Responsives Hydrogel für den Nachweis von Biomo lekülen
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Hydrogel, das für den Nachweis von
Biomo lekülen verwendet werden kann.
Biosensoren und Schnelltests spielen eine wichtige Rolle in der Medizin zur
Erkennung von Krankheiten und zur Feststellung eines physiologischen Status. Basis ist die Erkennung und Detektion von Biomarkern. Nach dem Stand der Technik erfolgt der Detektionsschritt meist über den Einsatz eines Markierungsreagenz (z. B. ein radiomarkierter Sekundärantikörper) oder die nachzuweisende Spezies muss selbst markiert werden (z. B. Fluoreszenzmarkierung von DNA- Fragmenten). Es gibt auch eine Reihe von Biosensoren, z. B. auf Basis von Oberflächenplasmonen- resonanz oder Interferenzphänomenen, die ohne Markierung der nachzuweisenden Spezies auskommen. Diese benötigen jedoch eine aufwendige Instrumentierung. Wünschenswert wäre der direkte optische Nachweis biologischer Spezies ohne den Einsatz von Markierungsreagenzien und ohne zusätzliche Instrumentierung.
WO 03/025538 A2 beschreibt einen Sensor für die Bestimmung der Konzentration einer chemischen Spezies, wobei der Sensor eine periodische Anordnung kolloidaler Partikel in einer Hydrogel-Matrix enthält. S.A. Asher et al, Anal. Chem., 70 (1998), 780-791, beschreiben einen Hydrogelfilm, in dem periodisch angeordnete kolloidale Partikel vorliegen. Da größere Biomo leküle durch diese Strukturen nicht hindurch
diffundieren können, ist deren analytischer Nachweis mit diesen Sensorsystemen nicht möglich. Gerade der Nachweis solcher größerer Moleküle oder
Molekülaggregate, wie z, B. Proteine, DNA oder auch Viren, wäre jedoch besonders erstrebenswert wegen ihrer hohen biologischen und medizinischen Relevanz.
Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht in der Bereitstellung eines sensorischen Materials, das den Nachweis von Biomolekülen und biologischen Substanzen in einem einfachen Detektionsverfahren, insbesondere ohne
Markierungsreagenzien, Sekundarantikörper und aufwendige Instrumentierung, ermöglicht.
Gelöst wird die Aufgabe durch ein responsives Hydrogel, das chemisch vernetzt ist, eine poröse photonische Kristallstruktur aufweist und Biomolekül-spezifische Erkennungsgruppen enthält.
Wie nachfolgend noch eingehender beschrieben wird, sind Hydrogele in Form eines porösen photonischen Kristalls durch eine Templatsynthese zugänglich, wobei zunächst ein photonischer Kristall aus kolloidalen Partikeln als Templat vorgelegt und ein Hydrogel in den Zwischenräumen zwischen diesen kolloidalen Partikeln polymerisiert wird, gefolgt von der Entfernung der kolloidalen Partikel unter Erhalt einer porösen photonischen Kristallstruktur. Dabei hat sich im Rahmen der vorliegenden Erfindung überraschenderweise gezeigt, dass die Porosität eines solchen photonischen Kristalls ausreichend ist, um auch die Diffusion größerer Moleküle, insbesondere von Biomolekülen wie z.B. von Biooligomeren,
Biopolymeren oder biologischen Partikeln zu ermöglichen. Da also festgestellt wurde, dass mit der erfindungsgemäßen Hydro gel- Struktur der Nachweis von Biomo lekülen, insbesondere größeren Biomolekülen wie Biooligomeren,
Biopolymeren oder biologischen Partikeln möglich ist, enthält das Hydrogel Biomo lekül- spezifische Erkennungsgruppen. Weiterhin hat sich im Rahmen der vorliegenden Erfindung gezeigt, dass ein poröser photonischer Kristall, der durch ein
responsives Hydrogel (also ein Hydrogel, das unter Einfluss eines externen Stimulus sein Quellverhalten ändern kann) gebildet wird, eine Farbveränderung sogar im Wellenlängenbereich des sichtbaren Lichts zeigen und daher eine aufwendige Instrumentierung überflüssig machen kann.
Unter einem Hydrogel versteht man ein dreidimensionales Netzwerk, das in Wasser nicht mehr löslich ist, sondern dieses aufnimmt und damit quillt. Grundsätzlich kann bei Hydrogelen die Vernetzung der Polymerketten physikalisch oder chemisch erfolgen. Bei einem physikalisch vernetzten Gel werden die Netzknoten durch Verschlaufungen und Verhakungen von langen Polymerketten untereinander gebildet. Auch können Netzknoten über physikalische Wechselwirkungen, wie z. B. elektrostatische Wechselwirkungen gebildet werden. Bei chemisch vernetzten Gelen werden die Knotenpunkte durch kovalente Bindungen zwischen den Polymerketten gebildet.
Im Rahmen der vorliegenden Erfindung ist das Hydrogel chemisch vernetzt. Damit wird sichergestellt, dass die poröse photonische Kristallstruktur des Hydrogels eine ausreichende Stabilität besitzt. Bei dem erfindungsgemäßen Hydrogel handelt es sich um ein responsives Hydrogel. Unter responsiven Hydrogelen versteht der Fachmann solche Hydrogele, die unter Einwirkung eines externen Stimulus (d.h. unter der Einwirkung eines äußeren, sich ändernden Parameters) unter Flüssigkeitsaufnahme quellen oder alternativ auch unter Flüssigkeitsabgabe kollabieren können. Diese Übergänge sind bevorzugt reversibel.
