsweise Vorhersage von Strangdurchbrüchen angewendet wird, ergibt sich der Vorteil, dass die Zahl herkömmlicher Sticker-Alarme vermindert wird, da die dazu führenden Umstände durch das erfindungsgemäße Verfahren zu einem hohen Prozentsatz vorsorglich verhindert werden.
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Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Anmeldung ist eine Signalverarbeitungseinrichtung mit einem maschinenlesbaren Programmcode, der Regelbefehle und/oder Steuerbefehle zur Durchführung eines erfindungsgemäßen Verfahrens aufweist.
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Die Signalverarbeitungseinrichtung ist beispielsweise eine Steuer und/oder Regeleinrichtung, beispielsweise eine Anlagensteuerung und/oder Anlagenregelung einer Stranggußanlage.
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Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Anmeldung ist eine Stranggußanlage umfassend eine solche Signalverarbeitungseinrichtung.
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Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Anmeldung ist ein maschinenlesbarer Programmcode für eine solche Signalverarbeitungseinrichtung wobei der Programmcode Steuerbefehle und/oder Regelbefehle aufweist, welche die Signalverarbeitungseinrichtung zur Durchführung eines erfindungsgemäßen Verfahrens veranlassen.
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Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Anmeldung ist ein Speichermedium mit einem darauf gespeicherten maschinenlesbaren derartigen Programmcode.
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Unter automatisch ist zu verstehen, dass bei einem erfindungsgemäßen Verfahren die Einzelschritte wie beispielsweise Erfassung, Aufzeichnung, Auswertung, Datenmodellerstellung, Datenmodellauswertung, Abweichungsanalyse, Soll-Ist-Vergleich, Risikobewertung/- berechnung, Risikowert-Vergleich mit Schwellenwert, Festlegung des Verzögerungswertes, Einleitung der Verzögerung durch Triggern, Festlegung der Vorsorgegeschwindigkeit, Vorsorgezeitdauer auf niedriger Geschwindigkeit, Wiederbeschleunigung, Festlegung des neuen Geschwindigkeitssollwertes, et cetera ohne jedweden Eingriff durch den Menschen erfolgt, mit der Ausnahme dass ein Mensch das gesamte Computer-, Steuer- und Regelungsprogramm entwickelt, programmiert, eingespielt und in Betrieb genommen hat. Unter Vorsorgezeitdauer ist die Zeitdauer zu verstehen, während der auf Vorsorgegeschwindigkeit betrieben wird - der Betrieb auf Vorsorgeschwindigkeit dient dazu, Vorsorge gegen das tatsächliche Auftreten des mit einer Wahrscheinlichkeit oberhalb des Schwellenwertes vorhergesagten Sticker-Events zu treffen.
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Unter halbautomatisch ist zu verstehen, dass bei einem erfindungsgemäßen Verfahren an der einen oder anderen Stelle des Gesamtablaufes der Mensch eingreift, beispielsweise beim Einleiten der Verzögerung durch den Trigger, oder bei der Festlegung der Vorsorgezeitdauer, oder bei der Festlegung auf welche neue Zielgeschwindigkeit nach Ablauf der Vorsorgezeitdauer eingestellt werden soll. In anderen Worten: ein Betriebsmitarbeiter der Stranggußanlage ist in den Gesamtablauf des erfindungsgemäßen Verfahrens eingebunden, und dieser bestätigt oder verwirft im Ablauf der Einzelschritte-Kette bei einzelnen Schritten die vom erfindungsgemäßen Verfahren und seinem Computerprogramm vorgeschlagene Entscheidungen.
Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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Die Erfindung wird nun anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert. Die Zeichnungen sind beispielhaft und sollen den Erfindungsgedanken zwar darlegen, ihn aber keinesfalls einengen oder gar abschließend wiedergeben. Dabei zeigt:
- Fig. 1
- eine schematische Darstellung eines erfindungsgemäßen Verlaufes der Strangabzugsgeschwindigkeit gegen die Zeit.
- Fig. 2
- ein grobes Schema einer Stranggußanlage.
Beschreibung der Ausführungsformen
Beispiele
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Um frühzeitig auf sich anbahnende Sticker-Events reagieren zu können, werden die Parameter-Werte aus Zeitintervallen (beispielsweise Intervalllänge 10 Sekunden, oder 5 oder 15 Sekunden), die dem Auftreten eines vergangenen Sticker-Events zeitlich vorgelagert sind, extrahiert, gefiltert und standardisiert. Mit Hilfe von datenbasierten, maschinellen Lernmethoden der Klassifikation (wie beispielsweise Decision Tree, Random Forest, Gradient Boosting, symbolische Regression) werden Muster und Zusammenhänge in den vergangenen Parameterwerten und dem in der Vergangenheit erfolgten Auftreten von Sticker-Events erkannt. Diese Muster und Zusammenhänge werden für eine Prognose zukünftiger Sticker-Events auf gegenwärtig aufgezeichnete aktuelle Parameter-Werte angewendet.