Solche Hydrogele sind dem Fachmann grundsätzlich bekannt und werden auch als „Stimuli-responsive Hydrogele" oder„schaltbare Hydrogele" bezeichnet.
Für ein responsives Hydrogel sind beispielsweise solche Materialien geeignet, die einen Volumenphasenübergang aufweisen. Dieser kann auf einer unteren und/oder
einer oberen kritischen Lösungstemperatur basieren, wobei allerdings im Fall vernetzter Systeme keine Auflösung des Polymers im Lösungsmittel stattfindet. In einem derartigen System kann beispielsweise die Temperatur als Schalter fungieren. In diesem Zusammenhang wird auch von thermoresponsiven Hydrogelen
gesprochen. Die Freisetzung der Flüssigkeit erfolgt bei Unter- oder Überschreitung einer Schwellentemperatur. Solche Systeme können durch den Einbau zusätzlicher Gruppen modifiziert werden, die ihre Hydrophilie bei Einwirken eines anderen Stimulus als der Temperatur ändern. Durch Reaktion auf diesen anderen Stimulus können, in einem bestimmten Temperaturintervall, vielfältige andere
Schaltphänomene realisiert werden. Derartige Systeme sind beispielsweise in M. Irie, Adv. Polym. Sei. 110, 43-65 (1993) beschrieben. So können z. B. pH- Wert,
Ionenstärke, Licht oder chemische Reaktionen als Schalter dienen. Bei geeigneter Auslegung des Systems können auch komplexe Biomakromoleküle wie Proteine als Stimulus fungieren. Derartige Systeme werden beispielsweise in J. Buller et al, Polym. Chem. 2, 1486-1489 (2011) beschrieben.
Beispiele für Gruppen, die Schaltbarkeit mit Licht hervorrufen sind Azobenzole (R. Kröger et al., Macromol. Chem. Phys. (1994) 195, 2291-2298) oder Spiropyrane (Edahiro et al, Biomacromolecules (2005) 6, 970-974). Beispiele für Gruppen, die Schaltbarkeit über den pH- Wert hervorrufen, sind Amino- oder Carboxylgruppen. Ein Beispiel für Schaltbarkeit über eine chemische Reaktion ist in P. Mi et al., Macromol. Rapid Commun. (2008) 29, 27-32 beschrieben.
In bevorzugten Ausführungsformen handelt es sich bei den responsiven Hydrogelen um solche, die durch einen externen Stimulus (d.h. durch Änderung eines externen Parameters), welcher ausgewählt wird aus Temperatur, pH- Wert, Ionenstärke, Ionenart, elektromagnetische Strahlung (insbesondere Licht), einer chemischen Reaktion, die Anwesenheit (Zugabe oder Austausch) von chemischen (insbesondere niedermolekularen) oder biochemischen Reagenzien oder einer Einwirkung durch Biomo leküle wie Proteine, oder Kombinationen davon, quellen oder schrumpfen.
Beispiele für Polymere, die als Grundstruktur für Hydrogele mit einer oberen kritischen Lösungstemperatur dienen können, finden sich in J. Seuring et al., Macromolecules (2012), 45, 3910-3918.
Wie nachfolgend noch eingehender beschrieben wird, enthält das responsive Hydrogel der vorliegenden Erfindung Biomolekül-spezifische Erkennungsgruppen. Dabei ist bevorzugt, dass das Hydrogel durch Anbindung der Biomeleküle an die spezifischen Erkennungsgruppen entweder quillt oder schrumpft. In einer bevorzugten Ausführungsform zeigt das responsive Hydrogel durch Anbindung der Biomo leküle an die spezifischen Erkennungsgruppen einen
Volumenphasenübergang. Bei einem solchen Volumenphasenübergang zeigt das responsive Hydrogel unter isothermen Bedingungen als Folge der Anbindung der Biomo leküle und einer dadurch bedingten Veränderung des hydrophilen oder hydrophoben Charakters eine sprunghafte Volumenänderung.
Durch die Volumenänderung des responsiven Hydrogels, die durch die Anbindung des nachzuweisenden Biomo leküls an die spezifischen Erkennungsgruppen bewirkt wird, ändert sich die Größe der Elementarzelle des photonischen Kristalls und damit auch das Peak-Maximum der Bragg-Reflexion. Diese Peak- Verschiebung kann für den analytischen Nachweis der Biomo leküle genutzt werden.
Geeignete Monomereinheiten für responsive Hydrogele sind dem Fachmann grundsätzlich bekannt. Beispielsweise enthält das responsive Hydrogel eine oder mehrere der folgenden Monomereinheiten (und optional noch weitere
Monomereinheiten zur genaueren Feinabstimmung der Materialeigenschaften):
wobei
Ri = H, Alkyl wie z. B. Ci_4-Alkyl, bevorzugt -CH3;
R2 = H, Alkyl wie z. B. Ci_4-Alkyl, -(CH2)„-COOH mit n=l bis 12 oder ein Salz davon;
x = 0-50, bevorzugter 1-50 oder 1-20 sind,
wobei
Ri = H, Alkyl wie z. B. Ci_4-Alkyl, bevorzugt -H;
R4 = H, Alkyl wie z.B. Ci_4-Alkyl, -(CH2)n-COOH mit n=l bis 12 oder ein Salz davon;
x = 0-50, bevorzugter 1-50 oder 3-20 sind, (3)
wobei
R2 = H, Alkyl wie z.B. Ci_4-Alkyl, -(CH2)„-COOH mit n=l bis 12 oder ein Salz davon;
x = 0-50, bevorzugter 1-50 oder 2-20 sind, (4)
wobei
R2 = H, Alkyl wie z.B. C1-4-Alkyl, -(CH2)n-COOH mit n=l bis 12 oder ein Salz davon;
x = 0-50, bevorzugter 1-50 oder 2-20 sind,
(5)
wobei
Ri = H, Alkyl wie z.B. C1-4-Alkyl;
R2, R3 unabhängig voneinander = H, Alkyl wie z.B. Ci_4-Alkyl, Allyl, HO
CH3
sind
(6)
wobei
Ri = H, Alkyl wie z.B. Ci_4-Alkyl, bevorzugt H;
x = 1-6, bevorzugter 3-4 ist,
(?)
wobei
Ri, R2, R3 unabhängig voneinander = H, Alkyl wie z.B. Ci_4-Alkyl sind;
Ri = H oder eine Verzweigung der Polysaccharidkette;
R2, R3, R5, RÖ unabhängig voneinander = H, Alkyl wie z.B. Ci_4-Alkyl, Allyl, -(CH2)„-COOH oder ein Salz davon,
ist,
(9)
Polysaccharid-Einheiten, wie z, B. Carboxymethylcellulose-Einheiten, Hydroxyethylstärke-Einheiten,
(10)
wobei
Ri = H, Alkyl wie z.B. Ci_4-Alkyl, bevorzugt -CH3 ist,
(11)
wobei
Ri = H, Alkyl wie z.B. Ci_4-Alkyl, bevorzugt -CH3 ist,
E = O oder NH ist,
x, y unabhängig voneinander Werte von 1 bis 12 annehmen können,
Z = S03, COO, oder P03 ist.
Die jeweiligen Monomereinheiten können statistisch über die Polymerkette verteilt sein oder auch in Blockform vorliegen. Bevorzugt handelt es sich um ein statistisches Copolymer.
In einer bevorzugten Ausführungsform enthält das responsive Hydrogel folgende Monomereinheiten (la) und (lb) (und optional noch weitere Monomereinheiten zur genaueren Feinabstimmung der Materialeigenschaften):
wobei
Ri = H, Alkyl wie z. B. Ci_4-Alkyl, bevorzugt -CH3;
R2 = H, Alkyl wie z.B. Ci_4-Alkyl, -(CH2)„-COOH mit n=l bis 12 oder ein Salz davon,
x = 0 oder 1 oder 2,
ist,
wobei
Ri = H, Alkyl wie z. B. Ci_4-Alkyl, bevorzugt -CH3,
R2 = H, Alkyl wie z.B. Ci_4-Alkyl, -(CH2)„-COOH mit n=l bis 12 oder ein Salz davon,
x = 3-50, bevorzugter 3-20 oder 4-10 sind.
Bei der Verwendung der Monomereinheiten (la) und (lb) hat sich als vorteilhaft erwiesen, dass das responsive Hydrogel im Bereich der Raumtemperatur, also einer für analytische Nachweise von Biomo lekülen bevorzugten Temperatur, nicht völlig kollabiert vorliegt (d.h. Quellgrad ist nicht 0) und daher die spezifischen
Erkennungsgruppen eine gute Zugänglichkeit für die nachzuweisenden Biomo leküle aufweisen. Wenn die nachzuweisenden Biomo leküle an die Erkennungsgruppen anbinden, kommt es zu einer signifikanten Volumenänderung und damit auch zu einer sehr deutlichen Verschiebung des Peak-Maximums der Bragg-Reflexion.
Der Anteil der Monomereinheiten (la) und (lb) kann über einen breiten Bereich variieren. Beispielsweise können die Monomereinheiten (la) in einer Menge von 30- 90 Mol%, bevorzugter 50-80 Mol%, bezogen auf die Gesamtmenge der Monomere, vorliegen. Die Monomereinheiten (lb) können beispielsweise in einer Menge von 2- 40 Mol%, bevorzugter 5-35 Mol%, bezogen auf die Gesamtmenge der Monomere, vorliegen.
Um eine kovalente Anbindung der Biomo lekül- spezifischen Erkennungsgruppe an das Hydrogel zu ermöglichen, kann es bevorzugt sein, dass manche oder alle der Monomereinheiten (la) in ihrer Seitenkette eine reaktive Gruppe aufweisen, insbesondere -OH, oder -COOH. In einer dieser bevorzugten Ausführungsformen weisen die Monomereinheiten (la) folgende Struktur auf:
wobei
Ri = H, Alkyl wie z. B. Ci_4-Alkyl, bevorzugt -CH3
R2 = H, -(CH2)n-COOH mit n=l bis 12 oder ein Salz davon;
x = 0 oder 1 oder 2.
Alternativ kann es sich bei den Monomereinheiten (la) um ein Gemisch aus mindestens zwei verschiedenen Monomereinheiten (i) und (ii) handeln, die die folgenden Strukturen aufweisen:
wobei
Ri = H, Alkyl wie z. B. Ci_4-Alkyl, bevorzugt -CH3
R2 = H, -(CH2)n-COOH mit n=l bis 12 oder ein Salz davon
x = 0 oder 1 oder 2,
und
wobei
Ri = H, Alkyl wie z. B. Ci_4-Alkyl, bevorzugt
R2 = Alkyl wie z. B. Ci_4-Alkyl,
x = 0 oder 1 oder 2.
Wie bereits oben erwähnt, ist das responsive Hydrogel der vorliegenden Erfindung chemisch vernetzt.