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Das geschieht beispielsweise so, dass dabei beispielsweise sogenannte Features modelliert werden, die als Eingangsgrößen bei der Erstellung von Modellen hilfreich sind, die Zukunft über beispielsweise 5 - 30 Sekunden vorhersagen zu können. Falls diese Features von den auf Basis der zumindest alle 2 Sekunden stattfindenden Erfassung und Auswertung der Parameter-Werte ermittelten Featurewerten signifikant abweichen und sich in einem überkritischen Bereich befinden, wird ein Sticker-Alarm ausgelöst und die Absenkung der Strangabzugsgeschwindigkeit, bevorzugt schnellstmöglich, eingeleitet; das geschieht bevorzugt zumindest halbautomatisch, besonders bevorzugt automatisch.
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Aktuelle Temperatur-Werte werden mittels eines mehrere Messpositionen umfassenden Temperatur-Überwachungssystems der Durchlaufkokille gewonnen; das Temperatur-Überwachungssystem weist mehrere Messpositionen entlang der Längserstreckung x der Durchlaufkokille - vom Ort des Eingießens von flüssigem Metall zum Ort des Austritts des Metallstranges aus der Durchlaufkokille - auf, und es weist an mehreren Stellen der Längserstreckung x auch mehrere Messpositionen nebeneinander auf.
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Nach einer Variante wird für jede der an einer Stelle der Längserstreckung x der Durchlaufkokille nebeneinander liegenden Messposition die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Sticker-Events errechnet. Überschreiten die Wahrscheinlichkeit dreier an einer Stelle der Längserstreckung x einander benachbarter Messpositionen vordefinierte Schwellenwerte, wird als Gegenmaßnahme die erfindungsgemäße Absenkung der Strangabzugsgeschwindigkeit eingeleitet.
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Figur 1 zeigt durchgezogen eine schematische Darstellung eines Verlaufes der Strangabzugsgeschwindigkeit gegen die Zeit beim Betreiben eines erfindungsgemäßen Verfahrens zum kontinuierlichen Gießen im Vergleich zum strichlierten Verlauf bei Anwendung eines herkömmlichen Verfahrens zur Erkennung von Stickern beziehungsweise Vorhersage von Strangdurchbrüchen. Dargestellt ist, wie zum Zeitpunkt des Überschreitens des Schwellenwertes automatisch unmittelbar die erfindungsgemäße Absenkung der vorher herrschenden Normalstrangabzugsgeschwindigkeit vNORM 1,2 m/min beginnt. Die Absenkung erfolgt mit einer gemittelten Verzögerung von 1,5 m/min2 auf eine Vorsorgegeschwindigkeit vLOW 0,8 m/min. Die Vorsorgegeschwindigkeit vLOW beträgt 100% der Minimalbetriebsgeschwindigkeit vMIN. Die Vorsorgegeschwindigkeit vLOW wird für 45 Sekunden beibehalten, was 75% der Dauer eines Durchlaufkokillendurchlaufs bei dieser Geschwindigkeit entspricht. Dann wird mit einer gemittelten Beschleunigung von 0,8 m/min2 auf Normalstrangabzugsgeschwindigkeit vNORM beschleunigt und damit weiterproduziert.
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Strichliert ist der Verlauf bei Anwendung eines herkömmlichen Verfahrens dargestellt. Absenkung der Strangabzugsgeschwindigkeit erfolgt erst später, die Verzögerung auf eine tiefer liegende, der Vorsorge dienende Strangabzugsgeschwindigkeit, hier eine Kriechgeschwindigkeit unterhalb der Minimalbetriebsgeschwindigkeit vMIN, ist viel stärker. Die Kriechgeschwindigkeit wird für 60 Sekunden beibehalten. Die anschließende Beschleunigung ist geringer als beim erfindungsgemäßen Verlauf, die Normalstrangabzugsgeschwindigkeit vNORM wird erst später erreicht. Infolgedessen wird mit dem erfindungsgemäßen Verfahren mehr an Strang produziert, was bedeutet, dass die Anlagenproduktivität damit verbessert wird.
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Figur 2 zeigt ein grobes Schema einer Stranggußanlage 1, mit der ein Metallstrang 2 - beispielsweise ein Stahlstrang - mittels Stranggussverfahren hergestellt wird. Flüssiges Metall 3 wird kontinuierlich über einen Verteiler 4 in die Durchlaufkokille 5 eingegeben. Es durchläuft sie und bildet dabei infolge Kühlung am Rand eine dünne Strangschale, die einen flüssigen Kern des Metallstranges 2 umgibt. Der Fluss des flüssigen Metalls 3 aus dem Auslauf 6 - hier ein Tauchrohr - des Verteilers 4 wird über Schließorgane wie Stopfen oder Schieber gesteuert beziehungsweise geregelt. Der Metallstrang 2 wird aus der mittels eines nicht explizit dargestellten Oszillators oszillierenden Durchlaufkokille 5 mit einer Strangabzugsgeschwindigkeit abgezogen. Nach dem Austritt aus der Durchlaufkokille 5 wird der Metallstrang 2 in der anschließenden Strangführung 7 weiter gekühlt und bis zur vollständigen Erstarrung geführt.