Dem Fachmann ist grundsätzlich bekannt, wie Hydrogele chemisch vernetzt werden können.
Bevorzugt wird in der vorliegenden Erfindung die chemische Vernetzung bewirkt, indem die Herstellung des Hydrogels in der Anwesenheit vernetzbarer Monomere erfolgt und die vernetzbaren Monomere bevorzugt in einer Menge von 2-20 Mol%, bezogen auf die Gesamtmenge der Monomere, vorliegen. Bei dieser Menge an Vernetzermonomeren hat sich als vorteilhaft erwiesen, dass das Hydrogel und damit auch die poröse photonische Kristallstruktur eine ausreichende Stabilität aufweisen, andererseits aber die spezifischen Erkennungsgruppen für die nachzuweisenden Biomo leküle noch gut zugänglich sind.
Bei den vernetzbaren Monomeren kann es sich um photovemetzbare oder thermisch vernetzbare Monomere handeln. Hierfür geeignete Monomere sind dem Fachmann grundsätzlich bekannt.
Die vernetzbaren Monomere können beispielsweise multi- funktionelle (z.B. bi-, trioder tetra- funktionelle) Monomere, also Monomere mit zwei oder mehr
funktionellen Gruppen, sein.
Geeignete multi- funktionelle Monomere sind z.B. multi- funktionelle Acryl-, Methacryl-, Vinyl- oder Allyl-Monomere.
Beispielsweise können Di(meth)acrylate oder Tri(meth)acrylate, die optional auch ethoxyliert sein können, als multi- funktionelle Vernetzer-Monomere verwendet werden.
Sofern ethoxylierte Di(meth)acrylate als Vernetzer-Monomere verwendet werden, können diese die folgende chemische Formel aufweisen:
H2C=C(Ri)-C-0-[CH2-CH2-0]n-C(0)-C(R2)=CH2
wobei
Ri und R2 unabhängig voneinander H oder Methyl sind und
n = 1-5000, bevorzugter 1-100 oder 1-30 ist.
Bevorzugt sind Ri und R2 gleich, d.h. Ri=R2=H oder Methyl.
Geeignete photovernetzbare Monomere (d.h. Monomere, die über eine
photochemische Reaktion die Vernetzung benachbarter Polymerketten bewirken) sind dem Fachmann grundsätzlich bekannt. Solche photovernetzbaren Monomere enthalten eine photoreaktive Gruppe, beispielsweise eine Benzophenon-Gruppe, eine Acetophenon-Gruppe, eine Diazirin-Gruppe oder eine Azid-Gruppe.
Das responsive Hydrogel der vorliegenden Erfindung weist eine poröse photonische Kristallstruktur auf. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wird der Begriff„photonischer Kristall" in seiner üblichen, dem Fachmann geläufigen Bedeutung verwendet und bezieht sich daher auf ein Material mit einem räumlich periodisch variierenden Brechungsindex, wobei die Periodenlänge vergleichbar mit der Wellenlänge des Lichts ist und das Material eine Bragg-Reflexion bei einer definierten Wellenlänge zeigt. Das Material selbst, das den photonischen Kristall bildet, muss nicht kristallin sein. Entscheidend ist, dass das Material (im Fall der vorliegenden Erfindung das responsive Hydrogel) räumlich so angeordnet ist, dass ein periodisch variierender Brechungsindex resultiert. Ändert sich diese Periodenlänge, beispielsweise weil der photonische Kristall schrumpft oder quillt, so ändert sich auch die Peak-Position der Bragg- Reflexion. Findet die Verschiebung der Peak-Positionen der Bragg-Reflexion im sichtbaren Wellenlängenbereich des Lichts statt und ist das Ausmaß der
Verschiebung ausreichend groß, so kann die Volumenänderung des photonischen Kristalls mit bloßem Auge wahrgenommen werden. Opale sind ein bekanntes Beispiel für einen photonischen Kristall bzw. für ein Material mit photonischer Kristallstruktur.
Aufgrund der Porosität der durch das Hydrogel gebildeten photonischen
Kristallstruktur ist eine Diffusion auch von größeren Biomo lekülen in dieser Struktur ohne weiteres möglich und somit sind alle spezifischen Erkennungsgruppen des Hydrogels prinzipiell zugänglich.
Wie nachfolgend noch ausführlicher beschrieben, wird eine solche poröse photonische Kristallstruktur erhalten, indem zunächst ein photonischer Kristall aus kolloidalen Partikeln, die bevorzugt monodispers sind, hergestellt und in den Zwischenräumen dieser kolloidalen Partikel ein chemisch vernetztes Hydrogel ausgebildet wird. Bevorzugt sind die kolloidalen Partikel so dicht gepackt, dass ein Partikel möglichst viele seiner Nachbarpartikel berührt. Bevorzugt liegt also eine möglichst dichte Packung der kolloidalen Partikel vor. An diesen Kontaktflächen benachbarter Partikel wird kein Polymer ausgebildet. Anschließend werden die kolloidalen Partikel wieder entfernt, z.B. durch ein geeignetes Lösungsmittel, und es verbleibt eine poröse photonische Kristallstruktur. Die poröse photonische
Kristallstruktur des erfindungsgemäßen Hydrogels wird also durch ein Templat- induziertes Herstellungsverfahren erhalten, wobei als Templat ein photonischer Kristall aus kolloidalen Partikeln fungiert. Die poröse photonische Kristallstruktur des Hydrogels ist also gewissermaßen das Negativ der Struktur des photonischen Templatkristalls.