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Figur 3 zeigt schematisch und beispielhaft die Erstellung und Anwendung des datenbasierten Modells, das zur Auswertung der aufgezeichneten Parameter-Werte beim Gießen dient. Dargestellt ist im oberen geschlossen umrandeten Rechteck, wie zunächst vier verschiedene Arten von Parameter-Werten bezüglich ihrer Ausprägung x über einen Zeitraum t verlaufen. Diese Information wird erfasst und aufgezeichnet und - dargestellt durch einen Blockpfeil - einer Analyse - dargestellt durch das mittlere strichliert umrandete Rechteck - zugeführt.
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Bei der Analyse erfolgt im dargestellten Beispiel eine Vorverarbeitung A mittels einer Abfolge der Schritte Intervallauswahl S1, Filterung S2, Standardisierung S3 und Extrahieren S4. Das Ergebnis der Vorverarbeitung A wird der beispielhaft schematisch als symbolische Regression dargestellten Modellierung B zugeführt; dort kann es zur Adaptierung des aktuell bestehenden datenbasierten Modells genutzt werden, wenn auch Information über das Auftreten von Sticker-Events vorliegt.
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Für gegenwärtig erfasste und aufgezeichnete aktuelle Parameter Werte kann das aktuell bestehende datenbasierte Modell nach der Vorverarbeitung A auch Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Sticker-Events in der Durchlaufkokille ausgeben; der Verlauf der Wahrscheinlichkeiten P über die Zeit t ist für drei verschiedene, einander an einer Stelle der Längserstreckung x der Durchlaufkokille benachbarten Messpositionen des Temperatur-Überwachungssystems im unteren geschlossen umrandeten Rechteck dargestellt. Der relevante Schwellenwert für P ist punktiert dargestellt. Es ist zu sehen, wie für jede Messposition zu verschiedenen Zeitpunkten der Schwellenwert überschritten wird. Im dargestellten Beispiel erfolgt eine Absenkung der Strangabzugsgeschwindigkeit erst, wenn für alle drei Messpositionen der Schwellenwert überschritten wurde. Der Zeitraum, in dem das der Fall ist, ist als mit dem Buchstaben V versehenes geschlossen umrandetes Rechteck dargestellt.
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Figur 4 zeigt schematisch und beispielhaft, wie im Laufe eines anhand der t-Achse dargestellten Zeitabschnitts Erstellung und Anwendung des datenbasierten Modells auf Basis von Parameter-Werten erfolgt. Nach Beginn a des Zeitabschnitts während eines Zeitintervalls I1 - in dem kein Sticker-Event auftritt - erfasste und aufgezeichnete Parameter-Werte dienen der Standardisierung bei der Vorverarbeitung. Im Zeitintervall I2 erfasste und aufgezeichnete Parameter-Werte werden mittels des datenbasierten Modells ausgewertet; im dargestellten Beispiel ist kein Sticker-Event zu erwarten. Würde das Gießen ohne Vorsorgemaßnahmen weitergeführt werden, träte zum Zeitpunkt X ein Sticker-Event ein. Das datenbasierte Modell würde es bei geeigneter Wahl des Schwellenwertes erlauben, innerhalb des Zeitintervalls I3 die Einleitung von Vorsorgemaßnahmen zu empfehlen. Je früher das erfolgt, desto größer wird die Gefahr eines Fehlalarms sein. Im dargestellten Beispiel wird der Schwellenwert so gesetzt, dass er für den Sticker-Event zum Zeitpunkt X bei Analyse von Parameter-Werten aus einem im Vergleich zum Zeitintervall I3 kürzeren Zeitintervall I4 - das in seiner Länge dem Zeitintervall I1 beziehungsweise dem Zeitintervall I2 entspricht und innerhalb von Zeitintervall I3 liegt - schon im Zeitabstand tv überschritten wird. Somit können schon im Zeitabstand tv vor dem Auftreten des Sticker-Events Vorsorgemaßnahmen wie Absenkung der Strangabzugsgeschwindigkeit ergriffen werden, um das Sticker-Event zu vermeiden.
Liste der Bezugszeichen
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- 1
- Stranggußanlage
- 2
- Metallstrang
- 3
- flüssiges Metall
- 4
- Verteiler
- 5
- Durchlaufkokille
- 6
- Auslauf
- 7
- Strangführung