Bevorzugt handelt es sich bei der porösen photonischen Kristallstruktur um eine inverse Opalstruktur.
Als Konsequenz des Herstellungsverfahrens unter Verwendung eines photonischen Templatkristalls aus kolloidalen Partikeln weist die poröse photonische
Kristallstruktur nach der Entfernung dieser kolloidalen Partikel Hohlräume auf. Es handelt sich dabei um miteinander verbundene Hohlräume, so dass eine Diffusion der nachzuweisenden Biomo leküle in der porösen photonischen Kristallstruktur
möglich ist und die spezifischen Erkennungsgruppen des Hydrogels gut zugänglich sind.
Der Durchmesser der Hohlräume der porösen photonischen Kristallstruktur kann über die Größe der kolloidalen Partikel des photonischen Templatkristalls gesteuert werden. Bevorzugt handelt es sich bei diesen Partikeln um monodisperse Partikel. Bevorzugt weisen die kolloidalen Partikel des photonischen Templatkristalls einen Variationskoeffizienten von <20%, bevorzugter <10% oder sogar <5% auf. Geeignete kolloidale Partikel für die Herstellung eines photonischen Kristalls sind kommerziell erhältlich oder können auch über gängige, dem Fachmann bekannte Herstellungsverfahren erhalten werden.
Der mittlere Durchmesser der kolloidalen, bevorzugt monodispersen Partikel des photonischen Templatkristalls und damit auch der Hohlräume der porösen photonischen Kristallstruktur kann über einen breiten Bereich variiert werden. Der mittlere Durchmesser kann beispielsweise im Bereich von 600 bis 100 nm, bevorzugter 500 bis 150 nm liegen (beispielsweise bestimmt durch
Rasterelektronenmikroskopie). Bei geeigneter Wahl des mittleren Durchmessers kann ein Bragg-Peak des porösen photonischen Kristalls im sichtbaren
Wellenlängenbereich erhalten werden. Dies wiederum ermöglicht einen analytischen Nachweis der Biomoleküle im Wellenlängenbereich des sichtbaren Lichts.
Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wurde auch festgestellt, dass die über eine solche Templatsynthese erzeugten Hohlräume miteinander verbunden sind und die Durchgänge zwischen diesen Hohlräumen ausreichend groß sind, um den Nachweis von größeren Biomo lekülen zu ermöglichen.
In einer bevorzugten Ausführungsform handelt es sich daher bei den Biomo lekül- spezifischen Erkennungsgruppen um solche, die für den Nachweis von
Biooligomeren, Biopolymeren oder biologischen Partikeln geeignet sind.
Beispielhafte Biomolekül-spezifische Erkennungsgruppen, die in diesem
Zusammenhang genannt werden können, sind Antikörper, Fab-Fragmente von Antikörpern, Enzyme, Enzymfragmente, Coenzyme, Peptide, prosthetische Gruppen, Aptamere, DNA-Einzelstränge und RNA-Einzelstränge.
Beispielhafte Biooligomere sind Oligopeptide, Oligosaccharide, Oligonucleotide.
Beispielhafte Biopolymere sind Polypeptide, Proteine, Polysaccharide,
Polynucleotide, Nucleinsäuren.
Beispielhafte biologische Partikel sind Viren.
Die Biomolekül-spezifischen Erkennungsgruppen sind bevorzugt über eine kovalente Bindung an das Hydrogel gebunden.
Die kovalente Bindung der Biomolekül-spezifischen Erkennungsgruppen kann im Hydrogel realisiert werden, indem bereits bei der Polymerisation
Monomerverbindungen anwesend sind, die eine solche Biomolekül-spezifische Erkennungsgruppe enthalten. Alternativ ist es auch möglich, dass bei dieser
Polymerisation zunächst eine Monomerverbindung mit einer organischen
funktionellen Gruppe (z.B. -OH oder -COOH) anwesend ist und erst nach erfolgter Polymerisation diese organischen funktionellen Gruppen mit einer Verbindung, die die Biomolekül-spezifische Erkennungsgruppe enthält, zur Reaktion gebracht werden.
Gemäß einem weiteren Aspekt betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Herstellung eines chemisch vernetzten, responsiven Hydrogels mit einer porösen photonischen Kristallstruktur, umfassend:
- Bereitstellung eines photonischen Templatkristalls aus kolloidalen Partikeln,
Einbringen von Monomeren in die zwischen den kolloidalen Partikeln vorliegenden Zwischenräume,
Polymerisation der Monomere unter Erhalt eines chemisch vernetzten, responsiven Hydrogels,
- Entfernen der kolloidalen Partikel des photonischen Templatkristalls unter Erhalt der porösen photonischen Kristallstruktur.
Geeignete kolloidale Partikel für die Ausbildung photonischer Kristalle sind dem Fachmann grundsätzlich bekannt. Bevorzugt handelt es sich um monodisperse Partikel. Die kolloidalen Partikel können beispielsweise einen
Variationskoeffizienten von <20% oder <10% oder sogar <5% aufweisen. Es können sowohl anorganische Partikel (beispielsweise Si02-Partikel) als auch organische Polymerpartikel verwendet werden. Diese Partikel müssen so ausgewählt sein, dass sie sich anschließend wieder entfernen lassen, z.B. unter Einwirkung eines
Lösungsmittels und/oder thermischer Einwirkung.
Solche kolloidalen, bevorzugt monodispersen Partikel sind über herkömmliche, dem Fachmann bekannte Herstellungsmethoden oder auch kommerziell erhältlich. Auch die Bereitstellung des photonischen Templatkristalls erfolgt über
herkömmliche, dem Fachmann bekannte Herstellungsmethoden. Bevorzugt wird dabei eine Dispersion kolloidaler Partikel auf ein Substrat aufgebracht und man lässt das flüssige Dispersionsmedium langsam verdampfen. Die kolloidalen Partikel scheiden sich auf dem Substrat in einer periodisch gleichmäßigen Anordnung ab und bilden so den photonischen Templatkristall.
Hinsichtlich geeigneter Monomere für die Ausbildung eines chemisch vernetzten, responsiven Hydrogels kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
In einer bevorzugten Ausführungsform umfassen die Monomere folgende
Verbindungen (al) und (a2) (und optional noch weitere Verbindungen zur
Feinabstimmung der gewünschten Endeigenschaften): (al)
H2C=C(Ri)-C(0)-0-CH2-CH2-[CH2-CH2-0]x-R2
wobei
Ri = H, Alkyl wie z. B. Ci_4-Alkyl, bevorzugt -CH3,
R2, = H, Alkyl wie z.B. Ci_4-Alkyl, -(CH2)n-COOH mit n=l bis 12 oder ein Salz davon,
x = 0 oder 1 oder 2,
(a2)
H2C=C(Ri)-C(0)-0-CH2-CH2-[CH2-CH2-0]x-R2
wobei
Ri = H, Alkyl wie z. B. Ci_4-Alkyl, bevorzugt -CH3,
R2, = H, Alkyl wie z.B. Ci_4-Alkyl, -(CH2)n-COOH mit n=l bis 12 oder ein Salz davon, bevorzugter Ci_4- Alkyl,
x = 3-50, bevorzugter 3-20 oder 4-10 sind. Der Anteil der Monomere (al) und (a2) kann über einen breiten Bereich variieren. Beispielsweise können die Monomere (al) in einer Menge von 30-90 Mol%, bevorzugter 50-80 Mol%, bezogen auf die Gesamtmenge der Monomere, vorliegen. Die Monomereinheiten (a2) können beispielsweise in einer Menge von 2-40 Mol%, bevorzugter 5-35 Mol%, bezogen auf die Gesamtmenge der Monomere, vorliegen.
Um eine kovalente Anbindung der Biomo lekül- spezifischen Erkennungsgruppe an das Hydrogel zu ermöglichen, kann es bevorzugt sein, dass manche oder alle der Monomere (al) in ihrer Seitenkette eine reaktive Gruppe aufweisen, insbesondere -OH, oder -COOH. In einer dieser bevorzugten Ausführungsformen weisen die Monomere (al) folgende Struktur auf:
H2C=C(Ri)-C(0)-0-CH2-CH2-[CH2-CH2-0]x-R2
wobei
Ri = H, Alkyl wie z. B. Ci_4-Alkyl, bevorzugt -CH3,
R2, = H, -(CH2)n-COOH mit n=l bis 12 oder ein Salz davon,
x = 0 oder 1 oder 2.
Alternativ kann es sich bei den Monomeren (al) um ein Gemisch aus mindestens zwei verschiedenen Monomeren (al . l) und (al .2) handeln, die die folgenden Strukturen aufweisen:
(al . l)
H2C=C(Ri)-C(0)-0-CH2-CH2-[CH2-CH2-0]x-R2
wobei
Ri = H, Alkyl wie z. B. Ci_4-Alkyl, bevorzugt -CH3,
R2, = H, -(CH2)n-COOH mit n=l bis 12 oder ein Salz davon,
x = 0 oder 1 oder 2;
und
(al .2)
H2C=C(Ri)-C(0)-0-CH2-CH2-[CH2-CH2-0]x-R2
wobei
Ri = H, Alkyl wie z. B. Ci_4-Alkyl, bevorzugt -CH3,
R2, = Alkyl wie z. B. Ci_4-Alkyl,
x = 0 oder 1 oder 2. Wie bereits oben beschrieben, wird in der vorliegenden Erfindung die chemische Vernetzung bewirkt, indem die Herstellung des Hydrogels in der Anwesenheit vernetzbarer Monomere erfolgt und die vernetzbaren Monomere bevorzugt in einer Menge von 2-20 Mol%, bezogen auf die Gesamtmenge der Monomere, vorliegen.
Hinsichtlich bevorzugter vernetzbarer Monomere kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
Geeignete Polymerisationsbedingungen für die Umsetzung der Monomere zum Hydrogel sind dem Fachmann bekannt.
Wie bereits oben beschrieben, kann die kovalente Bindung der Biomo lekül- spezifischen Erkennungsgruppen im Hydrogel realisiert werden, indem bereits bei der Polymerisation Monomerverbindungen anwesend sind, die eine solche
Biomo lekül- spezifische Erkennungsgruppe enthalten. Alternativ ist es auch möglich, dass bei dieser Polymerisation zunächst eine Monomerverbindung mit einer organischen funktionellen Gruppe (z.B. -OH oder -COOH) anwesend ist und erst nach erfolgter Polymerisation diese organischen funktionellen Gruppen mit einer Verbindung, die die Biomo lekül- spezifische Erkennungsgruppe enthält, zur Reaktion gebracht werden. Dies ist dem Fachmann grundsätzlich bekannt.
Hinsichtlich bevorzugter spezifischer Erkennungsgruppen und Biomo leküle kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Das Entfernen der kolloidalen Partikel des photonischen Templatkristalls unter
Erhalt der porösen photonischen Kristallstruktur kann über gängige, dem Fachmann bekannte Methoden erfolgen. Beispielsweise können die kolloidalen Partikel durch ein Lösungsmittel entfernt werden. Handelt es sich beispielsweise um organische, polymere Partikel, können geeignete organische Lösungsmittel zum Einsatz kommen. SiCVPartikel lassen sich beispielsweise durch Flusssäure (HF) entfernen.
Gemäß einem weiteren Aspekt betrifft die vorliegende Erfindung eine Vorrichtung für den Nachweis von Biomo lekülen, umfassend das oben beschriebene
erfindungsgemäße responsive Hydrogel mit poröser photonischer Kristallstruktur.
Hinsichtlich der Eigenschaften des responsiven Hydrogels kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
Auch hinsichtlich der Biomo leküle, die mit der Vorrichtung bevorzugt detektiert werden, kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
Die erfindungsgemäße Vorrichtung für den Nachweis von Biomo lekülen kann noch weitere Vorrichtungselemente aufweisen, die für diese Art von Vorrichtungen üblich sind, beispielsweise einen Signalumwandler und/oder einen elektrischen Verstärker.
Da jedoch das erfindungsgemäße responsive Hydrogel bei Anbindung der
Biomo leküle an die Erkennungsgruppen im Wellenlängenbereich des sichtbaren Lichts eine signifikante Verschiebung der Peak-Position der Bragg-Reflexion zeigen kann, ist es im Rahmen der vorliegenden Erfindung auch möglich, dass die
Vorrichtung weder einen Signalumwandler noch einen elektrischen Verstärker aufweist.
Gemäß einem weiteren Aspekt betrifft die vorliegende Erfindung die Verwendung des oben beschriebenen Hydrogels für den Nachweis von Biomo lekülen. Der Nachweis der Biomo leküle kann isotherm erfolgen.
Die Erfindung wird anhand der nachfolgenden Beispiele eingehender beschrieben.
Beispiele
Die Herstellung der Hydrogele in Form poröser photonischer Kristalle erfolgte über ein Templatverfahren. Als Templat fungierte jeweils ein photonischer Kristall aus monodispersen Partikeln. Hierzu wurden monodisperse Silicapartikel mit einem Durchmesser von 400 nm nach der etablierten„Stöber-Methode" hergestellt (beschrieben in W. Stoeber et al, J. Colloid Interface Sei., 1968, 26, 62-69). Diese
Silicapartikel wurden anschließend auf einem Objektträger vertikal abgeschieden. Dabei wurde die ethanolische Silicadispersion auf eine Konzentration von 2 Gew.-% eingestellt, indem Ethanol und Wasser zugegeben wurden (Medium: 80 Gew.-% EtOH, 20 Gew.-% Reinstwasser). Anschließend wurde die Dispersion in ein
Becherglas filtriert (1 μιη Acro Disk, Pall), dieses in einen Trockenofen gestellt (40 °C) und ein gereinigter Objektträger aus Kalk-Natron-Glas in die Dispersion getaucht. Innerhalb von bis zu fünf Tagen (abhängig von der Menge an Medium) verdampfte das Medium und die Partikel verblieben gleichmäßig (wie ein
Kristallgitter) angeordnet auf der Oberfläche zurück. Die so erhaltenen photonischen Templatkristalle hatten eine vertikale Schichtdicke von ca. 5 μιη und zeigten ausgeprägte Opaleszenz. Der beschichtete Objektträger wurde anschließend mit einem weiteren Objektträger abgedeckt und die so entstehende Form nach drei Seiten verschlossen. Über die offene Seite wurde eine Lösung mit den Monomeren, Irgacure 2010 als UV-Initiator (1,5 Gew.-% relativ zu den Monomeren) sowie Wasser und Ethanol als Lösungsmittel eingespritzt (Gesamtgehalt an Monomeren und Vernetzer in der Lösung: 35 Gew.-%). Die Polymerisationslösung füllte die Zwischenräume zwischen den Partikeln nach dem Einspritzen aus. Anschließend wurde die Polymerisationsform mit UV-Licht (Emissionsmaximum 365 nm, 400 W, Fa. Hoenle, Typ UVA Cube) bestrahlt und das Hydrogel so vernetzt.
In der Tabelle 1 werden die für die Herstellung der Hydrogele verwendeten
Monomere aufgelistet.
Tabelle 1 : Für die Herstellung der Hydrogele verwendete Monomere
HEMA: Hydroxymethylmethacrylat
OEGMA300: 01igo(ethylenglykol)methylethermethacrylat, durchschnittliche
Anzahl der Ethoxy-Gruppen: 4,5
OEGMA4 01igo(ethylenglykol)methylethermethacrylat, durchschnittliche
Anzahl der Ethoxy-Gruppen: 7,5
MEO2MA: Di(ethylenglykol)methylethermethacrylat
OEGDMA400: 01igo(ethylenglycol)dimethacrylat, fungiert als Vernetzermonomer OEGDMA550: 01igo(ethylenglycol)dimethacrylat, fungiert als Vernetzermonomer
Nach Entfernung der Form wurde ein freistehender Hydrogelfilm erhalten, der anschließend ca. 30 min in 2%ige HF-Lösung gegeben wurde, um die SiCVPartikel aufzulösen. Da die Templatpartikel so dicht gepackt waren, dass sie einander berühren, blieben die Kontaktflächen frei von Monomerlösung. Dadurch entstanden an den Berührungspunkten Kanäle zwischen den einzelnen Hohlräumen. Die Hohlräume hatten jeweils einen Durchmesser von einigen hundert Nanometern und waren dabei so angeordnet, dass ihr Aufbau dem von Kristallebenen ähnelte. Das responsive Hydrogel lag somit in der Form eines porösen photonischen Kristalls vor.
Die Strukturen wurden mittels Rasterelektronenmikroskopie nachgewiesen. Dies ist in den Figuren 1 und 2 gezeigt.
Als Modellsystem zum Nachweis der biologischen Erkennung wurde das
Bindungspaar Biotin/ Avidin eingesetzt. Biotin fungierte als Erkennungsgruppe, die im porösen photonischen Kristall immobilisiert ist, Avidin als nachzuweisender Analyt. Bei einer Molmasse von ca. 66 kDa handelte es sich um ein Biopolymer. Bis zu vier Biotineinheiten binden selektiv und mit hoher Bindungskonstante (K - 1015) an ein Avidinmolekül. Zur Erkennung von Avidin wurde Biotin kovalent an den porösen photonischen Kristall gekoppelt. Dies wurde über eine polymeranaloge Steglich- Veresterung der Carboxylgruppe des Biotins mit der Hydroxylgruppe des Hydro xyethylmethacrylats realisiert. Dabei wurde ein Überschuss Biotin (1 : 1 w/w zum trockenen Hydrogelfilm) in warmem, trockenem Dimethylformamid (DMF) gelöst und anschließend abgekühlt. Der Hydrogelfilm wurde in trockenem DMF konditioniert und zur Biotinlösung zugegeben. Dicyclohexylcarbodiimid (1,2 eq zu Biotin) wurde in trockenem Dichloromethan (DCM) gelöst und 0,1 eq
Dimethylaminopyridin (DMAP) zugegeben. Beide Lösungen wurden vereint und über Nacht reagieren lassen. Anschließend wurde der poröse photonische Kristall mit DCM, DMF und Reinstwasser gewaschen. Die Immobilisierung ist auch mit anderen literaturbekannten Kupplungsagenzien wie l-Ethyl-3-(3- dimethylaminopropyl)carbodiimid (EDC), 1-Hydroxybenzotriazol (HOBt) oder mit N-Hydroxysuccinimid (NHS) aktivierten Zwischenverbindungen durchführbar. Hierbei sind die Reaktionsbedingungen entsprechend anzupassen. Die Menge an zugänglichem, gekoppeltem Biotin wurde mit Hilfe des etablierten HABA/Avidin- Assays auf ca. 0,1 % der kuppelbaren Hydroxygruppen im Hydrogel bestimmt. Bei Zugabe des hydrophilen Avidins zum biotinylierten porösen photonischen Kristall banden Erkennungsgruppe und Analyt, wodurch die Hydrogelmatrix quoll. Dadurch veränderten sich die Abstände der Wabenebenen und dadurch die reflektierte Farbe. Dieser Vorgang wird in Figur 3 schematisch dargestellt. Die linke Hälfte der Figur 3 zeigt ein Hydrogel mit Biotin als Biomo lekül- spezifischen Erkennungsgruppen,
wobei das Hydrogel aufgrund seiner porösen photonischen Kristallstruktur eine Bragg-Reflexion aufweist. Wird Avidin zugeführt, bindet dieses an die
Erkennungsgruppen. Das Hydrogel quillt, die photonische Kristallstruktur bleibt aber erhalten, so dass weiterhin eine Bragg-Reflexion beobachtet wird. Dies ist in der rechten Hälfte der Figur 3 dargestellt. Durch die Quellung des Hydrogels verschiebt sich jedoch die Position des Bragg-Peaks. Die Quellung des Hydrogels wurde dabei durch das thermoresponsive Polymer verstärkt, da hier die Quellung stärker ausgeprägt ist als bei einem nicht-responsiven Hydrogel. Die Änderung der
Hydrophilie durch den Bindungsvorgang änderte das Phasenverhalten des Polymers und sorgte dadurch für eine erhöhte Wasseraufnahme oder -abgäbe, vergleichbar mit der Reaktion dieser Polymere auf Erhöhung oder Erniedrigung der Temperatur, mit dem Unterschied, dass dies bei einer konstanten Temperatur geschah. Dadurch reagierte der poröse photonische Hydrogel- Kristall mit einer deutlicheren
Farbveränderung, als dies bei einem rein hydrophilen System der Fall wäre.
In Figur 4 sind die Wellenlängen der Farbrefiexion eines responsiven porösen photonischen Kristalls aufgetragen. In der Figur 3 beziehen sich„IHO-1" auf den noch nicht biotinylierten porösen photonischen Kristall,„bIHO-1" auf den biotinylierten porösen photonischen Kristall vor Avidin- Zugabe und„bIHO-1 + Avidin" auf den biotinylierten porösen photonischen Kristall nach Avidin-Zugabe. Der poröse photonische Hydrogel-Kristall wurde nach Bsp. 1 unter den oben genannten Bedingungen hergestellt. Der zugängliche Biotingehalt des Films nach Steglich- Veresterung mit DCC als Kupplungsreagenz betrug 0,01 % relativ zu den vorhandenen Hydroxylgruppen. Dabei zeigt sich, dass nach Zugabe von Avidin zum biotinylierten inversen Opal (Dreiecke) die Peak- Wellenlängen rotverschoben werden. Der Effekt ist um Zimmertemperatur am stärksten ausgeprägt, was für ein Nachweisverfahren von Biomo lekülen vorteilhaft ist.